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  • ab 19.04.1983 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 20 VV-BBauG - Besondere Vorschriften für den Bebauungsplan (§ 8 Abs. 1, § 9)

Bibliographie

Titel
Verwaltungsvorschriften zum Bundesbaugesetz (VV-BBauG)
Amtliche Abkürzung
VV-BBauG
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21074000000001

20.1
Zweck und Rechtswirkung (§ 8 Abs. 1)

20.1.1
Der Bebauungsplan enthält rechtsverbindliche Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung (§ 8 Abs. 1).

20.1.2
Der Bebauungsplan ist insbesondere Voraussetzung und Grundlage für

  • die Ausübung des allgemeinen Vorkaufsrechts der Gemeinde (§ 24 Abs. 1),
  • die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben (§§ 29 bis 37),
  • die Anwendung des planakzessorischen Instrumentariums zur Plandurchsetzung (§§ 39a bis 39d, 39f bis 39h),
  • die Umlegung und Grenzregelung (§§ 45 bis 84),
  • die Enteignung (§§ 85 bis 92),
  • die Erschließung (§§ 123 bis 135),
  • die Durchführung städtebaulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen (§§ 10, 54 StBauFG).

20.1.3
Der Bebauungsplan regelt die zulässige Art der Bodennutzung nicht abschließend. Von seinen Festsetzungen unabhängig sind:

  1. a)

    Planungen und sonstige Nutzungsregelungen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften festgesetzt sind (§§ 38, 9 Abs. 6; Nr. 20.36).

    Liegen derartige Festsetzungen bei der Aufstellung des Bebauungsplanes bereits vor, so muß die Bebauungsplanung hierauf Rücksicht nehmen (vgl. Nr. 11a.2.2).

    Werden derartige Planungen und Nutzungsregelungen erst nach Aufstellung des Bebauungsplanes festgesetzt, so wird der Bebauungsplan hierdurch nicht geändert oder aufgehoben, die in ihm vorgesehene Nutzung kann jedoch nur noch nach Maßgabe der anderen Planung oder Nutzungsregelung verwirklicht werden;

  2. b)

    andere öffentlich-rechtliche Vorschriften (§ 29 Satz 5), insbesondere

    • des Bauordnungsrechts (NBauO, Verordnungen zur NBauO),

    • des Immissionsschutzrechts,

    • des Atomrechts,

    • des Denkmalschutzrechts.

    Diese Vorschriften können dem Vollzug des Bebauungsplanes entgegenstehen. Ein Vorhaben kann daher nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes zwar zulässig, nach den anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften dagegen unzulässig sein.

20.2
Geltungsbereich (§ 9 Abs. 7)

20.2.1
Der Geltungsbereich muß im Bebauungsplan eindeutig bezeichnet werden, so daß die Übertragbarkeit seiner Grenzen in die Örtlichkeit einwandfrei möglich ist.

Dies kann geschehen durch

  1. a)
    zeichnerische Festsetzung in der Planunterlage (vgl. Nr. 21.2),
  2. b)
    Aufzählung der einzelnen Grundstücke im Geltungsbereich mit ihrer katastertechnischen Bezeichnung (Gemarkung, Flur, Flurstück),
  3. c)
    zweifelsfreie Grenzbeschreibung oder
  4. d)
    Kombination von zeichnerischer und beschreibender Festsetzung.

Soweit die Festsetzung des Geltungsbereichs nicht ausschließlich in der Planunterlage erfolgt, hat eine der in Nr. 21.2.1 genannten Vermessungsstellen zu bescheinigen, daß die Übertragung der Grenzen des Geltungsbereichs in die Örtlichkeit einwandfrei möglich ist. Bei Festsetzung des Geltungsbereichs in der Planunterlage gilt Nr. 21.2.

20.2.2
Der Geltungsbereich eines Bebauungsplanes darf sich nicht mit dem Geltungsbereich eines anderen Bebauungsplanes züberschneiden. Die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung eines Gebietes können stets nur in einem einzigen - eine rechtliche Einheit bildenden - Bebauungsplan enthalten sein.

20.2.3
Die Festsetzung des Geltungsbereiches liegt grundsätzlich im Planungsermessen der Gemeinde und kann insoweit nach Zweckmäßigkeitserwägungen erfolgen.

20.2.4
Dieses Planungsermessen kann z.B. durch die in Nr. 17.1 genannten Grundsätze eingeschränkt sein:

Die Verwirklichung festgesetzter Nutzungen kann sich wegen z.B. der mit ihr verbundenen Emissionen auf die Nachbarschaft auswirken. Lassen sich diese Auswirkungen innerhalb des Plangebietes nicht auf ein zumutbares Maß reduzieren, so muß die Gemeinde die betroffene Nachbarschaft in die Planung mit einbeziehen. Der durch die Planung ausgelöste Konflikt darf nicht dadurch ungelöst bleiben, daß das Plangebiet zu eng begrenzt wird. Das gleiche gilt, wenn Wohngebiete oder sonstige schutzbedürftige Gebiete in der Nachbarschaft von Gebieten mit Emissionen geplant werden.

20.2.5
Der Geltungsbereich eines Bebauungsplanes kann auch so begrenzt sein, daß nur ein einzelnes Grundstück erfaßt oder die Durchführung eines einzelnen Vorhabens geregelt wird (Einzelfallbebauungsplan).

Entscheidend ist, ob der Bebauungsplan ein Planungsziel verfolgt, das dem § 1 gerecht wird. Ein Einzelfallbebauungsplan ist jedoch dann unzulässig, wenn er in keiner Weise der städtebaulichen Ordnung dient, sondern ausschließlich zur Förderung privater Interessen aufgestellt wird.

20.3
Inhalt des Bebauungsplanes

In § 9 Abs. 1 bis 6, §§ 9a und 39h ist festgelegt, welchen Inhalt der Bebauungsplan haben darf. Die möglichen Festsetzungen über Art und Maß der baulichen Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1) werden in der Baunutzungsverordnung (vgl. Nr. 4.1) näher dargelegt. Diese Regelungen sind abschließend.

Es ist daher unzulässig, im Bebauungsplan Aussagen aufzunehmen, die mangels gesetzlicher Ermächtigung keine Rechtswirkung haben können. So können z.B. in Aussicht genommene Grenzen der Baugrundstücke nicht vorgeschrieben werden.

Aus Gründen der Rechtsklarheit sollen neben den Festsetzungen des Bebauungsplanes keine planerischen Hinweise, Erläuterungen, Vorschläge oder Anregungen aufgenommen werden.

20.4
Art der baulichen Nutzung, Baugebiete (§ 9 Abs. 1 Nr. 1)

20.4.1
Festsetzung von Baugebieten

Im Bebauungsplan sind, soweit erforderlich, die in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete festzusetzen (§ 1 Abs. 3 BauNVO 1962/1968/1977). Dieser Katalog der Gebietstypen ist abschließend.

Welchen Baugebietstyp die Gemeinde wählt, liegt weitgehend in ihrem Planungsermessen. Dabei hat sie jedoch zu beachten, daß bestimmte Vorhaben oder Anlagen nur in bestimmten Baugebieten zulässig sind. Auf Nr. 67.4 wird hingewiesen.

Durch Festsetzung eines bestimmten Baugebietes läßt sich ein der Zweckbestimmung des Gebietes entsprechender Schutz vor Immissionen erreichen, die von Vorhaben oder Anlagen innerhalb des Gebietes ausgehen. Die Vorschriften der Baunutzungsverordnung über die Zulässigkeit von baulichen und sonstigen Vorhaben in den einzelnen Baugebieten schützen jedoch nicht vor Immissionen, die ihre Ursache außerhalb des Baugebietes haben.

Vorhandene schutzbedürftige Baugebiete dürfen nicht lediglich zur Einhaltung von bestimmten Immissionswerten in weniger schutzbedürftige Baugebietsarten umgestuft werden, da sich dadurch die tatsächliche Umweltsituation wegen der erweiterten Zulässigkeit störender Nutzungen im Baugebiet nur verschlechtern würde.

20.4.2
Gliederung der Baugebiete (§ 1 Abs. 4 BauNVO 1977)

Die Gliederung bedeutet, daß bestimmte Nutzungen in Teilflächen des festgesetzten Baugebietes verwiesen werden. In der Gesamtbilanz müssen jedoch alle im betroffenen Baugebiet zulässigen Anlagen zulässig bleiben.

Bei den Gewerbegebieten und den Industriegebieten kann die Gliederung auch in der Weise erfolgen, daß mehrere durch Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete der jeweiligen Art in der Gemeinde in ihrem Verhältnis zueinander gegliedert werden. In der Gesamtbilanz der Gewerbe- oder Industriegebiete einer Gemeinde müssen alle in § 8 Abs. 2 bzw. § 9 Abs. 2 BauNVO 1977 genannten Anlagen zulässig bleiben.

Bei der Gliederung nach der Art der zulässigen Nutzung ist von den in § 4 Abs. 2, § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 2, § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 2 und § 11 Abs. 3 BauNVO 1977 genannten Nutzungen auszugehen. Die nach den jeweiligen Vorschriften (§ 4 Abs. 3, § 4a Abs. 3, § 6 Abs. 3, § 7 Abs. 3, § 8 Abs. 3 und § 9 Abs. 3 BauNVO 1977) ausnahmsweise zulässigen Nutzungen können über § 1 Abs. 6 und 8 BauNVO 1977 in die Gliederung einbezogen werden. Nutzungsarten sind die in den §§ 4 bis 9 (jeweils Abs. 2, 3) und in § 11 Abs. 3 BauNVO 1977 bezeichneten Anlagen und Betriebe.

Als Gliederung nach Art der Betriebe kommt eine Gliederung nach Gewerbezweigen, z.B. nach artverwandten Betrieben oder aufeinander angewiesenen Betrieben in Betracht.

Anlaß für eine Gliederung nach den besonderen Bedürfnissen der Betriebe und Anlagen kann z.B. die Standortgebundenheit (insbesondere Gleis- und Wasseranschluß) sein.

Als Merkmal für eine Gliederung nach den besonderen Eigenschaften von Betrieben und Anlagen kommt vor allem die Art oder der Grad des flächenbezogenen Emissionsverhaltens innerhalb eines bestimmten Zeitraumes in Betracht (z.B. Beschränkung auf Betriebe, deren SO2-Emissionen .... g/m2 (Grundfläche)/Tag nicht übersteigen). Eine Gliederung nach der Art und dem Grad der Immissionsempfindlichkeit ist nicht möglich.

Trotz der Gliederung muß die allgemeine Zweckbestimmung des einzelnen Baugebietes gewahrt bleiben.

20.4.3
Ausschluß von Nutzungen und Anlagen (§ 1 Abs. 5 und 9 BauNVO 1977)

Durch Festsetzungen nach § 1 Abs. 5 BauNVO 1977 können bestimmte Arten von Nutzungen (d.h. die in den §§ 2, 4 bis 9 und 13 unter jeweils einer Nummer bezeichneten Nutzungen), die in den Baugebieten allgemein zulässig sind, ausgeschlossen oder als nur ausnahmsweise zulässig festgesetzt werden. Die Festsetzung darf sich nur auf die in diesen Bestimmungen genannten Nutzungsarten beziehen.

Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebietes muß gewahrt bleiben.

Wenn besondere städtebauliche Gründe es rechtfertigen, kann gemäß § 1 Abs. 9 BauNVO 1977 bei Anwendung des § 1 Abs. 5 BauNVO 1977 auch festgesetzt werden, daß nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Festsetzungen nach § 1 Abs. 9 BauNVO 1977 beziehen sich - im Unterschied zur Regelung in § 1 Abs. 4 BauNVO 1977 - ausschließlich auf Anlagearten, die innerhalb einer Nummer der Absätze 2 und 3 des jeweils für das Baugebiet maßgebenden Paragraphen der BauNVO 1977 aufgeführt sind.

20.5 bis 20.14
(nicht besetzt)

20.15
Verkehrsflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 11)

Die Festsetzung von Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 kommt nur in besonderen Fällen in Betracht.

Die Gemeinde ist nicht verpflichtet, Verkehrsflächen nach besonderen Zweckbestimmungen zu gliedern, also etwa bei der Festsetzung der Verkehrsflächen einer Straße bereits die Fahrbahn, die Parkstreifen und die Gehwege besonders im Bebauungsplan auszuweisen.

Auch eine nachrichtliche Angabe kann nicht verlangt werden.

§ 9 Abs. 1 Nr. 11 zwingt auch nicht zu einer Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanes, wenn die Gemeinde als Straßenbaulastträger eine ohne besondere Zweckbestimmung festgesetzte Verkehrsfläche oder einen Teil einer derart festgesetzten Verkehrsfläche nachträglich nach den Vorschriften des Straßenrechts für einen beschränkten Gemeingebrauch widmen oder umwidmen will.

20.16 bis 20.19
(nicht besetzt)

20.20
Wasserflächen, Flächen für die Wasserwirtschaft (§ 9 Abs. 1 Nr. 16)

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 16 können im Bebauungsplan nicht nur Wasserflächen, sondern sämtliche Flächen, die in irgendeiner Weise wasserwirtschaftlich oder verkehrlich von Belang sind, festgesetzt werden. Außer bei Wasserflächen ist Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift, daß es sich nicht um Festsetzungen handelt, die nach anderen Vorschriften verbindlich getroffen werden können. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob solche Festsetzungen bereits getroffen worden sind. Solche anderen verbindlichen Festsetzungen kommen in Betracht nach den Vorschriften des Wasserrechts (vgl. Anlage 1 Nr. 1).

20.21 bis 20.23
(nicht besetzt)

20.24
Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der Landschaft (§ 9 Abs. 1 Nr. 20)

Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der Landschaft im besiedelten und unbesiedelten Bereich können nach Maßgabe des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes festgesetzt werden (vgl. Anlage 1 Nr. 4). Soweit dies möglich ist, sind Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 ausgeschlossen; dabei kommt es nicht darauf an, ob solche Festsetzungen bereits getroffen worden sind. Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 sind daher nur zulässig, wenn das Naturschutzrecht ausnahmsweise für die Durchsetzung einer Naturschutzmaßnahme keine rechtliche Handhabe bietet. Da auch das Bundesbaugesetz selbst keine rechtliche Handhabe zur Durchsetzung der Festsetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 20 bietet, werden diese Festsetzungen keine nennenswerte Bedeutung erlangen.

20.25 und 20.26
(nicht besetzt)

20.27
Gebiete mit Verbot der Verwendung von luftverunreinigenden Stoffen (§ 9 Abs. 1 Nr. 23)

Luftverunreinigungen im Sinne der Nr. 23 sind gemäß § 3 Abs. 4 BImSchG "Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe und Geruchsstoffe". Die Vorschrift kommt z.B. für den Ausschluß bestimmter Heizstoffe und für die Verwendung anderer luftverunreinigender Stoffe in gewerblichen oder industriellen Anlagen in Betracht. Werden Heizstoffe ausgeschlossen, so muß sichergestellt sein, daß die Versorgung auf andere Weise möglich ist.

Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 23 werden durch örtliche Bauvorschriften nach § 40 Abs. 8 NBauO oder Verordnungen nach § 49 BImSchG nicht berührt.

20.28
Schutzflächen, Anlagen und Vorkehrungen vor schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 24)

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 können die Gemeinden im Bebauungsplan folgende Festsetzungen treffen:

  • von der Bebauung freizuhaltende Schutzflächen und ihre Nutzung (erste Alternative),
  • Flächen für besondere Anlagen zum Schutze vor schädlichen Umwelteinwirkungen (zweite Alternative),
  • Flächen für Vorkehrungen zum Schutze vor schädlichen Umwelteinwirkungen (dritte Alternative),
  • Vorkehrungen zum Schutze vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen (vierte Alternative).

Für den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen ist § 3 BImSchG maßgebend.

Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 sind auch zulässig, wenn im Flächennutzungsplan Darstellungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 6 nicht enthalten sind.

Die in der ersten Alternative des § 9 Abs. 1 Nr. 24 enthaltene Möglichkeit der Festsetzungen für Schutzflächen dient der Sicherheit der Nachbarschaft und Allgemeinheit und kommt insbesondere in der Umgebung von gefährlichen Anlagen und Einrichtungen, wie Munitions- und Sprengkörperfabriken, Steinbrüchen, chem. Betrieben, Schießständen u.ä. in Betracht. Umgekehrt kann eine Schutzfläche auch zum Schutz einer besonders schutzbedürftigen Nutzung vor äußeren Einwirkungen erforderlich sein, beispielsweise für eine höchst empfindliche Meß- oder Beobachtungseinrichtung, wie Observatorium, Erdbebenmeßstation u.ä. vor Erschütterungen aus der Nachbarschaft: Entscheidend ist, ob für den Schutzzweck besondere Flächen beansprucht werden oder nicht. Dies ist insbesondere im Hinblick auf Entschädigungsfolgen nach §§ 40 ff. von Bedeutung.

Die zweite Alternative ermöglicht die Festsetzung von Flächen für besondere Schutzanlagen, z.B. Lärmschutzwälle, Lärmschutzwände.

Die dritte Alternative ermöglicht die Festsetzung von Flächen für sonstige Vorkehrungen, die keine baulichen Anlagen darstellen, z.B. Schutzpflanzungen.

Die vierte Alternative ermöglicht die Festsetzung von Vorkehrungen an baulichen Anlagen, von denen Störungen ausgehen oder die Störungen ausgesetzt sind. Hierbei ist jedoch zu beachten, daß der Bebauungsplan nicht den Anforderungen vorgreifen darf, die im konkreten Genehmigungsverfahren nach dem Immissionsschutzrecht oder dem Bauordnungsrecht zu stellen sind. Die Festsetzungen müssen daher entsprechend abstrakt gehalten werden.

Die Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 (sämtliche Alternativen) können sowohl für Baugebiete im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes nach § 30 als auch - durch einfachen Bebauungsplan - für Gebiete im Sinne der §§ 34 und 35 getroffen werden.

Immissionsschutzvorschriften bleiben durch die Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 unberührt, d.h., sie sind bei Vorhaben zusätzlich zu beachten; § 29 Satz 5 bleibt ebenfalls unberührt. Es ist nicht Aufgabe der Bauleitplanung, Entscheidungen zu treffen, die nach den Bestimmungen über den Immissionsschutz dem konkreten Genehmigungs- oder Vorbescheidsverfahren im Einzelfall vorbehalten sind.

20.29 bis 20.32
(nicht besetzt)

20.33
Festsetzung von Ausnahmen

Wie sich aus § 31 Abs. 1 ergibt, kann der Bebauungsplan nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen von den Festsetzungen (Nrn. 20.4 bis 20.32) ausdrücklich vorsehen.

Bei der Festsetzung von Baugebieten sind die in den §§ 2 bis 9 BauNVO 1977 aufgezählten, ausnahmsweise zulässigen Anlagen Bestandteil des Bebauungsplanes und damit als Ausnahmen ausdrücklich zugelassen. Nach § 1 Abs. 6 BauNVO 1977 können allerdings alle oder einzelne Ausnahmen

  • ausgeschlossen werden (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO 1977) oder
  • für allgemein zulässig erklärt werden (§ 1 Abs. 6 Nr. 2 BauNVO 1977).

Bei der Festsetzung von Baulinien bzw. Baugrenzen können Ausnahmen nach Maßgabe von § 23 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 3 BauNVO 1977 im Bebauungsplan festgesetzt werden. In den Fällen des § 23 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 sowie des § 23 Abs. 5 BauNVO 1977 liegt keine Ausnahme i.S. des § 31 Abs. 1 vor, vielmehr sind diese Bestimmungen bei der Zulassung von Vorhaben unmittelbar anzuwenden.

Ausnahmen von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes können ferner in den Fällen des § 17 Abs. 6, 10, § 21a Abs. 1, 2 und 5 BauNVO 1977 vorgesehen werden.

20.34
Aufnahme auf Landesrecht beruhender Regelungen als Festsetzungen im Bebauungsplan (§ 9 Abs. 4)

20.34.1
Nach § 1 DVBBauG können auf der Niedersächsischen Bauordnung beruhende örtliche Bauvorschriften über die Gestaltung in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden.

Die Vorschrift des § 9 Abs. 4 hat lediglich formelle Bedeutung. Werden örtliche Bauvorschriften in einen Bebauungsplan aufgenommen, so sind für ihren Inhalt, ihr Zustandekommen und ihre Anwendung die Vorschriften der §§ 97, 98 NBauO maßgebend. Für das Verfahren beim Erlaß örtlicher Bauvorschriften gelten die Verfahrensvorschriften für die Aufstellung von Bebauungsplänen mit Ausnahme des § 6 Abs. 2 und 3 entsprechend (§ 97 Abs. 1 Satz 2 NBauO); entsprechend anzuwenden sind auch die Vorschriften über die Zuständigkeit für die Genehmigung von Bebauungsplänen nach §§ 21a und 21b DVBBauG.

Für Festsetzungen über die äußere Gestaltung baulicher Anlagen in Bebauungsplänen gilt insbesondere folgendes:

a) Sie sind Satzungen im übertragenen Wirkungskreis (§ 97 Abs. 1 Satz 1 NBauO).

b) Sie bestimmen sich vom zulässigen Inhalt her ausschließlich nach der Niedersächsischen Bauordnung (z.B. § 56 NBauO).

c) Sie unterliegen im Genehmigungsverfahren der Fachaufsicht (§ 97 Abs. 1 NBauO i.V.m. § 127 Abs. 1 NGO).

d) Ausnahmen und Befreiungen von den Festsetzungen bestimmen sich nach den §§ 85 und 86 NBauO, ohne Mitwirkungsbefugnis der Gemeinden, da § 31 keine Anwendung findet.

20.34.2
Die Aufnahme sonstiger landesrechtlicher Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzung ist nicht zugelassen.

20.35
Kennzeichnung nach § 9 Abs. 5

Die Kennzeichnung erfolgt nachrichtlich. Sie ist nicht Ausdruck eines planerischen Willens der Gemeinde. Unterbleibt die Kennzeichnung, so berührt das die Gültigkeit des Bebauungsplanes oder einzelner Festsetzungen nicht.

Eine Kennzeichnung gemäß § 9 Abs. 5 ist auch nur dort möglich, wo sich die Rechtspflicht zur Vornahme der baulichen Vorkehrungen oder Sicherungsmaßnahmen aus anderen Rechtsvorschriften (z.B. § 6 FluglärmG) ergibt.

20.36
Kenntlichmachung von Sanierungsgebieten

Förmlich festgelegte Sanierungsgebiete nach § 5 StBauFG sind im Bebauungsplan kenntlich zu machen (§ 10 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 StBauFG).

20.37
Nachrichtliche Übernahme nach anderen Vorschriften getroffener Festsetzungen (§ 9 Abs. 6)

20.37.1
Die Vorschrift betrifft Planungen und sonstige Nutzungsregelungen nach anderen gesetzlichen Vorschriften (hierzu Anlage 1). Nr. 19.16.1 gilt entsprechend.

20.37.2
Nachrichtlich übernommen werden können nur bereits rechtswirksam getroffene Festsetzungen. In Aussicht genommene Festsetzungen können in den Bebauungsplan dagegen weder nachrichtlich übernommen noch vermerkt werden; das gleiche gilt für vorläufige Maßnahmen zur Sicherung künftiger Planungen und sonstiger Nutzungsregelungen.

20.37.3
Nrn. 19.16.3 und 19.16.5 gelten entsprechend.

20.37.4
Nachrichtliche Übernahmen nach § 9 Abs. 6 sollen im Bebauungsplan als solche bezeichnet werden. Dabei sollen sowohl die Festsetzung (z.B. Verordnung, Planfeststellung) als auch deren Rechtsgrundlage angegeben werden.

20.38
Verhältnis zu Maßnahmen der Landschaftspflege und des Naturschutzes

§ 9 Abs. 4 Satz 2 ist durch Art. 1 Nr. 10 Buchst. d ÄndG-BBauG 1976 gestrichen worden. Dies bedeutet, daß auch ein nach § 8 Abs. 4 vorzeitiger Bebauungsplan sich nicht in Widerspruch zu Landschaftsschutzregelungen setzen darf.

20.39
Festsetzung und Kenntlichmachung militärischer Anlagen

Die im Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen dürfen nicht auf die militärische Verwendung und Zweckbestimmung von Grundstücken hinweisen. Für Grundstücke, auf denen sich ausschließlich militärische Anlagen befinden, ist die Art der baulichen Nutzung nicht festzusetzen. Handelt es sich jedoch um militärische Anlagen geringer Ausdehnung, so kann für das betreffende Grundstück die übergeordnete Nutzungsart ohne näheren Hinweis auf die militärische Zweckbestimmung festgesetzt werden.

Anordnungen nach dem Schutzbereichgesetz dürfen nachrichtlich nicht übernommen werden, es sei denn, daß es sich um Schutzbereiche bei Standortschießanlagen handelt. Bauschutzbereiche nach dem Luftverkehrsgesetz sowie Lärmschutzbereiche um militärische Flugplätze nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm sollen nach Maßgabe des § 9 Abs. 6 nachrichtlich übernommen werden (vgl. Nr. 20.37).

Im übrigen wird auf den RdErl. des MI vom 4.8.1972 (Nds. MBl. S. 1161 - GültL 148/68), geändert durch RdErl. vom 6.8.1974 (Nds. MBl. S. 1525 - GültL 148/71), hingewiesen.