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  • ab 19.04.1983 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 28 VV-BBauG - Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (§ 2 Abs. 5)

Bibliographie

Titel
Verwaltungsvorschriften zum Bundesbaugesetz (VV-BBauG)
Amtliche Abkürzung
VV-BBauG
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21074000000001

28.1
Zu beteiligende Behörden und Stellen

28.1.1
Für die Anwendung des § 2 Abs. 5 kommt es nicht darauf an, ob die zu beteiligenden Träger öffentlicher Belange Behörden oder Stellen im organisationsrechtlichen Sinne sind.

Die Begriffe "Behörden und Stellen" im Sinne von § 2 Abs. 5 entsprechen im wesentlichen dem im Verwaltungsverfahrensrecht (vgl. § 1 Abs. 4 Nds. VwVfG) verwendeten funktionalen Behördenbegriff.

Hierzu gehören

  • Behörden und sonstige Dienststellen der unmittelbaren und mittelbaren Staatsverwaltung,
  • natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, denen hoheitliche Befugnisse durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes übertragen sind (sogenannte Beliehene),
  • Privatpersonen oder privatrechtliche Unternehmen, die durch staatliche Konzessionen berechtigt sind, öffentliche Aufgaben zu erfüllen, für die sich der Staat ein Beleihungsrecht vorbehalten hat.

Behörden und Stellen der Kirchen und öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften stehen den Behörden und Stellen der unmittelbaren und mittelbaren Staatsverwaltung gleich.

28.1.2
Behörden und Stellen im vorbezeichneten Sinne sind nach § 2 Abs. 5 nur zu beteiligen, soweit sie Träger "öffentlicher Belange" sind.

Der Begriff des "öffentlichen Belanges" bezieht sich auf alle öffentlichen Interessen, die sich auf Art und Maß der Bodennutzung innerhalb des Plangebietes auswirken und damit für die Abwägung nach § 1 Abs. 6 und 7 von Bedeutung sein können.

Bei den "öffentlichen Belangen" braucht es sich nicht um öffentliche Planungsaufgaben oder Planungsbefugnisse zu handeln. Der Begriff des Trägers öffentlicher Belange ist weiter als der des öffentlichen Planungsträgers nach § 4 Abs. 1 oder § 7. Öffentliche Planungsträger nach § 4 Abs. 1 oder § 7 sind jedoch in jedem Falle Träger öffentlicher Belange.

Zu den öffentlichen Belangen können auch die Belange der vermögensverwaltenden Stellen des Bundes, des Landes oder sonstiger juristischer Personen des öffentlichen Rechts gehören, wenn im Bauleitplan Darstellungen oder Festsetzungen für öffentliche Bauten oder Anlagen beabsichtigt sind.

28.1.3
"Träger" öffentlicher Belange kann nur die Behörde oder Stelle im vorbezeichneten Sinne (Nr. 28.1.1) sein, der die Wahrnehmung des betreffenden öffentlichen Belanges als öffentliche Aufgabe zur Erledigung im eigenen Namen mit Wirkung nach außen zugewiesen ist.

Nicht zu den Trägern öffentlicher Belange gehören daher Behörden, Stellen, Organisationen oder Personen, die keine Erklärungen mit verbindlicher Wirkung nach außen abgeben können, sondern nur verwaltungsintern, z.B. gutachtlich oder beratend tätig werden. Ihre Beteiligung an der Bauleitplanung erfolgt erforderlichenfalls durch die Behörde oder Stelle, die gegenüber der Gemeinde die Wahrnehmung des betreffenden öffentlichen Belanges zu vertreten hat.

28.1.4
Die Behörden oder Stellen, deren Beteiligung als Träger öffentlicher Belange in Betracht kommt, sind in der Anlage 7 aufgeführt. Die Aufnahme in die Liste begründet nicht die Eigenschaft, Träger öffentlicher Belange zu sein. Die Aufstellung ist auch nicht abschließend.

28.1.5
Die Träger öffentlicher Belange sind nur insoweit zu beteiligen, als ihr sachlicher und örtlicher Zuständigkeitsbereich durch die jeweilige Bauleitplanung konkret betroffen ist.

28.1.6
Zu den Trägern öffentlicher Belange gehören auch die benachbarten Gemeinden.

28.1.7
Die Beteiligung von Mitgliedsgemeinden an der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Flächennutzungsplänen der Samtgemeinden (vgl. § 72 Abs. 1 Nr. 1 NGO) ist in § 4 Abs. 9 abschließend geregelt (vgl. Nr. 29).

28.1.8
Die Samtgemeinden sind nach § 2 Abs. 5 als Träger der Flächennutzungsplanung an der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung der Bebauungspläne ihrer Mitgliedsgemeinden zu beteiligen.

28.2
Beteiligungsverfahren

28.2.1
Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange an der Bauleitplanung ist nicht zwingend vorgeschrieben; § 2 Abs. 5 ist eine "Soll-Vorschrift".

Sind einzelne von der Bauleitplanung berührte Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden, ist allein deswegen der Bauleitplan nicht unwirksam (vgl. § 155b Abs. 1 Nr. 2).

Eine Nichtbeteiligung kann jedoch dazu führen, daß öffentliche Belange im Sinne des § 1 Abs. 6 nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt werden. Dies hätte die Unwirksamkeit des Bauleitplanes wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 7 zur Folge (sogenanntes Abwägungsdefizit).

28.2.2
Das Verfahren zur Beteiligung der Träger öffentlicher Belange an der Bauleitplanung kann erforderlichenfalls mehrstufig durchgeführt werden.

a) Werden von der Planungsabsicht Träger öffentlicher Belange erkennbar wesentlich berührt, empfiehlt es sich, bereits bei der Ausarbeitung eines Vorentwurfs, Skizzen und erste nicht förmliche Entwürfe den Trägern öffentlicher Belange zuzuleiten, um zu verhindern, daß Planentwürfe ausgearbeitet werden, die mit Fachplanungen der Träger öffentlicher Belange im Widerspruch stehen. Eine solche Abstimmung ist in der Regel schon vor der Bürgerbeteiligung gemäß § 2a zweckmäßig.

b) Für das Verfahren nach § 2 Abs. 5 (förmliches Beteiligungsverfahren) ist es erforderlich, den Trägern öffentlicher Belange einen ausgearbeiteten Vorentwurf zum Bauleitplan mit dem dazugehörigen Erläuterungsbericht bzw. der Begründung zur Stellungnahme zuzuleiten. Dieser Vorentwurf muß alle wesentlichen Darstellungen oder Festsetzungen enthalten und damit so hinreichend konkretisiert sein, daß die Träger öffentlicher Belange erkennen können, ob und inwieweit ihre Belange von der gemeindlichen Planung berührt werden. Es ist nicht erforderlich, neben dem Vorentwurf zum Bauleitplan dem Träger öffentlicher Belange Fachpläne oder Gutachten zu dem betroffenen öffentlichen Belang vorzulegen. Die Gemeinde ist nicht verpflichtet, dem Träger öffentlicher Belange Berechnungsgrundlagen für die Prüfung des einzelnen Belanges zu beschaffen; dies ist vielmehr Aufgabe des Trägers öffentlicher Belange.

28.2.3
Ist eine Behörde (z.B. Bezirksregierung, Landkreis) in mehrfacher Hinsicht Träger öffentlicher Belange, ist sie dennoch einheitlich, jedoch unter Angabe der sie berührenden Belange zu beteiligen. Wird sie auch nur wegen eines Belanges um Stellungnahme gebeten, so erstreckt sich diese Beteiligung dennoch auf alle von ihr zu vertretenden öffentlichen Belange.

Die Behörde hat zu allen von ihr zu vertretenden öffentlichen Belangen einheitlich Stellung zu nehmen.

28.2.4
In ihrer Stellungnahme haben die Träger öffentlicher Belange der Gemeinde auch Aufschluß über die von ihnen beabsichtigten oder bereits eingeleiteten Planungen und sonstigen Maßnahmen sowie deren zeitliche Abwicklung zu geben, soweit diese Angaben für die städtbauliche Entwicklung und Ordnung des Plangebietes bedeutsam sein können. Hängt die beabsichtigte Planung oder Maßnahme von der Zustimmung einer anderen Behörde ab (z.B. in den Fällen des § 30 Abs. 7 NNatG), so hat der Träger öffentlicher Belange in seiner Stellungnahme hierauf hinzuweisen.

Die Träger öffentlicher Belange sollen nur insoweit Stellung nehmen, als ihre Belange durch die Bauleitplanung konkret betroffen werden. Sie haben sich nicht zu Belangen zu äußern, für die sie örtlich oder sachlich nicht zuständig sind.

28.2.5
Die Gemeinde soll den Trägern öffentlicher Belange für die Abgabe ihrer Stellungnahme eine angemessene Frist setzen (§ 2 Abs. 5 Satz 3). Die Träger öffentlicher Belange sollen innerhalb dieser Frist Stellung nehmen. Die angemessene Frist ist nach den Umständen des Einzelfalles zu bestimmen. In der Regel soll sie sechs Wochen betragen. Die Frist zur Stellungnahme mit der Wirkung des § 2 Abs. 5 Satz 3 kann nur in förmlichen Beteiligungsverfahren (vgl. Nr. 28.2.2b) gesetzt werden.

28.2.6
Die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange müssen grundsätzlich schriftlich vorliegen. Werden die Träger öffentlicher Belange in einem eigens dafür angesetzten Erörterungstermin gehört, so hat die Gemeinde hierüber eine Niederschrift anzufertigen, aus der die Stellungnahme der einzelnen Träger öffentlicher Belange ersichtlich sein muß. Fehlanzeigen sind zu vermerken. Die Niederschrift muß von allen Beteiligten genehmigt werden. Dies kann durch Verlesen am Schluß des Termins oder im schriftlichen Verfahren erfolgen.

28.3
Wirkung des Beteiligungsverfahrens

28.3.1
Eine "Äußerung" im Sinne des § 2 Abs. 5 Satz 3 liegt auch vor, wenn der Träger öffentlicher Belange ausdrücklich begründet, daß er eine Stellungnahme nach § 2 Absatz 5 Satz 2 noch nicht abgeben könne. Die nicht fristgemäße Äußerung löst nicht die Fiktion aus, daß bestimmte, von den Trägern wahrzunehmende öffentliche Belange nicht berührt sind; § 2 Abs. 5 Satz 3 hat keine Ausschlußwirkung.

Der Träger öffentlicher Belange ist auch nicht daran gehindert, seine Belange noch nachträglich, etwa im Verfahren der öffentlichen Auslegung nach § 2a Abs. 6 vorzutragen.

Werden der Gemeinde die Belange anderweitig bekannt, so hat sie diese in die Abwägung einzubeziehen.

28.3.2
Die Gemeinde ist nicht in jedem Falle an die Stellungnahme eines beteiligten Trägers öffentlicher Belange gebunden. Das Beteiligungsverfahren nach § 2 Abs. 5 zwingt nicht zur Herstellung des Einvernehmens. Die Gemeinde hat die Stellungnahme in ihre Abwägung nach § 1 Abs. 7 einzubeziehen und das Abwägungsergebnis im Erläuterungsbericht (§ 5 Abs. 7) bzw. in der Begründung (§ 9 Abs. 8) darzulegen.

Die Gemeinde ist jedoch an die Stellungnahme gebunden, soweit diese auf zwingenden Rechtsvorschriften beruht und ein Abweichen einen Rechtsverstoß bedeuten würde.