Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.12.2012, Az.: 10 LC 59/11
Verlustrisiko im Falle des Tötens des Tierbestands durch einen Tierhalter ohne behördliche Anordnung aufgrund einer bloßen Empfehlung des Amtstierarztes; Entschädigung bei Tötung aller der Sperre i.S.d. § 22 Abs. 1 Nr. 2 FischSeuchV unterliegenden Fische durch einen Betriebsinhaber
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 18.12.2012
- Aktenzeichen
- 10 LC 59/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 32087
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2012:1218.10LC59.11.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg - 25.03.2011 - AZ: 7 A 2887/10
Rechtsgrundlagen
- § 66 Nr. 1, 2 TierSG
- § 22 Abs. 1 Nr. 1 FischSeuchV
- § 28 Abs. 2 FischSeuchV
- § 13 Abs. 2 Nds. AGTierSG
- Art. 14 GG
Fundstelle
- AUR 2013, 159-164
Amtlicher Leitsatz
Nach § 66 Nr. 2 TierSG ist eine Entschädigung nur zu leisten, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Tiere auf behördliche Anordnung hätten getötet werden müssen, tatsächlich vorlagen. Tötet ein Tierhalter ohne behördliche Anordnung aufgrund einer bloßen Empfehlung des Amtstierarztes seinen Tierbestand, trägt er das Verlustrisiko, wenn sich auch nach der Tötung die Voraussetzungen, unter denen die Tiere auf behördliche Anordnung hätten getötet werden müssen, nicht feststellen lassen. Entscheidet sich ein Aquakulturbetreiber im Fall einer Sperre i.S.d. § 22 Abs. 1 Nr. 2 FischSeuchV dazu, sämtliche der Sperre unterliegenden Fische zu töten, um infolge der Fiktion des § 28 Abs. 2 FischSeuchV seine Zuchtanlage so schnell wie möglich wieder mit Fischen besetzen zu können, gebietet Art. 14 GG nicht, ihm für die getöteten Fische eine Entschädigung zu gewähren. Tötet ein Betriebsinhaber aus betriebswirtschaftlichen Gründen Tiere, hinsichtlich derer die zuständige Behörde eine Sperre des Betriebs für ausreichend erachtet hat, liegt kein Tierverlust "durch" eine Seuche oder seuchenartige Erkrankung i.S.d. § 13 Abs. 2 Nds. AGTierSG in Verbindung mit § 4 Beihilfesatzung Tierseuchenkasse vor.
Tatbestand
Der Kläger betreibt eine Fischfarm mit Betriebsstätten in E. und F.. Er importiert und verkauft u.a. Koi-Karpfen.
Nach Verlusten von Fischen aus seinem Bestand bei einem Kunden ließ der Kläger Proben durch ein Labor auf den Koi-Herpesvirus (KHV) untersuchen. Das Labor teilte dem Landkreis Oldenburg unter dem 12. Juli 2010 mit, dass KHV-spezifische DNA-Sequenzen nachgewiesen worden seien. Entsprechend unterrichtete der Kläger den Landkreis Oldenburg am 13. Juli 2010. Bei weiteren Feststellungen von KHV im Juli 2010 wurde ebenfalls der Betrieb des Klägers als Kontaktbestand ermittelt. Der Kläger ließ daraufhin alle Fische aus dem Becken in der Betriebsstätte E., aus dem die positiv getesteten Proben stammten, und aus dem benachbarten Becken töten.
Am 19. Juli 2010 fand eine Begehung der Betriebsstätte E. statt, an welcher der Zeuge Dr. G. als Vertreter des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) und der Zeuge Dr. H. (beamteter Tierarzt des Landkreises Oldenburg) teilnahmen. Es wurden weitere Proben genommen. Über das Ergebnis - im Quarantänebecken Nr. 6 und im Verkaufsbecken Nr. 16 der Betriebsstätte E. wurden KHV-spezifische DNA-Sequenzen nachgewiesen - informierte das LAVES den Landkreis Oldenburg. Daraufhin wurde am 21. Juli 2010 der Sachverhalt zwischen dem Zeugen Dr. H. und dem Kläger telefonisch erörtert.
In einem Schreiben des LAVES an den Landkreis Oldenburg vom 22. Juli 2010 heißt es u.a.:
"Aus hiesiger Sicht ist die gesamte Anlage am Standort E. 4 als eine epidemiologische Einheit einzustufen. .... Nach Ihrer Mitteilung v. 22.07.2010 wird Herr B. sämtliche Koikarpfen und Goldfische noch am 22.07.2010 töten und unschädlich beseitigen. Lediglich ein Becken mit Goldfischen, die erst vor ca. 1 Woche (Herkunft?) eingetroffen sind, wird ... ausgenommen. Es wurde vereinbart, dass Frau Dr. ... 30 Goldfische aus dem entsprechenden Becken beproben und lebend nach Hannover verbringen wird, wo diese nach Hälterung am 30.07.2010 zum Zwecke der KHV-Diagnostik seziert werden sollen. Voraussetzung ist jedoch, dass bis zu dem Zeitpunkt alle Koikarpfen und weitere Überträgerarten (Graskarpfen, Schleien) getötet und die Haltungseinheiten desinfiziert wurden. In Bezug auf die Graskarpfen und ggf. Schleien bedarf es ggf. noch der Mitteilung an Herrn B. (falls nicht bereits geschehen), dass diese ebenfalls zu töten sind, da diese Fischarten nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ebenfalls als mögliche Überträgerarten gelten. Herr B. teilte am 22.07.2010 mit, dass sämtliche Koikarpfen und Goldfische in seiner Anlage in F. ebenfalls getötet werden. Ansonsten befinden sich dort ausschließlich Fischarten, die weder empfänglich sind noch als Überträgerarten gelten..."
Mit Bescheid vom 22. Juli 2010 (Bl. 250 GA), der dem Kläger am selben Tag vom Zeugen Dr. H. überreicht wurde, stellte der Landkreis Oldenburg den Ausbruch der Koi-Herpesvirus-Infektion der Karpfen im Betrieb des Klägers in E. amtlich fest und ordnete die sofortige Vollziehung seiner Verfügung an. In dem Bescheid heißt es u.a.:
"1. Geltende Vorschriften
Zur Bekämpfung der KHV unterliegt Ihr Betrieb auf Grundlage von § 22 Abs. 1 Fischseuchenverordnung (FischSeuchV) folgenden Vorschriften:
1.1 Sie als Betreiber des Aquakulturbetriebes haben seuchenkranke oder seuchenverdächtige Fische aus Aquakultur in E. und F. nach näherer Weisung des Veterinäramtes des Landkreises Oldenburg unverzüglich zu töten oder töten zu lassen und unschädlich zu beseitigen oder beseitigen zu lassen.
1.2 Nicht unter Ziffer 1.1 fallende Fische aus Aquakultur dürfen nur mit Genehmigung des Veterinäramts des Landkreises Oldenburg und nur in einen anderen von derselben nicht exotischen Seuche betroffenen Aquakulturbetrieb oder zu diagnostischen Zwecken verbracht oder zur unmittelbaren Schlachtung abgegeben werden.
...
Die unter Ziffer 1.1 bis 1.5 genannten Vorschriften sind für Sie als Betreiber des Aquakulturbetriebes nach Feststellung der KHV verbindlich."
Im Zeitpunkt der Übergabe des Bescheids waren die Fische im Quarantänebecken Nr. 6 und im Verkaufsbecken Nr. 16 der Betriebsstätte E. bereits getötet worden. Ein Mitarbeiter des Klägers war damit befasst, Fische in weiteren Becken zu töten. Insgesamt wurden am 22. Juli 2010 in beiden Betriebsstätten ca. 18.000 Fische getötet.
Der Kläger beantragte am 19. August 2010 über den Landkreis Oldenburg bei der Beklagten eine Entschädigung wegen der Maßnahmen vom 22. Juli 2010. Der Landkreis Oldenburg teilte der Beklagten mit, die Fischfarm habe nach Feststellung der KHV einer Sperre unterlegen. Der Kläger habe daraufhin ca. 18.000 Fische nach eigener Entscheidung getötet und entsorgt. Da keine Tötung angeordnet worden sei, bestehe kein Anspruch auf Entschädigung. Hilfsweise beantrage der Kläger eine Härtebeihilfe. Dem Antrag war eine Schätzungsniederschrift beigefügt, wonach der Verkaufswert der am 22. Juli 2010 getöteten Fische 123.482,- Euro netto beträgt. Ferner lag dem Antrag eine Seuchenfeststellung (Ausdruck aus dem Tierseuchen-Nachrichten-System) u.a. folgenden Inhalts an:
"Seuchenverdacht: Datum: 19.07.2010
Seuchenverdächtige Tierart: Koikarpfen, Anzahl 18.000
Eingeleitete Maßnahmen:
Datum: 22.07.2010 Maßnahme: Tötg. im Betrieb: alle empfängl. Tiere, Anzahl: 18.000"
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 13. Oktober 2010 ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Eine Entschädigung setze nach § 66 Nr. 1 TierSG eine behördliche Tötungsanordnung voraus. Die Verpflichtung zur Tötung habe sich hier unmittelbar aus § 22 Abs. 1 FischSeuchV ergeben, ohne dass es einer Anordnung bedurft habe. Ihr Vorstand habe nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden, auch eine Härtebeihilfe abzulehnen. Zwar sei die Tötung des Fischbestands eine erhebliche Härte. Härtebeihilfen würden aber ausschließlich über die Beiträge der Tierhalter finanziert. Die Tierseuchenkasse erhebe keine Beiträge für Fische. Für diesen Schadensfall könne die Solidargemeinschaft aller Tierbesitzer nicht aufkommen. Andernfalls müsste eine Härtebeihilfe in allen gleichgelagerten Fällen gewährt werden. Die finanzielle Belastung, die sich daraus für alle Tierbesitzer ergäbe, habe der Vorstand nicht kalkulieren können.
Der Kläger hat am 29. Oktober 2010 Klage erhoben.
Er hat die Auffassung vertreten, er habe einen Anspruch auf Entschädigung nach § 66 TierSG i.V.m. § 4 Abs. 3 Nds. AGTierSG. Die Tötung sei behördlich angeordnet worden. Er sei bei der Übergabe des Bescheids vom 22. Juli 2010 mündlich aufgefordert worden, alle Fische in sämtlichen Becken in E. und F. mit Ausnahme der Störe und Biotopfische zu töten und bis zum Folgetag Entsorgungsnachweise vorzulegen. Dies werde durch das Schreiben des LAVES vom 22. Juli 2010 und die Seuchenfeststellung belegt. Auch eine nähere Weisung i.S.d. § 22 Abs. 1 Nr. 1 FischSeuchV sei eine behördliche Anordnung. Jedenfalls sei es unerheblich, ob die Behörde eine Tötung anordne oder eine amtliche Feststellung treffe, die eine Verpflichtung zur Tötung zur Folge habe.
§ 66 Abs. 1 TierSG dürfe nicht durch § 22 FischSeuchV umgangen werden. Hierfür biete das TierSG keine Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechende Ermächtigungsgrundlage. Wolle man einzelne Tierzüchter vom Recht auf Entschädigung ausnehmen, sei der Gesetzesvorbehalt zu wahren. Für die Ungleichbehandlung von Aquakulturbetrieben gegenüber anderen Tierhaltern fehle ein sachlicher Grund. Er dürfe nicht entschädigungslos enteignet werden. Die Tötung der Tiere sei zum Schutz der Allgemeinheit erfolgt. Hilfsweise werde eine Härtebeihilfe beantragt. Die Beklagte habe hierfür als Ermessenskriterien auf ihrer Internetseite aufgeführt: 1. die unverzügliche Einbeziehung des zuständigen Veterinäramts und 2. der Nachweis, dass der Tierhalter alles getan habe, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Dem sei er gerecht geworden. Zur Aufrechterhaltung seiner Existenz sei er auf eine Entschädigung angewiesen. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte keine Beiträge für Fische erhebe. Denn nach § 15 Abs. 1 Nds. AGTierSG erstatte das Land ihr die anfallenden Entschädigungen. In Thüringen seien im Jahr 2004 nach Ausbrüchen des KHV Fischhalter entschädigt worden. Im Freistaat Sachsen würden Härtebeihilfen gewährt. Er dürfe nicht dadurch benachteiligt werden, dass das Land Niedersachsen im Gegensatz zum Freistaat Sachsen kein Tilgungsprogramm betreffend den KHV habe. Die Beklagte gewähre Härtebeihilfen u.a. bei Salmonellose bei Rindern, Bösartigem Kararrhalfieber, Boviner Virusdiarrhoe und Boviner Herpesvirus-Infektion. Bei diesen Krankheiten unterlägen die Tierhalter ebenfalls keinen besonderen Verpflichtungen aus einem Programm. Die Härtebeihilfen in Fällen der Blauzungenkrankheit und Schwarzkopfkrankheit bei Puten dienten allein der wirtschaftlichen Absicherung der betroffenen Betriebe.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2010 aufzuheben und sie zu verpflichten, ihm für die wegen des Bescheides des Landkreises Oldenburg vom 22. Juli 2010 getöteten Fische eine Entschädigung in Höhe von 123.482,- Euro zu leisten,
hilfsweise, ihm eine entsprechende Härtebeihilfe zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf den Bescheid vom 13. Oktober 2010 Bezug genommen und ergänzend ausgeführt: Der Bescheid vom 22. Juli 2010 weise nur auf § 22 Abs. 1 Nr. 1 FischSeuchV hin, ohne eine Tötungsanordnung zu treffen. § 22 FischSeuchV (nicht exotische Seuchen) sei anders als § 20 FischSeuchV (exotische Seuchen) keine Ermächtigungsgrundlage für Tötungsanordnungen. In Thüringen sei im Jahr 2004 eine Entschädigung wegen des KHV nach der FischSeuchV a.F. gewährt worden; mit der Neufassung vom 24. November 2008 zur Umsetzung der Richtlinie 2006/88/EG habe sich die Rechtslage geändert. In Sachsen würden zwar Härtebeihilfen gewährt, dort würden aber auch Beiträge für Fische erhoben. Letztlich komme es nicht darauf an, ob § 66 Nr. 1 TierSG eine behördliche Anordnung voraussetze. Denn der Landkreis Oldenburg habe die nicht beprobten Fische des Klägers lediglich als ansteckungsverdächtig eingestuft und mit dem Bescheid vom 22. Juli 2010 eine Sperre verhängt. Daher habe der Kläger die Fische rechtlich nicht töten müssen, sondern sie lediglich nicht verbringen dürfen. Der Kläger habe die Fische zur Aufhebung der Sperre und damit aus betriebswirtschaftlichen Gründen getötet. Ihre Härtefallpraxis bezüglich der Blauzungenkrankheit, der Schwarzkopfkrankheit bei Puten (Härtebeihilfen inzwischen ausgelaufen), der Bovinen Herpesvirus Infektion und Bovinen Virus Diarrhoe bestätige, dass sie Härtefallbeihilfen im Rahmen von Sanierungsprogrammen gewähre, damit die Risiken für sie und die Beitragszahler kalkulierbar und bezahlbar blieben. Beim Bösartigen Katarrhalfieber (Härtebeihilfen inzwischen ausgelaufen) sei das Kostenrisiko infolge weniger Ausbrüche überschaubar gewesen. Für Salmonellose bei Rindern gewähre sie eine reguläre Beihilfe.
Während des erstinstanzlichen Verfahrens lehnte am 2. Februar 2011 der Vorstand der Beklagten nach Anhörung des Klägers dessen Härtefallantrag erneut ab. Er begründete dies damit, dass der KHV aufgrund des regen nationalen und internationalen Fischhandels für Niedersachsen ein großes Problem sei. Härtebeihilfen der Beklagten seien stets mit Verpflichtungen des Tierhalters im Rahmen eines veterinärfachlich fundierten Sanierungsprogramms verbunden. In Niedersachsen gebe es anders als im Freistaat Sachsen kein KHV-Tilgungsprogramm, das die Tierhalter zu deutlich stärkeren Kontrollmaßnahmen verpflichte. Unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes werde an der Vorgabe eines Sanierungsprogramms auch unter Berücksichtigung des Umstands festgehalten, dass die Existenz des Betriebs des Klägers gefährdet sei.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25. März 2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Entschädigung für die Tötung seiner Fische aufgrund des Bescheids vom 22. Juli 2010. Das Gericht sei nach den Bekundungen der Zeugen zu dem Ergebnis gelangt, dass weder Mitarbeiter des Landkreises Oldenburg noch des LAVES gegenüber dem Kläger in der Zeit vom 19. bis zum 22. Juli 2010 erklärt hätten, er müsse alle Fische töten lassen, die KHV-erkrankt, KHV-verdächtig oder ansteckungsverdächtig seien. Vielmehr sei es überzeugt, dass gegenüber dem Kläger deutlich gemacht worden sei, dass zwischen den KHV-kranken und -verdächtigen Tieren bzw. den Fischen, die KHV ebenfalls befallen könne, unterschieden werden müsse. Für die erstgenannten Fische gelte die Tötungspflicht nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 FischSeuchV, für die anderen die "Sperre" gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 2 FischSeuchV. Für letztere habe der Landkreis Oldenburg zudem deutlich gemacht, dass es keine Alternative zu einer unschädlichen Beseitigung gebe, wenn der Kläger weiterhin gewerblich mit Fischen, die vom KHV befallen werden könnten, handeln wolle. Aus den Einlassungen der Zeugen lasse sich nicht der Vortrag des Klägers bestätigen, die Behördenvertreter hätten ihm die Tötung dieser Fische befohlen. Vielmehr hätten sie diesen Schritt als unumgänglich bezeichnet, um die Sperre in Fortfall kommen zu lassen. Nach dem weitgehend übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten nehme das Gericht an, dass es im Bestand des Klägers 70 bis 75 KHV-kranke bzw. -verdächtige Fische gegeben habe und der ganz überwiegende Teil (ca. 18.000 Fische) nur ansteckungsverdächtig gewesen sei.
Ein Anspruch auf Leistungen für die am 22. Juli 2010 getöteten seuchenkranken bzw. seuchenverdächtigen Fische sei in erster Linie an § 66 Nr. 1 TierSG zu messen. Danach werde eine Entschädigung u.a. für Tiere geleistet, die auf behördliche Anordnung getötet worden seien. Eine solche fehle hier. Bei Ziffer 1.1 des Bescheids vom 22. Juli 2010 handele es sich um die amtliche Feststellung des Ausbruchs einer nicht exotischen Fischseuche. Diese löse eo ipso keinen Entschädigungsanspruch gemäß 66 Nr. 1 TierSG aus. Die näheren Weisungen, welche die Behörde zur Tötung und Beseitigung der Fische erteilen dürfe, seien keine behördlichen Anordnungen gemäß §§ 18 ff. TierSG. Sei der Betreiber der Aquakultur gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 1 FischSeuchV nach der Feststellung des Ausbruchs von KHV kraft dieser Rechtsverordnung verpflichtet, KHV-kranke oder KHV-verdächtige Fische unverzüglich zu töten oder töten zu lassen, handele es sich ebenfalls nicht um eine behördliche Maßnahme gemäß § 24 TierSG. Eine analoge Anwendung des § 66 Nr. 1 TierSG auf die Tötung von Fischen nach der amtlichen Feststellung scheide mangels planwidriger Regelungslücke und mangels vergleichbarer Interessenlage aus. § 66 Nr. 1 TierSG wolle denjenigen vor wirtschaftlichen Schäden bewahren, dessen Tiere aufgrund behördlicher Anordnung wegen eines Seuchenzugs getötet würden, nicht hingegen vor jedem anderen seuchenbedingten Tierverlust. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (C-20/00) sei es bei bestimmten Seuchensituationen nicht zu beanstanden, dass der Tierhalter das wirtschaftliche Risiko des Tierverlustes tragen müsse. Die Konzeption des Eigentumsgrundrechts im Grundgesetz gebiete keine andere Betrachtungsweise. Auch werde nicht nur eine erweiternde Auslegung von § 66 Nr. 1 TierSG, welche die Tötung der seuchenkranken und seuchenverdächtigen Fische umfasse, dem Gleichbehandlungsgebot gerecht. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Gesetz- und (ihm folgend) der Verordnungsgeber bestimmte Seuchenzüge nicht mit Entschädigungsmöglichkeiten nach § 66 Nr. 1 TierSG verbinde, weil diese Krankheiten besonders leicht übertragbar und daher präventiv schlecht zu beherrschen seien. Ein Gesichtspunkt, der es rechtfertige, Verluste infolge nicht exotischer Fischseuchen nicht § 66 TierSG zu unterstellen, sei der Umstand, dass für Fische die Erhebung von Beiträgen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 4 TierSG in das Ermessen der Länder gestellt sei und in Niedersachsen Beiträge nicht erhoben würden. Einer Auslegung, dass die Feststellung des Seuchenausbruchs und die daran anknüpfenden Weisungen der Behörde eine einheitliche Schutzmaßnahme darstellten, die einer behördlichen Anordnung i.S.d. § 23 f. TierSG gleichkomme, stehe der eindeutige Wortlaut des § 22 Abs. 1 Nr. 1 FischSeuchV entgegen. Das Verhalten des Landkreises Oldenburg und des LAVES im Vorfeld der Fischtötungen komme auch nicht aus anderen Rechtsgründen einer behördlichen Tötungsanordnung gleich.
Der Hilfsantrag bezüglich der getöteten seuchenkranken bzw. seuchenverdächtigen Fische sei ebenfalls nicht erfolgreich. Das Gericht lasse offen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Härtebeihilfe nach § 13 Abs. 2 Nds. AGTierSG i.V.m. § 4 Beihilfesatzung Tierseuchenkasse erfüllt seien. Es sei jedenfalls nicht zu beanstanden, dass die Beklagte ihr Ermessen nicht zugunsten des Klägers ausgeübt habe. Dass ein weit überdurchschnittliches Seuchenrisiko wie beim KHV zum Ausschluss einer Härtebeihilfe führe, sei nicht zu beanstanden. Auch "trage" die weitere Erwägung der Beklagten, dass Härtebeihilfen immer in Verbindung mit Verpflichtungen des Tierhalters im Rahmen eines veterinärfachlich fundierten Sanierungsprogramms zur Bekämpfung der jeweiligen Tierseuchen gewährt würden; ein solches fehle in Bezug auf den KHV.
Leistungspflichten der Beklagten im Hinblick auf die Tötung der ca. 18.000 ansteckungsverdächtigen Fische im Gefolge des Bescheids vom 22. Juli 2010 schieden ebenfalls aus: Nach dessen Vernehmung stehe fest, dass der Zeuge Dr. H. gegenüber dem Kläger nicht i.S.d. § 66 Nr. 1 TierSG angeordnet habe, die ansteckungsverdächtigen Tiere zu töten. Vielmehr habe er am 19. Juli 2010 (unterstützt vom zuständigen Mitarbeiter des LAVES), im Telefonat am 21. Juli 2010 und bei der Übergabe des Bescheids am 22. Juli 2010 dem Kläger die Maßnahmen infolge des Ausbruchs des KHV dahin erläutert, dass er die Aufhebung der Sperre nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 FischSeuchV nur erreichen könne, wenn alle Fische aus der Aquakultur des Betriebs oder aus einzelnen in sich abgeschlossenen Teilen des Betriebs verendet, getötet und entfernt worden seien. Aufgrund dieser Hinweise habe sich der Kläger faktisch zur Tötung der Tiere aus betriebswirtschaftlichen Gründen verpflichtet gefühlt. Er sei indes rechtlich nicht zur Tötung verpflichtet gewesen, sondern habe sie nur nicht bzw. nur mit Genehmigung des Landkreises Oldenburg und nur in einen anderen von derselben nicht exotischen Seuche betroffenen Aquakulturbetrieb oder zu diagnostischen Zwecken verbringen dürfen. Etwas anderes ergebe sich nicht aus dem Bescheid vom 22. Juni 2010, der in Ziffer 1.1 den Zusatz "in E. und F." enthalte, obwohl unstreitig sei, dass es seuchenkranke oder seuchenverdächtige Fische lediglich in zwei Becken in E. gegeben habe. Daraus könne nicht abgeleitet werden, dass auch die nur ansteckungsverdächtigen Fische zu töten gewesen seien. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf eine Entschädigung nach § 70 TierSG oder eine Härtebeihilfe. Insoweit werde auf die Erwägungen zu den seuchenkranken und seuchenverdächtigen Fische verwiesen.
Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Berufung zugelassen.
Zur Begründung seiner Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen und führt ergänzend im Wesentlichen aus: Es könne keinen Unterschied machen, ob er zur Tötung aller Fische aufgefordert oder ihm gesagt werde, dies sei die einzige Möglichkeit, seinen Betrieb wieder aufnehmen zu können. Ihm sei faktisch keine andere Wahl als die Tötung aller Fische gelassen worden sei. Eine Differenzierung danach, welche Fische ansteckungsverdächtig, seuchenverdächtig oder seuchenkrank seien, sei in der Zeit vom 19. bis 22. Juli 2010 nicht vorgenommen worden. Vielmehr seien alle Fische mit Ausnahme der Fische im kleinen Goldfischbecken als seuchenkrank oder seuchenverdächtig eingestuft worden. Er sei angewiesen worden, sämtliche Fische an beiden Betriebsstandorten zu töten. Durch die Aufforderung zur Vorlage von Entsorgungsnachweisen bis zum 23. Juli 2010 sei ein besonderer Druck aufgebaut worden. § 22 FischSeuchV genüge nicht dem Gesetzesvorbehalt, wenn darin zur Vermeidung der Entschädigungspflicht aus § 66 TierSG der "Gestaltungstrick" einer behördlichen Feststellung mit einer sich unmittelbar aus der Verordnung ergebenden Tötungspflicht verwendet werde. Es gebe keine sachlichen Gründe dafür, dass bei exotischen Seuchen eine behördliche Tötungsanordnung erfolge, nicht aber bei nicht exotischen Seuchen. Auch für eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Tierhaltern fehle es an einem sachlichen Grund. Der Verweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft übersehe, dass sich der deutsche Gesetzgeber mit § 66 Abs. 1 TierSG für eine allgemeine Entschädigungspflicht entschieden habe. Jedenfalls sei ihm eine Härtebeihilfe zu gewähren. Für ihn bedeute es eine erhebliche Härte, dass er gezwungen gewesen sei, alle Fische an beiden Betriebsstandorten zu töten. Eine Insolvenz habe er nur durch Privatkredite abwenden können. Durch die laufenden Einnahmen ließen sich die Darlehen nicht bedienen. Wegen § 70 TierSG dürfe die Beitragspflicht nicht als Ermessenskriterium herangezogen werden. Er sei den von der Beklagten auf ihrer Internetseite aufgestellten Ermessenskriterien gerecht geworden sei. Das ausgebliebene Engagement des Landes Niedersachsen sei gerade ein gewichtiges Argument für die Gewährung einer Härtebeihilfe. Das Verwaltungsgericht habe seinen Vortrag übergangen, dass die Beklagte in den letzten Jahren Härtebeihilfen bei Salmonellose bei Rindern, Bösartigem Katarrhalfieber, Boviner Virusdiarrhoe und Boviner Herpesvirus-Infektion gewährt habe, obwohl diese Krankheiten nicht mit besonderen Verpflichtungen im Rahmen eines Sanierungsprogramms verbunden gewesen seien. Die KHV-Infektion sei eine anzeigepflichtige Tierseuche. Zur Einhaltung der Mitwirkungspflicht habe der Gesetzgeber Entschädigungen als Motivation vorgesehen.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 25. März 2011 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2010 aufzuheben und sie zu verpflichten, ihm eine Entschädigung in Höhe von 123.482,- Euro zu leisten,
hilfsweise,
ihm eine Härtebeihilfe in derselben Höhe zu gewähren,
weiter hilfsweise,
über seinen Antrag auf Gewährung einer Härtebeihilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf ihr bisheriges Vorbringen sowie die Ausführungen des Verwaltungsgerichts und trägt ergänzend vor: Bei den vom Verwaltungsgericht als seuchenkrank oder seuchenverdächtig bezeichneten 70 bis 75 Fischen handele es sich um die Fische, bei denen der KHV durch Proben nachgewiesen worden sei. Der Landkreis Oldenburg habe alle anderen Fische des Klägers nur als ansteckungsverdächtig eingestuft und eine Sperre angeordnet. Der Kläger habe die Fische aus betriebswirtschaftlichen Gründen zwecks Aufhebung der Sperre getötet. Er hätte sie behalten oder an ebenfalls KHV-infizierte Betriebe abgeben können. Dies sei ihm mehrfach dargelegt worden. Der Landkreis Oldenburg habe nicht willkürlich Druck auf den Kläger ausgeübt. Die auf ihrer Internetseite veröffentlichten Kriterien für die Gewährung einer Härtebeihilfe seien nicht abschließend, sondern nur "von entscheidender Bedeutung in diesem Zusammenhang".
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Dr. Dirk H., Frau Kathleen I. -B., Frau Diana J., Herrn Roland K. und Dr. G.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten A bis D) Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung für die am 22. Juli 2010 getöteten Fische in den Betriebsstätten E. und F.. Auch steht dem Kläger insoweit weder ein Anspruch auf Gewährung einer Härtebeihilfe noch ein Anspruch auf Neubescheidung seines Härtefallantrags zu. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2010 ist rechtmäßig (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1.
Ein Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung besteht nicht. Der Entscheidung des Rechtsstreits sind die Vorschriften zugrunde zu legen, die im Zeitpunkt des Entschädigungsfalls galten (BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2005 - BVerwG 3 C 15.04 -, Buchholz 418.6 TierSG Nr. 18 = NVwZ-RR 2005, 446 = AUR 2005, 229 = RdL 2005, 247). Da der Kläger mit der Entschädigung eine Begünstigung begehrt, obliegt ihm nach den allgemeinen Beweisregeln die Beweislast für das Vorliegen der Entschädigungsvoraussetzungen.
a)
Gemäß § 66 Nr. 1 Tierseuchengesetz (TierSG) in der maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2930) wird vorbehaltlich der im Tierseuchengesetz bezeichneten Ausnahmen eine Entschädigung in Geld für Tiere geleistet, die auf behördliche Anordnung getötet worden oder nach Anordnung der Tötung verendet sind. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der am 22. Juli 2010 getöteten Fische in beiden Betriebsstätten des Klägers nicht vor.
aa)
Die Fische aus dem Quarantänebecken Nr. 6 und dem Verkaufsbecken Nr. 16 der Betriebsstätte E. - insoweit wurden in Proben vom 19. Juli 2010 KHV-spezifische DNA-Sequenzen nachgewiesen - wurden weder auf behördliche Anordnung getötet noch sind sie nach Anordnung einer Tötung verendet.
Insoweit kann dahinstehen, ob der Bescheid vom 22. Juli 2010 eine behördliche Tötungsanordnung enthält. Denn die Fische aus den beiden genannten Becken wurden nicht infolge dieses Bescheids getötet. Vielmehr waren sie bereits tot, als dem Kläger der Bescheid durch den Zeugen Dr. H. überreicht wurde.
Soweit der Kläger behauptet, er sei bei der Übergabe des Bescheids dazu aufgefordert worden, sämtliche Fische zu töten, wäre eine darin zu sehende mündliche Tötungsanordnung ebenfalls erst nach der Tötung der Fische aus den beiden genannten Becken ergangen.
Gleiches gilt für das Vorbringen des Klägers, er sei am 22. Juli 2010 durch das Verlangen der Vorlage von Entsorgungsnachweisen bis zum Folgetag einem solchen psychischen Druck ausgesetzt worden, dass dies dem Erlass einer Tötungsanordnung gleichkomme.
Eine behördliche Anordnung zur Tötung der Fische aus den beiden genannten Becken kann auch nicht unmittelbar in § 22 Abs. 1 Nr. 1 FischSeuchV in der maßgeblichen Fassung vom 24. November 2008 (BGBl. I S. 2315) gesehen werden. Ist der Ausbruch einer nicht exotischen Seuche in einem Aquakulturbetrieb amtlich festgestellt, so hat nach dieser Vorschrift der Betreiber des Aquakulturbetriebs seuchenkranke oder seuchenverdächtige Fische aus Aquakultur nach näherer Weisung der zuständigen Behörde unverzüglich zu töten oder töten zu lassen. Die amtliche Feststellung des Ausbruchs der Koi-Herpesvirus-Infektion im Betrieb des Klägers erfolgte erst durch Bekanntgabe des Bescheids vom 22. Juli 2010. Erst hierdurch entstand die Pflicht zur Tötung der in § 22 Abs. 1 Nr. 1 FischSeuchV bezeichneten Fische. Wie ausgeführt, waren zu diesem Zeitpunkt die Fische aus den beiden genannten Becken bereits tot.
bb)
Dieselben Erwägungen gelten im Hinblick auf die bei Übergabe des Bescheids am 22. Juli 2010 bereits getöteten Fische aus anderen Becken in der Betriebsstätte E..
cc)
Bezüglich aller weiteren am 22. Juli 2010 getöteten Fische in beiden Betriebsstätten des Klägers liegt keine behördliche Anordnung zur Tötung vor.
(1)
Soweit der Kläger eine Tötungsanordnung in Ziffer 1.1 des Bescheids vom 22. Juli 2010 sieht, kann dahinstehen, ob es sich dabei um eine behördliche Anordnung handelt oder nur um einen Verweis auf den Regelungsinhalt von § 22 Abs. 1 Nr. 1 FischSeuchV. Denn Ziffer 1.1 des Bescheids bezieht sich ausdrücklich nur auf seuchenkranke und seuchenverdächtige Fische. Alle übrigen Fische sind demgegenüber Gegenstand von Ziffer 1.2 des Bescheids, der lediglich eine Sperre i.S.d. § 22 Abs. 1 Nr. 2 FischSeuchV, nicht eine Tötung vorsieht.
Seuchenkranke Tiere sind nachweislich infizierte Tiere. Seuchenverdächtige Tiere sind gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 6 TierSG Tiere, an denen sich Erscheinungen zeigen, die den Ausbruch einer Tierseuche befürchten lassen. Ansteckungsverdächtige Tiere sind nach § 1 Abs. 2 Nr. 7 TierSG Tiere, die nicht seuchenverdächtig sind, bei denen aber nicht auszuschließen ist, dass sie den Ansteckungsstoff aufgenommen haben.
Der Kläger hat nicht bewiesen, dass die am 22. Juli 2010 getöteten Fische, die sich nicht im Quarantänebecken Nr. 6 und dem Verkaufsbecken Nr. 16 in der Betriebsstätte E. befanden, tatsächlich mit dem KHV infiziert waren oder i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 6 TierSG Erscheinungen zeigten, die den Ausbruch des KHV befürchten ließen. Diesen Nachweis kann er auch nicht mehr erbringen, weil sämtliche am 22. Juli 2010 getöteten Fische entsorgt wurden.
Der Kläger hat auch durch die Zeugenvernehmungen seitens des Senats nicht bewiesen, dass die getöteten Fische, die sich nicht in den beiden genannten Becken befanden, behördlicherseits als seuchenkrank oder seuchenverdächtig eingestuft wurden. Er selbst macht geltend, es sei nicht zwischen seuchenkranken, seuchenverdächtigen und ansteckungsverdächtigen Fischen unterschieden worden. Die Zeugin J. n hat sich an die Geschehnisse nicht mehr konkret erinnern können. Die Zeugin I. -B. hat ausgesagt, ihr und dem Kläger sei vom Veterinär gesagt worden, alle Fische seien zu töten. Der Zeuge Dr. H. hat bekundet, er habe lediglich die beprobten Fische als seuchenkrank und nur die im Verkaufsbecken Nr. 16 und im Quarantänebecken Nr. 6 befindlichen Fische als seuchenverdächtig eingestuft und dies dem Kläger auch so vermittelt. Ansteckungsverdächtige Fische unterlägen nur der Sperre, nur die seuchenkranken oder seuchenverdächtigen Fische seien zu töten. Der Kläger habe gewusst, dass nur die beprobten Fische als seuchenkrank galten, während alle anderen im selben Becken nur als seuchenverdächtig galten. Der Zeuge Dr. G. hat die Auffassung vertreten, selbst die Fische in den beiden genannten Becken seien nur ansteckungsverdächtig gewesen. Alle Aussagen stimmen demnach insoweit überein, dass die Fische, die sich nicht im Verkaufsbecken Nr. 16 und im Quarantänebecken Nr. 6 in der Betriebsstätte E. befanden, behördlicherseits weder als seuchenkrank noch als seuchenverdächtig eingestuft wurden.
(2)
Aus diesem Grund ist auch § 22 Abs. 1 Nr. 1 FischSeuchV selbst - ungeachtet der Fragen, ob eine Vorschrift in einer Rechtsverordnung eine behördliche Anordnung i.S.d. § 66 Nr. 1 TierSG sein kann oder insoweit eine analoge Anwendung von § 66 Nr. 1 TierSG in Betracht kommen könnte - bezüglich der am 22. Juli 2010 getöteten Fische, die sich nicht in den beiden genannten Becken befanden, ebenfalls nicht als Tötungsanordnung anzusehen.
(3)
Der Kläger hat auch nicht beweisen können, dass bezüglich der Fische, die sich nicht im Verkaufsbecken Nr. 16 und im Quarantänebecken Nr. 6 in der Betriebsstätte E. befanden, eine mündliche Tötungsanordnung erging.
Zwar hat der Zeuge K. bekundet, es sei von jemandem gesagt worden, alle Fische seien zu töten. Er hat sich aber nicht mehr daran erinnern können, wer dies geäußert habe. Die Zeugin J. hat sich an die Geschehnisse nicht konkret erinnern können. Die Zeugin I. -B., die frühere Ehefrau des Klägers, hat zwar bei ihrer Vernehmung im Berufungsverfahren wiederholt beteuert, dem Kläger und ihr sei vom Zeugen Dr. H. gesagt worden, sie müssten alle Fische töten, ohne dass ihnen Alternativen aufgezeigt worden seien. Diese Aussage widerspricht aber ihrer Aussage im erstinstanzlichen Verfahren. Seinerzeit hat sie bekundet, bei verschiedenen Anlässen hätten ihnen Vertreter des Landkreises Oldenburg gesagt, dass sie die Fische töten müssten, "wenn sie den Betrieb fortführen wollten". Ihnen sei klar geworden, dass sie aus den vorhandenen Beständen keine Fische hätten verkaufen dürfen, sie die Fische aber hätten behalten können. Die Widersprüchlichkeit ihrer Aussagen hat die Zeugin auch auf Vorhalt nicht ausräumen können. Da ihre Äußerungen im Übrigen vage geblieben sind und sie sich an konkrete Einzelheiten nicht hat erinnern können, misst der Senat ihrer Aussage im Berufungsverfahren kein größeres Gewicht bei als den entgegenstehenden und in sich stimmigen Aussagen der Zeugen Dr. H. und Dr. G.. Die Aussage des Zeugen Dr. H. entspricht seiner Aussage im erstinstanzlichen Verfahren. Auch seinerzeit hat er bekundet, er habe auf keinen Fall, auch nicht mündlich, gegenüber dem Kläger die Tötung der Fische in seinem Bestand verfügt, die ebenfalls vom KHV befallen werden könnten. Dem Kläger sei lediglich verdeutlicht worden, dass die Aufhebung der Sperre voraussetze, dass die Fische, die Träger des KHV sein könnten, unschädlich beseitigt würden. Für die Richtigkeit seiner Aussage spricht die damit in Einklang stehende Aussage des Zeugen Dr. G. vor dem Senat, bei den Erörterungen mit dem Kläger am 19. Juli 2010 zu Konsequenzen im Fall positiver Ergebnisse der Proben sei nicht über eine Tötungsanordnung gesprochen worden. Der Senat hält die Aussagen der Zeugen Dr. H. und Dr. G. für glaubhaft, zumal sie in den maßgeblichen Punkten mit der Aussage der Zeugin I. -B. im erstinstanzlichen Verfahren übereinstimmen und der Kläger in erster Instanz selbst ausgesagt hat, ihm sei klar geworden, dass er aus der Sperre nur herauskomme, wenn er alle Tiere unschädlich beseitige.
Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich aus dem Schreiben des LAVES an den Landkreis Oldenburg vom 22. Juli 2010 nicht, dass eine mündliche Tötungsanordnung ergangen ist. Soweit es darin heißt, "in Bezug auf die Graskarpfen und ggf. Schleien bedarf es ggf. auch der Mitteilung an Herrn B. (falls nicht bereits geschehen), dass diese ebenfalls zu töten sind, da diese Fischarten nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ebenfalls als mögliche Überträgerarten gelten", folgt daraus nicht, dass der Zeuge Dr. H. gegenüber dem Kläger eine mündliche Tötungsanordnung erlassen und nicht nur eine Tötungsempfehlung ausgesprochen hat, um eine Aufhebung der Sperre und ein "Freitesten" der erst eine Woche zuvor eingetroffenen Goldfische zu ermöglichen.
Auch aus der vom Kläger angeführten Seuchenfeststellung (Ausdruck aus dem Tierseuchen-Nachrichten-System) ergibt sich nicht, dass tatsächlich eine Tötungsanordnung ergangen ist. Soweit darin als am 22. Juli 2010 eingeleitete Maßnahme: " Tötg. im Betrieb: alle empfängl. Tiere, Anzahl: 18.000 Tierart: Koikarpfen" eingetragen worden ist, handelt es sich nicht um eine Dokumentation erlassener Rechtsakte, die deren genaue Rechtsnatur wiedergibt, sondern um eine Information, dass ein zielgerichteter Vorgang zur Beherrschung der Seuchensituation und Unterbindung der Seuchenverbreitung - durch wen auch immer - eingeleitet wurde.
(4)
Der Kläger hat schließlich auch nicht beweisen können, dass er durch ein am 22. Juli 2010 durch den Zeugen Dr. H. geäußertes Verlangen der Vorlage von Entsorgungsnachweisen bis zum Folgetag einem solchen psychischen Druck ausgesetzt worden sei, dass dies dem Erlass einer Tötungsanordnung gleichkäme. Der Zeuge Dr. H. hat vor dem Senat ausgesagt, er habe keine Frist zur Vorlage von Entsorgungsnachweisen gesetzt. Die Zeuginnen I. -B. und J. und der Zeuge K. haben sich nicht daran erinnern können, ob eine Frist gesetzt worden ist.
b)
Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung gemäß § 66 Nr. 2 TierSG. Danach wird eine Entschädigung in Geld für Tiere geleistet, bei denen eine anzeigepflichtige Tierseuche nach dem Tode festgestellt worden ist, sofern die Voraussetzungen gegeben waren, unter denen die Tiere auf behördliche Anordnung hätten getötet werden müssen.
Eine Entschädigung käme insoweit nur für diejenigen am 22. Juli 2010 getöteten Fische in Betracht, die bereits tot waren, als mit Bekanntgabe des Bescheids vom 22. Juli 2010 gegenüber dem Kläger der Ausbruch der Koi-Herpesvirus-Infektion in seinem Betrieb amtlich festgestellt wurde, d.h. für die Fische aus dem Quarantänebecken Nr. 6 und dem Verkaufsbecken Nr. 16 der Betriebsstätte E. und für eine ungeklärte Anzahl weiterer Fische aus anderen - nicht mehr feststellbaren - Becken.
Für diese Fische lagen jedoch nicht die Voraussetzungen vor, unter denen sie nach der amtlichen Feststellung auf behördliche Anordnung hätten getötet werden müssen. Denn bei der Koi-Herpes-Viruserkrankung handelt es sich um eine nicht exotische Seuche (vgl. Anlage 1 zur FischSeuchV). Ist der Ausbruch einer nicht exotischen Seuche in einem Aquakulturbetrieb amtlich festgestellt, so hat gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 1 FischSeuchV - wie ausgeführt - der Betreiber des Aquakulturbetriebs nur seuchenkranke oder seuchenverdächtige Fische aus Aquakultur nach näherer Weisung der zuständigen Behörde unverzüglich zu töten oder töten zu lassen. Es kann dahinstehen, ob § 22 Abs. 1 Nr. 1 FischSeuchV selbst als behördliche Anordnung angesehen werden kann, zum Erlass eines behördlichen Anordnung ermächtigt oder ob eine analoge Anwendung von § 66 Nr. 2 TierSG auf eine Tötungspflicht aus § 22 Abs. 1 Nr. 1 FischSeuchV in Betracht kommen könnte. Denn der Kläger hat nicht bewiesen, dass die vor der Übergabe des Bescheids getöteten Fische tatsächlich seuchenkrank oder seuchenverdächtig waren. Er kann dies infolge der Entsorgung der Fische auch nicht mehr nachweisen. Zwar hat der Zeuge Dr. H. (ausschließlich) die im Quarantänebecken Nr. 6 und im Verkaufsbecken Nr. 16 befindlichen Fische als seuchenverdächtig eingestuft. Dies entsprach aber - wie der Zeuge Dr. G. zutreffend ausgeführt hat und auch vom Prozessbevollmächtigten des Klägers so gesehen wurde - nicht der Legaldefinition in § 1 Abs. 2 Nr. 6 TierSG, wonach seuchenverdächtige Tiere solche Tiere sind, an denen sich Erscheinungen zeigen, die den Ausbruch einer Tierseuche befürchten lassen. Allein der Umstand, dass bei Fischen aus den beiden genannten Becken KHV-spezifische DNA-Sequenzen nachgewiesen wurden, belegt nicht, dass sich bei allen übrigen Fischen aus diesen Becken solche Erscheinungen zeigten. Nach § 66 Nr. 2 TierSG ist eine Entschädigung aber nur dann zu leisten, wenn die Voraussetzungen gegeben waren, unter denen die Tiere auf behördliche Anordnung hätten getötet werden müssen. Tötet ein Tierhalter ohne behördliche Anordnung auf Grund einer bloßen Empfehlung des Amtstierarztes seinen Tierbestand, trägt er das Verlustrisiko, wenn sich auch nach der Tötung die Voraussetzungen, unter denen die Tiere auf behördliche Anordnung hätten getötet werden müssen, nicht feststellen lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 1979 - BVerwG 3 B 101.79 -, Buchholz 418.6 ViehSG Nr. 7 = RdL 1980, 112; vgl. auch Geissler/Rohjahn/Stein, Tierseuchenrecht in Deutschland und Europa, Stand: 1. August 2007, § 66 Anm. 5).
c)
Soweit dem Kläger nach den dargestellten Rechtsvorschriften für alle am 22. Juli 2010 getöteten Fische in beiden Betriebsstätten eine Entschädigung versagt wird, steht dies im Einklang mit der Gewährleistung seines Grundrechts auf Eigentum in Art. 14 Grundgesetz (GG), das bei der Auslegung und Anwendung dieser Regelungen zu berücksichtigen ist.
Entgegen der Auffassung des Klägers liegt insoweit keine Art. 14 Abs. 3 GG zuwider laufende entschädigungslose Enteignung vor. Eine Enteignung ist auf die Entziehung durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteter Rechtspositionen zur Erfüllung eines konkreten, der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienenden Vorhabens gerichtet (vgl. BVerfGE, Senatsbeschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvR 1512/97, 1 BvR 1677/97 -, BVerfGE 104, 1 = NVwZ 2001, 1023 = DVBl 2001, 1427). Daran fehlt es hier. Denn weil der Kläger nicht hat beweisen können, dass eine behördliche Anordnung zur Tötung seiner Fische erging und die getöteten Fische seuchenkrank oder seuchenverdächtig waren, unterlagen alle am 22. Juli 2010 getöteten Fische nur einer Sperre gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 2 FischSeuchV. Eine Sperre ist aber nicht auf die Entziehung einer Rechtsposition zur Güterbeschaffung gerichtet. Mit einer solchen Sperre geht die öffentliche Gewalt nicht aus eigenem Interesse gegen den Privateigentümer vor, weil sie dessen Eigentum für einen öffentlichen Zweck "braucht". Vielmehr werden die betreffenden Tiere wegen eines gefährlichen Zustands den uneingeschränkten Nutzungsbefugnissen des Eigentümers entzogen. Der Staat wird nicht im Blick auf die Eigentumsentziehung tätig, sondern erfüllt die Pflicht der Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit. Dass er dabei das Privateigentum angreifen und schmälern muss, ist eine im Prinzip unerwünschte, aber notwendige Nebenwirkung. Der Staat tut damit im Grunde etwas, was der gewissenhafte Eigentümer selbst tun müsste, sobald er erkennt, dass von seinem Eigentum Gefahren für die Öffentlichkeit ausgehen (vgl. BVerfG, Senatsbeschluss vom 17. November 1966 - 1 BvL 10/61 -, BVerfGE 20, 351 = NJW 1967, 548 = DÖV 1967, 128; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1958 - BVerwG I C 59.57 -, BVerwGE 7, 257 = NJW 1959, 786 = VerwRspr 12, 472 = DÖV 1959, 149).
Die Versagung einer Entschädigung in Fällen der vorliegenden Art ist vielmehr lediglich eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des (Tier-) Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Es gibt keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, in jedem Fall einer mit einer Tierseuche in Zusammenhang stehenden Tötung von Tieren eine Entschädigung zu gewähren. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Tierhalter - wie der Kläger - seine Tiere aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen tötet, ohne dass dies von der zuständigen Behörde tierseuchenrechtlich für erforderlich gehalten wird. Eine Sperre i.S.d. § 22 Abs. 1 Nr. 2 FischSeuchV ist nicht nur dann aufzuheben, wenn die Seuche gemäß § 28 Abs. 2 FischSeuchV infolge u.a. der Tötung aller Fische aus Aquakultur des Betriebes oder einzelner in sich abgeschlossener Teile des Aquakulturbetriebes als erloschen gilt, sondern auch dann, wenn die Seuche tatsächlich erloschen ist oder der Verdacht des Ausbruchs der Seuche beseitigt ist oder sich als unbegründet erwiesen hat (§ 28 Abs. 1 FischSeuchV). Entscheidet sich der Aquakulturbetreiber gleichwohl dazu, sämtliche Fische zu töten, um infolge der Fiktion des § 28 Abs. 2 FischSeuchV seine Zuchtanlage so schnell wie möglich wieder mit Fischen besetzen zu können, gebietet Art. 14 GG nicht, ihm für die getöteten Fische eine Entschädigung zu gewähren. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass Inhaber von Aquakulturbetrieben eine Tätigkeit ausüben, die geschäftliche Risiken birgt. Als Züchter müssen sie damit rechnen, dass eine Fischseuche ausbricht und einen Schaden verursacht. Dieses Risiko wohnt der Zucht und der Vermarktung von lebenden Tieren inne (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juli 2003 - C-20/00 [Booker Aquaculture und Hydro Seafood] -, Slg. 2003, S. I-7411).
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Erwägung des Klägers, das Tierseuchengesetz wolle mit der Entschädigungsregelung auf eine frühzeitige Anzeigenerstattung hinwirken. Zwar trifft diese Annahme zu. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass eine Entschädigung i.S.d. § 66 Nr. 1 TierSG wegfällt, wenn die Anzeige schuldhaft nicht oder nicht unverzüglich erstattet wird (§ 69 Abs. 1 Nr. 2 TierSG). So gesehen wirkt die Entschädigung als "Prämie für die rechtzeitige Anzeige" (vgl. BVerfG, Senatsbeschluss vom 17. November 1966 - 1 BvL 10/61 -, BVerfGE 20, 351 = NJW 1967, 548 = DÖV 1967, 128). Damit wird jedoch nur eine Seite der tierseuchenrechtlichen Entschädigungsregelung angesprochen. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass die Tierseuchenentschädigung auch andere Elemente, namentlich das der Katastrophenhilfe, in sich trägt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1971 - BVerwG I C 3.69 -, BVerwGE 39, 10 = Buchholz 418.6 Nr. 5 = NJW 1972, 71 [BVerwG 30.04.1971 - BVerwG VI C 35.68]). Es ist daher von Verfassungs wegen nicht geboten, einem Tierhalter, der rechtzeitig Anzeige erstattet, eine Prämie zu gewähren, wenn er mehr unternimmt, als aus tierseuchenrechtlichen Gefahrenabwehrgründen erforderlich ist.
d)
Die Versagung einer Entschädigung für die am 22. Juli 2010 getöteten lediglich ansteckungsverdächtigen Fische des Klägers verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dieser gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfG, Senatsbeschluss vom 21. Juni 2006 - 2 BvL 2/99 -, BVerfGE 110, 412 = BGBl. I 2006, 1857 = NJW 2006, 2757 [BVerfG 21.06.2006 - 2 BvL 2/99] m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers wird er im Hinblick auf die Versagung einer Entschädigung für aus betriebswirtschaftlichen Gründen ohne tierseuchenrechtliche Notwendigkeit getötete Tiere im Vergleich zu anderen Tierhaltern nicht ungleich behandelt. Denn für diese sieht das Tierseuchengesetz insoweit ebenfalls keine Entschädigung vor.
2. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch weder einen Anspruch auf Gewährung einer Härtebeihilfe noch auf Neubescheidung seines Härtefallantrags.
a)
Nach § 13 Abs. 2 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierseuchengesetz (Nds. AGTierSG) in der maßgeblichen Fassung vom 15. Dezember 2008 (Nds. GVBl. S. 419) kann die Beklagte in einzelnen besonderen Härtefällen, in denen sie zu einer Entschädigung sonst nicht verpflichtet ist, Beihilfen für Tierverluste durch Seuchen und seuchenartige Erkrankungen oder zum Ausgleich von Schäden bei Bekämpfungsmaßnahmen gewähren. Nach § 4 der Satzung der Beklagten über die Gewährung von Beihilfen - Beihilfesatzung Tierseuchenkasse (BS) - in der maßgeblichen Fassung vom 27. Oktober 2009 (Nds. MBl. S. 978) können auf Grund besonderen Beschlusses des Vorstandes Beihilfen in einzelnen Härtefällen, in denen die Tierseuchenkasse zu einer Entschädigung oder Beihilfe sonst nicht verpflichtet wäre, aus Gründen der Billigkeit zum Ausgleich von Schäden und Kosten bei Bekämpfungsmaßnahmen, für Tierverluste durch Seuchen oder seuchenartige Erkrankungen gewährt werden.
Bereits die Tatbestandsvoraussetzungen von § 13 Abs. 2 Nds. AGTierSG in Verbindung mit § 4 BS liegen nicht vor.
Tötet ein Betriebsinhaber aus betriebswirtschaftlichen Gründen Tiere, hinsichtlich derer die zuständige Behörde tierseuchenrechtlich eine Sperre des Betriebs ohne Tötung der Tiere für ausreichend erachtet hat, liegt zum einen schon kein Tierverlust "durch" eine Seuche oder seuchenartige Erkrankung vor.
Zum anderen ist der Fall des Klägers kein einzelner (besonderer) Härtefall. Die Härtefallregelung dient dazu, einer rechtlichen Unausgewogenheit zu begegnen, die sich ergeben kann, wenn auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalls der Anwendungsbereich einer Vorschrift und deren materiellen Zielrichtung nicht miteinander übereinstimmen; in derartigen Ausnahmefällen soll der generelle und damit zwangsläufig auch schematische Geltungsanspruch der übrigen Entschädigungsvorschriften zugunsten der Einzelfallgerechtigkeit durchbrochen werden können (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27. September 2007 - 2 L 224/05 -, [...]). Gemessen daran liegt hier kein einzelner (besonderer) Härtefall vor. Der Kläger unterhält einen großen Zuchtbetrieb mit aus Drittländern importierten Koi-Karpfen. Beim KHV handelt es sich unstreitig um ein höchst infektiöses Virus, das sich insbesondere durch den unkontrollierten Handel mit infizierten Kois verbreitet. Nach den Fischseuchenstatistiken der Jahre 2005 bis 2010 für Niedersachsen waren die Nachweise des KHV stets um ein Vielfaches höher als bei anderen Fischseuchen. Im Land Niedersachsen gibt es - anders als im Freistaat Sachsen - kein spezielles Programm zur Tilgung, Bekämpfung und Überwachung des KHV. Die Fischseuchenverordnung sieht nur ein Mindestmaß an Überwachung vor. Der Fall liegt daher nicht so, dass eine auf eine bestimmte Seuche zugeschnittene staatliche Überwachungskette mit erhöhten Verpflichtungen für den betreffenden Tierhalter, denen dieser vollumfänglich nachgekommen ist, gleichwohl versagt hat. Der Kläger hat sich infolge der Umstände, dass der KHV höchst infektiös ist und kein besonderes Überwachungsprogramm besteht, vielmehr einem weit überdurchschnittlichen Seuchenrisiko und somit auch einem erhöhten geschäftlichen Risiko ausgesetzt. Unternimmt er in einer solchen Situation aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen mehr als die zuständige Behörde tierseuchenrechtlich für erforderlich hält, gebieten Gesichtspunkte der Einzelfallgerechtigkeit nicht die Anerkennung eines einzelnen (besonderen) Härtefalls, wodurch das erhöhte geschäftliche Risiko auf die Solidargemeinschaft der in die Tierseuchenkasse einzahlenden Tierhalter - zu denen der Kläger nicht zählt - übertragen werden könnte.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf die am 22. Juli 2010 getöteten Fische im Quarantänebecken Nr. 6 und im Verkaufsbecken Nr. 16 der Betriebsstätte E. geboten. Diese Fische wurden vom Zeugen Dr. H. gegenüber dem Kläger im Telefonat am 19. Juli 2010 als seuchenverdächtig bezeichnet, obwohl sie nach Aussage des Zeugen Dr. G. gemäß der Legaldefinition in § 1 Abs. 2 Nr. 6 TierSG lediglich als ansteckungsverdächtig einzustufen gewesen wären. Der Kläger musste daher bei der Tötung dieser Fische davon ausgehen, es handele sich um seuchenverdächtige Fische. Wäre dies tatsächlich der Fall gewesen, wäre der Kläger nach der amtlichen Feststellung des Ausbruchs der Seuche zu ihrer Tötung nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 FischSeuchV verpflichtet gewesen. Diese Umstände führen indes nicht dazu, dass der Fall insoweit als einzelner (besonderer) Härtefall anzusehen ist. Denn der Verkehrswert der am 22. Juli 2010 getöteten Fische aus den beiden genannten Becken beträgt ausweislich der Schätzungsniederschrift 4.350,- Euro, was bezogen auf den Verkehrswert aller am 22. Juli 2010 getöteten Fische von 123.482,- Euro nur einen Bruchteil von etwa 3,5 % ausmacht und damit keine besondere Härte begründet. Hinzu kommt, dass die Einstufung der genannten Fische als seuchenverdächtig statt als ansteckungsverdächtig nicht ausschlaggebend für die Tötung dieser Fische war. Vielmehr hatte der Kläger ausweislich des Schreibens des LAVES vom 22. Juli 2010 bereits vor der Übergabe des Bescheids mitgeteilt, dass er - ohne Differenzierung - sämtliche Koi-Karpfen und Goldfische in beiden Betriebsstätten mit Ausnahme der Fische in einem Goldfischbecken am 22. Juli 2010 töten lassen werde. Dementsprechend war bereits vor Eintreffen des Zeugen Dr. H. in der Betriebsstätte E. am 22. Juli 2010 damit begonnen worden, auch Fische zu töten, die sich nicht in den beiden genannten Becken befanden. Da der Kläger nicht hat nachweisen können, dass die Fische in den beiden genannten Becken tatsächlich seuchenverdächtig waren, besteht schließlich in tatsächlicher Hinsicht kein Unterschied zu den anderen am 22. Juli 2010 getöteten Fischen.
Da schon die Tatbestandsvoraussetzungen für die Gewährung einer Härtebeihilfe nach § 13 Abs. 2 Nds. AGTierSG in Verbindung mit § 4 BS nicht erfüllt sind, hat der Kläger insoweit auch keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Härtefallantrags.
b)
Der Kläger hat gegen die Beklagte auch weder einen Anspruch auf Gewährung einer Härtebeihilfe gemäß Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. einer ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten noch auf eine Neubescheidung seines Härtefallantrags unter diesem Gesichtspunkt.
aa)
Entgegen der Auffassung des Klägers besteht keine Bindung der Beklagten dahin, eine Härtebeihilfe stets dann zu gewähren, wenn die auf ihrer Internetseite hierzu unter Ziffer 1 und 2 aufgeführten Kriterien erfüllt sind. In dem vom Kläger vorgelegten Ausdruck heißt es: "Bei der Gewährung einer Härtebeihilfe handelt es sich immer um Einzelfallentscheidungen des Vorstandes der Tierseuchenkasse. Von entscheidender Bedeutung in diesem Zusammenhang sind 1. die unverzügliche Einbeziehung des zuständigen Veterinäramtes (...) und 2. der Nachweis, dass der Tierhalter alles getan hat, um den Schaden so gering wie möglich zu halten." Insoweit weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass es sich bei den unter den Ziffern 1 und 2 genannten Kriterien nicht um die abschließenden Voraussetzungen für die Gewährung einer Härtebeihilfe handelt, sondern diese Kriterien vielmehr nur "von entscheidender Bedeutung in diesem Zusammenhang" sind. Zwar kann daraus geschlossen werden, dass die Gewährung einer Härtebeihilfe in der Regel voraussetzt, dass die beiden genannten Kriterien erfüllt sind, nicht aber, dass die Beklagte eine Härtebeihilfe immer dann gewährt, wenn die beiden Kriterien erfüllt sind.
bb)
Entgegen den Angaben des Klägers gewährt die Beklagte auch nicht in ständiger Verwaltungspraxis Härtebeihilfen in solchen Fällen, in denen es - wie beim KHV - kein Sanierungsprogramm zur Bekämpfung der betreffenden Tierseuche gibt. Der Kläger beruft sich auf die Härtefallpraxis der Beklagten bei Salmonellose bei Rindern, Boviner Virusdiarrhoe, Boviner Herpesvirus-Infektion, Blauzungenkrankheit, Bösartigem Kararrhalfieber und der Schwarzkopfkrankheit bei Puten.
In Fällen der Salmonellose bei Rindern gewährt die Beklagte keine Härtebeihilfen nach § 4 BS, sondern ausschließlich reguläre Beihilfen nach § 2 Nr. 4 BS. Bei der Bovinen Virusdiarrhoe werden zwar auch Härtebeihilfen nach § 4 BS gewährt; diese verlangen aber nach den Angaben der Beklagten die Einhaltung der besonderen in § 2 Nr. 1 BS genannten Voraussetzungen, d.h. unter anderem den Beitritt zu dem Verfahren zur Bekämpfung der BVD über die Abgabe einer schriftlichen Verpflichtungserklärung gemäß Anlage 1 zur BS und die Einhaltung der eingegangenen besonderen Verpflichtungen. Im Hinblick auf die Bovine Herpesvirus-Infektion hat die Beklagte in der Vergangenheit die Untersuchungs- und Impfkosten im Rahmen eines Sanierungsprogramms übernommen. Voraussetzung hierfür war ebenfalls die Abgabe einer Verpflichtungserklärung im Rahmen eines Beitritts zum Sanierungsverfahren und die Einhaltung der besonderen Verpflichtungen aus der BHV1-VO vom 20. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3521), aus der Niedersächsischen Verordnung zum Schutz der Rinder vor einer Infektion mit dem Bovinen Herpesvirus Typ l (Nds. BHV1-VO) vom 11. März 2005 (Nds. GVBl. S. 84) und aus dem Runderlass des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung vom 25. März 2010 zur Durchführung der BHV1-VO (203-442232/3-187), Nds. MBl. S. 473. Die Gewährung einer Härtebeihilfe in Fällen der Blauzungenkrankheit war mit einem Sanierungskonzept des Landes Niedersachsen verknüpft, welches infolge des § 4 Abs. 1a der Verordnung zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher und unionsrechtlicher Vorschriften über Maßnahmen zur Bekämpfung, Überwachung und Beobachtung der Blauzungenkrankheit (EG-Blauzungenbekämpfung-Durchführungs-verordnung) vom 24. September 2008 (BGBl. I S. 1905) eine Impfpflicht vorsah. Wenn Tiere trotz der Impfung an dem Blauzungenerreger erkrankten und verendeten, gewährte die Beklagte unter bestimmten Voraussetzungen Härtebeihilfen. Seit Aufhebung der Impflicht gewährt die Beklagte insoweit keine Härtebeihilfen mehr.
Zwar trifft der Einwand des Klägers zu, dass die Beklagte in Fällen des Bösartigen Kararrhalfiebers und der Schwarzkopfkrankheit bei Puten in der Vergangenheit Härtebeihilfen ohne ein staatliches Sanierungsprogramm gewährt hat. Sowohl beim Bösartigen Katarrhalfieber als auch im Fall der Schwarzkopfkrankheit bei Puten werden aber infolge des seit dem 1. Januar 2007 geltenden Art. 10 Abs. 7 der Verordnung (EU) Nr. 1857/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere in der Erzeugung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen tätige Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 70/2001 (ABl. Nr. L 358 S. 3) keine Härtebeihilfen mehr gewährt.
Soweit vor Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 1857/2006 Härtebeihilfen in Fällen des bösartigem Katarrhalfiebers gewährt wurden, hatte dies nach den Erläuterungen der Beklagten seine Ursache darin, dass diese Seuche nur selten auftritt und nur geringgradig ansteckend ist, so dass in der Regel nur einzelne ältere Tiere daran erkranken. Die Krankheit setzt ferner einen Kontakt zu Schafherden voraus. Insoweit besteht demnach keine entsprechende Situation zu der den Betrieb des Klägers betreffenden KHV-Infektion, welche die Gewährung einer Härtebeihilfe gemäß Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. einer ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten rechtfertigen könnte.
Soweit vor Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 1857/2006 Härtebeihilfen wegen eines durch ein EU-weites Verbot bestimmter Wirkstoffe für den Bereich der Schwarzkopfkrankheit bei Puten entstandenen Therapienotstandes gewährt wurden, bestand ein von der Beklagten und der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft aufgelegtes Programm, welches ebenfalls besondere Verpflichtungen des Tierhalters vorsahen (vgl. Rundschreiben der Beklagten vom 1. Juli 2004, Bl. 136 GA). Auch insoweit besteht folglich keine entsprechende Situation zu der des Klägers, welche die Gewährung einer Härtebeihilfe gemäß Art. 3 Abs. 1 VwGO i.V.m. einer ständigen Verwaltungspraxis rechtfertigen könnte.