Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 07.12.2012, Az.: 5 ME 262/12

Anforderungen an das Vorliegen einer vorübergehenden Zuweisung i.S.v. § 4 Abs. 4 S. 1 PostPersRG

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
07.12.2012
Aktenzeichen
5 ME 262/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 29633
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2012:1207.5ME262.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 02.10.2012 - AZ: 6 B 4424/12

Amtlicher Leitsatz

Vorübergehend i.S.v. § 4 Abs. 4 Satz 1 PostPersRG ist eine Zuweisung nur dann, wenn sie befristet erfolgt.

Gründe

1

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 2. Oktober 2012 hat keinen Erfolg.

2

Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen die Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses nicht. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die auf § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG gestützte Zuweisungsverfügung der Deutschen Telekom AG vom 1. August 2012 bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig anzusehen ist.

3

Zu Unrecht rügt die Antragstellerin, die Deutsche Telekom AG habe die Möglichkeit einer wohnortnäheren Beschäftigung nicht ausreichend geprüft. Im Gegenteil hat sich die Deutsche Telekom AG in der angegriffenen Verfügung mit der von der Antragstellerin favorisierten Möglichkeit eines Einsatzes beim C. in D. beschäftigt, einen Einsatz dort aber aufgrund fehlender freier Stellen abgelehnt. Soweit die Antragstellerin die Richtigkeit dieser Aussage in Zweifel zieht, überzeugt ihre Argumentation nicht. Dass zum 30. Juni 2011 eine Mitarbeiterin in D. ausgeschieden ist und zum 1. Dezember 2011 vier Mitarbeiter von E. nach D. umgesetzt worden sind, lässt nicht den Schluss zu, dass dort auch im zeitlichen Zusammenhang mit der Zuweisungsentscheidung im Herbst 2012 freie Stellen zur Besetzung anstanden. Auch die Antragstellerin behauptet nicht, dass dort etwa Stellen ausgeschrieben waren.

4

Auch der weitere Einwand, der Standort F. solle verkauft werden, sodass die entsprechende Zuweisung nicht als dauerhaft, sondern als vorübergehend i.S.v. § 4 Abs. 4 Satz 1 PostPersRG und damit als zustimmungspflichtig anzusehen sei, greift nicht durch. Nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats ist eine vorübergehende Zuweisung an ein in § 4 Abs. 4 Satz 2 und 3 PostPersRG genanntes Unternehmen zwar zustimmungspflichtig (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 27.1.2009 - 5 ME 427/08 -, [...] Rn. 16; Beschluss vom 20.5.2010 - 5 ME 40/10 -, n. v.; anders OVG SH, Beschluss vom 29.11.2007 - 3 MB 48/07 -, [...] Rn. 5; HessVGH, Urteil vom 25.6.2008 - 1 B 1024/08 -, [...] Rn. 6). Eine vorübergehende Zuweisung liegt im Fall der Antragstellerin jedoch nicht vor.

5

Mit der Möglichkeit einer vorübergehenden Zuweisung mit Zustimmung des Beamten lehnt sich § 4 Abs. 4 Satz 1 PostPersRG an § 123 a BRRG an (vgl. BR-Drs. 432/04, S. 10); diese Vorschrift wiederum orientiert sich an dem allgemeinen beamtenrechtlichen Institut der Abordnung und erweitert dieses um die Möglichkeit der Zuweisung an eine ausländische öffentliche Einrichtung (vgl. BR-Drs. 223/90, S. 38). Der Begriff "vorübergehend" entspricht vor diesem Hintergrund demjenigen im Rahmen der Vorschriften über die Abordnung (§ 14 BeamtStG, § 27 BBG). In Abgrenzung zu der dauerhaft erfolgenden Versetzung (§ 15 BeamtStG, § 28 BBG) ist die Abordnung "vorübergehend", weil sie nur befristet erfolgen darf (vgl. Reich, BeamtStG, 2009, § 14 Rn. 3). Dementsprechend ist auch eine Zuweisung (nur) dann als "vorübergehend" i.S.v. § 4 Abs. 4 Satz 1 PostPersRG anzusehen, wenn sie zeitlich befristet erfolgt.

6

Eine derartige Befristung enthält die angegriffene Verfügung nicht; sie weist der Antragstellerin die Tätigkeit einer Sachbearbeiterin G. im Unternehmen H. I. Services GmbH im Gegenteil ausdrücklich dauerhaft zu. Selbst wenn es daher zutreffen sollte, dass der Standort F. in Zukunft veräußert werden soll, änderte dies den dauerhaften Charakter der Zuweisung nicht. Jede beamtenrechtliche Zuweisungsentscheidung steht unter dem impliziten Vorbehalt, dass die Beschäftigungsstelle fortbesteht. Die Rechtsstellung der Antragstellerin wäre insofern keine andere als die eines Beamten, der zu einer zukünftig aufzulösenden Behörde versetzt wird. Auch eine solche Versetzung wäre nicht als vorübergehend bzw. befristet anzusehen, sondern würde nach Auflösung der Behörde lediglich eine erneute Versetzungsentscheidung erfordern (vgl. § 28 Abs. 3 Satz 1 BBG). Gleiches gilt im übertragenen Sinne auch für die Antragstellerin; in ihrem Fall wäre bei einer Aufgabe des Standortes in F. eine anderweitige Zuweisung auszusprechen.

7

Hinzu kommt, dass der Vortrag der Antragstellerin auch sachlich nicht überzeugt. Ein Wechsel der Standortleitung belegt keine - von der Deutschen Telekom AG bestrittenen - Verkaufsabsichten, und zwar auch dann nicht, wenn der neue Leiter über Erfahrungen im Verkauf von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen verfügen sollte. Dem von der Antragstellerin vorgelegten Ausdruck seiner Internetseite ist darüber hinaus zu entnehmen, dass sich der neue Leiter auf die Entwicklung von Call-Centern spezialisiert hat. Das spricht nicht für eine geplante Aufgabe des Standortes.

8

Unerheblich ist, ob die Deutsche Telekom AG der Antragstellerin die in dem Verwaltungsvorgang enthaltenen externen Stellenangebote in der Vergangenheit tatsächlich übermittelt hat. Der für die Rechtmäßigkeit der Zuweisungsverfügung maßgebliche Sachverhalt - nämlich ein relevanter Personalbedarf in F. ohne die gegenwärtige Möglichkeit eines (deutlich) wohnortnäheren Einsatzes - bestünde auch dann unverändert fort, wenn es derartige Angebote nicht gegeben haben sollte.

9

Die Zuweisung bedeutet für die Antragstellerin schließlich - wie bereits das Verwaltungsgericht zu Recht betont hat - trotz der erheblichen Fahrzeiten bzw. der Notwendigkeit eines Umzugs keine persönlich unzumutbare Härte. Grundsätzlich nimmt ein Bundesbeamter die mit der Möglichkeit der Versetzung oder Umsetzung, insbesondere mit einem Ortswechsel durch das ganze Bundesgebiet generell und unvermeidlich verbundenen persönlichen, familiären und auch finanziellen Belastungen mit seinem Dienstantritt in Kauf. Eine Umsetzungs- oder Zuweisungsverfügung erweist sich deshalb regelmäßig nicht schon dadurch als ermessensfehlerhaft, dass der Dienstherr den dienstlichen Bedürfnissen den Vorrang gegenüber den privaten Belangen des Beamten einräumt, auch wenn damit notwendigerweise Veränderungen im persönlichen und beruflichen Umfeld der Familie des Beamten verbunden sind. Die Bewältigung von dienstlich veranlassten Veränderungen ist eine Frage der persönlichen Lebensgestaltung des Beamten und seiner Familie, die diese allein zu beurteilen und zu entscheiden haben (vgl. BVerwG,Urteil vom 17.10.1986 - BVerwG 6 A 2.84 -, [...] Rn. 16).

10

Vor diesem Hintergrund ist die angefochtene Verfügung nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin ist ledig, kinderlos und mit erst ... Jahren in einem Alter, in dem ihr ein Ortswechsel uneingeschränkt zuzumuten ist. Sonstige Gründe in ihrer Person, die gegen den Einsatzort F. sprechen könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich.