Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.09.1998, Az.: IX 332/96

Abgabe zusammengefasster Umsatzsteuervoranmeldungen; Annahme einer umsatzsteuerlichen Organschaft ; Anrechnung von Umsatzsteuerzahlungen des Organträgers ; Umsätze der Organgesellschaft nach Beendigung der Organschaft

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
30.09.1998
Aktenzeichen
IX 332/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 20433
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1998:0930.IX332.96.0A

Verfahrensgegenstand

Abrechnungsbescheid und Erstattungsanspruch

Amtlicher Leitsatz

Zur Anrechnung von Umsatzsteuerzahlungen des Organträgers aufgrund von Umsätzen der Organgesellschaft nach Beendigung der Organschaft.

In dem Rechtsstreit
hat der IX. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 30. September 1998,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht ... Dr.
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ... Dr.
ehrenamtliche Richterin ... Geschäftsführerin
ehrenamtliche Richterin ... Sparkassenangestellte
fürRecht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger verpachtete wesentliche Grundlagen seines Einzelunternehmens an die H GmbH (GmbH), deren Geschäftsführer er ist, gab wegen angenommener Betriebsaufspaltung/umsatzsteuerlicher Organschaft für Zwecke der Umsatzsteuervoranmeldungen ab Januar 1990 bis einschließlich der Voranmeldungszeiträume 1992 zusammengefaßte Voranmeldungen für beide Unternehmen ab und leistete dementsprechende zusammengefaßte Vorauszahlungen über die Steuernummer des Einzelunternehmens. Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) folgte dieser Behandlung zunächst.

2

Nachdem eine Anfang 1993 durchgeführte Außenprüfung (Ap.) ergeben hatte, daß die Betriebsaufspaltung/Organschaft tatsächlich nur in der Zeit vom 1. Januar bis zum 5. Juli 1990 bestanden hatte, zog das FA im Rahmen der Umsatzsteuerjahresveranlagung 1992 daraus die Konsequenzen und führte getrennte Veranlagungen für beide Unternehmen durch. Die sich dabei ergebenden Guthaben für das Einzelunternehmen buchte das FA zum kontenmäßigen Ausgleich auf die rückständigen Umsatzsteuerbeträge der GmbH um und erteilte darüber einen Abrechnungsbescheid.

3

Der gegen die Umbuchung gerichtete Einspruch, mit dem der Kläger geltend machte, er habe zu keinem Zeitpunkt einer entsprechenden Aufrechnung zugestimmt, seine Erstattungsansprüche bestünden deshalb fort, blieb erfolglos: Durch die Abgabe zusammengefaßter Umsatzsteuervoranmeldungen, in denen die Vorsteuerüberschüsse der Einzelfirma mit den Umsatzsteuerzahllasten der GmbH wegen der angenommenen/erklärten Organschaft saldiert worden seien, habe er - der Kläger - jeweils die Verrechnung der gegenseitigen Ansprüche beantragt. Diesen Anträgen habe es - das FA - durch die beanstandungslose Bearbeitung der Voranmeldungen entsprochen. Aufgrund der nachträglich anderweitigen Beurteilung des Sachverhalts sei nunmehr auch steuerlich wieder von zwei Unternehmen auszugehen, einem Umstand, dem auch der Kläger durch die Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung nur für seine Einzelfirma Rechnung getragen habe. Dies könne aber nicht dazu führen, daß die seinerzeit zulässigen Anträge auf Verrechnung nunmehr mit rückwirkender Kraft entfallen seien.

4

Die Klage wird wie folgt begründet: Aufgrund der ursprünglich gegebenen Betriebsaufspaltung/Organschaft sei nur das Einzelhandelsgeschäft, nicht auch die GmbH, Unternehmer i.S. des Umsatzsteuerrechts gewesen. Bei diesem Unternehmen seien sämtliche im Organkreis umsatzsteuerlich relevanten Daten zu erfassen gewesen. Dies habe im Ergebnis zu einem einheitlichen Vorsteuerüberschuß bzw. einer einheitlichen Zahllast geführt. Der sich auf diese Weise ergebende Saldo entstehe nicht durch eine formale Verrechnung (z.B. eine Aufrechnung nach § 398 BGB). Da eine formale Verrechnung im ursprünglich angenommenen Organkreis nicht stattgefunden habe, könne sich das FA zur Rechtfertigung der Umbuchungen folglich nicht auf eine Verrechnungsvereinbarung stützen. Da er - der Kläger - das in der Umbuchung liegende (einseitige) Angebot zum Abschluß eines Aufrechnungsvertrages nicht angenommen habe, müsse der sich für das Besitzunternehmen ergebende Erstattungsanspruch an ihn ausgezahlt werden.

5

Der Kläger beantragt,

das FA unter Aufhebung des Abrechnungsbescheids vom. Mai 1996 sowie der Einspruchsentscheidung vom. August 1996 zur Zahlung von 372.695,31 DM zu verurteilen.

6

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Es hält an seiner im Einspruchsbescheid vertretenen Rechtsauffassung fest.

Entscheidungsgründe

8

Die Klage ist unbegründet.

9

Sie war aus den in der Einspruchsentscheidung dargelgten Gründen abzuweisen; das FA hat dort die Rechtslage zutreffend wiedergegeben. Der Senat sieht deshalb gemäß § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) von einer weiteren Darstellung eigener Entscheidungsgründe ab. Er fügt lediglich ergänzend hinzu: Die Annahme einer umsatzsteuerlichen Organschaft führt, wie auch das FA richtigerweise angenommen hat, nicht dazu, daß die im Organkreis befindlichen Unternehmen ihre zivilrechtliche Selbständigkeit verlieren. Zivilrechtlich sind deshalb für die umsatz steuerliche Zusammenfassung der Leistungen im Organkreis Verrechnungen i.S. von Aufrechnungen erforderlich. Der Kläger hat die dazu erforderlichen Erklärungen in seiner Eigenschaft als Einzelunternehmer und Geschäftsführer der GmbH abgegeben. Diese Erklärungen gelten bis zur steuerlichen Abwicklung fort. Die Umbuchung/Aufrechnung durch das FA war damit zulässig.

10

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.