Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.02.2020, Az.: 1 ME 103/19

Abwehrrecht, nachbarliches; Bankfiliale; Baugenehmigung; Beurteilungspegel; Eigentümerstellung; Gebot der Rücksichtnahme; Geldautomat; Klimaanlage; Lärmbelästigung; Maximalpegel; Mischgebiet; Nachbarrechtsstreit; Schallpegelabnahme; Türenschlagen; Unbestimmtheit einer Baugenehmigung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
18.02.2020
Aktenzeichen
1 ME 103/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71624
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 03.07.2019 - AZ: 2 B 97/19

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zum Abwehrrecht eines Nachbarn gegen die bauaufsichtliche Zulassung des nächtlichen Betriebs eines Geldautomaten in der Fassade eines Einkaufszentrums.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller zu 1. und 2. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 2. Kammer - vom 3. Juli 2019 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller zu 1. und 2. tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen eine der Beigeladenen vom Antragsgegner erteilte Baugenehmigung.

Die Beigeladene, eine Genossenschaftsbank, mietete 2018 zum Zweck der Verlegung einer ihrer Filialen eine ca. 135 qm große Fläche in einem in der zweiten Hälfte der 2000er Jahre errichteten Einkaufsmarkt an. Den dem Grundstückseigentümer für dieses Vorhaben erteilten Baugenehmigungen hatte der Antragsgegner aus Gründen des Nachbarschutzes Nebenbestimmungen beigegeben. Schon die 2005 für die Errichtung einer Stellplatzanlage mit 135 Einstellplätzen erteilte Genehmigung enthält die Auflagen, dass die Nutzung der Einstellplätze auf die Tageszeit zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr beschränkt und dass eine hiervon abweichende Nutzung der Flächen durch geeignete Maßnahmen auszuschließen ist. Nachdem 2006 aufgrund von Nachbarbeschwerden ein Messbericht zur Ermittlung der Geräuschsituation in dem Bereich der südlich angrenzenden Wohnhäuser erstellt worden war, wurde auch in eine 2007 hinsichtlich des Umbaus zum Einkaufszentrum erteilte Nachtragsbaugenehmigung die Bestimmung aufgenommen, dass die Nutzung der Parkmöglichkeiten des Marktes zur Nachtzeit (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) auszuschließen ist. Zur Umsetzung der Auflagen einigte sich der Betreiber des Einkaufszentrums, der eine Absperrung der Parkplatzanlage mittels Schlagbäumen nicht wünschte, mit dem Antragsgegner u.a. auf die Aufstellung von Verbotsschildern.

Die zum Einkaufsmarkt gehörenden Parkplätze schließen westlich, östlich und nördlich an das Betriebsgebäude an. Die verkehrliche Erschließung der Pkw-Stellplätze erfolgt im Wesentlichen über die Hauptzufahrt von einer westlich gelegenen, in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Hauptverkehrsstraße. Eine weitere Ein-/Ausfahrt befindet sich an einer südlich gelegenen, in etwa in West-Ost-Richtung verlaufenden verkehrlich weniger genutzten Straße. Auch an dieser Nebenzufahrt ist eines der Verbotsschilder mit dem Text „Nutzung oder Betreten der Parkplatzanlage ist in der Zeit von 22.00 - 6.00 Uhr polizeilich verboten!“ aufgestellt. Auf der gegenüberliegenden südlichen Straßenseite befindet sich zunächst ein in dem für das Marktgrundstück geltenden Bebauungsplan als Unland bezeichnetes Flurstück. An dieses schließt ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück an, das von den Antragstellern, einem Ehepaar, bewohnt wird. Der für das Einkaufszentrum maßgebliche Bebauungsplan umfasst die südlich der Nebenzufahrtsstraße liegenden Grundstücke nicht mehr. Nach der von den Antragstellern nicht beanstandeten Einschätzung des Antragsgegners, die auch dem Messbericht von 2006 zugrunde gelegt wurde, steht dieser Bereich einem Mischgebiet gleich.

Der für das Marktgrundstück geltende Bebauungsplan weist es hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung als Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Verbrauchermarkt aus, wobei die Warensortimente differenziert nach Verbrauchermarkt, Ladeneinheit und Shop-Zone textlich näher bestimmt sind. Die der Beigeladenen von dem Antragsgegner antragsgemäß für ihr Vorhaben „Umbau und Nutzungsänderung von 2 Shops zur Bankfiliale“ erteilte Baugenehmigung enthält eine Befreiung von den gemäß textlicher Festsetzung zulässigen Nutzungen. Die Abweichung sei städtebaulich vertretbar, weil zu den für die Shop-Zone bestimmten Sortimenten eine Postagentur gehöre, die in ihrem Betrieb einer Bankfiliale sehr ähnlich sei. Die Befreiung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Die Anfang 2019 eröffnete Bankfiliale der Beigeladenen verfügt neben einem während der Öffnungszeiten des Einkaufszentrums von 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr zugänglichen Selbstbedienungsautomaten für Ein-/Auszahlungen, Überweisungen und Kontoauszüge über einen in der Westfassade des Marktes angebrachten Geldautomaten, der ganzjährig 24 Stunden zur Verfügung steht. An der westlichen Wand des Hauptbaukörpers sind zudem (oberhalb der niedrigen Dachfläche) zwei Klimaanlagen angebracht, von denen die eine den Bürobereichen der Filiale und die andere den Automatenrückräumen dient. In einer im Baugenehmigungsverfahren erstellten immissionsschutzrechtlichen Stellungnahme ging der Antragsgegner davon aus, dass durch die geringfügige Frequentierung des Geldautomaten in den Nachtstunden keine nennenswerten (nachbarlichen) Belastungen entstünden. Der Parkplatz dürfe zu dieser Zeit nicht genutzt werden. Der Geldautomat könne aber fußläufig von der öffentlichen Verkehrsfläche erreicht werden. Eine weitere Beauflagung sei nicht erforderlich, da der Parkplatz bereits entsprechend beschildert sein müsse.

Die für das Vorhaben der Beigeladenen „Umbau und Nutzungsänderung von 2 Shops zur Bankfiliale“ erteilte Baugenehmigung wurde den Antragstellern Ende 2018 förmlich zur Kenntnis gegeben. Nach erfolgloser Durchführung des Vorverfahrens haben die Antragsteller fristgerecht insoweit gegen die Baugenehmigung Anfechtungsklage erhoben, als mit ihr „die Errichtung und der Betrieb eines Bankautomaten als ‚Selbstbedienungsautomat in der Fassade‘ in der Nachtzeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr genehmigt wird“.

Ihren schon zuvor gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs (und einstweilige Untersagung der Nutzung des Geldautomaten zur Nachtzeit) hat das Verwaltungsgericht maßgeblich mit der Begründung abgelehnt, dass sich nach summarischer Prüfung die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung als rechtmäßig erweise und die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletze. Der Auffassung der Antragsteller, dass der 24-Stunden-Betrieb des Geldautomaten, namentlich dessen Betrieb zur Nachtzeit, insbesondere gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße, folge die Kammer nicht. Eine Beeinträchtigung durch die Belüftung des Automaten sei bereits nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Eine mit dem nächtlichen Betrieb des Geldautomaten verbundene unzumutbare Lärmbelästigung sei ebenfalls nicht zu erkennen. Angesichts der in der die Stellplatzanlage betreffenden Baugenehmigung enthaltenen Auflagen bedürfe es entgegen der Ansicht der Antragsteller keines eigenständigen Ausschlusses der Nutzung der Pkw-Stellflächen zur Nachtzeit in der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung. Auch sei die nach Angaben der Beigeladenen durchschnittlich nur ein- bis zweimalige nächtliche Nutzung des Geldautomaten nicht geeignet, eine Überschreitung der in einem Mischgebiet zulässigen Lärmrichtwerte zu begründen. Das „Geldziehen“ als solches sei ebenso wenig mit einer relevanten Lärmentwicklung verbunden wie das - nach Genehmigungslage zulässige - Betreten des Parkplatzes als Fußgänger. Der - unstreitig nicht genehmigten - nächtlichen Nutzung der Stellplätze mit einem Pkw, welche mit einem gelegentlichen Türenschlagen verbunden sein könnte, sei durch eine geeignete Maßnahme (Aufstellung eines Verbotsschildes) hinreichend begegnet worden. Das Abstellen von Pkw im öffentlichen Straßenraum in der Nähe des Grundstücks der Antragsteller könne mit Mitteln des Baurechts weder verboten noch sonst verhindert werden. Soweit die Antragsteller meinten, eine Lärmbelastung durch an- und abfahrende Pkw könne durch eine (bei Nacht geschlossene) Schrankenanlage an der Parkplatzzufahrt verhindert werden, vermöge dies nicht zu überzeugen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Bankkunden bei einer Versperrung der Zufahrt ihre Fahrzeuge - ggf. sogar bei laufendem Motor - vor der Schranke abstellen würden, um sodann weiter zu Fuß über das Stellplatzgelände zum Geldautomaten zu gehen.

II.

Die dagegen erhobene Beschwerde der Antragsteller hat keinen Erfolg. Die zulässige Beschwerde, auf deren fristgerecht vorgetragene Gründe sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, ist unbegründet.

Die in der Rechtsprechung des Senats für den Erfolg von Nachbareilanträgen nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO aufgestellten Anforderungen hat das Verwaltungsgericht seinem Beschluss zutreffend zugrunde gelegt. Danach kommt eine Eilantragsstattgabe erst dann in Betracht, wenn Überwiegendes für die Annahme spricht, der Rechtsbehelf des Nachbarn sei jedenfalls derzeit begründet (z.B. Senatsbeschl. v. 14.6.2017 - 1 ME 64/17 -, juris Rn. 12 ff.). Die Erfüllung dieser Voraussetzung ist (auch) mit dem Beschwerdevorbringen nicht dargelegt. Ein Erfolg der von den Antragstellern erhobenen (Teil-)Anfechtungsklage, der sich an § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO bemisst, ist nicht überwiegend wahrscheinlich. Dass die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung, soweit sie - was allein streitgegenständlich ist - den Betrieb des in der Westfassade des Einkaufsmarktes angebrachten Geldautomaten auch in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr zulässt, die Antragsteller in ihren Rechten verletzt, lässt sich nicht annehmen.

1.

Dabei kann offenbleiben, ob sich die Antragstellerin zu 2. überhaupt gegenüber der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung auf nachbarliche Abwehrrechte, insbesondere auf die Einhaltung des Gebots der Rücksichtnahme, berufen kann. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann Nachbarschutz aus den Vorschriften des Bauplanungsrechts nur der jeweilige zivilrechtliche (grundbuchrechtliche) Eigentümer (sowie der ihm gleichgestellte dinglich Berechtigte) in Anspruch nehmen (vgl. Rosin, Öffentliches Baunachbarrecht, 1. Aufl. 2017, 2. Teil I.3 mit den entsprechenden Rechtsprechungsnachweisen). Die Eigentümerstellung der Ehefrau des Antragstellers in Bezug auf das hier relevante von beiden bewohnte Hausgrundstück erscheint aber zweifelhaft. Ein Beleg für die zuletzt in der Beschwerdebegründungsschrift behauptete Miteigentümerschaft der Antragstellerin ist nicht vorgelegt worden und im Auskunftssystem Liegenschaftskataster wird allein der Antragsteller als Eigentümer des Hausgrundstücks geführt. Die Antragstellerin ist danach nur Miteigentümerin des daran nördlich angrenzenden, nicht nutzbaren („Unland“) Flurstücks. Weiterer Aufklärung bedarf die aufgeworfene Frage mangels Entscheidungserheblichkeit indes nicht. Denn auch wenn unterstellt wird, dass beiden Antragstellern die gleichen nachbarlichen Abwehrrechte zustehen, vermögen sie mit ihren gegen den erstinstanzlichen Beschluss vorgebrachten Einwänden nicht durchzudringen.

2.

Entgegen ihrer Auffassung ergibt sich eine Rechtsverletzung der Antragsteller nicht im Hinblick auf die nach § 1 Abs. 1 NdsVwVfG i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG erforderliche Bestimmtheit der der Beigeladenen erteilen Baugenehmigung. Dass die Antragsteller unter Einbeziehung der mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen, die von dem Antragsgegner zum Bestandteil der Baugenehmigung gemacht worden sind, nicht klar erkennen könnten, was genau der Beigeladenen genehmigt worden ist und welchen Umfang die gestattende Wirkung hat (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 20.5.2014 - 4 B 21.14 -, juris Rn. 9), haben sie selbst nicht behauptet. Ein Rügerecht des Nachbarn besteht nach der Rechtsprechung des Senats zudem nur dann, wenn die Unbestimmtheit der von ihm beanstandeten Baugenehmigung zu seinen Lasten geht (Senatsbeschl. v. 26.1.2012 - 1 ME 226/11 -, juris Rn. 22). Hiernach liegt eine Verletzung von Nachbarrechten vor, wenn die Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft und aufgrund des Mangels nicht beurteilt werden kann, ob das Vorhaben den geprüften nachbarschützenden Vorschriften entspricht (so auch Hamburgisches OVG, Beschl. v. 14.1.2019 - 2 Bf 176/18.Z -, juris Rn. 44; ähnlich VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 2.10.2019 - 3 S 1470/19 -, juris; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 10.4.2018 - 3 LB 133/08 -, juris Leitsatz 1 und Rn. 73 m.w.N. aus der obergerichtlichen Rspr.).

Ein auf dem Gedanken des innerhalb eines Baugebiets bestehenden wechselseitigen Austauschverhältnisses beruhender Anspruch auf Gebietserhaltung (vgl. dazu etwa BVerwG, Urt. v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 -, juris Rn. 12) steht den Antragstellern nicht zur Seite. Das von ihnen bewohnte Grundstück befindet sich nicht im Geltungsbereich des für das Marktgrundstück geltenden Bebauungsplans. Demgemäß kommt, davon sind sowohl die Beteiligten als auch das Verwaltungsgericht zu Recht ausgegangen, als eine die Nachbarrechte der Antragsteller schützende Maßgabe allein das in § 15 Abs. 1 BauNVO enthaltene Gebot der Rücksichtnahme in Betracht (BVerwG, Beschl. v. 18.12.2007 - 4 B 55.07 -, juris Leitsatz 1, 2 und Rn. 6), welches auch in dem Befreiungstatbestand des § 31 Abs. 2 BauGB über die gebotene Würdigung nachbarlicher Interessen seinen Niederschlag findet (BVerwG, Beschl. v. 8.7.1998 - 4 B 64.98 -, juris Rn. 6). Eine Unbestimmtheit der Baugenehmigung, wegen derer die Zumutbarkeit des nächtlichen Betriebs des Geldautomaten für die Antragsteller nicht zu beurteilen wäre, ist aber weder dargetan noch ersichtlich.

Das betreffende Vorbringen der Antragsteller zielt tatsächlich auch nicht auf eine Unbestimmtheit, sondern auf eine Unvollständigkeit der Baugenehmigung. Sie vermissen in der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung den (nochmaligen) Ausschluss einer nächtlichen Nutzung der in der Nähe des Automaten gelegenen Pkw-Stellfläche. Mit diesem Argument hat sich aber schon das Verwaltungsgericht überzeugend auseinandergesetzt. Die 2005 für die Errichtung der Stellplatzanlage des Marktes erteilte Baugenehmigung und die den Umbau zum Einkaufszentrum betreffende Nachtragsbaugenehmigung aus dem Jahr 2007 sind einschließlich der in ihnen enthaltenen Nebenbestimmungen bestandskräftig und wirksam. Die Beigeladene hat auch bereits erstinstanzlich ausdrücklich erklärt, sich an die Auflagen gebunden zu fühlen; sie gehe davon aus, dass ein nächtliches Befahren des Parkplatzes mit Kraftfahrzeugen im Zusammenhang mit der Nutzung ihres Geldautomaten nicht zulässig sei. Ihre weitere Anmerkung, dass bei einem etwaigen Entfallen der 2005 und 2007 erteilten Genehmigungen die Parkplätze des Einkaufsmarktes überhaupt nicht mehr genutzt werden dürften, trifft ebenso zu. Dem haben die Antragsteller in ihrer Beschwerde auch nichts mehr entgegengesetzt. Aus welchem Grund es dennoch einer Wiederholung des Verbots der Benutzung der Parkflächen in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr in der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung bedürfen sollte, erschließt sich nicht.

Soweit die Antragsteller darüber hinaus geltend machen, jedenfalls sei als unklar anzusehen, gegen wen eine Anordnung auf Einhaltung der Nichtnutzung des Parkplatzes zu richten oder zu vollstrecken sei, hat die Beigeladene in ihrer im Beschwerdeverfahren abgegebenen Stellungnahme zu Recht auf § 56 Satz 1 und 3 NBauO hingewiesen. Nach diesen Vorschriften sind der Eigentümer und neben ihm derjenige, der die tatsächliche Gewalt ausübt, dafür verantwortlich, dass Anlagen und Grundstücke dem öffentlichen Baurecht entsprechen. Für die Auswahl zwischen den Verantwortlichen kommt es bei grundsätzlichem Vorrang des Eigentümers auf die Umstände des Einzelfalls an (vgl. dazu Wichert/Sander, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 10. Aufl. 2020, § 56 Rn. 2 f.).

3.

Der durch den streitgegenständlichen Teil der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zugelassene nächtliche Betrieb des Geldautomaten in der Westfassade des Einkaufsmarktes ist den Antragstellern gegenüber auch nicht rücksichtslos. Die von ihnen zur Begründung ihrer gegenteiligen Rechtsansicht mit der Beschwerde vorgebrachten Argumente überzeugen nicht.

Der Vorwurf der Antragsteller, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, es sei nur ein Gerätelüfter installiert, tatsächlich werde die Filiale insgesamt durch einen großen Lüfter in der Fassade belüftet, dieser verursache tieffrequente brummende Geräusche, maßgeblich auch nachts und an den Wochenenden, ist nicht berechtigt. Zwar trifft zu, dass an der westlichen Giebelwand des Hauptbaukörpers des Einkaufsmarktes oberhalb der niedrigen Dachfläche zwei Klimaanlagen angebracht sind, von denen die eine (Anlage 1) den Bürobereichen und die andere (Anlage 2) den Automatenrückräumen dient. Aus der zum Bestandteil der Baugenehmigung gemachten Betriebsbeschreibung ergibt sich aber auch, dass die Anlage 1 nur während der Bürozeiten für die Mitarbeiter der Bankfiliale werktags von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr betrieben wird. Die von dieser Klimaanlage ausgehenden Geräuschemissionen durfte (und musste) das Verwaltungsgericht daher bei der Beurteilung, ob und inwieweit sich das Vorhaben der Beigeladenen störend auf die Nachtruhe der Antragsteller auswirkt, außer Acht lassen. Selbst wenn die Anlage 1 tatsächlich, wie die Antragsteller vortragen, durchgehend Tag und Nacht laufen würde, könnte sich daraus kein relevanter Verstoß der hier allein zur Überprüfung stehenden Baugenehmigung gegen das Gebot der Rücksichtnahme ergeben. Denn deren Gestattungsumfang würde gerade nicht eingehalten.

Eine Unzumutbarkeit der von der den Automatenrückräumen dienenden Klimaanlage ausgehenden Geräuschemissionen hat das Verwaltungsgericht zu Recht als fernliegend angesehen. In ihrer Stellungnahme zur Beschwerdebegründung hat die Beigeladene zunächst nachvollziehbar erläutert, dass der in der Betriebsbeschreibung angegebene Dauerbetrieb der Anlage 2 nicht bedeute, dass die Kühlung der Automatenrückräume durchgehend laufe. Sie springe erst ab einer bestimmten Temperatur in den Rückräumen an und gehe dann wieder aus. Weil es nachts regelmäßig deutlich kühler sei als tagsüber, sei unabhängig von der durchgehenden Betriebstemperatur der Geldautomaten davon auszugehen, dass die Klimaanlage seltener oder überhaupt nicht anspränge. Darüber hinaus hat die Beigeladene unwidersprochen vorgetragen, dass der Schalldruckpegel der Anlage 2 in 1 m Abstand 57 dB(A) und in 10 m Abstand 31 dB(A) betrage. Da schon nach den eigenen Angaben der Antragsteller der Abstand zwischen dem Geldautomaten der Bankfiliale der Beigeladenen und ihrem Wohnhaus ca. 30 m beträgt, ist ein Überschreiten des nach Ziffer 6.1 Satz 1 d) TA Lärm für Mischgebiete nachts geltenden Immissionsrichtwertes für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden von 45 dB(A), der hier einen Orientierungspunkt für die Einhaltung des Gebots der Rücksichtnahme gibt, ausgeschlossen. Außerdem ist davon auszugehen, dass die Entfernung zwischen dem Wohnhaus der Antragsteller und dem Geldautomaten tatsächlich größer ist. Während die Antragsteller einen Beleg für ihre Abstandsangabe nicht eingereicht haben, hat der Antragsgegner mit seiner Beschwerdeerwiderung einen maßstäblichen Ausschnitt aus seiner Stadtkarte vorgelegt, nach dem der Abstand jedenfalls über 50 m beträgt. Dem sind die Antragsteller in ihrer Replik nicht entgegengetreten.

Schließlich lässt sich auch nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit annehmen, dass die mit dem Betrieb des Geldautomaten verbundenen Kundenbesuche zur Nachtzeit zu einem Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme führen. Dass eine Ruhestörung allenfalls von Motorengeräuschen und Türenschlagen dabei benutzter Kraftfahrzeuge ausgehen könnte, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt. Soweit die Antragsteller monieren, in dem erstinstanzlichen Beschluss werde eine viel zu geringe Anzahl nächtlicher Automatennutzungen (ein bis zwei) zugrunde gelegt, nach ihren Beobachtungen komme es durchschnittlich zu zehn Nutzungen pro Nacht, womöglich auch mehr, können sie damit nicht durchdringen. Denn nach einem von der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren vorgelegten Transaktionsjournal, das einen vollen Monat im Herbst 2019 umfasst und gegen dessen Repräsentativität auch sonst keine Bedenken bestehen, betrug die durchschnittliche Nutzung (tatsächlich nur) 1,3 Transaktionen pro Nacht. In manchen Nächten gab es überhaupt keine Transaktion. In den verbleibenden Nächten fanden jeweils eine Transaktion bis maximal drei Transaktionen statt. Dass diese geringe Anzahl nächtlicher Kundenbesuche zu einer für sie nicht mehr zumutbaren Lärmbelästigung führt, haben die Antragsteller nicht dargetan, selbst wenn man unterstellt, dass die Kunden den Geldautomaten verbotswidrig mit einem Kraftfahrzeug anfahren und dabei auch noch die Autotür zuschlagen.

Zu Recht hat nämlich das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass nach Ziffer 6.1 Satz 2 TA Lärm einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen, wie sie beim Anfahren eines Autos oder beim Autotürenknallen entstehen, den für das von den Antragstellern bewohnte Hausgrundstück anzuwendenden nächtlichen Immissionsrichtwert von 45 dB(A) um (nicht mehr als) 20 dB(A) überschreiten dürfen. Das stellen die Antragsteller auch nicht in Abrede. Sie wenden sich zur Begründung ihrer Beschwerde gegen die Ausführung im erstinstanzlichen Beschluss, es sei weder hinreichend glaubhaft gemacht noch sonst nachvollziehbar, dass es wegen des 24-Stunden-Betriebs des Geldautomaten in der Außenfassade des Einkaufszentrums regelmäßig zu Überschreitungen des nächtlichen Spitzenpegels von 65 dB(A) und damit zu einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme komme. Die von den Antragstellern insoweit vertretene Auffassung, durch den 2006 erstellten Messbericht sei bereits nachgewiesen, dass „die einzelnen kurzzeitigen Geräuschspitzen in der Nacht mehr als 20 dB(A) höher als die Immissionsrichtwerte“ lägen, geht indes fehl.

Aufgabenstellung des in dem den Umbau zum Einkaufszentrum betreffenden Baugenehmigungsverfahren eingeholten Gutachtens war es, die Geräuschsituation durch den Betrieb des Marktes im Bereich der südlich angrenzenden Wohnhäuser durch schalltechnische Messungen zu ermitteln (Messbericht S. 3). Dabei erfolgten die Messungen ausschließlich an der südlich gelegenen Nebenzufahrt des Parkplatzes (Messbericht S. 4). In der Messzeit von 5.25 Uhr bis 21.00 Uhr wurden an der Nebenzufahrt 383 Pkw-Bewegungen und eine Lkw-Bewegung ermittelt, wobei in der Zeit von 5.25 Uhr bis 6.00 Uhr und von 20.30 Uhr bis 21.00 Uhr keine Betriebsgeräusche festzustellen waren (S. 5/6 des Messberichts). Als Ergebnis wird in dem Messbericht festgehalten, dass für die betrachtete Betriebssituation ein Beurteilungspegel von ungefähr 53 dB(A) anzunehmen sei. Weiter wird dargelegt, dass damit der für Mischgebiete am Tage maßgebliche Immissionsrichtwert im Bereich des untersuchten Messortes um rund 7 dB(A) unterschritten werde. Für die südlich angrenzenden Wohnhäuser seien unter Beachtung der größeren Abstände zwischen dem betrachteten Betriebsgrundstück und der angrenzenden Wohnbebauung niedrigere Beurteilungspegel zu erwarten (S. 10 des Messberichts). Abschließend heißt es, dass unter Beachtung der gemessenen Maximalpegel durch mögliche Lkw-Beschleunigungsvorgänge bzw. Türenschlagen im Bereich der Pkw-Stellplätze festzustellen sei, dass der maßgebliche Bezugspegel tagsüber (6.00 bis 22.00 Uhr) im Bereich des betrachteten Messortes bzw. der südlich angrenzenden Wohnhäuser deutlich unterschritten werde. Soweit abweichend vom derzeit genehmigten Betriebsablauf die messtechnisch erfassten, geräuschrelevanten Vorgänge auch in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr auftreten sollten, könne eine Überschreitung des für Mischgebiete in der Nachtzeit maßgebenden Bezugspegels für „kurzzeitige Einzelereignisse“ von 65 dB(A) nicht ausgeschlossen werden (Seite 10/11 des Messberichts).

Für die von den Antragstellern angenommene Rücksichtslosigkeit der mit dem Betrieb des Geldautomaten verbundenen Kundenbesuche zur Nachtzeit lässt sich die Quintessenz des zudem bereits aus dem Jahr 2006 stammenden Messberichts mithin gleich in zweifacher Hinsicht nicht fruchtbar machen. Die als möglich angesehene Überschreitung des Maximalpegels bezieht sich auf eine Öffnung des Einkaufsmarktes in der Nachtzeit, die an der Nebenzufahrt mit Lkw- und mehreren Hundert Pkw-An- und Abfahrten verbunden wäre. Hier geht es um 1,3 Kfz-Bewegungen, wobei Anfahrten mit einem Lkw höchst unwahrscheinlich sein dürften, in der Nacht, bei denen allenfalls die Autotür, mangels Einkaufes aber nicht der Kofferraum zugeschlagen wird. Die Nichteinhaltung des „Lärmspitzenwertes“ von 65 dB(A) wird zudem nicht sicher prognostiziert, sondern nicht ausgeschlossen. Mangels entsprechender Messungen oder auch Berechnungen enthält das Gutachten keine Aussage dazu, wieviel von dem durch Kfz-Bewegungen entstehenden Lärm bei den südlich angrenzenden Wohnhäusern, insbesondere an dem von den Antragstellern bewohnten Einfamilienhaus ankommt.

Vor diesem Hintergrund musste sich der Antragsgegner durch den Messbericht aus 2006 auch nicht, wie die Antragsteller zudem meinen, veranlasst sehen, vor Erteilung der Baugenehmigung an die Beigeladene ein Gutachten zu der von dem nächtlichen Betrieb des Geldautomaten für die Nachbarn ausgehenden Lärmbelästigung von dieser anzufordern oder selbst einzuholen. Es wäre Sache der Antragsteller gewesen, die von ihnen behauptete unzumutbare Ruhestörung spätestens im vorliegenden Beschwerdeverfahren glaubhaft zu machen. Daran aber fehlt es.

Für die von den Antragstellern angenommene Überschreitung des für Mischgebiete geltenden nächtlichen Spitzenpegels gibt es auch sonst keine Anhaltspunkte. Geht man etwa von den in der als allgemein bekannt anzusehenden Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamts für Umwelt aus August 2007 (6. überarbeit. Aufl.) als höchster ermittelter Wert des durch Türenschlagen eines Pkw entstehenden mittleren Maximalpegels in 7,5 m Entfernung genannten 74 dB(A) (S. 55 Tab. 19) aus, ergibt sich nach den für die Schallpegelabnahme üblichen Berechnungsmethoden schon bei einem Abstand von 30 m ein Wert unter 65 dB(A).

4.

Der Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, den unterlegenen Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten der (notwendig) Beigeladenen aufzuerlegen. Denn die Beigeladene hat sich am Verfahren aktiv beteiligt und zudem durch Stellung eines Antrags nach § 154 Abs. 3 VwGO einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. Neumann/Schaks, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 162 Rn. 132).