Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 07.03.2012, Az.: 2 LB 227/11
Gelten einer tatsächlich besuchten Schule als nächste Schule für den Beförderungsanspruch oder Erstattungsanspruch gem. § 114 Abs. 3 S. 3 NSchG i.R.d. Ausübung des Wahlrechts
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 07.03.2012
- Aktenzeichen
- 2 LB 227/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 16454
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2012:0307.2LB227.11.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
Fundstelle
- NdsVBl 2012, 222-223
Amtlicher Leitsatz
Für den Beförderungs- oder Erstattungsanspruch gilt angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 114 Abs. 3 Satz 3 NSchG ("gesetzliche Fiktion") und der Gesetzessystematik die in Ausübung des Wahlrechts nach § 63 Abs. 4 NSchG tatsächlich besuchte Schule auch dann als nächste Schule, wenn der Schulweg zu einer anderen Schule derselben Schulform mit demselben Bildungsgang im Einzelfall näher wäre (Bestätigung von VG Hannover, Urt. v. 15.2.2011 - 6 A 3553/10 -, [...])
Urteil
I.
Der Kläger begehrt von dem Beklagten für das Schuljahr 2010/2011 die Übernahme von Schülerbeförderungskosten.
Der am 1999 geborene Kläger wohnt in der Gemeinde H., Ortsteil I. im Landkreis D.. Seit Beginn des Schuljahres 2010/2011 besucht er die vom Schulträger Freie Christliche Schulen geführte J. -Schule, Realschule in K. / Landkreis D.. Es handelt sich um eine staatlich anerkannte Ersatzschule. In H. stehen (nur) zwei in der Trägerschaft der Gemeinde geführte Kooperative Gesamtschulen (KGS), nämlich die KGS L. und die KGS I. als Schulen des Sekundärbereichs I zur Verfügung. Die Wohnung des Klägers liegt im Schulbezirk der KGS L. (§ 1 der Satzung der Gemeinde H. über die Festlegung von Schulbezirken).
Unter dem 2. Juli 2010 beantragte die Mutter des Klägers bei dem Beklagten ein Schülersammelticket für den Besuch der J. -Schule in K..
Mit Bescheid vom 19. Juli 2010 lehnte der Beklagte dieses ab. Zur Begründung führte er aus, eine Beförderungs- oder Kostenerstattungspflicht bestehe nur für den Weg zur nächsten Schule. Da der Kläger nicht die KGS L. besuchen wolle, sondern die Schulform "Realschule" gewählt habe, sei die Realschule in M. die dem Wohnort des Klägers nächstgelegene Realschule. Zu dieser Schule sei eine kostenlose Schülerbeförderung eingerichtet worden, die der Kläger in Anspruch nehmen könne.
Der Beklagte stellte dem Kläger daher ein Schülersammelzeitticket (nur) für die Strecke H. bis nach M. aus.
Daraufhin hat der Kläger Klage erhoben und sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, da es in H. nur zwei weiterführende Gesamtschulen und keine eigenständige Realschule gebe, könne er gemäß § 63 Abs. 4 Nr. 4 (nunmehr Nr. 5) NSchG die Realschule eines anderen Schulträgers besuchen. Er habe sich für die J. -Schule, Realschule in K., entschieden. Gemäß § 114 Abs. 3 Satz 3 1. HS NSchG gelte diese als nächste Schule. Der Beklagte könne seine Beförderungs- bzw. Erstattungspflicht daher nicht auf die näher an dem Wohnort H. liegende Realschule in M. begrenzen.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Beklagten zu verpflichten, ihm für den Schulweg zur J. -Schule nach K. für den noch nicht verstrichenen Zeitraum des Schuljahres 2010/2011 entweder eine kostenfreie Beförderungsleistung zu erbringen oder ihm oder seinen Erziehungsberechtigten auf Antrag die nachgewiesenen Kosten des für den Schulweg zu lösenden Anschlusstickets zu erstatten,
2. ihm die für den Zeitraum vom 1. August 2010 bis 28. Februar 2011 entstanden Beförderungsaufwendungen in Höhe von 180,60 EUR zu erstatten sowie
3. den Bescheid des Beklagten vom 19. Juli 2010 aufzuheben, soweit er den Verpflichtungen des Beklagten entgegensteht.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat seinen bisherigen Vortrag vertieft und ergänzend ausgeführt, zwar sei der Wortlaut des § 114 Abs. 3 Satz 3 NSchG nicht eindeutig. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift beziehe sich die Beförderungs- bzw. Kostenerstattungspflicht jedoch jeweils nur auf die (örtlich) nächstgelegene Schule; denn es könne nicht der Wille des Gesetzgebers gewesen sein, dass bei Ausübung des Wahlrechts nach § 63 Abs. 4 NSchG die Kosten für den Besuch irgendeiner "Wunschschule" fernab dem Wohnort des Schülers übernommen werden sollten.
Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil dem Begehren des Klägers entsprochen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zwar lege § 114 Abs. 3 Satz 1 NSchG als Grundregel fest, dass eine Beförderungs- oder Erstattungspflicht nur für den Weg zur "nächsten Schule" bestehe. § 114 Abs. 3 Satz 2 ff. NSchG enthielten dann jedoch Sonderregelungen zu dieser Grundregel. In den nachfolgenden Sätzen werde nämlich für die dort genannten Tatbestände abschließend fingiert, welche Schule - unabhängig von ihrer tatsächlichen Entfernung zum Wohnort des Schülers - beförderungsrechtlich als nächste Schule gelte. Im Falle des Klägers greife § 114 Abs. 3 Satz 3 1. HS NSchG ein. Danach gelte die Schule, die gemäß § 63 Abs. 4 NSchG besucht werde, als "nächste Schule". Da sich der Kläger über sein Wahlrecht nach § 63 Abs. 4 NSchG zum Besuch der J. -Schule, Realschule in K., entschlossen habe, um dem Besuch einer KGS in seinem Wohnort auszuweichen, sei diese Schule als "nächste Schule" anzusehen, auch wenn die Entfernung vom Wohnort des Klägers in H. zu der Realschule in M. näher sei. Angesichts des klaren Wortlauts, der sich zudem in die Systematik des § 114 Abs. 3 NSchG einfüge, sei für die von dem Beklagten aus Zweckmäßigkeitserwägungen gewünschte einschränkende Auslegung kein Raum. Auch den Gesetzesmaterialien zu § 114 NSchG bzw. der Vorgängervorschrift des § 94 NSchG lasse sich ein einschränkender Wille des Gesetzgebers nicht zureichend entnehmen.
Dagegen richtet sich die von dem Senat wegen grundsätzlicher Klärungsbedürftigkeit zugelassene Berufung des Beklagten.
Der Beklagte trägt vertiefend im Berufungsverfahren vor, zwar eröffne § 59 NSchG den Schülern/Erziehungsberechtigten im Rahmen der Regelungen des Bildungsweges die Wahl zwischen verschiedenen Schulformen und Bildungsgängen. Mit diesem Wahlrecht korrespondiere die Regelung in § 63 Abs. 4 NSchG. Davon zu unterscheiden sei allerdings die Frage, inwieweit auch ein Beförderungs- bzw. Erstattungsanspruch bestehe. Dieser sei, solange nicht wie zum Beispiel in § 114 Abs. 3 Satz 4 NSchG ausdrücklich etwas anderes geregelt sei, jeweils nur auf die nächstgelegene Schule bezogen. Dieser Grundsatz ergebe sich aus der in § 114 Abs. 3 Satz 1 NSchG enthaltenen Grundregel, die auch bei der Auslegung in § 114 Abs. 3 Satz 3 NSchG zu beachten sei. Diese Auslegung werde zudem durch § 114 Abs. 3 Satz 3 2. HS NSchG gestützt. Der dortige Hinweis, "Schulen, die wegen einer Aufnahmebeschränkung (§ 59 a) nicht besucht werden können, bleiben außer Betracht", beziehe sich nämlich nur auf den vorangegangenen Satzteil. Der Zusatz mache klar, dass Schulen, für die eine Aufnahmebeschränkung bestehe, nicht als "nächstgelegene Schule" angesehen werden dürften. Der Zusatz wäre aber überflüssig, wenn man - wie das Verwaltungsgericht - ohnehin von einem nicht weiter eingegrenzten Wahlrecht im Rahmen des § 63 Abs. 4 NSchG auch mit Wirkung auf die Übernahme der Schülerbeförderungskosten ausgehe. Die Gesetzesmaterialien zu der Vorgängervorschrift des § 94 NSchG sprächen ebenfalls dafür, dass trotz des in § 63 Abs. 4 NSchG eingeräumten Wahlrechts bei der Frage der Schülerbeförderung/Kostenerstattung stets auf die nächstgelegene Schule abzustellen sei. Es wäre auch nicht verständlich, wieso der Kläger einen Beförderungsanspruch von H. nach K. haben sollte, während zum Beispiel ein in M. wohnender Schüler, der dort die Realschule besuchen könne, sich aber ebenfalls für die J. -Schule, Realschule in K., entscheide, die Kosten nach K. selbst tragen müsse.
Der Beklagte beantragt,
das erstinstanzliche Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er führt aus, maßgeblich für die Auslegung einer Norm sei in erster Linie der Wortlaut. Dieser sei in § 114 Abs. 3 Satz 3 NSchG eindeutig. Danach werde fingiert, dass die Schule, die von einem Schüler gemäß § 63 Abs. 4 NSchG besucht werde, als nächste Schule gelte. Etwas anderes ergebe sich auch nicht vor dem Hintergrund einer systematischen Auslegung der Vorschrift; denn § 114 Abs. 3 Satz 1 NSchG enthalte die Grundregel und die nachfolgenden Sätze enthielten Ausnahmevorschriften, wobei die Regelung in § 114 Abs. 3 Satz 3 2. HS NSchG einen eigenständigen Charakter habe. Dem Gesetzgeber sei schließlich im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 63 Abs. 4 NSchG deutlich gewesen, dass die Schüler/Erziehungsberechtigten im Rahmen des dort eingeräumten Wahlrechts auch weiter entfernt liegende Schulen aufsuchen können. Gleichwohl habe er im Rahmen der Vorschriften über die Schülerbeförderung hierzu keine besondere Regelung vorgesehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Im Einverständnis der Beteiligten kann der Senat über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat mit zutreffenden Gründen dem Begehren des Klägers entsprochen und den Beklagten verpflichtet, für das Schuljahr 2010/2011 die Schülerbeförderungskosten für den Weg nach K. zu tragen.
Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 114 Abs. 3 Satz 3 NSchG (i.d.F. d. B. v. 3.3.1998 einschl. der Änderungen durch das Gesetz vom 8.6.2010, Nds. GVBl. 1998, 137, 2010, 232). § 114 Abs. 3 NSchG bestimmt zur Schülerbeförderung:
"Die Beförderungs- oder Erstattungspflicht besteht nur für den Weg zur nächsten Schule der von der Schülerin oder dem Schüler gewählten Schulform, jedoch innerhalb der gewählten Schulform zur nächsten Schule, die den von der Schülerin oder dem Schüler verfolgten Bildungsgang anbietet. Ist aufgrund der Festlegung von Schulbezirken eine bestimmte Schule zu besuchen (§ 63 Abs. 3 Sätze 1 und 2), so gilt diese Schule als nächste Schule. Jedoch gilt eine Schule, die von einer Schülerin oder einem Schüler aufgrund einer Überweisung nach § 61 Abs. 3 Nr. 2, einer Gestattung nach § 63 Abs. 3 Satz 4 oder die gemäß § 63 Abs. 4, § 137 oder § 138 Abs. 5 besucht wird, als nächste Schule; Schulen, die wegen einer Aufnahmebeschränkung (§ 59 a) nicht besucht werden können, bleiben außer Betracht. Kann zwischen Schulen gewählt werden, für die ein gemeinsamer Schulbezirk festgelegt worden ist, so besteht die Beförderungs- und Erstattungspflicht für den Weg zu der gewählten Schule. Liegt die nächste Schule außerhalb des Gebietes des Trägers der Schülerbeförderung, so kann dieser seine Verpflichtung nach Abs. 1 auf die Erstattung der notwendigen Kosten für den Schulweg beschränken, und zwar auf die Höhe der Kosten der teuersten Zeitkarte des öffentlichen Personennahverkehrs, die er bei der Schülerbeförderung in seinem Gebiet zu erstatten hat; dies gilt nicht im Fall des Besuchs von Förderschulen."
Im vorliegenden Fall ist § 114 Abs. 3 Satz 3 1. HS NSchG einschlägig, da der Kläger bzw. seine Erziehungsberechtigten von dem in § 63 Abs. 4 NSchG eröffneten Wahlrecht Gebrauch gemacht und entschieden haben, anstelle der Gesamtschule in H. gemäß § 63 Abs. 4 Nr. 4 (bzw. nunmehr Nr. 5, vgl. Gesetz zur Neuordnung der Schulstruktur in Niedersachsen v. 16.3.2011, Nds. GVBl. 2011, 83) die J. -Schule, Realschule in K., zu besuchen. Unerheblich ist, dass es sich bei der von dem Kläger besuchten J. -Schule in K. um eine anerkannte Ersatzschule handelt; denn diese sind im Hinblick auf die Schülerbeförderung den öffentlichen Schulen gleichgestellt (§ 141 Abs. 3 NSchG).
Nach § 114 Abs. 3 Satz 3 1. HS NSchG "gilt" eine Schule, die "gemäß § 63 Abs. 4 .... besucht wird, als nächste Schule."
Dieser Wortlaut ist eindeutig. Er stellt darauf ab, welche Schule im Rahmen des Wahlrechts nach § 63 Abs. 4 NSchG tatsächlich besucht wird und geht von der Fiktion aus, dass diese Schule dann beförderungsrechtlich als "nächste Schule" gilt. Angesichts des klaren Wortlauts besteht kein Spielraum für die von dem Beklagten unter kostenrechtlichen Gesichtspunkten erstrebte einschränkende Auslegung.
Die Vorschrift fügt sich auch in die Gesetzessystematik des § 114 Abs. 3 NSchG ein. Nach dieser Systematik bezieht sich die Beförderungs- bzw. Kostenerstattungspflicht in erster Linie auf die nächstgelegene Schule zu der Wohnung des Schulpflichtigen, die der von ihm gewählten Schulform und dem gewählten Bildungsgang entspricht (§ 114 Abs. 3 Satz 1 NSchG). Von dieser Grundregel machen dann die nachfolgenden Sätze eine Ausnahme, und zwar für die Fälle, in denen
eine konkrete Schule aufgrund der Festlegung von Schulbezirken zu be suchen ist (§ 63 Abs. 3 Sätze 1 und 2 iVm.114 Abs. 3 Satz 2 NSchG),
eine abweichende individuelle Regelung des Schulbesuchs getroffen worden ist (nämliche eine schulordnungsrechtliche Überweisung nach § 61 Abs. 3 Nr. 4 oder eine Gestattung nach § 63 Abs. 3 Satz 4 iVm. § 114 Abs. 3 Satz 3 NSchG),
eine Bekenntnisgrundschule besucht wird (§§ 137, 138 iVm. § 114 Abs. 3 Satz 3 NSchG),
die an sich zu besuchende Schule in ihrer Aufnahmekapazität erschöpft ist (§ 59 a iVm. § 114 Abs. 3 Satz 3 NSchG),
zwischen Schulen gewählt wird, für die ein gemeinsamer Schulbezirk festgelegt worden ist (§ 63 Abs. 3 Satz 3 iVm. § 114 Abs. 3 Satz 4 NSchG) oder
(wie vorliegend) von einem Wahlrecht Gebrauch gemacht wird (§ 63 Abs. 4 iVm. § 114 Abs. 3 Satz 3 NSchG).
Zutreffend weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass die Grundregelung in § 114 Abs. 3 Satz 1 einerseits (Abstellen auf die räumlich nächste Schule) und die Sonderregelungen in den nachfolgenden Sätzen andererseits (Fiktion der nächsten Schule) nicht in der Weise miteinander verquickt werden können, dass unter beförderungsrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des § 63 Abs. 4 NSchG nur die Schule die "fiktiv" nächste ist, zu der die geringste räumliche Entfernung besteht.
Der Beklagte kann seine Auffassung auch nicht auf § 114 Abs. 3 Satz 3 2. HS NSchG ("Schulen, die wegen einer Aufnahmebeschränkung (§ 59 a) nicht besucht werden können, bleiben außer Betracht") stützen; denn damit hat der Gesetzgeber lediglich eine weitere Ausnahmeregel aufgenommen. Da der durch das "Gesetz zur Weiterentwicklung des Schulwesens (v. 25.6.2002, Nds. GVBl. 2002, 312) eingeführte § 59 a NSchG eine Aufnahmebeschränkung aus Kapazitätsgründen für Ganztagsschulen und Gesamtschulen vorsah, wurden damit korrespondierend die Ausnahmetatbestände des § 114 Abs. 3 Satz 2 ff. NSchG dahin erweitert, dass eine Schule (auch) dann nicht als "nächste Schule" im Sinne der Schülerbeförderung anzusehen ist, wenn diese Schule den betreffenden Schüler aufgrund von Aufnahmebeschränkungen tatsächlich (gar) nicht aufnehmen kann (vgl. Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand: Dezember 2011, § 114 Anm. 4.1; Bräth/Eickmann/Galas, NSchG, 5. Aufl., § 114 Rnr. 3).
Allerdings trifft es zu, dass durch die Einbeziehung des § 63 Abs. 4 NSchG in die Fiktion des § 114 Abs. 3 Satz 3 1. HS NSchG die schülerbeförderungsrechtliche Stellung der betroffenen Schüler, die von dem Wahlrecht nach § 63 Abs. 4 NSchG Gebrauch machen, erweitert wird. Dieses ist aber Konsequenz der nicht weiter eingeschränkten Verweisung auf § 63 Abs. 4 NSchG in § 114 Abs. 3 Satz 3 NSchG.
Der Gesetzgeber hat auch gesehen, dass es im Rahmen der Schülerbeförderung durchaus in Einzelfällen zu höheren Kostenbelastungen kommen kann. Nachdem die kommunalen Spitzenverbände nämlich auf erhebliche Kostensteigerungen bei der Schülerbeförderung hingewiesen und eine Kostenbegrenzung erbeten hatten (Landtags-Drucks. 13/1650, S. 21), hat er mit dem "Fünften Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes" (v. 20.5.1996, Nds. GVBl. 1996, 232) im Rahmen des § 114 Abs. 3 NSchG folgenden Satz neu angefügt:
"Liegt die nächste Schule außerhalb des Gebietes des Trägers der Schülerbeförderung, so kann dieser seine Verpflichtung nach Abs. 1 auf die Erstattung der notwendigen Aufwendungen für den Schulweg beschränken, und zwar auf die Höhe der Kosten der teuersten Zeitkarte des öffentlichen Personalnahverkehrs, die er bei der Schülerbeförderung auf seinem Gebiet zu erstatten hat ..."
Soweit der Beklagte für die Begründung seiner Auffassung auf den Runderlass des Nds. Kultusministeriums vom 29. August 1995 (SVBl. 1995, 223, dort Ziff. 3.4.7) verweist, wonach die benachbarten Schulen im Rahmen des § 63 Abs. 4 iVm. § 105 Abs. 1 NSchG verpflichtet sind, Schüler aufzunehmen, die die Gesamtschule nicht besuchen wollen, lassen sich dem Erlass Regelungen zu dem Umfang der Schülerbeförderungspflicht nicht entnehmen.
Ist der Wortlaut der Vorschrift mithin eindeutig und fügt er sich auch in den Sinnzusammenhang der Vorschrift ein, kommt der Entstehungsgeschichte nur insoweit Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach dem Wortlaut und Sinnzusammenhang bereits ermittelten Auslegung bestätigt oder (etwaige, hier nicht bestehende) Zweifel behebt (BVerwG, Urt. v. 22.4.1982 - 3 C 35.81 -, BVerwGE 65, 233). Den Gesetzesmaterialien zu der Vorgängervorschrift des § 114 NSchG, nämlich zu § 94 NSchG in der Fassung des "Zweiten Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Schulgesetzes" (v. 21.7.1980, Nds. GVBl. 1980, 261):
"Nach Abs. 3 wird nicht der Weg zu jeder gewählten Schule, sondern nur der Weg zur nächstgelegenen öffentlichen Schule anerkannt. Nächstgelegene öffentliche Schule ist die Schule, die der Schüler aufgrund der vom Schulträger getroffenen Festlegung von Schulbezirken ... besuchen muss oder im Falle eines Wahlrechtes die Schule, die die vom Schüler gewählte Schulform und den von ihm angestrebten Bildungsgang anbietet und deren Besuch ihm zugemutet werden kann. Die nächstgelegene Schule ist dabei stets zumutbar in diesem Sinne." (LT-DrS. 9/1085 S. 78)
kann daher keine maßgebliche Bedeutung beigemessen werden, zumal der Wortlaut des § 94 NSchG mit dem Wortlaut des § 114 Abs. 3 NSchG in seiner hier maßgeblichen, erst durch das Fünfte Änderungsgesetz (v. 20.5.1996, Nds. GVBl. 1996, 232) eingeführten Fassung nicht identisch ist.