Amtsgericht Hannover
Urt. v. 16.12.2009, Az.: 412 C 13738/08

Mieterhöhung; Auskunft aus MEA-Mietkataster; behebbare Mängel

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
16.12.2009
Aktenzeichen
412 C 13738/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 44764
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2009:1216.412C13738.08.0A

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

wegen Zustimmung zur Mieterhöhung

hat das Amtsgericht Hannover Abt. 412

auf die mündliche Verhandlung vom 18.11.2009

durch den Richter am Amtsgericht Wiehe

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Der Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der Nettomiete für die Wohnung in der K...straße ... Hannover von bisher monatlich 278,98 Euro netto auf nunmehr monatlich 334,78 Euro netto mit Wirkung ab dem 01.08.2008 zuzustimmen.

  2. 2.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. 3.

    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Vermieterin, der Beklagte Mieter einer im 1. OG rechts gelegenen Wohnung im Hause K...straße ... in ... Hannover.

2

Es handelt sich um eine 4-Zimmerwohnung mit einer Wohnfläche von 85,2 qm, ausgestattet mit Gasetagenheizung und Isolierglasfenstern.

3

Grundlage des Mietverhältnisses ist ein Vertrag vom 29.11.2000. Neben der ausgewiesenen Nettomiete sind Betriebskostenvorauszahlungen zu leisten. Wegen des weiteren Inhalts des Mietvertags wird auf dessen Kopie Bl. 3 bis 7 R. d. A. verwiesen.

4

Sejt Ende 2001 beträgt die vertraglich vereinbarte Nettomiete 278,98 Euro. Mit Schreiben vom 23.05.2008 verlangte die Klägerin von dem Beklagten die Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf 334,78 Euro netto monatlich ab dem 01.08.2008, mithin von 3,27 Euro pro qm und Monat auf 3,93 Euro pro qm und Monat. Wegen des weiteren Inhalts des Erhöhungsverlangens vom 23.05.2008 wird auf dessen Kopie Bl. 9, 9 R.d.A. verwiesen. Zur Begründung ihres Erhöhungsverlangens bezog sich die Klägerin auf eine Auskunft auf dem MEA-Mietkataster über drei Wohnungen in Hannover-Oberricklingen, -Döhren und -Südstadt wegen dessen Inhalts auf die Kopie Bl. 10 d.A. verwiesen wird.

5

Der Beklagte stimmte dem Erhöhungsverlangen der klägerin nicht zu.

6

Die Klägerin behauptet, die verlangte Miete übersteige die ortsübliche Vergleichsmiete nicht.

7

Die Klägerin beantragt,

  1. den Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Nettomiete für die Wohnung in der K...straße ..., in ... Hannover von bislang monatlich 278,98 Euro netto auf nunmehr 334,78 Euro netto je Monat mit Wirkung ab dem 01.08.2008 zuzustimmen.

8

Der Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

9

Die verlangte Miete übersteige die ortsübliche Vergleichsmiete. Die genannten Vergleichswohnungen seien mit der Wohnung des Beklagten hinsichtlich Lage und Ausstattung nicht vergleichbar. Auch weise die Wohnung Mängel auf, an den Fenstern fehlten die Dichtlippen, die Wohnungstür sei undicht und klapprig, bei den Steigleitungen handele es sich um alte Bleirohre, das Abflussrohr der Toilette sei undicht, im Haus gebe es Feuchtigkeit.

10

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und Anlagen verwiesen.

11

Es ist Beweis erhoben worden durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des von der Industrie- und Handelskammer Hannover öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken sowie Mieten für Grundstücke und Gebäude Dipl.-Ing. H... M.... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens des Sachverständigen vom 28.09.2009 (Bl. 39 bis 61 d. A.) Bezug genommen. Der Beklagte wendet gegen das Gutachten ein, bei der Bewertung der ortsüblichen Vergleichsmiete sei nicht berücksichtigt worden, dass die Fenster keine Dichtlippen hätten, die Eltanlage nur zweilitzig sei und die Rohre aus Blei/Zinkstahl.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage ist begründet.

13

Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß § 558 BGB Anspruch auf Zustimmung zur verlangten Mieterhöhung.

14

Die Voraussetzungen des § 588 BGB hinsichtlich Form und Begründung der Mieterhöhung sind gegeben. Das Mieterhöhungsverlangen wurde in Textform erklärt und gemäß § 558 a Abs. 2 Nr. 4 BGB durch Bezugnahme auf entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen begründet. Die in der Anlage zum Mieterhöhungsverlangen genannten Wohnungen sind vergleichbar im Sinne dieser Regelung. Grundsätzlich muss die Vergleichbarkeit nicht hinsichtlich aller fünf Merkmale gegeben sein. Erforderlich und ausreichend ist vielmehr, dass der Mieter in einer Gesamtschau in die Lage versetzt wird, die Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens nachzuprüfen (vgl. Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 558 a BGB Rn. 43 mit Nachweisen).

15

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Vergleichswohnungen liegen im Stadtgebiet Hannover, sie verfügen über 3 bis 4 Zimmer mit 72 bis 93 qm und liegen im Geschosswohnungsbau, verfügen ebenso wie die Wohnung des Beklagten über Isolierglas- oder Doppelfenster.

16

Auch die Voraussetzungen des § 558 b BGB sind gegeben. Die Klageerhebung erfolgte innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf der Zustimmungsfrist.

17

Das Mieterhöhungsverlangen ist begründet.

18

Die Voraussetzungen des § 558 Abs.1 BGB sind gegeben. Die Miete war in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten sollte (01.08.08) seit mehr als 15 Monaten unverändert. Die letzte Mieterhöhung lag mehr als 1 Jahr zurück, sie erfolgte in 2001.

19

Die verlangte Miete entspricht auch der ortsüblichen Vergleichsmiete im Sinne des § 558 Abs. 1 BGB. Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Die üblichen Entgelte, die in Hannover für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden sind, beträgt zumindest 334,78 Euro entsprechend 3,93 Euro pro qm.

20

Insoweit ist hinsichtlich Lage, Art und Größe der Wohnung auf das ausführliche Gutachten des Sachverständigen Bezug zu nehmen, da insoweit von den Parteien nichts erinnert wird.

21

Aber auch hinsichtlich des Vergleichsmerkmales Beschaffenheit" sind die Feststellungen des Sachverständigen jedenfalls nicht zu Lasten des Beklagten zu beanstanden. Der Beklagte ist den Ausführungen des Sachverständigen nicht entgegengetreten, dass die von ihm gemietete Wohnung hinsichtlich Belichtung und Belüftung, Qualität der Baumaterialien und Fassadengestaltung der standardtypischen Vergleichswohnung entspricht. Hinsichtlich des Gesamteindrucks hat der Sachverständige einen Abschlag von 2,4 % im Hinblick auf die nicht gestrichenen Fassadenfläche an der Hofseite vorgenommen, obwohl es sich um eine behebbare Beeinträchtigung handelt, die grundsätzlich bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht zu berücksichtigen ist. Letztlich gleiches gilt für das Vergleichsmerkmal Ausstattung". Der Sachverständige hat hier einen Abschlag von 3,6 % von der standardtypischen Wohnung im Hinblick darauf vorgenommen, dass das Badezimmer lediglich mit Duschwanne anstatt einer Badewanne ausgestattet ist und die Wohnung nicht über ein getrenntes WC verfügt.

22

Hinsichtlich der Beschaffenheit und Ausstattung der Wohnung waren weitere Abschläge nicht vorzunehmen. Insbesondere ist Unerheblich, ob die Fenster entsprechend dem Vorbringen des Beklagten nicht über Dichtlippen verfügen und es deshalb in der Wohnung zu Zugerscheinungen kommt. Jedenfalls handelt es sich insoweit um behebbare Mängel. Behebbare Mängel haben bei der Mieterhöhung für die Bemessung der Miete keine Bedeutung (vgl. Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 558 Rn. 31 mit Nachweisen).

23

Demgemäß kommt auch kein Abschlag im Hinblick darauf in Betracht, dass die Elektroleitungen in der Wohnung nach dem Vorbringen des Beklagten nur zweilitzig ausgeführt sind. Dies gilt ebenso für den Umstand, dass die Wasserleitungen nach dem Vorbringen des Beklagten aus Blei oder Zinkstahl bestehen.

24

Selbst wenn man die beiden letztgenannten Punkte nicht als Mangel, sondern als nicht zu behebende Ausstattungsdefizite wertet, steht dies der Begründetheit des klägerischen Mieterhöhungsverlangens nicht entgegen.

25

Nach den Ausführungen des Sachverständigen beträgt die ortsübliche Vergleichsmiete 4,23 Euro pro qm und Monat. Sie liegt mithin um 7 % über der Miete, die mit dem Zustimmungsverlangen geltend gemacht wird. Ein Abschlag von mehr als 7 % wegen der genannten beiden Punkte ist jedoch nicht zu rechtfertigen. Das Ausstattungsmerkmal Elektroinstallation" ist nach dem Sachverständigengutachten mit 3 % gewichtet. Die Ausstattung der Sanitärräume einschließlich Verfliesung ist mit 6 % gewichtet, Küchenanschlüsse sind mit 4 % gewichtet. Hier einen Abschlag wegen der zweilitzigen Stromkabel und der Bleirohre um insgesamt mehr als 50 % dieser drei Bestandteile vorzunehmen, ist nicht zu rechtfertigen. Immerhin ist mangels entgegenstehenden Sachvortrags des Beklagten davon auszugehen, dass sowohl die Sanitärräume und Küchenanschlüsse als auch die Elektroinstallation ohne weiteres für den Beklagten nutzbar sind.

26

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.