Amtsgericht Hannover
Urt. v. 14.07.2009, Az.: 483 C 1434/09

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
14.07.2009
Aktenzeichen
483 C 1434/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 44762
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2009:0714.483C1434.09.0A

Fundstelle

  • ZMR 2010, 324

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Wenn Feuchtigkeitsschäden auf Mängeln am Gemeinschaftseigentum beruhen, kommt nur bei Verschulden der Gemeinschaft eine Haftung für Schäden des Sondereigentums in Betracht.

  2. 2.

    6 Monate zwischen Schadensmeldung und Sanierung stellen noch keine schuldhafte Verzögerung der Sanierungsarbeiten dar.

In dem Rechtsstreit

1. ...

2. ...

gegen

...

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Hannover Abt. 483

auf die mündliche Verhandlung von l4. Juli 2009

durch den Richter am Amtsgericht Dr. Löffler

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  4. Den Klägern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Kläger sind als Eigentümer der Wohnung Nr. 32 ATP Mitglied der verklagten Wohnungseigentümergemeinschaft.

2

Am 12.04.2008 wurden an den beiden Außenwänden des sogenannten kleinen Kinderzimmers in der Wohnung der Kläger bei Renovierungsarbeiten Feuchtigkeitsschäden festgestellt. Dies wurde am 13.04.2008 schriftlich der Hausverwaltung gemeldet (Bl. 7 d.A). Am 22.04.2008 teilte die Hausverwaltung mit, dass die Firma P... beauftragt werde, die Ursache für die Feuchtigkeit zu ermitteln (Bl. 9 d. A.). Am 13.05.2008 kam es mit dieser Firma zu einem Besichtigungstermin. Hierbei wurde festgestellt, dass die Feuchtigkeit durch die Außenwand im Bereich der Gärten eindringe, so dass vorgeschlagen wurde, den fraglichen Bereich bis zum ersten Kellerfensterschacht auszuheben und gegebenenfalls Dichtungsarbeiten durchzuführen. Im Rahmen der Eigentümerversammlung vom 20.05.2008 schlug die Verwaltung vor, die Arbeiten durch die Firma L... ausführen zu lassen (vgl. TOP 7, Bl. 48 d. A.). Die Firma L... erteilte unter dem 29.05.2008 ein Angebot (Bl. 51 d. A.). Die Firma K... wurde ebenfalls zur Angebotsabgabe aufgefordert, gab aber nicht zeitnah ein Angebot ab, weil es zu Terminkoordinationsschwierigkeiten zur Wohnungsbesichtigung kam. In der Beiratssitzung vom 24.06.2008 wurde festgehalten, dass die Firma K... doch das Angebot abgeben solle, worüber die Kläger informiert wurden mit Schreiben vom 27.06.2008 (Bl. 53 d. A.). Zuvor hatten sie mit Schreiben vom 23.06.2008 bei der Hausverwaltung an die Durchführung der Arbeiten erinnert (Bl. 10 d. A.). Aufgrund Nachfrage der Hausverwaltung bei der Firma K... am 25.07.2008, 31.07.2008 und 19.09.2008 ging am 23.09.2008 das Angebot der Firma K... (Bl. 54 a. A.) ein. Die Firma L... erhielt den Auftrag zur Durchführung der Arbeiten, die in der Zeit vom 20. bis 24.10.2008 durchgeführt und unter dem 19.11.2008 in Rechnung gestellt wurden (Bl. 55 d. A.). Zuvor hatte die Bevollmächtigten der Kläger mit Schreiben vom 10.10.2008 eine Frist zur Durchführung der Arbeiten bis zum 31.102.2008 gesetzt (Bl. 11 d. A.).

3

Die Kläger begehren von der Beklagten Kostenerstattung für Schimmelbeseitigungsarbeiten im Kinderzimmer und im Schlafzimmer gemäß Rechnungen der Firma Malerbetrieb M... vom 09.05.2007 (Bl. 16 d. A.), 13.04.2008 (Bl. 18 d. A.) und 23.01.2009 (Bl. 21 d. A.) sowie der Firma H... vom 20.01.2009 (Bl. 20 d. A.)

4

Sie sind der Auffassung, ihnen stände ein entsprechender Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten zu, weil die Schäden an ihrem Sondereigentum durch nicht oder verspätet durchgeführte erforderliche Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum verursacht worden seien. Die Ursache ihrer Schäden am Sondereigentum liege im Gemeinschaftseigentum. Laut Aussage der Firma L... vom 14.10.2008 im Rahmen einer Ortsbesichtigung sei als Schadensursache letztlich festgestellt worden, dass die Trenn- bzw. Dehnungsfuge zum Nachbarhaus defekt sei und auch dort die Feuchtigkeit von außen eindringe. Der Schadensersatzanspruch sei verschuldensunabhängig, jedenfalls ergebe sich eine Verschuldensvermutung zu Lasten der Beklagten. Schließlich sei die Beklagte auch aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung verpflichtet, den Klägern ihre Aufwendungen zu erstatten. Dies ergebe sich insbesondere aufgrund der Aversionen der Hausverwaltung gegenüber dem Kläger. Die Kläger behaupten, die Hausverwaltung bereits mit Schreiben vom 12.05.2007 (Bl. 14 d. A.) auf zur Schimmelbildung führende Baumängel hingewiesen zu haben. Auch in den Eigentümerversammlungen im Jahre 2007 hätten sie darauf hingewiesen, dass die Dehnungsfuge zwischen den Häusern 123 und 125 offensichtlich defekt sei. Bereits in den 90er Jahren sei die Dehnungsfuge schon einmal repariert worden, was sich aus den Verwalterunterlagen ergeben müsse. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen gesamten Vortrag der Kläger Bezug genommen.

5

Die Kläger beantragen,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 1.713,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 17.12.2008 auf 592,86 Euro und auf 1.121,08 Euro seit Zustellung zu zahlen nebst vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 102,82 Euro.

6

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

7

Sie ist der Auffassung, der begehrte Schadensersatzanspruch setze seitens der Beklagten ein Verschulden voraus, das jedoch fehle. Insbesondere läge kein schuldhafter Verzug im Hinblick auf die erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen vor. Sie behauptet, erstmalig mit Schreiben vom 13.04.2008 Kenntnis von der Problematik erlangt zu haben. Sodann sei ohne schuldhafte Verzögerung vorgegangen worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den weiteren gesamten Vortrag der Beklagten Bezug genommen.

8

Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

9

Die Klage ist unbegründet.

10

Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Schadensersatz- bzw. Aufwendungsersatzanspruch im Hinblick auf die begehrte Erstattung der vier streitgegenständlichen Rechnungen im Hinblick auf die Schimmelbeseitigungsarbeiten im Kinder- und Schlafzimmer ihrer Wohnung aus §§ 280 ff., 249 ff. BGB. Denn es fehlt das erforderliche Verschulden der Beklagten.

11

Die Kläger gehen rechtsirrig davon aus, dass die Beklagte verschuldensunabhängig haftet. Unstreitig machen sie Schadensersatzansprüche geltend wegen Schäden am Sondereigentum verursacht aus der Sphäre des Gemeinschaftseigentums. In solchen Fällen setzt nach allgemeiner Meinung eine Haftung Verschulden voraus. Wenn wegen des baulichen Zustands des gemeinschaftlichen Eigentums ein Sondereigentum beschädigt wird - und nicht und nur mit Einschränkung genutzt werden kann - haften die Wohnungseigentümer nur, wenn sie es schuldhaft unterlassen haben, die erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen rechtzeitig zu beschließen (Kämmergericht in ZMR 2005, 308[KG Berlin 20.10.2004 - 24 W 97/03]; Greiner Wohnungseigentumsrecht, 2007, Rn. 1463 ff.). Insoweit besteht weiterhin Einigkeit darin, dass die Beseitigung von Baumängeln ebenfalls zur ordnungsgemäßen Instandsetzung gehört und sich dieser Anspruch grundsätzlich gegen die Gemeinschaft richtet (Jennißen, WEG, 2008, § 21 Rn. 67). Davon ausgehend, dass die Hausverwaltung und damit die Beklagte erstmals mit Schreiben vom 13.04.2008 Kenntnis von der Problematik erlangt hat, ist ihr keine schuldhafte Verzögerung der erforderlichen lnstandsetzungsmaßnahmen vorzuwerfen. Aus der im Tatbestand dargestellten Zeitabfolge der Geschehnisse ergibt sich, dass sich die Hausverwaltung und die Beklagte ordnungsmäßig mit der Schadensursache und deren Beseitigung beschäftigte. Dass zwischen Juni und Oktober 2008 mehrere Monate vergingen, wurde von der Beklagten substantiiert im Hinblick auf ein weiteres Angebot durch die Firma L... überzeugend dargestellt. Es entsprach auch den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, dass mindestens ein solches Zweitangebot eingeholt wurde (vgl. hierzu a.a.O. § 21 Rn. 77). Soweit sich die Kläger auf das Schreiben vom 12.05.2007 berufen, tragen sie insoweit für den Zugang gemäß § 130 BGB die Beweislast. Eine Zugangsvermutung der per Post abgeschickten Schreiben gibt es nach allgemeiner Meinung nicht. Soweit weiterhin vorgetragen wird, die Verwaltung müsste aufgrund der Diskussionen in den Versammlungen 2007 und aufgrund der Verwalterunterlagen Kenntnis der Problematik gehabt haben, verweist die Beklagte zutreffend darauf, dass dieser Vortrag letztlich nicht einlassungsfähig und damit unsubstantiiert sei.

12

Ein Verschulden für die Haftung der Beklagten wird auch nicht vermutet. Die angeführte Zitatstelle (Bl. 97 d. A.) betrifft nicht den Fall aufgrund schuldhafter Verzögerung von Instandsetzungsarbeiten. Aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung fällt ebenfalls ein Anspruch aus. Zum einenist insoweit keine einschlägige Anspruchsgrundlage ersichtlich. Die Kläger tragen dementsprechend hierzu auch nichts weiter vor. Im Übrigen stützt sich der Vortrag insofern im Kern auf die behaupteten Aversionen der Hausverwaltung ihnen gegenüber, was keinen Schadensersatzanspruch schlüssig begründen kann.

13

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11 und711 ZPO.