Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.07.2001, Az.: 9 LA 2095/01
Anwalt; Begründung; Berufung; Berufungszulassung; Bezugnahme; Darlegung; Darlegungsgebot; Prozessbevollmächtigter; Rechtsmittel; Rechtsmittelzulassung; Zulassung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 06.07.2001
- Aktenzeichen
- 9 LA 2095/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 40399
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 15.03.2001 - AZ: 12 A 8312/98
Rechtsgrundlagen
- § 124a Abs 1 S 4 VwGO
- § 67 Abs 1 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Dem Darlegungsgebot wird regelmäßig nur genügt, wenn der eingereichte Schriftsatz vom Rechtsanwalt erarbeitet worden ist. Eine Bezugnahme auf persönliche Ausführungen eines Mandanten ist ihm grundsätzlich verwehrt.
Gründe
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung ist unzulässig und daher zu verwerfen. Er genügt nicht den Darlegungserfordernissen des § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO. Gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 bis Satz 3 VwGO muss der Antrag auf Zulassung der Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des angegriffenen Urteils beim Verwaltungsgericht unter Benennung des Urteils gestellt werden. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen (§ 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO). Die Darlegungspflicht des § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO bestimmt als selbständiges Zulässigkeitserfordernis den Prüfungsumfang des Rechtsmittelgerichts. M.a.W., beschränken sich die Ausführungen des Zulassungsantrages auf einen der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VwGO aufgezählten Zulassungsgründe, kommt -- vom Grundsatz her -- auch nur die Zulassung aus dem im Zulassungsantrag angeführten und näher begründeten Zulassungsgrund in Betracht; werden zwei oder mehrere Zulassungsgründe benannt, beschränkt sich der Prüfungsumfang des Gerichts auf gerade die angeführten Gründe. Die Darlegung erfordert dabei ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen. Allerdings dürfen die Anforderungen an die Darlegung nicht derart überspannt werden, dass sie von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können (BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 -- 1 BvR 830/00 -- DVBl 2000, 1458 m. Anm. Fischer DVBl 2000, 1686 = NVwZ 2000, 1163 = NdsVBl 2000, 244; BVerfG, Beschl. v. 8.3.2001 -- 1 BvR 1653/99 -- NVwZ 2001, 552 = DVBl 2001, 894). Die Darlegung ist entsprechend den Erfordernissen des § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO -- im Regelfall -- einem Rechtsanwalt oder einem Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule als Prozessbevollmächtigten vorbehalten. Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung des Vertretungszwanges auch vor dem Oberverwaltungsgericht u.a. den Aufwand für die Bearbeitung des Zulassungsantrages "reduzieren" und dadurch das Zulassungsverfahren beschleunigen.
Den obigen Anforderungen entspricht der Zulassungsantrag des Beklagten nicht, und zwar weder in der Fassung der von ihm selbst verfassten Schriftsätze vom 15. Mai 2001 bzw. vom 5. Juni 2001 noch in der Fassung des Schriftsatzes vom 26. Juni 2001 durch den von ihm -- nach entsprechendem Hinweis des Senats -- nunmehr beauftragten Prozessbevollmächtigten. Die Ausführungen des Beklagten selbst können schon deswegen nicht zur Zulassung der Berufung führen, weil Erklärungen von nicht postulationsfähigen Personen unbeachtlich sind (Bader, VwGO, Kommentar 1999, RdNr. 3 zu § 67). Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird auch nicht durch den vom Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 26. Juni 2001 nachgereichten Schriftsatz zulässig. Er beschränkt sich auf die Stellung des Antrages und ergänzt lediglich: "Zur Begründung verweisen wir auf die Antragsschriften unseres Mandanten vom 15.05. und 06.06.2001 und tragen diese hiermit vor". Die Bezugnahme trägt dem Darlegungsgebot durch einen Prozessbevollmächtigten nicht hinreichend Rechnung. Dem Gebot anwaltlicher Vertretung wird nur genügt, wenn der eingereichte Schriftsatz vom Rechtsanwalt erarbeitet worden ist (BVerwG, Beschl. v. 16.12.1996 -- 4 B 218.96 -- NJW 1997, 1865). Dem Prozessbevollmächtigten ist die Bezugnahme auf persönliche Ausführungen seines Mandanten grundsätzlich verwehrt. Eine Bezugnahme reicht nur aus, wenn erkennbar ist, dass sie das Ergebnis einer Prüfung, Sichtung, rechtlichen Durchdringung und Würdigung des Streitstoffes ist (Bader, aaO, RdNr. 4 zu § 67). Die Form und der Inhalt der Ausführungen des Beklagten legen handgreiflich den Schluss nahe, dass dies hier nicht der Fall ist.
Aus den obigen Gründen kommt eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht (§ 114 ZPO).