Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 22.06.2011, Az.: 8 LA 23/11

Beim Grunderwerb als Beginn einer Maßnahme ist der Abschluss des Grundstückskaufvertrages maßgebend für die Bestimmung des Beginns der Maßnahme; Maßgeblichkeit des Abschlusses eines Grundstückskaufvertrages für die Bestimmung des Beginns einer Maßnahme im Falle eines Grunderwerbs als Beginn einer Maßnahme; Ermessen einer Behörde hinsichtlich der Zurücknahme eines Zuwendungsbescheids bei Verfehlen des mit der Zuwendung verfolgten Zwecks und des Fehlens eines schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Zuwendungsbescheides

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.06.2011
Aktenzeichen
8 LA 23/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 19133
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2011:0622.8LA23.11.0A

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Kommt es für den Beginn einer Maßnahme (hier: Erwerb einer stillgelegten oder von Stilllegung bedrohten Betriebsstätte) auf den Grunderwerb an, genügt der Abschluss eines (wirksamen) schuldrechtlichen Grundstückskaufvertrages. Unerheblich ist, ob der Grunderwerb durch Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch abgeschlossen ist.

  2. 2.

    Wird der mit der Zuwendung verfolgte Zweck verfehlt und besteht kein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Zuwendungsbescheides, ist das Ermessen der Behörde in der Regel dahingehend intendiert, den Zuwendungsbescheid zurückzunehmen.

Gründe

1

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses ihre Klage gegen die Rücknahme eines Zuwendungsbescheides über die Gewährung von Zuwendungen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung abgewiesen hat, bleibt ohne Erfolg.

2

Der Antrag genügt bereits nicht den Anforderungen, die § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO an die Darlegung der Zulassungsgründe stellt. Nach dieser Vorschrift sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Berufung kann nach § 124 Abs. 2 VwGO nur aus den dort genannten Gründen zugelassen werden. Es ist mithin in der Begründung des Zulassungsantrages darzulegen, ob die Zulassung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), wegen Abweichung der erstinstanzlichen Entscheidung von einer Entscheidung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO bezeichneten Gerichte und/oder wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) beantragt wird. Ferner muss im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung begründet werden, weshalb der benannte Zulassungsgrund erfüllt ist (vgl. Senatsbeschl. v. 14.4.2010 - 8 LA 36/10 -; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Mai 2010, § 124a Rn. 90 ff.).

3

Die unter dem 15. Februar 2011 eingereichte Begründung des Zulassungsantrages wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Denn darin wird mit keinem Wort dargelegt, auf welchen der gesetzlichen Zulassungsgründe der Zulassungsantrag gestützt werden soll. Keine der fünf Fallgruppen des § 124 Abs. 2 VwGO ist nach Ziffer oder Wortlaut benannt oder auf sonstige Weise hinreichend erkennbar in Bezug genommen worden. Auch darin, dass der Kläger Kritik an und Einwände gegen das Ergebnis der erstinstanzlichen Entscheidung erhoben hat, liegt keine Darlegung des Berufungszulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel, die den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt (vgl. Senatsbeschl. v. 15.3.2010 - 8 LA 32/10 -; Hamburgisches OVG, Beschl. v. 24.4.1998 - Bf V 97/97 -, NordÖR 1998, 305, 306). Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, das Vorbringen der Kläger den möglicherweise in Betracht kommenden Zulassungsgründen zuzuordnen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.8.2010 - 1 BvR 2309/09 -, [...] Rn. 12).

4

Im Übrigen liegt der nach dem Vorbringen der Klägerin einzig in Betracht kommende Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in der Sache auch nicht vor.

5

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten (vgl. Senatsbeschl. v. 11.2.2011 - 8 LA 259/10 -, [...] Rn. 3). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542, 543). Hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, kann ein Berufungszulassungsantrag daher nur dann Erfolg haben, wenn für jedes der die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts selbstständig tragenden Begründungselemente ein Zulassungsgrund dargelegt worden ist und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 1.2.1990 - 7 OB 19.90 -, Buchholz 310 § 153 VwGO Nr. 22).

6

Die Klägerin wendet gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ein, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht den angefochtenen Rücknahmebescheid für rechtmäßig erachtet. Denn der zurückgenommene Zuwendungsbescheid vom 22. September 2008 sei nicht, jedenfalls nicht zur Gänze rechtswidrig und die Klägerin könne sich gegenüber einer Rücknahme auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen.

7

Soweit das Verwaltungsgericht die förderfähige Maßnahme als "Erwerb einer stillgelegten oder von Stilllegung bedrohten Betriebsstätte bzw. Unternehmensnachfolge" ansehe, sei es zu Unrecht von einem vorzeitigen Maßnahmebeginn ausgegangen. Zutreffend sei zwar insoweit ausnahmsweise auf den Grunderwerb abzustellen. Dieser sei hier aber nicht bereits mit dem Grundstückskaufvertrag vom 5. März 2008, sondern erst mit der Auflassung vom 24. Juni 2008 und der Eintragung der Klägerin im Grundbuch am 10. Juli 2008 und damit nach Zugang der Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns am 6. Juni 2008 abgeschlossen gewesen. Jedenfalls könne sich die Klägerin auf ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Zuwendungsbescheides berufen. Dem Beklagten sei spätestens bei dessen Erlass am 22. September 2008 der Grunderwerb bekannt gewesen. Ihm habe der Grundstückskaufvertrag vom 5. März 2008 vorgelegen und die Aufstellung der zuwendungsfähigen Kosten habe auch die Kosten des Grunderwerbs beinhaltet. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe die Klägerin in Nr. 4 des dem Zuwendungsbescheid zugrunde liegenden Antrags die Maßnahme nicht nur als "Erwerb einer stillgelegten oder von Stilllegung bedrohten Betriebsstätte bzw. Unternehmensnachfolge" bezeichnet, sondern zugleich als "Erweiterung einer Betriebsstätte" und "Verlagerung einer Betriebsstätte". Der Beklagte und auch das Verwaltungsgericht hätten daher die Förderfähigkeit nicht nur unter dem Aspekt "Erwerb einer stillgelegten oder von Stilllegung bedrohten Betriebsstätte bzw. Unternehmensnachfolge" beurteilen müssen, sondern auch unter den Aspekten "Erweiterung einer Betriebsstätte" und "Verlagerung einer Betriebsstätte". In diesen Fällen sei zwar der Grunderwerb selbst nicht förderfähig, der Zeitpunkt des Maßnahmebeginns werde aber auch nicht auf den Zeitpunkt des Grunderwerbs vorverlegt. Der Klägerin könne daher ein unzulässiger vorzeitiger Maßnahmebeginn nicht entgegen gehalten werden. Bei bloßer "Erweiterung einer Betriebsstätte" und "Verlagerung einer Betriebsstätte" hätte die Klägerin immer noch Anspruch auf eine Förderung in Höhe von 33.645 EUR, so dass der Zuwendungsbescheid über 38.100 EUR allenfalls zu einem geringen Teil rechtswidrig sei.

8

Diese Einwände begründen nach dem eingangs dargestellten Maßstab keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.

9

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Voraussetzungen der anzuwendenden §§ 1 Abs. 1 NVwVfG, 48 VwVfG für eine Rücknahme des Zuwendungsbescheides vom 22. September 2008 vorliegen (vgl. zur Anwendbarkeit nationaler Vorschriften bei der Rücknahme von (auch) auf der Grundlage des Gemeinschaftsrechts erlassener Zuwendungsbescheide: Senatsurt. v. 11.3.2010 - 8 LB 43/08 -, [...] Rn. 36 m.w.N.). Der Zuwendungsbescheid ist rechtswidrig im Sinne des § 48 Abs. 1 VwVfG (1.), die Klägerin kann sich nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Zuwendungsbescheides im Sinne des § 48 Abs. 2 VwVfG berufen (2.) und relevante Fehler der der Rücknahmeentscheidung zugrunde liegenden Ermessensbetätigung des Beklagten sind nicht ersichtlich (3.).

10

1.

Der Zuwendungsbescheid des Beklagten vom 22. September 2008 ist rechtswidrig, weil die in Nr. 5.6 der Richtlinie zur Förderung von Investitionen kleiner und mittlerer Unternehmen im Landkreis Rotenburg (Wümme) - KMU-Richtlinie - und Nr. A.1.3 der zu § 44 der Landeshaushaltsordnung ergangenen Verwaltungsvorschrift - VV-LHO zu § 44 -, die als Nebenbestimmung Inhalt des Zuwendungsbescheides geworden sind, geregelten Bewilligungsvoraussetzungen, wie sie ihre Ausprägung in der ständigen Verwaltungspraxis des Beklagten gefunden haben (vgl. zu diesem Erfordernis: BVerwG, Urt. v. 23.4.2003 - 3 C 25.02 -, NVwZ 2003, 1384 f. m.w.N.), nicht vorliegen.

11

Nach Nr. 5.6 Satz 1 KMU-Richtlinie und Nr. 1.3 Satz 1 VV-LHO zu § 44 setzt die Förderung voraus, dass bei Antragseingang mit der Maßnahme noch nicht begonnen wurde. Hier hat die Klägerin indes bereits vor dem Eingang ihres Antrages auf Gewährung der Förderung beim Beklagten am 2. Juni 2008 (Bl. 6 Beiakte A) mit der Maßnahme begonnen.

12

Als maßgebliche Fördermaßnahme sieht der Senat dabei entgegen der Auffassung der Klägerin den "Erwerb einer stillgelegten oder von Stilllegung bedrohten Betriebsstätte bzw. Unternehmensnachfolge" und nicht die bloße "Erweiterung einer Betriebsstätte" oder "Verlagerung einer Betriebsstätte" an.

13

Dies ergibt sich zum einen aus den Angaben der Klägerin in ihrem Antrag auf Gewährung einer Förderung. Dort hat sie unter Nr. 4 die Maßnahme bezeichnet als "Erwerb einer stillgelegten oder von Stilllegung bedrohten Betriebsstätte bzw. Unternehmensnachfolge". Zutreffend ist zwar, dass die Klägerin darüber hinaus die Maßnahme auch als "Erweiterung einer Betriebsstätte" und "Verlagerung einer Betriebsstätte" bezeichnet hat. Unabhängig von der zeitlichen Reihenfolge dieser Angaben ergibt sich aus den sonstigen Umständen des Verwaltungsverfahrens zum anderen aber hinreichend deutlich, dass es der Klägerin maßgeblich auf die Förderung gerade des "Erwerb(s) einer stillgelegten oder von Stilllegung bedrohten Betriebsstätte bzw. Unternehmensnachfolge" ankam. Denn die Klägerin wollte erreichen, dass die Kosten des Grunderwerbs und damit im Zusammenhang stehende Ausgaben förderfähig sind, was nur bei dem Erwerb einer stillgelegten oder von Stilllegung bedrohten Betriebsstätte bzw. Unternehmensnachfolge der Fall ist (vgl. Nr. 3.3 Tiret 1 KMU-Richtlinie). So hatte die Klägerin bereits im Förderantrag vom 2. Juni 2008 als Bestandteil der geplanten Investitionskosten ausdrücklich die Kosten für den Grunderwerb benannt und hierfür eine Förderung beantragt. Hierauf ist in der Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns vom 6. Juni 2008 (Bl. 52 f. Beiakte A) Bezug genommen worden und die Klägerin zur Darstellung des Kaufobjektes und um nähere Begründung der stillgelegten Betriebsstätte aufgefordert worden. Mit gleicher Intention hat sich der Beklagte mit weiterem Schreiben von 6. Juni 2008 (Bl. 55 f. Beiakte A) an die Stadt Bremervörde gewandt und darauf hingewiesen, dass das Objekt im Förderantrag als stillgelegte Betriebsstätte angegeben worden sei und die Klägerin sich wegen der Darstellung des Objektes und der Begründung der Stilllegung an die Stadt Bremervörde wenden werde. Dies ist offenbar in der Folge auch geschehen. Denn mit Schreiben vom 9. Juli 2008 (Bl. 58 Beiakte A) bestätigte die Stadt Bremervörde dem Beklagten, dass es sich bei dem Objekt um eine stillgelegte Betriebsstätte handele und bezog sich auf Aussagen der Klägerin ihr gegenüber. Schließlich hat die Klägerin noch im Verwendungsnachweis die Kosten des Grunderwerbs und damit im Zusammenhang stehende Ausgaben geltend gemacht, etwa die Kosten für den Erwerb des Grundstücks und des aufstehenden Gebäudes (Bl. 107, 115 Beiakte A), die Notarkosten für die Beurkundung des Grundstückskaufvertrages (Bl. 158, 164, 166 Beiakte A), die Grunderwerbsteuer (Bl. 159 Beiakte A), die Kosten der Grundbucheintragung (Bl. 160, 233 Beiakte A) und des Katasteramts (Bl. 161, 238 Beiakte A).

14

Mit der danach hier gegebenen Fördermaßnahme "Erwerb einer stillgelegten oder von Stilllegung bedrohten Betriebsstätte bzw. Unternehmensnachfolge" hat die Klägerin bereits vor dem Eingang ihres Antrages auf Gewährung der Förderung beim Beklagten am 2. Juni 2008 begonnen.

15

Als Maßnahmebeginn gilt grundsätzlich der Abschluss eines dem Vorhaben bzw. der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrages (vgl. Nr. 5.6 Satz 2 KMU-Richtlinie und Nr. 1.3 Satz 3 VV-LHO zu § 44), bei Baumaßnahmen gilt dies nicht für Planung, Bodenuntersuchung und Grunderwerb (vgl. Nr. 1.3 Satz 4 VV-LHO zu § 44). Etwas anderes gilt ausnahmsweise bei dem hier gegebenen Erwerb einer stillgelegten oder von Stilllegung bedrohten Betriebsstätte. Hier ist - verknüpft mit der Erweiterung der förderfähigen Kosten - schon der Grunderwerb als Maßnahmebeginn anzusehen (vgl. Nr. 12.1 des Förderantrages v. 2.6.2008, Bl. 16 Beiakte A). Maßgeblich kommt es dabei entsprechend den Grundsätzen in Nr. 5.6 Satz 2 KMU-Richtlinie und Nr. 1.3 Satz 3 VV-LHO zu § 44 nicht darauf an, ob der Grunderwerb durch Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch abgeschlossen ist; es genügt vielmehr, dass ein (wirksamer) schuldrechtlicher Grundstückskaufvertrag geschlossen worden ist. Denn nur so werden die Ziele des Verbots des vorzeitigen Maßnahmebeginns erreicht. Dieses Verbot soll zum einen den die staatliche Förderung Begehrenden vor finanziellen Nachteilen bewahren, wie sie etwa durch vertragliche oder finanzielle Bindungen im Hinblick auf die zu fördernde Maßnahme vor Stellung des Förderantrages entstehen können. Zum anderen soll es aber auch die Entscheidungsfreiheit und die haushaltsrechtliche Verantwortlichkeit der Bewilligungsbehörde schützen, deren Einwirkungsmöglichkeiten auf die Maßnahme sichern und unnötige Bewilligungen vermeiden. Die Zuwendung soll nur für den Fall gewährt werden, dass ihr Empfänger die geplante Maßnahme ohne die beantragte Zuwendung mangels finanzieller Mittel gar nicht durchgeführt hätte, die Maßnahme aber als förderwürdig eingestuft wird. Die Zuwendung soll also im Allgemeininteresse einen Anreiz zur Durchführung einer Maßnahme und zu privaten Investitionen haben. Demgegenüber ist es nicht Sinn und Zweck der Zuwendung, solche Maßnahmen zu fördern, zu deren Ausführung und Finanzierung sich der Antragsteller ohnehin entschlossen hat oder auch ohne staatliche Hilfe in der Lage ist. Letztes zeigt sich gerade darin, dass schon vor der Zusage der Zuwendung in Kenntnis der Bewilligungsbedingungen mit der Maßnahme begonnen wird (vgl. zu Vorstehendem: Thüringer OVG, Urt. v. 27.4.2004 - 2 KO 433/03 -, [...] Rn. 35 f.; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 4.9.1981 - 8 A 31/80 -, GewArch 1982, 55 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 7.2.1977 - IV A 1351/75 -, OVGE 32, 231, 233; VG Berlin, Urt. v. 8.2.2005 - 20 A 324.01 -, [...] Rn. 25; VG Oldenburg, Urt. v. 18.2.2003 - 12 A 1781/01 -, [...] Rn. 23).

16

Hieran gemessen hat das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall zutreffend den Abschluss des notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrages vom 5. März 2008 (Bl. 31 f. Beiakte A) als Maßnahmebeginn angesehen. Denn mit diesem Kaufvertrag hat die Klägerin einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an der stillgelegten Betriebsstätte erworben und sich zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. Widerrufs- oder Rücktrittsrechte sind ersichtlich nicht vorgesehen. Selbst die Übergabe der stillgelegten Betriebsstätte und der Übergang von damit verbundenen Gefahren und Lasten sind nach § 3 des Grundstückskaufvertrages bereits am 1. Juni 2008 erfolgt. Schon im März 2008 sind zudem Räumungsarbeiten auf dem Grundstück von der Klägerin veranlasst worden (vgl. Bl. 254 Beiakte A).

17

Damit steht zugleich fest, dass die Klägerin deutlich vor Stellung des Förderantrages am 2. Juni 2008 mit der der Förderung zugrunde liegenden Maßnahme begonnen hat. Mit dem beschriebenen Verhalten hat die Klägerin zudem hinreichend dokumentiert, sich zur Ausführung und Finanzierung der Maßnahme unabhängig von der Gewährung der öffentlichen Förderung entschlossen zu haben und hierzu auch in der Lage zu sein.

18

2.

Die Rücknahme des danach rechtswidrigen Zuwendungsbescheides ist auch nicht nach § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 48 Abs. 2 VwVfG wegen eines schutzwürdigen Vertrauens der Klägerin in dessen Bestand ausgeschlossen. Denn unabhängig von der Frage, ob die Klägerin ein Vertrauen in den Bestand des Zuwendungsbescheides entwickelt hat, ist dieses Vertrauen hier nicht schutzwürdig, da die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (vgl. § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG). Die insoweit zutreffenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts werden mit dem Zulassungsvorbringen nicht angegriffen.

19

Der allein erhobene Einwand, (auch) der Beklagte habe spätestens bei Bestätigung der grundsätzlichen Förderfähigkeit im Rahmen der Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns vom 6. Juni 2008 (Bl. 52 f. Beiakte A) vom Abschluss des Grundstückskaufvertrages Kenntnis gehabt, greift nicht durch. Zum einen kommt es für das Bestehen eines schutzwürdigen Vertrauens der Klägerin grundsätzlich allein auf deren Kenntnis der Rechtswidrigkeit an. Zum anderen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu dem genannten Zeitpunkt bereits Kenntnis von dem Abschluss des Grundstückskaufvertrages hatte. Die Klägerin selbst hatte im Förderantrag vom 2. Juni 2008, dort unter Nr. 5 (Bl. 8 Beiakte A) als Zeitpunkt des Beginns der förderfähigen Maßnahmen einschließlich des Grunderwerbs den 1. August 2008 genannt und damit wahrheitswidrig nicht auf den bereits am 5. März 2008 abgeschlossenen Grundstückskaufvertrag hingewiesen. Der Beklagte hat im Zuwendungsbescheid vom 22. September 2008, dort Nrn. 2 und 3 (Bl. 70 f Beiakte A), ausdrücklich den Erwerb von Grundstück und Gebäude als förderfähige Investition beschrieben und vorgegeben, dass diese Investition zwingend im Zeitraum vom 6. Juni 2008 bis zum 31. Dezember 2008 durchzuführen ist. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat der Beklagte zudem vorgetragen, dass der Grundstückskaufvertrag erst nach der Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns auf Anforderung vorgelegt, zu den Akten genommen worden und erstmals am 5. Februar 2009 bei Überprüfung des Verwendungsnachweises aufgefallen sei. Dem ist die Klägerin im Berufungszulassungsverfahren nicht hinreichend substantiiert entgegen getreten. Der bloße Hinweis darauf, der Beklagte müsse schon deshalb Kenntnis vom Grundstückskaufvertrag gehabt haben, weil er diesen von sich aus anforderte, überzeugt jedenfalls nicht. Denn nach den Angaben der Klägerin war mit dem Abschluss des Grundstückskaufvertrages jedenfalls nach der Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns am 6. Juni 2008 zu rechnen.

20

3.

Schließlich ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen der Klägerin keine Anhaltspunkte für relevante Fehler der der Rücknahmeentscheidung zugrunde liegenden Ermessensbetätigung des Beklagten.

21

Dabei ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass in den Fällen einer Zweckverfehlung der Zuwendung und einer mangelnden Schutzwürdigkeit des Vertrauens in den Bestand des Zuwendungsbescheides das Ermessen der Behörde in der Regel dahingehend intendiert ist, den Zuwendungsbescheid zurückzunehmen (vgl. OVG Saarland, Beschl. v. 19.2.2010 - 3 A 282/09 -, [...] Rn. 9 ff.;Niedersächsisches OVG, Urt. v. 16.12.1995 - 11 L 7985/95 -, NdsVBl. 1998, 113, 115 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl., § 48 Rn. 127 m.w.N.). Ein atypischer Sachverhalt, aufgrund dessen der Beklagte gezwungen wäre, von der Rücknahme (auch nur teilweise) abzusehen, ist nicht erkennbar. Er ergibt sich insbesondere nicht aus der Behauptung der Klägerin, sie hätte jedenfalls Anspruch auf Förderung der Maßnahme als "Erweiterung einer Betriebsstätte" und "Verlagerung einer Betriebsstätte" in Höhe von 33.645 EUR. Die Klägerin hat, wie ausführlich dargestellt, nicht die Förderung der "Erweiterung einer Betriebsstätte" oder der "Verlagerung einer Betriebsstätte" beantragt, sondern die Förderung "Erwerb(s) einer stillgelegten oder von Stilllegung bedrohten Betriebsstätte bzw. Unternehmensnachfolge". Die von der Klägerin beantragte Maßnahme "Erwerb einer stillgelegten oder von Stilllegung bedrohten Betriebsstätte bzw. Unternehmensnachfolge" ist als solche auch durchgeführt worden; es handelt sich mithin nicht um eine bloße "Erweiterung einer Betriebsstätte" oder "Verlagerung einer Betriebsstätte", die hilfsweise als solche gefördert werden könnte.