Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 24.06.2011, Az.: 12 ME 96/11
Entziehung der Fahrerlaubnis ist mit Erreichen von 18 oder mehr Punkten im Verkehrszentralregister erlaubt; Zulässigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis mit Erreichen von 18 oder mehr Punkten im Verkehrszentralregister
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 24.06.2011
- Aktenzeichen
- 12 ME 96/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 18607
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2011:0624.12ME96.11.0A
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StVG
- § 4 Abs. 10 StVG
- § 46 FeV
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Das Erreichen von 18 oder mehr Punkten im Verkehrszentralregister führt zu der grundsätzlich nicht widerleglichen Ungeeignetheitsvermutung, welche die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG zwingend nach sich zieht.
Gründe
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. Februar 2011. Der Entziehungsbescheid wurde darauf gestützt, dass sich für den Antragsteller im Verkehrszentralregister 18 Punkte ergeben hätten und er deshalb gemäß § 4 Abs. 3 StVG i.V.m. § 46 FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sei.
Das Verwaltungsgericht hat den dagegen gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch Beschluss vom 8. April 2011, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, abgelehnt.
Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erhobene Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die dargelegten Gründe, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern.
Zur Begründung seiner Beschwerde wiederholt und vertieft der Antragsteller im Wesentlichen seine bereits erstinstanzlich geltend gemachten Einwendungen, mit denen sich das Verwaltungsgericht zutreffend auseinandergesetzt hat. Die auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG gestützte Entziehungsverfügung der Antragsgegnerin vom 25. Februar 2011 begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Berechnung des Punktestands des Antragstellers (mit 18 Punkten) im Verkehrszentralregister der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum sogenannten Tattagprinzip entspricht (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.9.2008 - 3 C 3.07 -, DAR 2009, 46; Urt. vom selben Tage - 3 C 21.07 -, DAR 2009, 102; vgl. auch Bay.VGH, Beschl. v. 3.5.2010 - 11 CS 09.3149 -, DAR 2010, 538; OVG Sachsen, Beschl. v. 25.6.2010 - 3 B 65/10 -, DAR 2010, 534; ebenso st. Rspr. d. Sen.) und deshalb nicht zu beanstanden ist. Entgegen dem Beschwerdevorbringen lässt der Umstand, dass zwischen der letzten Tatbegehung (am 12.11.2008) und der Entziehungsverfügung am 25. Februar 2011 ein Zeitraum von mehr als zwei Jahren verstrichen ist, diese nicht als unverhältnismäßig erscheinen. Der Zeitraum erklärt sich im Wesentlichen damit, dass die Antragsgegnerin von dem Verkehrsverstoß am 12. November 2008 erst nach dessen rechtskräftiger Ahndung durch entsprechende Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamts vom 3. Dezember 2010 Kenntnis erlangt hat. Das Erreichen von 18 oder mehr Punkten im Verkehrszentralregister führt zu der grundsätzlich nicht widerleglichen Ungeeignetheitsvermutung, welche die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG zwingend nach sich zieht (BVerwG, Urt. v. 25.9.2008 - 3 C 21.07 -, a.a.O.). Die nachträgliche Tilgung von Punkten im Verkehrszentralregister oder eine nachträgliche Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung vermögen dies ebenso wenig zu ändern wie der vom Antragsteller angeführte Zeitablauf. Für die Wiederherstellung der Fahreignung und die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis werden unter diesen Umständen in § 4 Abs. 10 StVG besondere Anforderungen - unter anderem in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung - gestellt, die hier nicht gegeben sind. Ein grundsätzlicher Klärungsbedarf besteht in dieser Hinsicht entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht. Der von ihm in Bezug genommene Beschluss des VGH Baden-Württemberg (vom 7.12.2010 - 10 S 2053/10 -, DAR 2011, 166) führt zu keiner anderen Sichtweise. In dem Beschluss heißt es zutreffend, dass die Maßnahmen, welche die Fahrerlaubnisbehörde nach § 4 Abs. 3 StVG beim Erreichen der dort genannten Punktezahlen zu treffen hat, rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße voraussetzen. Davon unberührt bleibt, dass für die Frage, wann eine bestimmte Anzahl von Punkten im Sinne des Punktsystems erreicht wird, nach dem genannten Tattagprinzip auf das Begehen der jeweils punkterelevanten Zuwiderhandlung abzustellen ist.
Für eine vom Punktsystem abweichende Vorgehensweise nach § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG war vorliegend kein Raum, insbesondere nicht für mildere Maßnahmen als die Entziehung der Fahrerlaubnis. Mit seinem diesbezüglichen Vortrag verkennt der Antragsteller, dass nach den Vorstellungen des Normgebers mit dem Erreichen des Endpunkts des Mehrfachtäter-Punktsystems (bei 18 oder mehr Punkten) die Ungeeignetheitsschwelle überschritten ist (BVerwG, Urt. v. 25.9.2008 - 3 C 21.07 -, a.a.O.).