Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 21.06.2011, Az.: 11 ME 549/10
Aufnahme von gesunden Tieren rechtfertigt die Annahme einer tierheimähnlichen Einrichtung in Abgrenzung zu einem sogenannten Gnadenhof; Anforderungen an eine tierheimähnliche Einrichtung in Abgrenzung zu einem sogenannten Gnadenhof
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 21.06.2011
- Aktenzeichen
- 11 ME 549/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 18837
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2011:0621.11ME549.10.0A
Rechtsgrundlagen
- § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 TierSchG
- § 11 Abs. 2 Nr. 3 TierSchG
- § 11 Abs. 3 TierSchG
Amtlicher Leitsatz
Zu den Anforderungen an eine - hier bejahte - tierheimähnliche Einrichtung i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TierSchG in Abgrenzung zu einem sog. Gnadenhof.
Beschluss
Die Antragstellerin hält seit etwa November 2008 auf dem Grundstück B. in C. vorwiegend Hunde, aber auch Katzen, Pferde und andere Tiere. Auf dem Grundstück steht ein älteres Wohnhaus mit Nebengebäuden, das von der Antragstellerin und ihrem Ehemann bewohnt wird. Bei einer Überprüfung der - von der Antragstellerin unter der Bezeichnung "E. F. " betriebenen - Tierhaltung durch den bei dem Antragsgegner beschäftigten Veterinärrat Dr. G. am 17. Februar 2010 wurden 23 Hunde sowie 20 Katzen und ein Pferd vorgefunden. Ausweislich des Vermerks vom 31. März 2010 beanstandete Dr. G. insbesondere die nicht artgerechte Unterbringung der Hunde, zum Teil unzureichende hygienische Bedingungen, fehlende Rückzugsmöglichkeiten und Verhaltensstörungen bei vielen Hunden wegen fehlenden Auslaufs und unzureichender Sozialkontakte. Dr. G. ordnete gegenüber der Antragstellerin mündlich an, sämtliche Räumlichkeiten im Innen- und Außenbereich sowie die gepflasterte Hoffläche zu reinigen und keine weiteren Tiere, insbesondere Hunde aufzunehmen.
Am 22. März 2010 fand eine weitere veterinärbehördliche Kontrolle statt, an der neben Dr. G. der Amtstierarzt Dr. H. teilnahm. Dabei wurde festgestellt, dass der Hundebestand von 23 auf 32 gestiegen war. Auf dem Grundstück befanden sich ferner 25 Katzen, 13 Pferde und sechs Ziegen. Zwar hatten sich ausweislich des Vermerks vom 31. März 2010 die hygienischen Zustände gebessert, doch waren die Hunde weiterhin nicht verhaltensgerecht untergebracht (vgl. dazu auch das amtstierärztliche Gutachten des Dr. G. vom 31.03.2010).
Mit sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 16. April 2010 bestätigte der Antragsgegner die am 17. Februar 2010 mündlich ausgesprochenen Anordnungen (I. a. und b.). Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin Klage erhoben (11 A 2352/10), über die noch nicht entschieden ist. Ihren zugleich gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. Dezember 2010 (11 B 2353/10) ab. Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt (11 ME 548/10).
Mit Schreiben vom 22. März 2010 hatte der Antragsgegner zuvor die Antragstellerin und ihren Ehemann zu seiner Absicht angehört, ihnen das Halten von Tieren für andere in einem Tierheim oder in einer ähnlichen Einrichtung mit sofortiger Wirkung zu untersagen, da sie nicht im Besitz der dafür erforderlichen Erlaubnis seien. Daraufhin teilte die Antragstellerin mit Schreiben vom 28. März 2010 mit, dass zu keiner Zeit von ihr oder ihrem Ehemann ein Tierheim oder ein Handel mit Hunden oder Katzen betrieben worden sei. Auf ihrem Grundstück lebten Tiere, die auf Grund ihres Alters, Gesundheitszustandes oder sonstiger Mängel nicht mehr vermittelt werden könnten. Ein Teil der Hunde sei zur Pflege bis zur Vermittlung vom Verein "I. " mit Sitz in J. (Landkreis K.) bei ihnen untergebracht. Die meisten Tiere sollten auf dem Hof ihr Gnadenbrot bekommen. Sie habe bisher eine Erlaubnis nicht beantragt, weil sie keine Tiere vermittele. Vorsorglich beantrage sie aber nunmehr die entsprechende Erlaubnis nach § 11 TierSchG. Mit Bescheid vom 19. April 2010 lehnte der Antragsgegner diesen Antrag vom 26./28. März 2010 ab. Über die dagegen erhobene Klage (11 A 2422/10) ist bisher nicht entschieden worden.
Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 20. April 2010 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin, Tiere für andere in einem Tierheim oder in einer ähnlichen Einrichtung zu halten (I.) und drohte ihr für den Fall, dass sie zukünftig eine derartige Einrichtung betreiben sollte, die Auflösung des Tierbestandes bzw. die Anordnung der Schließung des Betriebes an (III.). Außerdem setzte er unter V. die Kosten auf insgesamt 152,63 EUR fest. Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt (11 ME 549/10), über die im vorliegenden Verfahren zu entscheiden ist.
Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 23. April 2010 ordnete der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin u.a. an, den Hundebestand bis zum 31. Mai 2010 auf maximal zehn Hunde zu reduzieren, bestimmte Hunde gesondert zu halten und ein Bestandsbuch anzulegen. Ferner wurde der Antragstellerin die Nachzucht untersagt. Auch dagegen hat die Antragstellerin Klage erhoben (11 A 2452/10), über die noch nicht entschieden ist. Den gleichfalls gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. Dezember 2010 ab (11 B 5453/10). Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt (11 ME 550/10).
Nachdem die Beteiligten ihre Zustimmung zu einer gerichtlichen Mediation erteilt hatten, ordnete das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 1. Oktober 2010 das Ruhen der bei ihm anhängigen Verfahren an. Die Verfahren wurden aber wieder aufgenommen, weil der Antragsgegner am 9. November 2010 noch vor der ersten Mediationssitzung seine Zustimmung wegen neuer Erkenntnisse bei einem Ortstermin am 27. Oktober 2010 zurücknahm und daraufhin das Mediationsverfahren für beendet erklärt wurde.
Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 19. November 2010 bestätigte der Antragsgegner die bei der weiteren Überprüfung am 11. November 2010 mündlich ausgesprochene Anordnung, dass der Antragstellerin die vorgefundenen 103 Hunde mit Ausnahme von sechs im Einzelnen bezeichnete Hunde fortgenommen und anderweitig untergebracht werden. Mit ebenfalls für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 22. November 2010 ordnete der Antragsgegner die Veräußerung der am 11. November 2010 fortgenommenen Hunde an. Dagegen hat die Antragstellerin Klage erhoben (11 A 5476/10), über die noch nicht entschieden ist. Ihren gleichfalls gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, den sie darauf beschränkt hat, dass ihr die belassenen sechs Hunde verbleiben sowie ihr zwölf weitere Hunde bis zu einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung zurückzugeben sind und nicht unentgeltlich oder entgeltlich weitergegeben werden dürfen, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 8. Dezember 2010 ab (11 B 5477/10). Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt (11 ME 553/10).
Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 9. Dezember 2010 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin das Halten und Betreuen von Hunden auf Dauer und gab ihr zugleich auf, die zunächst belassenen sechs Hunde bis zum 10. Februar 2011 in eine geeignete Haltung abzugeben und den Verbleib nachzuweisen. Das von der Leitenden Veterinärdirektorin Dr. L. erstattete amtstierärztliche Gutachten vom 25. November 2010 wurde unter III. zum Bestandteil des Bescheides gemacht. Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin Klage erhoben (11 A 441/11), über die noch nicht entschieden ist.
Bei einer Überprüfung der Tierhaltung der Antragstellerin auf Grund eines amtsgerichtlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses vom 10. März 2011 wurden über die belassenen sechs Hunde hinaus 18 weitere Hunde unter völlig unzureichenden Haltungsbedingungen auf dem Grundstück vorgefunden (vgl. dazu den Vermerk von Dr. L. vom 15.03.2011). Die neu vorgefundenen Hunde wurden beschlagnahmt, abtransportiert und anderweitig untergebracht. Dr. L. räumte der Antragstellerin mündlich sechs Wochen Nachfrist ab dem 10. März 2011 ein, um die sechs verbliebenen Hunde anderweitig tierschutzgerecht unterzubringen.
Den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid vom 9. Dezember 2010 lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. März 2011 ab (11 B 665/11). Dagegen richtet sich die Beschwerde im Verfahren 11 ME 98/11.
Die im vorliegenden Verfahren gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2010 (11 B 2416/10) eingelegte Beschwerde, mit der sich die Antragstellerin nur noch gegen Ziff. I. und III. und nicht mehr gegen die Ziff. V. (Kostenfestsetzung) des Bescheides des Antragsgegners vom 20. April 2010 wendet, hat keinen Erfolg. Die gegen diesen Beschluss vorgetragenen Gründe, auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der angefochtene Bescheid in dem noch streitbefangenen Umfang offensichtlich rechtmäßig ist.
Die streitigen Anordnungen finden ihre Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TierSchG. Wer Tiere für andere in einem Tierheim oder in einer ähnlichen Einrichtung halten will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde (Abs. 1 Satz 1 Nr. 2). Mit der Ausübung dieser Tätigkeit darf erst nach Erteilung der Erlaubnis begonnen werden (Abs. 3 Satz 1). Die zuständige Behörde soll demjenigen die Ausübung der Tätigkeit untersagen, der die Erlaubnis nicht hat (Abs. 3 Satz 2).
Nach dem Akteninhalt spricht weit Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin eine einem Tierheim ähnliche Einrichtung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TierSchG betrieben hat. Tierheimähnliche Einrichtungen sind solche Einrichtungen, bei denen die wesentlichen Merkmale eines Tierheims vorliegen (BVerwG, Urt. v. 23.10.2008 - 7 C 9.08 -, NVwZ -RR 2009, 102). Eine Einrichtung ist einem Tierheim ähnlich, wenn Sinn und Zweck der durch § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TierSchG begründeten Erlaubnispflicht auch für die Erlaubnisbedürftigkeit der Einrichtung sprechen. Es ist Sinn und Zweck des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TierSchG, im Wege der behördlichen Vorabkontrolle die materiellen Anforderungen (insbesondere nach § 2 TierSchG) unter den besonderen Bedingungen des Tierheims sicherzustellen. Gerade unter den spezifischen Haltungsbedingungen in einem Tierheim, in dem viele Tiere an einem Ort konzentriert gehalten werden, sind Verstöße gegen die materiellen Anforderungen an das Halten von Tieren zu besorgen, denen durch die Erlaubnispflicht begegnet werden soll. Abzugrenzen ist das Halten von Tieren in einem Tierheim oder einer ähnlichen Einrichtung von der normalen privaten bzw. nicht gewerbsmäßigen Tierhaltung, für die keine Erlaubnispflicht besteht (vgl. dazu BVerwG, a.a.O.). Die Tierhaltung der Antragstellerin geht weit über eine normale private Tierhaltung hinaus, bei der der Gesetzgeber regelmäßig eine ordnungsgemäße Haltung annimmt. Gegen eine nicht erlaubnispflichtige private Hundehaltung spricht bereits die Zahl der auf dem Grundstück der Antragstellerin untergebrachten Tiere. Bei der veterinärbehördlichen Kontrolle am 22. März 2010 wurden auf dem Grundstück der Antragstellerin 32 Hunde, 25 Katzen, 13 Pferde und 6 Ziegen vorgefunden. Diese Zahlen decken sich weitgehend mit den Angaben der Antragstellerin (32 Hunde, 24 Katzen, 14 Pferde und 5 Ziegen) in ihrem Antrag vom 26./28. März 2010. Diese hohe Anzahl bewegt sich nicht mehr im Rahmen des üblichen Umgangs mit Haustieren. Die Einrichtung erfüllt damit ein wesentliches Merkmal eines Tierheims, nämlich viele Tiere unterschiedlicher Arten konzentriert an einem Ort zu halten. Dass die Hunde bis auf vier Tiere, die in zwei Außenzwingern gehalten wurden, in den Räumlichkeiten des Wohnhauses der Antragstellerin untergebracht waren, steht der Annahme einer tierheimähnlichen Einrichtung nicht entgegen (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 18.11.2005 - 82 Ss-OWi 35/05 - 301/05 -, NStZ-RR 2006, 222). Davon zu unterscheiden ist, ob die der Tätigkeit dienenden Räume und Einrichtungen eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung der Tiere ermöglichen. Diese Frage ist erst im Rahmen der Prüfung, ob die Erlaubnis für das Halten von Tieren für andere in einem Tierheim oder in einer ähnlichen Einrichtung erteilt werden darf (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 3 TierSchG), zu klären. Die Antragstellerin erfüllt auch die weitere Voraussetzung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TierSchG, Tiere für andere zu halten. Sie hat selbst eingeräumt, dass ein Teil der Hunde vom Verein "I. " auf ihrem Grundstück zur Pflege bis zur Vermittlung untergebracht worden sei. Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens hat sie die Anzahl mit 12 präzisiert. Auch Frau M., die 1. Vorsitzende des Vereins "I. " ist, hat am 23. März 2010 schriftlich bestätigt, dass die Antragstellerin "Pflegestelle für den Verein" ist. In einer Pressemitteilung der Firma N. eG vom 16. Juli 2010 (mit der Überschrift "I. freut sich über Futterspende von O., die auch im Internet veröffentlicht worden ist und auf die das Verwaltungsgericht Bezug genommen hat, ist sogar die Rede von "dem Verein mit angeschlossenem Gnadenhof". Damit kann nur der von der Antragstellerin betriebene "E. F. " gemeint sein. In dieser Pressemitteilung wird die Antragstellerin, die damals in dem Verein "I. " als nicht vertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied für Sponsoring und Logistik zuständig war, mehrfach zitiert. Auch hieran wird deutlich, dass die Einrichtung der Antragstellerin in enger Verbindung zu dem Tierschutzverein "I. stand. Dies deckt sich mit anderen Erkenntnissen (vgl. etwa den unter www.charitywatch.de im Internet abrufbaren Bericht von Karin Burger v. 15.11.2010).
Demgegenüber kann sich die Antragstellerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie lediglich einen Gnadenhof mit privater Tierhaltung betreibe und auch selbst keine Tiere vermittelt oder mit diesen gehandelt habe. Allerdings trifft es zu, dass es sich bei Gnadenhöfen, die ausschließlich dazu dienen, alten oder kranken Tieren eine Heimat zu geben und deren Tiere dem Gnadenhofbetreiber vor oder bei ihrer Aufnahme übereignet werden, nicht mehr um eine tierheimähnliche Einrichtung handelt (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 9.1.2003 - 4 K 1696/02 - , NuR 2003, 710; Hirt/Maisack/Moritz, TierschG, 2. Aufl., § 11 TierschG Rn. 5). Der Senat geht davon aus, dass die Antragstellerin auch alte, kranke oder aus sonstigen Gründen nicht mehr vermittelbare Tiere auf ihrem Grundstück gehalten hat und diese in ihr Eigentum übergegangen sind. Nach dem Akteninhalt hat sie aber in einem größeren Umfang auch Hunde, die ihr nicht gehörten, vorübergehend aufgenommen und betreut. Dies betrifft nicht nur ihre Tätigkeit als Pflegestelle für den Verein "I. ", sondern sie hat auch sonst Tiere von Dritten für eine gewisse Zeit auf ihrem Grundstück untergebracht, die später wieder abgeholt wurden. Im Übrigen wurde bei den späteren Überprüfungen der Tierhaltung der Antragstellerin festgestellt, dass sie nicht nur alte und kranke Hunde, sondern auch junge und gesunde Hunde bis hin zu Welpen aufgenommen hatte. Bei der Einrichtung der Antragstellerin handelt es sich deshalb nicht nur um einen Gnadenhof, sondern daneben dient sie auch anderen Zwecken. Dass dies für die Annahme einer tierheimähnlichen Einrichtung ausreicht, ist allgemeine Auffassung (vgl. dazu Hirt/Maisack/Moritz, a.a.O., § 11 Rn. 5 und Lorz/Metzger, TierSchG, 6. Aufl., § 11 Rn. 8, jeweils m.w.N. aus der Rspr.).
Unabhängig hiervon hat der Senat auch erhebliche Zweifel an der Behauptung der Antragstellerin, dass sie selbst keine Hunde vermittelt bzw. verkauft habe. Denn bei der Durchsuchung ihres Grundstücks am 27. Oktober 2010 wurden insgesamt 73 nicht zuzuordnende Hundepässe aus verschiedenen europäischen Staaten und ca. 50 Abgabeverträge für Hunde mit einer sogen. Schutzgebühr vorgefunden. Der Senat hat keine Bedenken, diese Erkenntnisse im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen. Der Antragsgegner hat drei dieser Verträge, die sich in der polizeilichen Ermittlungsakte befinden, in Ablichtung dem Senat vorgelegt. Der älteste Vertrag stammt vom 28. Februar 2009 und betrifft die Abgabe eines im Dezember 2008 geborenen Hundes durch die Familie A. (P. an eine Frau Q. gegen eine Gebühr von 250,-- EUR. Der zweite Vertrag vom 27. Juni 2009 betrifft die Abgabe einer ca. zwei Jahre alten Hündin an einen Herrn V. ebenfalls gegen eine Gebühr von 250,-- EUR. In beiden Verträgen wird übereinstimmend darauf hingewiesen, dass der Gnadenhof als Vermittler der Tiere auftritt. Ein Unterschied zu dem älteren Vertrag besteht lediglich darin, dass im Kopf des Vertrages statt "E. " der Verein "I. " angegeben ist. Als Adresse wird aber weiterhin Familie A. in R. genannt. Genauso verhält es sich mit dem dritten Vertrag, der das Datum 20. Oktober 2010 trägt. Dieser betrifft die Abgabe einer ca. 2007 geborenen Hündin an eine Frau S., wobei die Gebühr wiederum 250,-- EUR beträgt. Auch hier wird darauf hingewiesen, dass der Gnadenhof als Vermittler des Tieres auftritt. Alle drei Verträge sind von Frau A. für den Gnadenhof unterschrieben. Dass in zwei Fällen im Kopf des Vertrages der Verein "I. " angegeben ist, ändert nichts daran, dass die Antragstellerin als Vermittler der betreffenden Tiere aufgetreten ist. Aus dem Wortlaut beider Verträge geht entgegen der Darstellung der Antragstellerin auch nicht hervor, dass sie diese als Vorstandsmitglied des Vereins "I. " mit Wirkung für diesen abgeschlossen hat. Außerdem war sie nach den von ihr selbst vorgelegten Unterlagen kein vertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied, sondern ihre Aufgabe war mit Sponsoring und Logistik umschrieben. Der Senat hat nach dem gesamten Akteninhalt den Eindruck, dass die Antragstellerin den Verein lediglich vorgeschoben hat, um ihre eigene Vermittlungstätigkeit zu verschleiern. Maßgeblich ist letztlich, dass die frühere Behauptung der Antragstellerin (etwa im Schreiben vom 28.03.2010 an den Antragsgegner) niemals Tiere vermittelt zu haben, offensichtlich nicht stimmt. In diesem Zusammenhang kann die Antragstellerin auch nicht geltend machen, dass Dr. L. bei der Begehung am 22. Juli 2010 geäußert habe, die Antragstellerin würde keine Erlaubnis gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TierSchG benötigen, da sie lediglich einen Gnadenhof mit privater Tierhaltung habe und keine Tiere selbst vermitteln würde. Dies trifft ausweislich des Akteninhalts so nicht zu. Die Vertreter des Antragsgegners haben gegenüber der Antragstellerin durchgängig erklärt, dass sie - wie es der Rechtslage entspricht - die entsprechende Erlaubnis nur dann nicht benötige, wenn sie ausschließlich einen Gnadenhof, d.h. eine private Tierhaltung betreibe mit der Folge, dass nur alte, kranke und nicht vermittelbare Tiere aufgenommen werden dürften. Es findet sich aber an keiner Stelle eine irgendwie geartete behördliche Zusicherung, dass die Einrichtung der Antragstellerin in der bisher betriebenen Form diese Voraussetzungen erfülle. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vermerk des Antragsgegners über die Besichtigung der Hundehaltung der Antragstellerin am 22. Juli 2010 oder aus schriftlichen Erklärungen des Antragsgegners anlässlich des Mediationsverfahrens.
Da die Antragstellerin nach alledem mit hoher Wahrscheinlichkeit eine tierheimähnliche Einrichtung betrieben hat, ohne dafür im Besitz der erforderlichen Erlaubnis zu sein, war der Antragsgegner berechtigt, der Antragstellerin diese Tätigkeit zu untersagen. Allerdings handelt es sich bei der Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 2 TierSchG um eine Sollvorschrift, von der in atypischen Fällen Abweichungen gestattet sind (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, a.a.O., § 11 Rn. 27). Ein solcher Ausnahmefall wird angenommen, wenn alle Erlaubnisvoraussetzungen offensichtlich erfüllt sind. Dass dies hier nicht der Fall ist, hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt (S. 4 BA).
Das Verwaltungsgericht war auch nicht verpflichtet, die Strafakten der gegen die Antragstellerin geführten Ermittlungsverfahren beizuziehen oder die von ihr angebotenen Zeugen zu vernehmen. Sie verkennt, dass die gerichtliche Sachverhaltsaufklärung durch das auf summarische Prüfung angelegte Wesen des Eilverfahrens begrenzt ist (vgl. etwa Finkelnburg/Dombert/Kulpmann, Vorläufiger Rechtsschutz in Verwaltungsstreitverfahren, 6. Aufl., Rn. 914 f). Angesichts der auch aus Sicht des Senats hinreichend klaren Sach- und Rechtslage bedurfte es keiner Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht, für die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens ohnehin grundsätzlich kein Raum ist (vgl. Finkelnburg/Dombert/Kulpmann, a.a.O.). Da das Verwaltungsgericht seine Entscheidung unter Berücksichtigung der Einwände der Antragstellerin auf der Grundlage des Gesamtinhalts der Akten getroffen hat, entbehrt der Vorwurf der Antragstellerin, es habe gegen sie einseitig und teilweise falsch ermittelt, einer tragfähigen Grundlage. Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass das Verwaltungsgericht den Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs dadurch verletzt hat, dass es die genannte Internetveröffentlichung der Firma N. vom 16. Juli 2010 nicht vorher in das Verfahren eingeführt hat. Dazu war das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet, weil es sich bei dieser Veröffentlichung um eine offenkundige Tatsache im Sinne des § 291 ZPO handeln dürfte. Außerdem hat der Senat Zweifel, dass der Antragstellerin diese Veröffentlichung, in der sie selbst zitiert wird, nicht vorher bekannt war. Schließlich wäre ein etwaiger Verfahrensfehler auch im Beschwerdeverfahren geheilt worden. Denn die Antragstellerin selbst hat die entsprechende Pressemitteilung mit Schriftsatz vom 21. Januar 2011 vorgelegt und sich auch dazu geäußert. Schließlich kann sich die Antragstellerin nicht darauf berufen, dass ihr das amtstierärztliche Gutachten von Dr. L. vom 25. November 2010 nicht bekannt gewesen sei. Sie muss sich vorhalten lassen, dass dieses Gutachten Bestandteil des Bescheides des Antragsgegners vom 9. Dezember 2010 ist, gegen den sie Klage erhoben und einen vorläufigen Rechtsschutzantrag gestellt hat. In jenen Verfahren (11 A 411/11 und 11 B 5477/10) wurde sie zunächst von Rechtsanwalt T. (U.) vertreten. Diesem wurde das Gutachten mit dem angefochtenen Bescheid ausweislich der Verwaltungsvorgänge mit einer Ausfertigung für die Antragstellerin auch am 16. Dezember 2010 zugestellt. Diese Kenntnis muss sich die Antragstellerin zurechnen lassen, auch wenn sie im vorliegenden Verfahren durch einen anderen Prozessbevollmächtigten vertreten ist.
Mit den übrigen von der Antragstellerin gemachten Ausführungen musste sich der Senat an dieser Stelle nicht näher auseinandersetzen, weil sie den Streitgegenstand anderer Eilverfahren der Antragstellerin betreffen. Der Senat wird auf diese Einwände - soweit sie entscheidungserheblich sind - in den jeweiligen Beschlüssen eingehen.