Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.06.2011, Az.: 1 KN 252/08
Eigentumserwerb und Möglichkeit der Unterbindung der Festsetzung eines Ufersaumwegs durch Aufschütten von Land durch Anlieger zu Lasten eines Sees
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 22.06.2011
- Aktenzeichen
- 1 KN 252/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 25553
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2011:0622.1KN252.08.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BVerwG - 01.12.2011 - AZ: BVerwG 4 BN 38.11
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 3 BauGB
- § 539 Abs. 2 BGB
- § 581 Abs. 2 BGB
- § 71 Abs. 1 NWG
- § 71 Abs. 2 NWG
Fundstellen
- DVBl 2011, 1551-1556
- NdsVBl 2012, 42-46
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Schütten Anlieger zu Lasten eines Sees, der einem Dritten gehört, Land an, so erhalten sie weder Eigentum an diesen Anschüttungsflächen noch hindert das die Gemeinde aus wasserrechtlicher Sicht, dort für die Allgemeinheit einen Ufersaumweg festzusetzen.
- 2.
Zur Abwägungsgerechtigkeit, Seeanrainern auf Drittgrund einen solchen Weg "vor die Nase zu planen".
- 3.
Bodenkontaminationen hindern die Anlegung eines solchen Weges nicht schlechthin.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die von der Antragsgegnerin am 5. Dezember 2007 als Satzung beschlossene 1. Änderung zum Bebauungsplan Nr. 2-03 "Schlesierweg - Bleichenstraße - Hermann-Löns-Weg" mit örtlicher Bauvorschrift, weil dieser Plan sein Grundeigentum bzw. seine Nutzungsrechte an Uferflächen des Steinhuder Meeres sowie die Nutzung seines dort gelegenen Wohnhauses entgegen dem gebotenen Vertrauensschutz in unzulässiger Weise beeinträchtige, vor allem, indem die von ihm genutzten Flächen durch einen öffentlichen Weg zerschnitten werden. Sein lang gestrecktes Grundstück grenzt mit seiner Nordseite unmittelbar an das Südufer des Steinhuder Meeres an und zieht sich nach Süden an der Ostseite der D. straße hin.
Die 20 km nordwestlich der Landeshauptstadt gelegene Antragsgegnerin bemüht sich seit längerer Zeit, ihre Attraktivität für den Tourismus zu erhöhen. Zu diesem Zweck möchte sie das teils auf Gemeindegebiet gelegene Steinhuder Meer "erlebbarer" machen. Dies scheitert zu Teilen daran, dass die private Grundstücksnutzung die Flächen bis direkt an das Ufer des Meeres in Anspruch nimmt. So verhält es sich auch im Ortsteil Steinhude.
Um Abhilfe zu schaffen, wurden und werden allmählich möglichst seenahe Wanderwege und Promenaden geschaffen. Im Bereich des im vorliegenden Verfahren zu behandelnden Uferstreifens sah eine ältere Planung aus dem Jahr 1972 vor, einen Steg als Promenade seewärts vor dem Ufer durch das Wasser zu führen (mit östlichem Anschluss an das sog. Nordlandgelände), weil die Uferflächen u.a. durch den Antragsteller privat genutzt waren. Zugleich war in diesem Plan eine West-Ost-Verbindung im Plangebiet vorgesehen. Diese ließ sich aufgrund des Widerstandes der Anlieger nicht verwirklichen. Die erforderlichen wasserrechtlichen Genehmigungen für die Steganlage konnten von den zuständigen Behörden nicht in Aussicht gestellt werden. Einen zweiten planerischen Anlauf zur touristischen Attraktivitätssteigerung unternahm die Antragsgegnerin ab dem Jahr 2000. Diesmal sollte ein Weg landwärts hinter den Ufergrundstücken entlang geführt werden. Dieser Versuch, der in zwei Varianten diskutiert wurde (öffentliche oder private Erschließung) scheiterte am Widerstand der betroffenen Privaten. Mit dem verfahrensgegenständlichen Plan wird seit 2005 ein dritter Versuch unternommen, die Erlebbarkeit des Meeres in Steinhude durch die öffentliche Inanspruchnahme eines lange Zeit u.a. an den Antragsteller vertraglich überlassenen Ufergrundstückes, das dem Grundbuch zufolge dem Land Niedersachsen gehört, zu steigern.
Der Bereich des angegriffenen 1. Änderungsplanes 2-03 ist mit dem Geltungsbereich des Ursprungsplanes vom 13. September 1972 identisch. Sein Geltungsbereich grenzt im Westen an die D. straße, im Norden an das Steinhuder Meer, im Osten an eine Grün- und Ferienanlage sowie im Süden an die Bleichensraße. Der Ausgangsplan setzte überwiegend ein Wochenendhausgebiet (GRZ und GFZ 0,2; 1 VG) fest. Lediglich im Süden entlang der Bleichenstraße war WA mit höheren Maßzahlen festgesetzt. Der Änderungsplan bestimmt dagegen große Teile des Plangebietes zum allgemeinen Wohngebiet (GRZ 0,25 - 0,4). An seiner Nordgrenze wird eine von West nach Ost verlaufende Grünfläche mit einem darin eingebetteten Fuß- und Wanderweg in einer Gesamtlänge von etwa 150 m am Ufer bzw. in Ufernähe festgesetzt. Ein nördlich des Weges liegender schmaler Streifen wird als öffentliche, der südliche Parallelstreifen als private Grünfläche festgesetzt. Für den Weg selbst enthält der Plan keine Festsetzung, ob dieser öffentlich oder privat sein soll. Aus der Planbegründung ergibt sich, dass eine Widmung für die Öffentlichkeit beabsichtigt ist. Der Weg beginnt im Westen in zweiter Reihe hinter der Uferbebauung des Antragstellers 1 KN 252/08, biegt im weiteren Verlauf nach etwa 40 m nach Norden zum Steinhuder Meer hin ab und führt über weitere knapp 100 m unmittelbar am Seeufer entlang. Er mündet im Osten des Plangebietes auf das Nordlandgelände. Dies ist teils öffentliche, teils private Grünanlage. Östlich davon steht in Nordsüdrichtung eine Wohnanlage. Die private Grünanlage ist knapp vor der Einmündung des geplanten Uferweges auf das Nordlandgelände gelegen. Gemäß den Planfestsetzungen beträgt der Abstand zwischen dem südlichen Rand des Fuß und Wanderweges zu den dahinter liegenden Privatgrundstücken mindestens 3 m, maximal 5,5 m. Im westlichen Teil des Weges setzt der Bebauungsplan einen Abstand von 2 m zur nördlich des Weges liegenden Bebauung fest. Die in den Plan integrierte örtliche Bauvorschrift enthält Vorgaben für die optische Durchlässigkeit notwendiger Einfriedungen vom Uferweg zum Meer hin. Der Uferweg und die ihn einschließenden Grünstreifen nehmen Flächen eines Flurstücks in Anspruch, das den Grundstücken der Antragsteller der Normenkontroll-Parallelverfahren 1 KN 252/08, 1 KN 3/09 und 1 KN 10/09 seewärts vorgelagert ist und im Wesentlichen Randflächen des Steinhuder Meeres umfasst. Diese Fläche hatten die Rechtsvorgänger dieser Antragsteller durch Aufschüttungen zu Lasten der Wasserfläche des Steinhuder Meeres hergestellt. Dessen Ufer zeigte schon damals Verschlammungstendenzen. Daraufhin schütteten die damaligen Grundstückseigentümer seewärts vor ihren Grundstücken auf eigene Kosten im Meer einen Landstreifen von ca. 5 m Breite aus Bauschutt etc. an, der eine Deckschicht aus Erde erhielt. Die vom Antragsteller des vorliegenden Verfahrens genutzte Anschüttungsfläche im Westen hat sogar eine Tiefe von ca. 10 m. Diese Anschüttungsflächen gehörten zunächst zum Flurstück 1/63 der Flur 25, Gemarkung Steinhude, nach der letzten Änderung am 23. September 2010 (Grundbuchbl. 2186) zum Flurstück 1/65. Der im angegriffenen Änderungsplan festgesetzte Weg soll über diese Anschüttungsfläche führen. Das führt dazu, dass die im Eigentum des Antragstellers 1 KN 252/08 stehenden Bereiche zur Bleichenstraße hin von der von ihm genutzten Anschüttungsfläche, auf der er ein Wohnhaus errichtet hat, durch den Weg abgeschnitten werden.
In den Planakten befindet sich ein Schreiben der Fürstlichen Hofkammer vom 6. Dezember 1960. Die Fürstliche Hofkammer des Fürstentums Schaumburg stellt darin fest, dass vor dem Grundstück des Antragstellers neues Land entstanden ("Anlandungsfläche gebildet") sei und dieses in das Eigentum des Meereseigentümers fällt. Sie bot darin dem Nutzer einen "Pachtvertrag" an. Im Zusammenhang damit sollte dieser die Rechtslage anerkennen ("wir bitten um Ihre Anerkennung"). Der Nutzungsvertrag wurde abgeschlossen. Der Antragsteller trägt unwidersprochen vor, ihm sei nach Umschreibung des Flurstücks auf das Land Niedersachsen von Bediensteten der ehemaligen Bezirksregierung mündlich zugesichert worden, dass er den Uferstreifen auf schuldrechtlicher Basis "langfristig" nutzen dürfe. Bereits ab 1957 gab es offenbar Bemühungen der Nutzer des Anschüttungsstreifens, den jeweils von ihnen genutzten Teil zu kaufen. Der Meereseigentümer hat einen Verkauf an den Antragsteller, übrigens auch an die Antragsgegnerin, stets abgelehnt, zuletzt anlässlich der vorliegenden Planung. Dafür sind zuletzt vom Land Niedersachsen Gründe der Daseinsvorsorge und des Umweltschutzes angeführt worden. Die Antragsteller des Verfahrens 1 KN 10/09 haben die Gründe für die frühere Verweigerung eines Verkaufs schriftsätzlich dargelegt. Danach war für die Fürstliche Hofkammer u.a. maßgeblich, dass ein Verkauf fiskalisch unvorteilhaft gewesen wäre.
Das durch Anschüttung neu entstandene Land ist grundbuchrechtlich Teil eines Flurstücks, das den Rand des Steinhuder Meeres bildet. Dieses Flurstück ist im Grundbuch der Stadt Wunstorf, Blatt 2186 im Jahr 1973 zunächst als lfd. Nr. 95 eingetragen gewesen und firmiert neuerdings als lfd. Nr. 119. Die Flurstücksnummer war bis zum Jahr 2010 1/63 der Flur 25, Gemarkung Steinhude, nunmehr lautet sie 1/65, weil eine Kleinstfläche von 2 qm als 1/66 abgeschrieben wurde. Als Eigentümer ist seit 1973 das Land Niedersachsen (Domänenkammer) eingetragen. Rechtsvorgängerin des Landes war die Fürstliche Hofkammer des Fürstentums Schaumburg. Diese hatte - wie vorstehend geschildert - die Uferflächen seinerzeit an die Rechtsvorgänger der Antragsteller in allen Normenkontrollverfahren "verpachtet". Nach der Umschreibung des Grundbuchs wurden die Verträge vom Land Niedersachsen mehrmals verlängert. Die Verträge enthielten unterschiedliche Befristungen und verlängerten sich um benannte Zeiträume, falls nicht eine Vertragspartei sechs Monate vor Ablauf der jeweiligen Vertragsperiode kündigte. Der Antragsteller 1 KN 252/08 errichtete auf seiner Vertragsfläche ein Haus; dies wurde als Wochenendhaus genehmigt. Die Grundstücksbesitzer aller Parallelverfahren nutzten die Anschüttungsflächen bis direkt an das Seeufer auf der rechtlichen Grundlage der abgeschlossenen Verträge für private Zwecke. Keiner der Antragsteller hat zu irgendeiner Zeit eine Berichtigung des Grundbuches verlangt.
Im Jahr 2004 wurden bei der Antragsgegnerin informelle interfraktionelle Gespräche über das Plangebiet und seine touristische Bedeutung geführt. Anlass war der Wunsch eines privaten Grundeigentümers, im Plangebiet 2-03 ein Wohnhaus zu errichten ohne dabei mit der damaligen Festsetzung "Wochenendhausgebiet" zu kollidieren. Die Antragsgegnerin nutzte die Gelegenheit, ihr touristisches Konzept weiterzuentwickeln. Bei Gesprächen fand das später förmlich geplante Projekt eines Uferweges die größte Zustimmung. Die Antragsgegnerin ging zunächst noch davon aus, die Aufschüttungsfläche vom Land Niedersachsen erwerben zu können, was aber scheiterte. Von Beginn dieser Planungsphase an wurde die Hochstufung des Gebietes vom Wochenendhausgebiet mit Gebäuden mit max. 60 m2 zum Allgemeinen Wohngebiet auch als Kompensation im Gebiet dafür gesehen, dass die Eigentümer Nachteile durch die Wegeführung erleiden. Soweit ersichtlich wurden teilweise Gebäude im Wochenendhausgebiet schon unter dem alten Plan planwidrig - möglicherweise unter Duldung der Bauaufsichtsbehörde - als Dauerwohngebäude genutzt.
Das Aufstellungsverfahren für die angegriffene 1. Planänderung begann im Jahr 2005. Schon in der frühzeitigen Bürgerbeteiligung wurden vielfach Einwände erhoben. Teilweise wurde nunmehr vorgebracht, die 2003 zunächst geplante Wegevariante (Binnenweg) sei entgegen früherem Vorbringen doch die schonendere gewesen und man möchte sich jetzt darauf besinnen. Der Ortsrat Steinhude regte am 13. März 2007 an, die maximale Grundfläche der Gebäude auf 150 statt nur 120 m2 festzusetzen. Der Verwaltungsausschuss stimmte dem unter dem 16. April 2007 zu und beschloss die Auslegung des veränderten Entwurfs. Die Antragsgegnerin legte den Planentwurf vom 11. Mai 2007 bis 11. Juni 2007 öffentlich aus. Es gingen zahlreiche Stellungnahmen ein. Die Antragsteller aller Normenkontrollverfahren schlugen nunmehr die Rückkehr zu der alternativen Wegeführung "Binnenweg" vor. Diese sei unschwer zu verwirklichen.
Nachdem der Bürgermeister noch einmal Einwände zur Kenntnis gegeben hatte, lehnte der Rat der Antragsgegnerin am 5. Dezember 2007 zunächst den Antrag auf Wegeführung in der zweiten Reihe mit starker Mehrheit ab und beschloss danach mit großer Mehrheit den angegriffenen Änderungsplan als Satzung. Die Antragsgegnerin machte den Plan am 24. Januar 2008 bekannt.
Die Begründung des Planes führt aus, die geplanten Veränderungen seien Teil eines Bündels von Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung in Steinhude als Fremdenverkehrsort. Konkret solle der geplante Weg einerseits selbst die Erlebbarkeit des Meeres steigern, andererseits auch die Anziehungskraft des Nordlandgeländes steigern, dessen Wasserzugang derzeitig Sackgassencharakter hat. Die Planbegründung gibt die 40-jährige Geschichte der Versuche wieder, eine Ost-West-Verbindung im oder vor dem Plangebiet zu schaffen. Die Anlieger sähen nunmehr zwar eine Wegeführung in zweiter Reihe als das kleinere Übel an. Diese Variante bewirke jedoch eine wesentlich geringere Attraktivitätssteigerung, weil kein Meerblick eröffnet ist. Der Anschluss an die D. straße und das Nordlandgelände wäre dann zudem ungünstiger. Darüber hinaus sei die Bereitschaft der Anlieger, eine Wegeführung in zweiter Reihe unter Inanspruchnahme ihres Grundeigentums zu dulden, nicht im erforderlichen Ausmaß gesichert. Demgegenüber stoße die Planverwirklichung über die Anschüttungsfläche auf weniger Probleme, weil sie für den Weg nicht das Grundeigentum Privater in Anspruch nehme. Die Antragsgegnerin habe sich daher bewusst gegen eine Wegealternative in zweiter Reihe entschieden, was sogar durch Ratsbeschluss ausdrücklich dokumentiert wurde.
Nachdem das Land Niedersachsen die Nutzungsverträge über die Anschüttungsfläche gegenüber allen Antragstellern in den Parallelverfahren gekündigt hatte, erhoben diese Widerspruch, leiteten aber keine zivilgerichtlichen Schritte ein. Am 29. April 2010 überließ das Land die gesamte Anschüttungsfläche in Kenntnis der Einwände aller Antragsteller schuldrechtlich für die Dauer von 12 Jahren ab dem 1. Oktober 2010 der Antragsgegnerin. Diese verpflichtete sich, diejenigen Teilflächen, die nicht für den Wanderweg und die öffentliche Nutzung gemäß dem Bebauungsplan benötigt werden, vorrangig an die bisherigen Nutzer zu überlassen, soweit diese das wünschen. Das ist zwischenzeitlich überwiegend geschehen. Allein der Antragsteller 1 KN 252/08 unterzeichnete den "Unterpachtvertrag" bislang nicht.
Am 21. November 2008 wurde der Normenkontrollantrag gestellt. Zu dessen Begründung macht der Antragsteller geltend: Der Plan sei unter Verletzung des Abwägungsgebotes fehlerhaft zustande gekommen, weil er nicht berücksichtige, dass die Anschüttungsfläche in seinem Eigentum liege. Der Plan sei nicht vollziehbar, weil ihn die Antragsgegnerin nicht zwingen könne, Nebenanlagen oder Haus auf der Anschüttungsfläche zu beseitigen. Die von ihm genutzten bzw. in seinem Eigentum stehenden Flächen würden durch den öffentlichen Weg zerschnitten. Die Wegeführung führe zu einer Verletzung von Abstandsvorschriften und zu einem unzumutbaren Eingriff in seine Privatsphäre, weil man ihm gleichsam ins Fenster schauen könne. Darüber hinaus stünden seine zivilrechtlichen Nutzungsrechte einem Planvollzug entgegen. Er habe ein Wegnahmerecht aus Pachtrecht in Bezug auf den Pachtgegenstand selbst, nämlich das Anschüttungsmaterial; er könne von der Antragsgegnerin auch nicht aus seinem Wohnhaus gekündigt werden. Die Antragsgegnerin handele mit der Planung treuwidrig, weil er sich auf die fortdauernde Nutzung der Anschüttungsfläche habe einstellen dürfen. Schließlich bilde die Anschüttungsfläche jedenfalls teilweise eine zu beseitigende Altlast. So seien auf der Anschüttungsfläche 1 KN 252/08 belastete Hölzer und Asbestplatten eingelagert worden. Auch habe sich im Anschüttungsbereich Munition insb. aus Handfeuerwaffen befunden. Der festgesetzte Wanderweg selbst sei ungeeignet und nicht erforderlich, um die Erlebbarkeit des Meeres zu steigern. Der Plan sei besonders deswegen auch nicht erforderlich, weil eine Alternativlösung bestehe. Zwar gebe es insoweit noch Verhandlungsbedarf, aber das Problem sei lösbar. Der Weg sei nicht in einen sinnvollen Zusammenhang von Wanderwegen eingebettet. Es müssten zahlreiche Einfriedungen errichtet werden, der Uferbereich des Meeres sei ohnehin verschlammt und unattraktiv, der Wanderweg ende im Osten ohne Ausgang, er werde voraussichtlich vor allem von Gaststättenbesuchern genutzt werden und Sicherheitsprobleme, insbesondere aber nicht nur Verkehrsgefährdungen, auslösen. Die Alternative einer rückwärtigen Wegeführung sei im Planaufstellungsverfahren nicht hinreichend erörtert worden.
Der Antragsteller beantragt,
- 1.
die vom Rat der Antragsgegnerin am 5. Dezember 2007 als Satzung beschlossene 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2-03 "Schlesierweg - Bleichenstraße - Hermann-Löns-Weg" mit integrierter örtlicher Bauvorschrift über Gestaltung
- 2.
die erste Teilaufhebung des Bebauungsplans Nr. 2-03 "Schlesierweg - Bleichenstraße - Hermann-Löns-Weg"
hilfsweise
- 1.
die Schaffung einer Ost-West-Wegeverbindung am Meer und
- 2.
die Aufhebung der Promenadenplanung durch Ersatzschaffung einer Ost-West-Wegeverbindung im Plangebiet der 1. Änderung
für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Normenkontrollanträge zurückzuweisen.
Sie erwidert: Der Plan sei erforderlich. Ihr städtebauliches Konzept verfolge nicht die Anlegung eines lückenlosen Uferweges, sondern lediglich die Verbesserung des Zugangs zum Meer durch ein Bündel von Maßnahmen, zu denen Wege an Uferabschnitten sowie die Vermeidung von Sackgassen, die zum See führen, gehörten. Auch Rechtsgründe stünden der Vollziehbarkeit des Planes nicht entgegen. Das Wasserrecht gebe den Antragstellern keine Befugnisse, Dritten vom Zutritt zu den fraglichen Flächen auszuschließen; den Anliegern selbst werde der Zutritt zum Gewässer nicht genommen. Das Eigentum an der Anschüttungsfläche liege beim Land Niedersachsen. Es gebe keine Vorschrift, aus der Gegenteiliges zu entnehmen sei. Ein Wegnahmerecht der Antragsteller sei abwegig. Die Kündigung der "Pachtverträge" durch das Land Niedersachsen sei nicht treuwidrig. Zumindest das Land könne auch das Nutzungsrecht für das Wohnhaus, wenn erforderlich, beenden. Auch die Abwägung der Belange im Plan sei nicht zu beanstanden. Insbesondere seien die Interessen des Antragstellers weitgehend berücksichtigt worden. Eine alternative Wegführung im rückwärtigen Bereich hätte insgesamt zu stärkeren Eingriffen in das Privateigentum gezwungen als die gewählte Planvariante.
Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vortrages der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin (auch in den Parallelverfahren 1 KN 3/ und 10/09) Bezug genommen, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
II.
Die fristgerecht gestellten Normenkontrollanträge des Antragstellers sind zulässig. Nach § 47 Abs. 2 VwGO ist antragsbefugt, wer geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Antragsbefugt für eine Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan sind nicht nur Eigentümer, sondern auch obligatorisch Berechtigte, wenn der Plan ihr Nutzungsrecht beeinträchtigt (vgl. BVerwG, B. v. 11.11.1988 - 4 NB 5.88 - NVwZ 1996, 887; Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 70; Sodan-Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 159 m.w.N. auch der aA.). Der Antragsteller ist zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Bebauungsplan und Stellung der Normenkontrollanträge zumindest obligatorisch berechtigt privater Nutzer von Flächen gewesen, die nach dem Plan künftig teilweise als öffentliche Fläche dienen sollen. Darüber hinaus nimmt er das Eigentum an diesen Flächen für sich in Anspruch. Für den gegen die örtliche Bauvorschrift gerichteten Normenkontrollantrag fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Es nicht ausgeschlossen, dass diese Vorschrift mit dem Plan in einem solchen Zusammenhang steht, dass die Unwirksamkeit der Bauvorschrift die Abwägung des Planung berührt.
Einwände gegen das Planaufstellungsverfahren sind nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich.
Der Plan ist erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB, wenn er für die Verwirklichung der städtebaulichen Konzeption der Gemeinde notwendig ist (BVerwG, Urt. v. 22.1.1993 - 8 C 46.91 - BVerwGE 92, 8). Das mit dem Plan 2-03 verfolgte städtebauliche Konzept der Antragsgegnerin ging nicht auf Verwirklichung eines lückenlosen Uferweges. Vielmehr sollte Stück für Stück die touristische Qualität am Steinhuder Meer gestärkt werden. Die eingereichten Karten betreffend Wanderwege am Steinhuder Meer zeigen, dass nur stückweise eine Verbesserung der touristischen Situation realistisch ist. Die frühere Planung des Weges im Binnenbereich zeigt für sich genommen schon, dass die Antragsgegnerin hinsichtlich der Ufernähe u.U. zu Kompromissen bereit war. Es ist aber offensichtlich, dass eine Führung des Weges direkt am Ufer einen höheren Zielerfüllungsgrad aufweist als eine Binnenführung hinter der ersten Häuserreihe. Das ist unabhängig von der Frage, ob der Weg eher als Teil eines Wanderweges oder als Promenade genutzt wird. Jedenfalls ist offensichtlich, dass es insoweit nicht an der Erforderlichkeit für die gewollte städtebauliche Ordnung fehlt. Das verfolgte planerische Konzept ist kein grober und eindeutiger Missgriff im Sinne der Rechtsprechung zu§ 1 Abs. 3 BauGB. Dass die Planung jedermann überzeugt, ist nicht notwendig. Die gegen die Wegführung erhobenen Einwände sind daher in der Abwägung zu würdigen.
Es fehlt dem angegriffenen Plan nicht an der Vollziehbarkeit. Der Antragsteller 1 KN 252/08 ist nicht Inhaber den Planvollzug hindernder zivilrechtlicher Berechtigungen. Diese ergeben sich nicht aus einem Nutzungsrecht an den Anschüttungsflächen aufgrund fortbestehender Nutzungsverträge. Diese privatrechtlichen Verträge waren unbestritten ihrem Wortlaut nach kündbar und sind fristgerecht gekündigt worden. Das Land Niedersachsen hatte der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses mitgeteilt gehabt, einer schuldrechtlichen Überlassung an sie stehe nichts entgegen. Damit war die Planverwirklichung abzusehen. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist die Anschüttungsfläche sogar an die Antragsgegnerin überlassen gewesen.
Das Land Niedersachsen war nicht nach Treu und Glauben an einer Kündigung gehindert. Den Antragstellern war nicht die "ewige" Überlassung zugesichert worden. Nur befristete und kündbare Nutzungsverträge waren abgeschlossen worden. Die - inhaltlich leicht divergierenden - Verträge, welche das Land Niedersachsen mit allen Antragstellern abgeschlossen hatte, geben für einen Anspruch auf fortdauernde private Nutzung der Anschüttungsflächen nichts her. Gerade im Vertrag zwischen dem Antragsteller 1 KN 252/08 und dem Land Niedersachsen vom 7. Febr. 2003 wird in § 5 II ausgeführt: "Trotz der automatischen Verlängerung bleibt es ein befristeter Vertrag." Das Vorbringen dieses Antragstellers, der Verzicht auf Schadensersatzansprüche bei Eindeichung zeige, dass eine unbefristete "Verpachtung" gemeint sei, überzeugt das Gericht nicht. Die Verträge schließen lediglich aus, dass die "Pächter" bei laufendem "Pachtverhältnis" Ansprüche wegen Eindeichung geltend machen. Der Vertrag des Antragstellers 1 KN 252/08 regelt im gleichen Zusammenhang, dass der Nutzer bei Vertragsende auf Aufwendungsersatz verzichtet (vgl. § 3 II und III). Das betrifft erkennbar gerade die Anschüttungskosten und die Kosten der sonstigen Uferbefestigung.
Allein die Tatsache, dass die Rechtsvorgänger des Antragstellers 1 KN 252/08 die Aufschüttungsfläche auf eigene Kosten hergestellt haben, begründet keinen Anspruch auf "ewige" schuldrechtliche Überlassung der Fläche durch den Eigentümer. Wer fremdes Eigentum in Anspruch nimmt, muss damit rechnen, dass der Eigentümer dieses eines Tages wieder für sich selbst beanspruchen wird. Der Antragsteller hatte einen kündbaren Nutzungsvertrag abgeschlossen und dann auf der Fläche ein Haus errichtet. Damit hat der Antragsteller bzw. sein Rechtsvorgänger seine Interessen möglicherweise schlecht gewahrt. Daran müssen sie sich festhalten lassen.
Die Antragsteller der Normenkontroll-Parallelverfahren können nicht mit Erfolg vorbringen, ihnen stehe ein den Planvollzug hinderndes Wegnahmerecht an den Aufschüttungen gemäß § 581 Abs. 2, § 539 Abs. 2 BGB zu. Die Aufschüttungen sind vor Abschluss der Verträge vorgenommen worden; die Aufschüttung ist also nicht auf eine "Pachtsache" verwendet worden. Die Aufschüttungen sind keine Einrichtungen im Sinne von § 539 Abs. 2 BGB. Solche müssen auch nach Wegnahme eigenständige Bedeutung und Nutzbarkeit für den Mieter/Pächter haben. Das ist bei Bauschutt nicht der Fall. Der Planvollzug scheitert auch nicht an dem vom Antragsteller 1 KN 282/08 bewohnten Haus auf der Anschüttungsfläche. Zumindest der Eigentümer der Fläche kann seine privaten Rechte insoweit geltend machen. Dass der Antragsteller über eine Baugenehmigung verfügt, hilft ihm nicht, weil diese, wie die Antragsgegnerin zu Recht vorgebracht hat, unbeschadet privater Rechte ergeht.
Die Erforderlichkeit scheitert nicht daran, dass der festgesetzte Weg im Osten auf das Nordlandgelände trifft, das zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses als Allgemeines Wohngebiet ausgewiesen war. Die Antragsgegnerin hat plausibel vortragen, dass insoweit eine Umplanung beabsichtigt ist, soweit dies notwendig sein sollte. Gegen die Möglichkeit einer zeitnahen Umplanung liegen keine durchgreifenden Bedenken vor. Eine unmittelbare Notwendigkeit für eine Umplanung ist ohnehin nicht ersichtlich.
Die nur 12-jährige Überlassung der Anschüttungsfläche an die Antragsgegnerin beseitigt nicht die Planerforderlichkeit. Denn eine weitere Überlassung ist ebenso wenig ausgeschlossen wie dies seinerzeit bei den Antragstellern aller Normenkontrollverfahren der Fall gewesen war.
Die Erforderlichkeit scheitert nicht an wasserrechtlichen Ansprüchen der Antragsteller. Es ist schon sehr zweifelhaft, ob § 71 Abs. 2 NWG a.F. überhaupt Anschüttungen erfasst. Im Wasserrecht wird zwischen vollständig natürlichen und künstlich veranlassten, aber natürlich stattfindenden Anlandungen sowie direkt stattfindenden gezielten Anschüttungen unterschieden. Eine Aufschüttung mit Baggergut ist keine Anlandung, wie das Reichsgericht (RG, Urt. v. 9.6.1915 - V 91/15 - [...]; RG, Urt. v. 10.12.1930 - V 11/30 - RGZ 131, 60) und später der BGH (BGH, Urt. v. 28.3.1976 - III ZR 186/72 - BGHZ 67, 152) entschieden haben. Damit findet das Recht der Anlandungen keine Anwendung. Es liegt hier auch keine durch Wasserspiegelsenkung trockengelegte Randfläche eines Sees i.S. des § 71 Abs. 1 und 2 NWG vor. Das Wasserrecht gibt den Uferanliegern keine besonderen Rechte im Fall von Anschüttungen. Der Grund dafür liegt darin, dass das Grundeigentum die Uferlage eines Grundstücks nicht sichert; sie ist bloßer Reflex und Prägung der jeweiligen Situation.
Selbst wenn man dies anders sehen würde, ergibt sich im Ergebnis kein erheblicher Unterschied zugunsten der Anlieger. Soweit § 71 Abs. 2 Satz 2 NWG den ehemaligen Uferanliegern bei Anlandungen ein Recht auf fortbestehenden Gemeingebrauch gewährt, schließt dieses Recht die Öffentlichkeit schon begrifflich (Gemeingebrauch) nicht aus. Die Antragsgegnerin ist in ihrer Planung stets davon ausgegangen, dass Anlieger ihren Steg über den öffentlichen Weg erreichen und den Steg weiterhin im Rahmen des Rechts nutzen können und dürfen. Zu dem in der Norm angesprochenen "bisher genutzten Umfang" gehören nicht die Bedingungen der Nutzung, insbesondere nicht die Erreichbarkeit über ausschließlich eigengenutzte Flächen. Das ergibt sich schon aus der Systematik der Vorschrift, die von einer Abschneidung vom Ufer ausgeht. Der "Umfang" meint daher rein quantitativ die Häufigkeit der Nutzung und die Nutzung des Gewässers zu den bisherigen Zwecken. Anlieger können auch zukünftig das Steinhuder Meer so häufig aufsuchen, wie sie wollen. Sie können namentlich ungehindert durch die Realisierung der Planfestsetzungen in dem Umfang Boote über den öffentlichen Weg zu Wasser lassen, wie das bisher geschehen ist. Gerade bei Segelvereinen ist es nicht selten, dass Boote über öffentliche Wege hinweg geslipt werden. Das ist wohl auch der Grund, weshalb Herr E., dessen Grundstück D. str. 14 an einen Segelverein verpachtet ist, keinen Normenkontrollantrag gestellt hat.
Der Plan weist keine Abwägungsfehler auf.
Ein Satzungsbeschluss über einen Bebauungsplan ist rechtswidrig, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat. Das Abwägungsgebot ist ferner verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge einzustellen war. Schließlich liegt eine Verletzung auch vor, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen diesen in einer Weise vorgenommen wurde, die zur objektiven Gewichtigkeit der Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301).
Der Antragsteller 1 KN 252/08 bestreitet nicht, dass eine Abwägung stattgefunden hat. Der Plan ist nicht deswegen rechtswidrig, weil er nicht ein Eigentum des Antragstellers an den Anschüttungsfläche in die Abwägung eingestellt hat. Das Grundbuch weist unstrittig die umstrittene Fläche einschließlich der vom Antragsteller genutzten Anschüttungsfläche als Eigentum des Landes Niedersachsen aus. Gemäß § 891 BGB begründet dies eine widerlegbare Vermutung dafür, dass dem Eingetragenen das Eigentum am Grundstück zusteht. Der Antragsteller 1 KN 252/08 hatte zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses diese Vermutung nicht nur nicht widerlegt, sondern gar nicht in Zweifel gezogen.
Eine materielle Fehlerhaftigkeit des Grundbuches ist auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht ersichtlich. Es ist unstrittig und ergibt sich aus den Akten, dass es sich um eine Anschüttungs- bzw. Eindeichungsfläche handelt und nicht um eine natürliche Anlandung. Die genannte Anschüttung hat nicht zu einem Eigentumserwerb von Anliegern des Steinhuder Meeres an den angeschütteten Flächen geführt. Zum Zeitpunkt der Anschüttung galt noch der am 1. März 2010 aufgehobene Art. 65 EGBGB, der bestimmte, dass die bei Inkrafttreten des BGB bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften über Anlandungen, entstehende Inseln und verlassene Flussbetten unberührt blieben. Dieses Zurückstehen des BGB erfasste aber nicht Anschüttungen, da diese von Anlandungen zu trennen sind (RG, Urt. v. 9.6.1915 - V 91/15 - [...]; RG, Urt. v. 10.12.1930 - V 11/30 -, RGZ 131, 60; später BGH, Urt. v. 28.3.1976 - III ZR 186/72 -, BGHZ 67, 152). Deswegen waren nach Inkrafttreten des BGB das PrStomausbauVwG v. 20. August 1883 und das PrWG v. 7. April 1913 nicht mehr anwendbar, soweit sie den Eigentumserwerb bei Anschüttungen geregelt hätten (ebenso zu Anschüttungen als Gewässerausbau: Siedler/Zeitler, BayWG, Stand 1995, Art. 9 Rn. 3). Es kann daher dahinstehen, ob die dortigen Regelungen über Anschüttungen einen Eigentumserwerb der Uferanlieger vorsahen. Das war im Übrigen bei absichtlichen Anschüttungen nach dem StromausbauVwG nicht der Fall. Das hat der BGH klargestellt (BGH, Urt. v. 25.11.1984 - III ZR 131/83 - BGHZ 92, 326). Ebenso wenig regelte das PrWG von 1913 einen Eigentumserwerb der Uferanlieger bei Aufschüttungen (LG Potsdam, Urt. v. 26.3.1999 - 1 O 579/98 -, [...]).
Wie das RG (Urt. v. 9.6.1915, a.a.O.) nachgewiesen hat, wollte der preußische Gesetzgeber den Uferanliegern durch eine denkbare Gleichstellung von Anlandungen und Anschüttungen keine ungerechtfertigten Vorteile zukommen lassen. Tatsächlich wäre eine entsprechende Vorschrift auch schwer mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes zu vereinbaren; aus diesem Grund ist z.B. eine entsprechende Regelung in Art. 10 des BayWG von 1907 nicht in den Art. 9 des BayWG von 1994 übernommen worden (vgl. Siedler/Zeitler, a.a.O.).
Das Wasserrecht speziell des Fürstentums Schaumburg enthielt keine Vorschriften über Anschüttungen oder Anlandungen. Das BGB seinerseits kennt keine Form des Eigentumsüberganges an Grundstücken durch Anschüttung. Das Flurstück 1/63 stand schon vor der Anschüttung in Privateigentum und war nicht etwa herrenlos.
Die Antragsgegnerin hat die konkurrierenden Belange gerecht abgewogen.
Der Belang, von Einblicken auf das private Grundstück verschont zu bleiben, ist vertretbar nicht hoch gewichtet worden. Die Einsichtsmöglichkeit in ein Grundstück ist nur in seltenen Fällen ein erheblicher Belang. Das OVG Berlin-Brbg. (B. v. 29.9.2010 - OVG 10 S 21.10 -, [...]) hat dazu ausgeführt:
"Über die Indizwirkung der Einhaltung der Abstandsflächen hinaus (siehe hierzu OVG Bln-Bbg, Beschluss 30. Oktober 2009, a.a.O.) kann eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots durch die Stellung des Baukörpers und der dadurch bewirkten erhöhten Einsichtsmöglichkeiten nur in absoluten Ausnahmefällen zum Tragen kommen. Dies gilt vor allem in innerstädtischen Lagen. Die aus der Rechtsprechung ersichtlichen Fallgestaltungen, in denen eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots durch unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten bejaht worden ist, zeichnen sich entweder dadurch aus, dass die hinzutretende bauliche Anlage den alleinigen Zweck hatte, als Aussichtsplattform für eine Vielzahl wechselnder Besucher aus großer Höhe zu dienen (z.B. 30 m hoher Aussichtsturm neben einem Einfamilienhaus: OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 10. März 2006, a.a.O.) oder dass die Verhältnisse derart beengt waren, dass nicht wenigstens ein Mindestmaß an Privatsphäre für den Nachbarn verblieb (z.B. Balkonanbau an ein Reihenhaus über die gesamte Breite im Abstand von nur einem Meter zum Schlafzimmer des rückwärtigen Nachbarn: OVG NW, Urteil vom 22. August 2005, a.a.O.)."
Auch der erkennende Senat hat entschieden, dass die Einsichtsmöglichkeiten durch Einfriedung gemindert werden können (Senatsbeschluss v. 29.1.2009 - 1 MN 229/08 -, RsprDatenbankOVG; s. a. Hauptsacheentscheidung dazu vom 18.2.2010 - 1 KN 228/08 -, Vnb.).
Abgesehen von den Möglichkeiten, durch architektonische Selbsthilfe Folgen eröffneter Einsichtnahme zu begrenzen, ist vor allem Folgendes auszuführen:
Es ist zwar diskussionswürdig, ob sich Planung darauf beschränken darf, das anzuordnen, was nach Maßgabe des Nachbarrechts (gerade noch) zulässig wäre und ob diese nicht bestrebt sein muss, die durch sie hervorgerufenen Probleme zu mildern. Insoweit ist allen Antragstellern der Normenkontrollverfahren zuzugeben, dass die angegriffene Planung ihre Grundstückssituation merklich verändert. Sie hatten bislang ungestörten Blick auf das Steinhuder Meer; Dritte konnten allenfalls von Booten aus auf die Grundstücke schauen. Das Wohnhaus des Antragstellers 1 KN 252/08 lag am Ende der D. straße und war dementsprechend geringen Verkehrsgeräuschen ausgesetzt. Dort ist zwar auch die D. klause gelegen, eine Wirtschaft, deren Gäste die Antragsteller nunmehr deshalb als eine der wesentlichen Quellen künftiger Misshelligkeiten ausgemacht haben, weil diese nach Verzehr von Alkohol den Uferweg frequentieren möchten. Von der Rückseite konnten nur die Nutzer dort gelegener Grundstücke die Südseite des Wohnhauses 1 KN 252/08 einsehen; das wird bei Ausnutzung der Planfestsetzungen wesentlich anders sein (können).
Richtig ist auch die Annahme, die Realisierung der angegriffenen Planung werde den Antragstellern die bislang gegebene, in der mündlichen Verhandlung durch Photographien belegte freie Aussicht auf das Steinhuder Meer beeinträchtigen. Zwar wird eine Aussicht auf das Meer noch möglich sein. Es wird aber z.T. doppelte Einfriedungen und Personenverkehr geben (können). Auch wenn der Plan eine gewisse Durchsichtigkeit der Einfriedungen sichert, kann hierdurch das "Wohngefühl" der Antragsteller leiden.
Gleichwohl begegnet die Abwägungsentscheidung keinen durchgreifenden Bedenken. Die Antragsgegnerin hat sich der Abwägung gestellt und die genannten Belang zutreffend mit Rücksicht auf die Vorteile hintangestellt, welche der durch die Planung ermöglichte Uferweg mit sich bringt. Das Interesse der Antragsteller, von Einbußen dieser Art verschont zu bleiben, ist schon dadurch teilweise herabgesetzt, dass der Ursprungsplan unweit der Antragstellergrundstücke seeseitig einen aufgeständerten Weg parallel zum Ufersaum vorsah und dadurch Einsichtsmöglichkeiten eröffnete und den freien Blick auf das Steinhuder Meer einschränken konnte. Dieser Bebauungsplan ist nicht dadurch obsolet geworden, dass die Vorgänger der Antragsteller zu Lasten der Wasserfläche ihre Flächen nach Norden erweitert haben. Dadurch wurde zwar ein Zustand geschaffen, welcher im Tatsächlichen nicht mehr vollständig dem entsprach, der bei Erlass des Ursprungsplanes bestand. Dadurch wurde die Realisierung seiner Festsetzungen indes nicht endgültig, auf Dauer und so eindeutig vereitelt, dass ein in seine Gültigkeit gesetztes Vertrauen mit der Folge keinen Schutz mehr verdient haben würde, dass die Festssetzung des aufgeständerten Uferparallelweges als obsolet hätte angesehen werden können. Vielmehr konnte dieser noch immer mit der Folge realisiert werden, dass von Norden her erheblich größeren Umfangs als bislang in die "Schokoladenseite" der Seegrundstücke hätte Einblick genommen werden können.
Vor allem aber ist die angegriffene Abwägungsentscheidung trotz der geschilderten Einbußen nicht zu beanstanden, weil die Beharrungsinteressen der Antragsteller von erheblichen öffentlichen Interessen überwogen werden. Der Weg mag, wie die Antragsteller im Ausgangspunkt mit gewisser Triftigkeit geltend gemacht haben, für sich nicht übermäßig lang sein und dementsprechend nur auf vergleichsweise kurzer Strecke das Steinhuder Meer "erfahrbar" machen. Er ist jedoch nicht isoliert, sondern in Verbindung mit den Freizeitmöglichkeiten zu betrachten, welche das Nordlandgelände eröffnen, in dessen Grünflächenbereich er münden soll. Zwischen den Beteiligten herrschte zwar - auch in der mündlichen Verhandlung durch divergierende Darstellung des Ist-Zustandes ausgetragener - Streit darüber, wie stark die (privaten und öffentlichen) Nordland-Grünflächen schon derzeit zu Freizeitzwecken genutzt werden. Dass dies nicht ganz untergeordneten Umfangs geschieht, zeigt der Hinweis der Antragsteller darauf, die Eigentümer der im Ostbereich des Nordlandgeländes nordsüdlich aufgestellten Wohnanlage hätten die an der Ostseite des Komplexes angelegte Zufahrt zu ihren Parkflächen mit einer Schranke gegen Unbefugte verschlossen. Eine solche - kostspielige, zudem erfahrungsgemäß recht anfällige - Maßnahme ergreift man nur bei entsprechendem Anlass. Der kann nach Lage der Dinge nur darin bestehen, dass schon jetzt gewissen Umfangs Dritte dort an das Seeufer gelangen und daher privaten Grund zum Abstellen ihrer Fahrzeuge zu nutzen suchen.
Der Uferweg eröffnet die Möglichkeit, in deutlich vergrößertem Umfang das Seeufer zu erwandern/erfahren. Das ist für die Antragsgegnerin von erheblicher Bedeutung. Denn ihre touristische Attraktivität liegt ganz vorzüglich in der Lage am Steinhuder Meer begründet. Der Zugang zu diesem See ist verbreitet verstellt. Umso wichtiger ist es, die bislang wenigen Möglichkeiten zu ergreifen und zu erweitern, der touristischen Öffentlichkeit einen Weg unmittelbar an die Seegestade zu eröffnen. Es mag zwar nicht mit letzter Gewissheit vorherzusagen sein, ob dieser Weg von dem gewünschten Personenkreis im erhofften Umfang "angenommen" werden wird. Einen Versuch ist es allemal aber wert, die bisherige Planung nicht zuletzt in Reaktion auf die "Eigenmächtigkeiten" der Vorgänger der Antragsteller zu aktualisieren und statt eines aufgestelzten einen echten ebenerdigen Uferweg anzulegen. Damit sind, wie ebenfalls zuzugeben ist, zwar Fährnisse, namentlich die Möglichkeit verbunden, dass der Weg von einem Personenkreis genutzt wird, für den er eigentlich nicht gedacht ist. Die Antragsteller nennen insoweit Jugendliche und/oder Gäste der D. klause, die Antragsgegnerin räumte in der mündlichen Verhandlung ein, beim sog. "Vatertag" möchten alkoholisierte Personen den Weg zu Zwecken okkupieren, für den er nicht gedacht sei. Das sind indes "Ausreißer", wie sie beispielsweise auch bei der Anlegung öffentlicher Parks oder Spielplätze nicht auszuschließen sind. Die Möglichkeiten solchen Abusus' kann die Durchführung solcher - in der Regel sehr sinnvoller - Vorhaben nicht schlechthin verhindern. Allenfalls dann, wenn diese Anlagen dazu förmlich einladen, kann sich die Notwendigkeit zu Einschränkungen ergeben. Davon kann hier keine Rede sein.
Unerheblich ist auch, dass mit dem in Rede stehenden Wegstück nicht an größeren Strecken unmittelbar am Steinhuder Meer entlang gegangen werden kann. Gerade die von den Antragstellern - in ihrem Falle ohne Erfolg reklamierten - Eigentümerbefugnisse hindern die Antragsgegnerin daran das zu erreichen. Das stellt die Triftigkeit der Planungsabsicht und des Gewichts ihres Interesses an seiner Verwirklichung aber nicht ernstlich in Frage. Denn eine Aufgabe verliert nicht dadurch an Wert, dass sie nicht noch größeren Umfangs erfüllt werden kann. Die Antragsgegnerin hatte in der mündlichen Verhandlung sehr nachvollziehbar geschildert, wie sie behutsam, aber zielstrebig peu à peu daran geht, sich bietende Chancen zu nutzen. Hier bot sich eine solche Chance.
Vertretbar hat die Antragsgegnerin einen eventuellen Wertverlust der Grundstücke des Antragstellers für in der Abwägung überwindbar gehalten. Dieser Wertverlust könnte dadurch eintreten, dass ein öffentlicher Weg nördlich der Anlieger vorbeiführt; im Falle des Antragstellers 1 KN 252/08 gilt dies für das südlich seines Wohnhauses beginnende Wegstück. Es erscheint schon zweifelhaft, ob darin überhaupt ein zu berücksichtigender Wertverlust liegt. Dagegen ist ein eventueller Wertverlust der Anschüttungsfläche eindeutig unerheblich, weil deren Eigentümer, das Land Niedersachsen, mit der Planung einverstanden ist. Hinsichtlich des möglichen geringen Wertverlustes bringt die Antragsgegnerin vertretbar vor, dass im Ergebnis kein Wertverlust eintrete, weil das gesamte Plangebiet vom Wochenendhausgebiet zum Allgemeinen Wohngebiet hochgestuft werde. Darin liegt unzweifelhaft ein erheblicher Wertgewinn. Der bisherige Plan war auch nicht funktionslos, so dass möglicherweise das Plangebiet schon ein Wohngebiet war. Die Tatsache, dass die gesamte Planung ihren Ausgang davon nahm, dass unter Geltung des alten Plans ein Dauerwohngebäude errichtet werden sollte, aber nicht durfte, spricht gegen eine Funktionslosigkeit des alten Plans. Der angegriffene Plan erhöht bei objektiver Betrachtung (die Antragsteller mögen das für sich anders beurteilen) gravierend das Maß baulicher Nutzung und damit den Wert der ihm unterworfenen Grundstücke. Andernfalls, d.h. im Falle der Funktionslosigkeit wäre das Maß der Nutzung durch das Gebot des Einfügens begrenzt gewesen. Diese Wertzuwächse überwiegen die Einbußen an Nutzungsmöglichkeiten, auf die es die Antragsteller ihrem Vortrag zufolge unverändert absehen. Das gilt namentlich für den Antragsteller 1 KN 252/08. Dessen Wohnhaus erhält durch den angegriffenen Plan die Grundlage, derer es für die tatsächlich ausgeübte Nutzung bedarf.
Die Antragsgegnerin durfte auch den Belang des Antragstellers 1 KN 252/08 überwinden, auf einem unzerschnittenen Grundstück zu wohnen. Denn dieser Antragsteller nutzt ein Wohnhaus auf fremdem Grundstück. Die Zerschneidung greift nicht in sein Grundeigentum ein. Da der Nutzungsvertrag kündbar war, durfte er nicht darauf rechnen, dauerhaft im alleinigen Besitz der Fläche zu bleiben. Der Planvollzug erfordert die Beseitigung von Teilen der Nebenanlagen am Gebäude des Antragstellers. Dieser mag zwar über eine Baugenehmigung verfügen. Diese hat jedoch keine privatrechtsgestaltende Wirkung. Daher bleibt es dem Berechtigten am Grundstück unbenommen seine privatrechtlichen Rechte auszuüben. Derzeit ist die Antragsgegnerin selbst obligatorisch berechtigt an der Anschüttungsfläche; Eigentümerin ist das Land Niedersachsen. Der Antragsteller hat keine Dokumente vorgelegt, die seine dauerhafte zivilrechtliche Berechtigung an der für das Wohngebäude und die Nebenanlagen genutzten Fläche dartun.
Die Abschneidung der Flächen des Antragstellers 1 KN 252/08 von den südlich des geplanten Weges liegenden Flächen durfte der Plan hinnehmen. Denn die Anschüttungsfläche ist auch von der D. straße, einem öffentlichen Verkehrswegen aus unmittelbar zu erreichen. Selbst wenn das nicht der Fall wäre, darf eine Planung die Notwendigkeit, einen öffentlichen Weg zu überqueren, hinnehmen. Es ist ein ganz verbreitetes Phänomen, dass Grundstücksnutzer für die Zufahrt zu ihrem Grundstück einen Fußweg überqueren müssen. Das wirft keine im Planvollzug unlösbaren Probleme auf und ist auch straßenrechtlich kein durchgreifendes Hindernis.
Der Plan ist nicht unwirksam, weil sein Vollzug im Falle 1 KN 252/08 die Missachtung der bauordnungsrechtlichen Mindestabstände erforderte (vgl. zu einem solchen Fall z.B. Senatsurteil v. 20.4.2009 - 1 KN 339/07 -, Vnb.). Der Plan zwingt nicht zu einer Verletzung des Abstandsrechts. Das Wohnhaus des Antragstellers 1 KN 252/08 steht auf demselben Anschüttungsgrundstück, auf dem der Weg gebaut werden soll. Die Grundstücksgrenze verläuft unverändert am Südrand der Anschüttungsfläche. Insofern bewirkt der Planvollzug keinerlei Veränderung. Damit finden Abstandsnormen, die auf Abstände zur Grundstücksgrenze abstellen, keine Anwendung. Ein Abstand zwischen Haus und Weg auf demselben Grundstück ist nach § 10 NBauO nicht erforderlich, weil der Weg kein Gebäude ist.
Zu der Abwägung über einen Bebauungsplan gehört die Prüfung von naheliegenden Alternativen (vgl. Senatsurteil v. 21.6.2001 - 1 KN 335/03 -, [...] und RsprDatenbankOVG). Der eigens ergangene Ratsbeschluss zu der alternativen Wegeführung stellt klar, dass solche erwogen worden sind. Die Antragsteller beanstanden, die Antragsgegnerin habe mit der Bevorzugung der Uferführung des Weges statt der Binnenführung hinter der ersten Häuserreihe einen Abwägungsfehler begangen. Sie habe insbesondere diese Alternative gar nicht mehr in die Abwägung eingestellt. Dieser Vorwurf trifft ausweislich des Ratsbeschlusses und der Planakten nicht zu. Vielmehr hat die Antragsgegnerin dem Uferweg aus unterschiedlichen Gründen vertretbar den Vorzug gegeben. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Uferführung dem städtebaulichen Konzept - wie in der Planbegründung dargestellt - sehr viel besser entspricht als die Binnenführung des Weges. Gerade wenn man unterstellt, dass auch bei der Binnenführung Einfriedungen errichtet werden dürfen, liegt die Antragsgegnerin nicht falsch, wenn sie hier einen Gassencharakter befürchtet. Weiter durfte sich die Antragsgegnerin nach der früheren Ablehnung der Binnenalternative dazu entschließen, diese Wegeführungsvariante aufzugeben und auf ein neues sicher vollziehbares Plankonzept mit hohem Zielerreichungsgrad zu wechseln. Ob die Antragsteller in allen Parallelverfahren eine abschließende Bereitschaftserklärung vorgelegt haben, einem Binnenweg nach den Vorstellungen der Antragsgegnerin zuzustimmen, oder nur eine Verhandlungsbereitschaft zugesagt haben, ist damit nicht mehr erheblich. Angesichts des sehr viel geringeren Grades, mit dem durch einen Binnenweg das Steinhuder Meer "erfahren" werden kann, durfte die Antragsgegnerin endgültig umdisponieren. Das lag auch deswegen nicht fern, weil bei der Uferwegsalternative weniger privates Grundeigentum in Anspruch genommen werden musste. Dass die Antragsteller aller Parallelverfahren gleichwohl inzwischen offenbar den Eingriff als stärker empfinden, hat die Antragsgegnerin gesehen, aber vertretbar nicht maßgeblich berücksichtigt. Bei einer Binnenführung des Weges könnten die Antragsteller jedenfalls der Parallelverfahren eine doppelte Beeinträchtigung erleiden. Denn auch dann wäre nicht ausgeschlossen, dass das Land Niedersachsen die Anschüttungsfläche anderweitig verwertet und die Nutzungsverträge beendet hätte.
Die Planung wirft keine spezifischen Sicherheitsprobleme auf, die durch Planfestsetzungen bewältigt werden müssten; die Antragsgegnerin wird die Verkehrssicherheit des Weges zu gewährleisten haben. Auch die Vermutung der Antragsteller, der Uferweg werde ein sozialer Brennpunkt werden, enthält keine spezifisch planungsrechtlichen Belange. Es ist nicht ersichtlich, dass die Planung solche Probleme spezifisch und zurechenbar auslöst. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung berichtet, dass an vergleichbaren Orten die befürchteten Probleme nicht aufgetreten seien.
Die Antragsgegnerin hat gegenüber den privaten Belangen das Interesse an einer erhöhten touristischen Attraktivität im Plangebiet vertretbar vorgezogen. Es ist einzuräumen, dass die Planverwirklichung nur ein Mosaikstein bei dieser Attraktivitätssteigerung ist. Das ergibt sich aus dem naturfernen Zustand des Seeufers, aus der Kürze und Schmalheit des Weges, aus seiner nur mäßigen Erreichbarkeit und der voraussehbaren Errichtung von Einfriedungen. Dennoch begründet die Bevorzugung des Plankonzepts gegenüber den Privatinteressen angesichts der beiderseitigen Gewichtung der Belange keine Disproportionalität der Abwägung. Die Antragsgegnerin hat die privaten Interessen erkannt und ihren öffentlichen Interessen vertretbar den Vorzug gegeben. Zweifel an der Geeignetheit des Weges für das verfolgte Ziel sind nicht derartig offensichtlich, dass die Planfestsetzung des Weges offenkundig ungeeignet ist, um ihr Ziel jedenfalls teilweise zu erreichen. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend dargelegt, dass es ganz unterschiedliche touristische Nachfrage gebe. Ihre Prognose, dass es auch Nutzergruppen für den Uferweg geben wird, ist nicht zu beanstanden. Da Tourismus in Steinhude ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor ist und Touristen ebenso bekanntermaßen großen Wert auf Wasserzugang legen, ist die Bevorzugung der öffentlichen Interessen nachvollziehbar. Die Antragsgegnerin war wie bei sonstigen Planungen auch hier nicht gezwungen, eine statistische Prognose über die künftige Wegenutzung einzuholen. Wie etwa bei der Planung von Wohngebieten reicht eine nachvollziehbare Einschätzung in der Regel aus. Es wurde auch nicht vorgebracht, es fehle im Rechtssinne an einer Bedarfsstatistik für die Ausweisung des Plangebietes als Allgemeines Wohngebiet. Selbst wenn gegenwärtig die Freizeitnutzung des Nordlandgeländes gering sein sollte, verweist die Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise auf die Möglichkeit besserer Ausschilderung und Werbung für die neue Uferstrecke.
Die Antragsgegnerin hatte die voraussichtlichen Wegekosten in der Abwägung behandelt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die seinerzeit angestellte Kostenprognose bewusst irreführend war. Es war bei Satzungsbeschluss (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB) kein Anhaltspunkt vorhanden, dass schutzwürdige Natur, insbesondere Arten wie der Wachtelkönig im Plangebiet anzutreffen sind. Vielmehr war Konsens, dass gerade wegen der von den Vorgängern der Antragsteller, aber auch wegen der von ihnen sowie Segelclubs betriebenen Nutzung (längere Anlegestege sind dort in den See hinein angelegt worden) gerade keine schützenswerte Natur vorhanden sei. Selbst wenn sich im Planvollzug anderes herausstellen sollte, werden geeignete Maßnahmen möglich sein.
Während des Planaufstellungsverfahrens ist weder von Privaten noch von Trägern öffentlicher Belange vorgetragen worden, dass im Plangebiet Kampfmittel vorhanden seien. Ein Einstellungsfehler kommt daher allenfalls in Betracht, wenn die Antragsgegnerin Kenntnis von Bodenbelastungen hätte haben müssen. Solche Kenntnis hätte sich hier aus Katastern über Verdachtsflächen, vorhandenen Karten etc. oder vergangenen Verwaltungsverfahren (vgl. ARGEBAU, Mustererlass Berücksichtigung Bodenbelastungen v. 26.9.2001, S. 6) ergeben können (zum Umfang der Ermittlungspflicht bei Bodenbelastungen OVG Lüneburg, B. v. 13.02.1995 - 6 K 284/95 - OVGE 45, 403). Nach den vorliegenden Erkenntnissen musste die Antragsgegnerin keine Kenntnis von Bodenbelastungen haben. Die damals für Kampfmittel zuständige Bezirksregierung wurde im Jahr 2003 bei dem geschilderten erledigten Planaufstellungsverfahren beteiligt; diese gab keine entsprechenden Hinweise. Eine erneute Beteiligung hielt die Antragsgegnerin vertretbar für überflüssig. Anderes wäre nur angezeigt gewesen, wenn sich inzwischen neue Tatsachen ergeben hätten.
Der Fund von Munition an einem anderen 500 m entfernten Ort begründet ohne spezifische Vergleichbarkeit allenfalls einen vagen Verdacht auf Belastung, dem die planende Gemeinde nicht nachgehen muss (vgl. ARGEBAU, a.a.O. S. 6). Das gleiche gilt für die Funde im ebenfalls deutlich entfernten Hafen in Verlängerung der Deichstraße. Diese Funde, die der Antragsgegnerin bekannt sein mussten, ließen nicht den Schluss zu, auch im Geltungsbereich des Planes sei Munition versenkt worden. Denn die fraglichen Grundstücke waren, soweit bekannt, nicht spezifisch militärisch genutzt worden. Die von den Antragstellern ermittelte Entsorgung von Militaria vor dem 07. April 1945 war diesen selbst eigenem Bekunden zufolge zur Zeit der Planaufstellung unbekannt. Für die behaupteten Funde in den Jahren nach 1970 ist nicht dargetan, dass die Antragsgegnerin davon erfahren hat bzw. erfahren konnte.
Selbst wenn festgestanden hätte, dass sich im Geltungsbereich des Plans Kampfmittel befinden, würde dies auf die Festsetzung der Wegeverbindung keinen Einfluss haben, weil kein erheblicher städtebaulicher Konflikt ausgelöst wird. Die möglicherweise aufzufindende Munition - Flakgranaten kleinen Kalibers ohne Zünder und Handfeuerwaffenmunition - hätte keinen Anlass gegeben, von der Beplanung abzusehen, weil die künftige Nutzung als Promenadenweg durch solche unter der Aufschüttung enthaltene Munition nicht gefährdet ist. Im Planungsermessen ist darüber zu entscheiden, ob Risiken von geringem Gewicht hingenommen werden müssen. Akute Gesundheitsgefährdungen dürfen nicht geplant werden (Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 1 Rn. 596). Ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme, unter der Aufschüttung liegenden Munition könne ohne fremde Einflüsse und vorherige Trocknung der Kampfmittel explodieren, sind zudem nicht gegeben. Dazu hätte es zumindest der Schilderung bedurft, in der Vergangenheit hätten sich solche Ereignisse (und sei es: kleineren Umfangs) begeben. Denn die Munition müsste, träfe die Behauptung der Antragsteller zu, schon längere Zeit dort verrotten. Solche Schilderungen fehlen jedoch. Es kommt hinzu: Auch im Rahmen des § 19 Satz 2 NBauO ist anerkannt, dass hauptsächlich Fundmunition in Gestalt von Bomben, Raketen, Minen und Granaten das Baugrundstück für eine bauliche Nutzung ungeeignet macht (Lindorf, in: Große-Suchsdorf u.a., NBauO, 8. Aufl. 2006, § 19 Rn. 55). Daher hätte die Gemeinde ermessensfehlerfrei (§ 5 NdsSOG) auch bei Kenntnis der Kampfmittel von Gefahrerforschungs- und ggf. Gefahrenbeseitigungsmaßnahmen absehen dürfen und durfte ebenso abwägungsfehlerfrei die Wegeverbindung planen.
Im Übrigen sichert § 19 Satz 2 NBauO, dass bei Ungeeignetheit des Grundstücks ohne Sanierung nicht gebaut werden darf. Ungeeignet ist das Grundstück auch dann, wenn eine bauliche Anlage Sanierungsmaßnahmen verhindern würde, die wegen des (Grund-)Wasserschutzes erforderlich sind. Insofern kann also die Konfliktlösung ggf. von der Gemeinde auch in die Sanierungs- und Bauphase verlagert werden, wenn eine Sanierung möglich ist. Ein unausräumbarer Nutzungskonflikt ist von den Antragstellern nicht dargetan worden. Anderes gilt auch nicht für das auf der Anschüttungsfläche befindliche Wohngrundstück des Antragstellers 1 KN 252/08. Diese Fläche war schon im geänderten Plan als Kleingartengelände ausgewiesen. Nach der als Hilfsmittel heranziehbaren BBodSchVO sind bei einer solchen Nutzung mehr Belastungspfade zu berücksichtigen als bei reiner Wohnnutzung oder gar Verkehrsflächennutzung. Der Plan führt also insoweit nicht zu einer erhöhten Gefährdung und löst somit kein zusätzliches Problem aus.
Dem Plan steht kein dauerndes Vollzugshindernis entgegen, weil bei Vorhandensein von Bodenverunreinigungen durch Asbest diese beseitigt werden müssen, so dass der Weg zunächst nicht angelegt werden kann. Es handelte sich dabei allenfalls um ein vorübergehendes Hindernis, das auf Dauer die Planverwirklichung nicht ausschließt. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG soll die zuständige Behörde Gefahrerforschungsmaßnahmen bewirken, wenn Anhaltspunkt für schädliche Bodenveränderungen vorliegen. Solche Anhaltspunkte sind erst nach dem Satzungsbeschluss aufgetreten. Die Antragsgegnerin war daher nicht gehalten, im Planaufstellungsverfahren möglichen Bodenverunreinigungen durch Asbest nachzugehen. Darüber hinaus hat die Überplanung die von eventuellen Bodenverunreinigungen ausgehenden Gefährdungen nicht gesteigert, sondern sogar gemindert. Während die ggf. betroffenen Flächen vorher als private Gartenflächen, ggf. auch mit Nutzpflanzenanbau genutzt wurden, soll nach dem Plan ein befestigter Weg über diese Flächen führen. Nach Vortrag der Antragsteller ist der Bauschutt mit einer Erdschicht abgedeckt worden. Unter diesen Umständen ist nicht anzunehmen, dass aus der Planung des Weges neue städtebauliche Konflikte resultieren, selbst wenn eine Asbestverunreinigung vorläge. Auch hinsichtlich der vom Antragsteller 1 KN 252/08 als Wohngrundstück genutzten Anschüttungsfläche erhöht der Plan gegenüber der bisherigen Planausweisung nicht die Gefährdungssituation.
Die in die Planurkunde aufgenommene örtliche Bauvorschrift (§ 56 i.V.m. §§ 97, 98 NBauO) betreffend die Durchsichtigkeit der Einfriedungen von Steganlagen ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 3 NBauO dürfen solche Bauvorschriften in bestimmten Teilen des Gemeindegebiets die Gestaltung von Einfriedungen, z.B. von Zäunen, bestimmen. Vorliegend ist die räumliche Anwendbarkeit der Bauvorschrift im Plan klar bestimmt. Die Durchsichtigkeit einer Einfriedung ist ein dieser zukommendes Gestaltungsmerkmal. Die Vorschrift dient städtebaulichen Zwecken, nämlich der Erleichterung des Ausblicks auf das Meer vom Uferweg aus. Für eine Unverhältnismäßigkeit der Bauvorschrift ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil: Diese nimmt ganz erheblichen Umfangs Rücksichten auf die Interessen der Antragsteller. Einerseits wird in deren Interesse, die Aussicht auf das Steinhuder Meer weiterhin genießen zu können, die Befugnis eingegrenzt, Einfriedungen nördlich des planbedingt ermöglichten Weges anzulegen. Andererseits steht es den Antragstellern und allen anderen Anliegern nach der Bauvorschrift weiterhin frei, zum Schutz vor Einsicht auch höhere Einfriedungen oder Sichtschutzvorkehrungen anzulegen.