Amtsgericht Hannover
Beschl. v. 23.06.2005, Az.: 906 IN 427/05
Aufhebung einer internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte durch Verlegung eines Wohnsitzes vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 23.06.2005
- Aktenzeichen
- 906 IN 427/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 39598
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2005:0623.906IN427.05.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- LG Hannover - 09.08.2005 - AZ: 20 T 45/05
- BGH - 05.07.2007 - AZ: IX ZB 233/05
Rechtsgrundlagen
- § 2 InsO
- § 3 InsO
- § 11 InsO
- § 16 InsO
Tenor:
... wird heute, am 23.06.2005 um 18:45 Uhr das Insolvenzverfahren gemäß §§ 2, 3, 11, 16 ff. Insolvenzordnung (InsO) eröffnet.
Gründe
Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Hannover als Insolvenzgericht ist gegeben (Art. 3 EuInsVO, § 3 InsO).
Bei Antragstellung unterhielt der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand in Hannover. Zwar hat der Schuldner nach eigenen Angaben anschließend seinen Wohnsitz nach Frankreich verlegt. An dieser Wohnsitzverlegung bestehen allerdings Zweifel, weil die Familie des Schuldners offenbar nach wie vor in Hannover lebt. Darüber hinaus dürfte der Schuldner weiterhin für das in Hannover ansässige Medienberatungsunternehmen seiner Ehefrau tätig sein, so dass sich der Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen immer noch in Hannover befindet.
Letztendlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, weil die Wohnsitzverlegung, sofern sie tatsächlich erfolgt sein sollte, angesichts des dem Schuldner bereits bekannten Insolvenzantrages rechtsmissbräuchlich und damit nicht geeignet war, die einmal begründete internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte wieder aufzuheben. Anderenfalls hätte der Schuldner die Möglichkeit, durch Verlegung seines Wohnsitzes in dem Zeitraum zwischen Eingang des Insolvenzantrages bei Gericht und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die zunächst gegebene Zuständigkeit des Gerichts zu unterlaufen, um so die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zumindest zu verzögern oder durch die Verlagerung des Insolvenzverfahrens in einen anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union eine Verbesserung seiner Rechtsstellung zu erreichen.
Der Schuldner ist zahlungsunfähig. Dies steht zurÜberzeugung des Gerichts fest aufgrund der durchgeführten Ermittlungen, insbesondere aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen ... vom 23.06.2005.
Zum Insolvenzverwalter wird bestellt:
Rechtsanwalt ...
Dem Schuldner wird die Verfügung über sein gegenwärtiges und zukünftiges Vermögen für die Dauer des Insolvenzverfahrens verboten und dem Insolvenzverwalter übertragen. Schuldbefreiende Leistungen an den Schuldner können nach dem Eröffnungszeitpunkt nicht mehr erfolgen, wird gleichwohl an den Schuldner geleistet und gelangen die Mittel nicht zur Masse, besteht die Gefahr der nochmaligen Leistungsverpflichtung gegenüber dem Insolvenzverwalter.
Der Insolvenzverwalter wird mit der Durchführung der Zustellung gemäß § 8 Abs. 3 InsO beauftragt.
Die Gläubiger werden aufgefordert:
- a)
Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) bei dem Insolvenzverwalter schriftlich und unter Beachtung des§ 174 InsO anzumelden bis: 16.08.2004,
- b)
dem Insolvenzverwalter unverzüglich mitzuteilen, welche Sicherungsrechte sie an beweglichen Sachen oder an Rechten des Schuldners in Anspruch nehmen. Der Gegenstand, an dem das Sicherungsrecht beansprucht wird, die Art und der Entstehungsgrund des Sicherungsrechts sowie die gesicherte Forderung sind zu bezeichnen. Wer die Mitteilung schuldhaft unterlässt oder verzögert, haftet für den daraus entstehenden Schaden (§ 28 Abs. 2 InsO).
Personen, die Verpflichtungen gegenüber dem Schuldner haben, werden aufgefordert, nicht mehr an den Schuldner, sondern an den Insolvenzverwalter zu leisten (§ 28 Abs. 3 InsO).
Vor dem Insolvenzgericht wird am Mittwoch, 14.09.2005, 09:30 Uhr, Saal 226, 2. Obergeschoss, Amtsgericht Hannover, Dienstgebäude Hamburger Allee 26, 30161 Hannover ein Berichts- und Prüfungstermin zur Durchführung einer Gläubigerversammlung mit folgender Tagesordnung abgehalten:
- 1.
Beschlussfassung über die eventuelle Wahl eines anderen Insolvenzverwalters sowie über die in den §§ 66, 68, 100, 149, 157, 160, 162, 207, 271 InsO bezeichneten Angelegenheiten;
- 2.
Prüfung der angemeldeten Forderungen.