Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 13.01.2000, Az.: 12 M 117/00

Arbeitsverweigerung; Ausschluß; Krankheit; Leistungsanspruch; zumutbare Arbeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
13.01.2000
Aktenzeichen
12 M 117/00
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2000, 41523
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - AZ: 2 B 2391/99

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Rechtsfolgen aus dem Kürzungsbescheid sind dann zu suspendieren, wenn der Hilfeempfänger im Kürzungszeitraum arbeitsunfähig erkrankt; das gilt auch dann, wenn sich der Hilfeempfänger von vornherein geweigert hat, zumutbare Arbeit zu leisten.

Gründe

1

Die hiernach vorgetragenen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses greifen nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dem Antragsteller sei gemäß § 11 BSHG Hilfe zum Lebensunterhalt in "ungekürzter Höhe des für ihn maßgeblichen Regelsatzes zu gewähren", weil es nicht gerechtfertigt sei, die dem Antragsteller zustehenden Regelsatzleistungen in Anwendung der §§ 18 BSHG, 25 Abs. 1 BSHG zu kürzen; denn der Antragsteller sei arbeitsunfähig erkrankt, aus diesem Grunde habe die im Auftrage des Antragsgegners handelnde Stadt M. auch nicht im Hinblick auf ihren bestandskräftigen Bescheid vom 16. Juli 1999, mit dem dem Antragsteller eine gemeinnützige und zusätzliche Arbeit angeboten worden sei, die Hilfe kürzen dürfen; insoweit sei eine "überholende Kausalität" anzunehmen, die die Rechtfertigung der Kürzung entfallen lasse.

2

Dem hält der Antragsgegner mit dem Zulassungsantrag entgegen, die Bestandskraft des Bescheides vom 16. Juli 1999 sei bindend und - ferner - "die Vorlage mehrerer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Zeitraum vom 26.07. bis 15.12.1999 (führe) nicht zu einer Suspendierung der Rechtsfolgen aus dem Kürzungsbescheid, da der Ast. vor und während der Zuweisung von gemeinnütziger Arbeit wiederholt und unmissverständlich mitgeteilt hat, solche Arbeiten schon aus grundsätzlichen Erwägungen nicht anzunehmen". Dieser auch vom Oberverwaltungsgericht Berlin (Beschl. v. 29.4.1986 - 6 S 33.86 - FEVS 36, 408) geltenden Auffassung des Antragsgegners ist das Verwaltungsgericht mit den überzeugenden Erwägungen entgegengetreten, der Antragsteller habe sich nicht geweigert, ihm zumutbare Arbeit zu leisten, da er hierzu - gesundheitsbedingt - nicht in der Lage gewesen sei. Die nicht näher begründete Auffassung des Oberverwaltungsgerichtes Berlin, auf die sich der Antragsgegner beruft, ist schwerlich mit §§ 25 Abs. 1, 18 BSHG zu vereinbaren, da sie dem Wortlaut der §§ 25 Abs. 1, 18 Abs. 3 (zumutbare Arbeit) widerspricht, wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat. Angesichts des Wortlautes der bezeichneten Bestimmungen bedarf es keines weiteren Eingehens auf die Überlegungen des Antragsgegners und des Oberverwaltungsgerichtes Berlin, da insoweit nur Rechtsbehauptungen aufgestellt werden, indessen nicht näher begründet wird, warum es gerechtfertigt sein könne, die Hilfe zum Lebensunterhalt auch für denjenigen zu kürzen, der zur Arbeitsaufnahme nicht in der Lage ist. Im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht dargetane  "überholende Kausalität" hätte eine zureichende Darlegung auch nähere Ausführungen - über eine bloße Rechtsbehauptung hinaus - erfordert, schon wegen des bestandskräftigen Bescheides vom 16. Juli 1999 sei - unabhängig von der Arbeitsfähigkeit des Antragstellers -  die Kürzung gerechtfertigt, im Übrigen erwägt der Antragsgegner nicht, dass in dem Bescheid vom 16. Juli 1999 für den Fall der Arbeitsunfähigkeit die Einstellung der Hilfe ausgeschlossen wird.

3

Auch soweit der Antragsgegner vorträgt, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes sei die Kürzung der Hilfe im Hinblick auf den - weiteren - Bescheid vom 16. Juli 1999, mit dem der Antragsteller aufgefordert worden sei, sich um eine angemessene Arbeit zu bemühen und regelmäßig Nachweise hierüber vorzulegen, gerechtfertigt, nachdem der Antragsteller dies unterlassen habe, belässt es der Antragsgegner bei einer schlichten - und damit nach dem aufgezeigten Maßstab unzureichenden - Rechtsbehauptung, mit der er der Auffassung des Verwaltungsgerichts widerspricht, auch in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit sei der Hilfeempfänger verpflichtet, einem Bescheid des eben bezeichneten Inhalts nachzukommen.