Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.01.2000, Az.: 15 K 3665/96

Abfindung; Bauerwartungsland; Flurbereinigung; Gleichheitssatz; Ortsnähe; Wertgleichheit; Zuteilungsermessen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.01.2000
Aktenzeichen
15 K 3665/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 41904
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

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Die Kläger sind ebenso wie die Beigeladenen Teilnehmer am Flurbereinigungsverfahren W., das vom Amt für Agrarstruktur L. seit  1972 betrieben wird. Die Flurbereinigungsbehörde stellte die Ergebnisse der Wertermittlung am  31. Januar 1985 fest und ordnete die vorläufige Besitzeinweisung am 27. Juli 1988 mit sofortiger Wirkung an. Den Flurbereinigungsplan gab sie den Beteiligten am 26. Januar 1996 bekannt. Durch diesen Plan wurde den Klägern für ihren Altbesitz, der aus 2,5293 ha Grünland, 0,325 ha Ödland und 0,2792 ha Hofraum mit 98,06 Werteinheiten bestand, nach einem allgemeinen Landabzug von 7,5 % 0,604 ha Ackerland, 1,6759 ha Grünland, 0,1063 ha Ödland und 0,2792 ha Hofraum im Neubesitz zugeteilt, u.a. der 0,604 ha große westliche Teil des Neuflurstücks 27 der Flur 5 der Gemarkung E., der zum Altbesitz der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen gehört hatte. Diese wurde für ihren Altbesitz, der sich aus 20,0112 ha Ackerland, 2,1371 ha Grünland, 0,512 ha Ödland und 0,143 ha Hofraum mit 919,42 Werteinheiten zusammensetzte, mit 20,1419 ha Ackerland, 0,3046 ha Ödland und 0,1322 ha Hofraum mit 854,32 Werteinheiten abgefunden. Für die Mehrausweisung gegenüber dem Abfindungsanspruch von 851,5 Werteinheiten sah der Flurbereinigungsplan einen Geldausgleich von 1071,60 DM vor.

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Gegen den Flurbereinigungsplan erhob die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen am 26. Januar 1996 Widerspruch, mit dem sie geltend machte, dass ihr der westliche Teil des Neuflurstücks 27, mit dem die Kläger abgefunden worden seien, zugeteilt werden müsse. Dabei  handele es sich um ihren besten ortsnahen Acker, dessen Wiederzuteilung bereits im Planwunschtermin am 5. März 1986 beantragt und ihr von Mitarbeitern der Flurbereinigungsbehörde auch zugesagt worden sei. Diese Fläche komme als Baugebiet in Betracht. Im Gegenzug sei sie bereit, wertgleiche Flächen an der Nordostseite ihres Abfindungsflurstücks 42 abzugeben. Der jetzigen Zuteilung könne sie auch deshalb nicht zustimmen, weil ihr Neubesitz ohnehin schlechter als der Altbesitz sei. Für ertragssichere Ackerflächen seien ihr mit dem Flurstück 16 und dem südlichen Teil des Flurstücks 42, den ihr Pächter stillgelegt habe, minderwertige und unter Nässe leidende Ackerflächen zugeteilt worden. Ob der von der Flurbereinigungsbehörde an der westlichen Grenze des Flurstücks 42 angelegte Graben Abhilfe schaffen könne, sei zu bezweifeln.

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Das Amt für Agrarstruktur führte in seinem Vorlagebericht zu diesen Einwänden aus, die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen sei wertgleich abgefunden worden. Bei der Zuteilung habe man der Abfindung in drei großen Blöcken den Vorzug vor einer Wiederzuteilung des Altbesitzes gemäß dem Planwunsch der Widerspruchsführerin gegeben. Die neuen Schläge seien wesentlich besser geformt als der Altbesitz. Eine Wiederzuteilung des westlichen Teils des Flurstücks 27 wäre nur dann erforderlich gewesen, wenn es sich bei ihm um Bauerwartungsland gehandelt hätte. Im Zeitpunkt der vorläufigen Besitzeinweisung habe es jedoch keine Hinweise darauf gegeben, dass diese Fläche einer Bebauung zugeführt werden könne. Heute gelte nichts anderes.

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Die Beklagte gab dem Widerspruch der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen durch Bescheid vom 29. Mai 1996 statt, indem sie der Widerspruchsführerin zur Herstellung einer wertgleichen Abfindung das Flurstück 27 im Umfang ihres Altbesitzes wieder zuteilte. Zugleich wies sie den Klägern die Wertverhältniszahlen aus dieser Änderung im südöstlichen Bereich des Neuflurstücks 16 entlang des Weges "W." in einer Breite von ca. 60 m zu. Zur Begründung dieser Entscheidung führte die Beklagte aus, sie teile zwar die Auffassung der Flurbereinigungsbehörde, dass der Altbesitz der Widerspruchsführerin im Flurstück 27 keinen über den landwirtschaftlichen Nutzwert hinausgehenden Wert habe, weil weder die örtlichen Gegebenheiten noch die planungsrechtliche Situation für eine Einstufung dieser Fläche als Bauerwartungsland sprächen. Sie stimme mit dem Amt für Agrarstruktur auch darin überein, dass die Zuteilung der Widerspruchsführerin unter neuzeitlichen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen sachgerecht sei und als gelungen angesehen werden könne. Zu beanstanden sei aber, dass die Flurbereinigungsbehörde dem Gesichtspunkt der großflächigen Zusammenlegung den Vorrang vor allen anderen Gestaltungsgesichtspunkten gegeben habe. Die tatsächlichen Bewirtschaftungsverhältnisse seien als zumindest gleichgewichtig einzustufen. Die Flurbereinigungsbehörde hätte als weiteren Belang den Wunsch der Widerspruchsführerin auf Zuteilung ihres Altbesitzes im Flurstück 27 berücksichtigen müssen. Die Ortsbesichtigung habe ergeben, dass es sich bei dieser Fläche um höhergelegenes, sehr gutes Ackerland handele, das ihr nicht ohne besondere planerische Überlegungen hätte entzogen werden dürfen. Die Erwägung, Flächen an anderer Stelle zusammenzulegen, genüge dafür nicht. Es komme hinzu, dass die Fläche ortsnah sei und daher einen erhöhten Lagewert habe, was auch im Hinblick auf spätere Planungen bei den Zuteilungsüberlegungen berücksichtigt werden müsse. Schließlich bestehe keine planerische Notwendigkeit, das gesamte Flurstück 27 den Klägern zuzuteilen, weil kein Teilnehmer einen Anspruch auf eine besonders vorteilhafte Abfindung habe. Die Kläger hätten weit entfernt liegende Flurstücke in die Flurbereinigung eingebracht, die in die Nähe ihrer Hofstelle gelegt worden seien. Sie hätten ihre Flächen zudem verpachtet, so dass es auch aus betrieblichen Gründen nicht erforderlich sei, ihnen das Flurstück 27 ganz zu überlassen. Für den Verlust des westlichen Bereichs des Flurstücks 27 müssten sie allerdings mit einem Teil des Flurstücks 16 abgefunden werden.

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Die Kläger haben am 26. Juni 1996 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vortragen, die Entscheidung der Beklagten, der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen den Altbesitz im Flurstück 27 zuzuteilen, sei rechtswidrig. Die Widerspruchsführerin sei durch den Flurbereinigungsplan wertgleich abgefunden worden. Sie habe aus der Flurbereinigung großen Nutzen gezogen, weil die ihr zugewiesenen Neuflurstücke, bei denen es sich keineswegs um geringwertiges Ackerland handele, besser als der Altbesitz geformt seien und daher einfacher bewirtschaftet werden könnten. Anhaltspunkte dafür, dass die Flurbereinigungsbehörde ihr Planungsermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt habe, bestünden nicht. Das Amt für Agrarstruktur habe insbesondere die in § 44 Abs. 3 und 4 FlurbG niedergelegten Planungsgrundsätze beachtet. Dementsprechend habe die Beklagte selbst eingeräumt, dass die Flurbereinigungsbehörde unter neuzeitlichen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten eine sachgerechte und gelungene Zuteilung durchgeführt habe. Entgegen der Annahme der Beklagten seien auch die tatsächlichen Bewirtschaftungsverhältnisse und die Ortsnähe nicht unberücksichtigt geblieben. Die Flurbereinigungsbehörde habe geprüft, ob der streitige Teil des Neuflurstücks 27 in nächster Zeit Baulandqualität erlangen könne, und damit dem Gesichtspunkt der Ortsnähe Rechnung getragen. Dies gelte auch für die Zuweisung des ortsnahen Flurstücks 28. Ferner seien die Bewirtschaftungsverhältnisse durch die Ausgliederung des Flurstücks 27 nicht nachteilig beeinflusst worden, weil der umstrittene Teil dieses Flurstücks nur 0,6 ha groß sei. Andererseits sei die Zusammenlegung dieser Fläche mit ihrer Hofstelle sinnvoll. Nach der Entscheidung der Beklagten sei ihre Abfindung nicht mehr wertgleich.

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Die Kläger beantragen,

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den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 29. Mai 1996 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen,

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und erwidert: Die Flurbereinigungsbehörde habe der Zusammenfassung der Abfindung der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen in drei Abfindungsblöcken einen zu hohen Stellenwert eingeräumt. Sie habe sowohl die Bodenstrukturen als auch die Bewirtschaftungsmöglichkeiten nicht sachgerecht berücksichtigt. Sie hätte in ihre Zuteilungsüberlegungen einbeziehen müssen, dass der südliche, neu zugeteilte Bereich des Flurstücks 42 tiefer liege, eine Senke aufweise und unter Nässe leide, so dass eine einheitliche Bewirtschaftung des Flurstücks im Frühjahr und Herbst nur selten möglich sei. Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen habe in der mündlichen Verhandlung über ihren Widerspruch glaubhaft dargelegt, dass zu ihrem Altbesitz keine derart schwer zu bewirtschaftende Fläche gehört habe. Auch wenn die landbautechnischen Maßnahmen größtenteils Abhilfe geschaffen hätten, blieben Nässeprobleme, die bei der Zuteilung zu berücksichtigen gewesen seien. Außerdem hätte die Flurbereinigungsbehörde der Ortsnähe größere Bedeutung beimessen müssen. Durch den Ausbau des Wege- und Gewässernetzes, insbesondere des relativ großen Grabens entlang der Ostgrenze der Flurstücke 16 und 42, hätten diese Flurstücke den Bezug zur Ortslage verloren. Bei dem eindeutigen Planwunsch der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen habe keine planerische Notwendigkeit bestanden, nicht zu ihren Gunsten zu entscheiden. Andererseits sei die angefochtene Entscheidung mit den Belangen der Kläger vereinbar. Die neue Einteilung stelle für sie in betriebswirtschaftlicher Hinsicht eine Verbesserung dar, weil das neue Flurstück parallele Grenzen aufweise und eine einheitliche Bewirtschaftung des Flurstücks 27 nicht möglich sei.

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Die Beigeladenen beantragen,

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                        die Klage abzuweisen,

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und vertreten die Auffassung, die Entscheidung der Beklagten verletzte ihre Rechte, weil sie mit den Zuteilungsgrundsätzen des Flurbereinigungsgesetzes nicht im Einklang stehe. Der Widerspruchsbescheid sei zwar nicht zu beanstanden, soweit ihrer Rechtsvorgängerin der Teil des Neuflurstücks 27, der zu ihrem Altbesitz gehört habe, zugeteilt worden sei; dies entspreche dem Grundsatz, die Teilnehmer am Flurbereinigungsverfahren nach Möglichkeit mit Grund und Boden in gleicher Lage wie bisher abzufinden. Ihre Rechte würden jedoch dadurch verletzt, dass der Beklagte den Klägern Teile des Flurstücks 16 zugeteilt habe. Zum einen sei es geboten, ihnen das gesamte Neuflurstück 16 zuzuteilen, um dem Grundsatz der Zuteilung von Flächen in gleicher Lage zu genügen. Zum anderen seien ihnen Flächen im Bereich ihres bisherigen Altbesitzes genommen worden. Ferner sei das Neuflurstück 16 von der Straße "W." nicht mehr zugänglich. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass ihre Rechtsvorgängerin in erheblichem Maße Flächen erhalten habe, deren Bodenqualität schlechter als die des Altbesitzes sei. Der nordöstliche Bereich des Neuflurstücks 16 und der südwestliche Bereich des Neuflurstücks 42 seien teilweise stark vernässt. Schließlich sei es auch nicht erforderlich, den Klägern einen Teil des Neuflurstücks 27 zuzuteilen. Diese könnten unter Beachtung der Zuteilungsgrundsätze auch anderweitig abgefunden werden. Sie seien damit einverstanden, dass den Klägern ein Teil des Neuflurstücks 16 entlang der Straße "B." zugeteilt werde.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge zum Verfahren 15 K 3695/96 verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist begründet, weil der angefochtene Widerspruchsbescheid rechtswidrig ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt.

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Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 des Flurbereinigungsgesetzes - FlurbG - in der im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides geltenden Fassung vom 18. Juni 1997 (BGBl. I S. 1430) hat die Flurbereinigungsbehörde begründeten Widersprüchen abzuhelfen. Dazu darf sie den Flurbereinigungsplan ändern und in die Abfindung zufriedener Teilnehmer eingreifen, weil jede Abfindung unter dem Vorbehalt möglicher Änderungen steht, solange nicht alle den Plan betreffenden Festsetzungen bestandskräftig sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.11.1973 - BVerwG V C 17.72 - Buchholz 424.01 § 60 Nr. 1, m.w.N.). Die Änderungsbefugnis der beklagten Widerspruchsbehörde ist hingegen eingeschränkt, weil ihr Umfang durch den Rahmen des Widerspruchsverfahrens bestimmt wird. Sie darf die Abfindung eines Teilnehmers, der sich mit den ihn betreffenden Festsetzungen des Flurbereinigungsplans zufrieden gegeben hat, nur ändern, soweit dies zur Abhilfe des Widerspruchs eines anderen Teilnehmers erforderlich ist. Gemäß § 141 Abs. 1 Satz 3 FlurbG gelten nur die Sätze 3 und 4 des § 60 Abs. 1 FlurbG entsprechend, nicht aber Satz 2, der der Flurbereinigungsbehörde im Falle eines Widerspruchs auch ein Recht zur Vornahme anderer Änderungen, die sie für erforderlich hält, einräumt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8.01.1971 - BVerwG IV B 206.69 - RdL 1971 S. 157; Urt. v. 8.11.1973, aaO; Senatsurt. v. 11.11.1999 - 15 K 484/97 - ; Seehusen/Schwede, Flurbereinigungsgesetz, Kommentar, 7. Aufl., § 60 Rdnr. 8, § 141 Rdnr. 24, m.w.N.).

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Gemessen daran ist der angefochtene Widerspruchsbescheid rechtswidrig, weil der Widerspruch der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen unbegründet war, so dass die Beklagte in die Abfindung der Kläger, die sich mit dieser zufrieden gegeben haben, nicht eingreifen durfte.

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Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG ist jeder Teilnehmer unter Berücksichtigung der nach § 47 FlurbG vorgenommenen Abzüge mit Land von gleichem Wert abzufinden. Maßgebend für die Landabfindungen sind die nach den §§ 27 bis 33 FlurbG ermittelten Werte der betroffenen Grundstücke, die der Abfindung nach der Unanfechtbarkeit der öffentlich bekannt gemachten, gesondert anfechtbaren Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung ohne weiteres zu Grunde zu legen sind, soweit nicht Wertveränderungen im Wege der Nachsicht (§ 134 FlurbG) nachträglich Rechnung getragen werden muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.1992 - BVerwG 11 C 3.92 - Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 72 S. 134 = RdL 1993 S. 98; Urt. v. 7.2.1974 - BVerwG V C 32.72 - Buchholz 424.01 § 44 Nr. 25). Die durch die Schätzung ermittelten Grundstückswerte bilden aber nicht den ausschließlichen Maßstab für die wertgleiche Abfindung. Der Wert der Gesamtabfindung wird vielmehr auch durch andere Faktoren bestimmt, die bei der Zuteilung in Ansatz gebracht werden müssen. Nach § 44 Abs. 2 FlurbG sind bei der Landabfindung die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse aller Teilnehmer gegeneinander abzuwägen und alle Umstände zu berücksichtigen, die wesentlichen Einfluss auf den Ertrag, die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke haben. § 44 Abs. 3 und 4 FlurbG bestimmt ferner, dass Landabfindungen in möglichst großen Grundstücken ausgewiesen werden müssen und in der Nutzungsart, Beschaffenheit, Bodengüte und Entfernung vom Wirtschaftshof oder von der Ortslage den alten Grundstücken entsprechen sollen, soweit dies mit einer großzügigen Zusammenlegung des Grundbesitzes nach neuzeitlichen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen vereinbar ist. Eine Landabfindung ist deshalb nur dann im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG wertgleich, wenn die durch die Schätzung ermittelten Werte und die weiteren den Wert der Gesamtabfindung mitbestimmenden Faktoren in Ansatz gebracht und angemessen berücksichtigt worden sind.

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Begründete Anhaltspunkte dafür, dass die Flurbereinigungsbehörde dies im Fall der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen nicht beachtet hat, bestehen nicht. Dem von der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen in das Flurbereinigungsverfahren eingebrachten Altbesitz steht bei einem vom Beklagten unter Berücksichtigung eines allgemeinen Landabzugs von 7,5  % errechneten Abfindungsanspruch von 851,5 Werteinheiten ein Neubesitz von 854,32 Werteinheiten gegenüber. Die Abfindung ist daher ausgehend von den Ergebnissen der Wertermittlung, die von der Flurbereinigungsbehörde am 31. Januar 1985 festgestellt worden und seit dem 3. März 1985 bestandskräftig sind, wertgleich. Bezieht man die übrigen den Wert der Gesamtabfindung der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen mitbestimmenden Faktoren in die Beurteilung mit ein, ergibt sich nichts anderes.

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Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen ist im wesentlichen mit drei großen Flurstücken abgefunden worden. Diese Flurstücke sind erheblich besser als ihr Altbesitz geformt, zumal ihre Grenzen fast durchgehend parallel zur Bewirtschaftungsrichtung verlaufen. Daher können sie einfacher bewirtschaftet, aber auch besser verpachtet werden. Die Abfindung trägt mithin § 44 Abs. 2 FlurbG und - in besonderem Maße - § 44 Abs. 3 Satz 1 FlurbG Rechnung. Der Beklagten ist darin zuzustimmen, dass die Zuteilung durch die Flurbereinigungsbehörde unter neuzeitlichen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen als sachgerecht und gelungen anzusehen ist.

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Die Landabfindung der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen genügt ferner § 44 Abs. 4 FlurbG, wonach sie den alten Grundstücken u.a. in der Bodengüte und Entfernung von der Ortslage entsprechen soll, soweit dies mit einer großzügigen Zusammenlegung des Grundbesitzes nach neuzeitlichen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen vereinbar ist. Der Einwand der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, sie habe besten Ackerboden eingebüßt, ist nicht stichhaltig. Der westliche Teil der Neuflurstücke 27 und 58, der zum Altbesitz der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen gehört hatte und ihr durch den Flurbereinigungsplan nicht wieder zugeteilt worden ist, ist zwar mit A 42 und A 45 bewertet worden. Die ihr neu zugeteilten Bereiche des Flurstücks 16 weisen aber ebenfalls Ackerland mit 42, 45 und sogar 48 Punkten auf. Außerdem liegt der Durchschnittswert der Abfindung mit ca. 41,5 Werteinheiten je ha über dem der Einlage mit ca. 40,3 Werteinheiten je ha. Gestiegen ist insbesondere der Anteil der besseren Ackerklassen. Gegen die Abfindung der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen kann des weiteren nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, das Flurstück 16 leide ebenso wie der südliche Bereich des Flurstücks 42 unter Nässe und könne daher nur eingeschränkt bewirtschaftet werden. Zum einen überzeugt dieser Einwand nicht, weil er in bezug auf das Flurstück 16 nicht näher begründet und belegt worden ist, und weil die Anlage eines Grabens entlang der westlichen Grenze des Flurstücks 42 für den südlichen Bereich dieses Flurstücks offenbar Abhilfe geschaffen hat; das Amt für Agrarstruktur hat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen, dass das Flurstück 42 mittlerweile durchgängig bewirtschaftet wird und auch nicht mehr teilweise stillgelegt ist. Zum anderen gehören Bewirtschaftungserschwernisse durch Nässe zu den wertbestimmenden Umständen, die bei der Wertermittlung zu berücksichtigen sind. Fehler bei der Wertermittlung können die Beigeladenen aber nicht mehr mit Erfolg rügen, weil die Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung seit dem 3. März 1985 bestandskräftig ist und der Abfindung mangels konkreter Anhaltspunkte dafür, dass Wertveränderungen im Wege der Nachsicht  nachträglich Rechnung zu tragen waren, zu Grunde gelegt werden musste (vgl. BVerwG, Urt. v. 7. 2. 1974, aaO.); dies müssen gemäß § 15 Satz 1 FlurbG auch die Beigeladenen gegen sich gelten lassen.

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Die Landabfindung entspricht dem Altbesitz ebenso hinsichtlich der Entfernung zur Ortslage, die sich im Neubesitz nicht vergrößert hat. Die Abfindung umfasst nach den Festsetzungen des Flurbereinigungsplans zwar nicht den westlichen Teil der Neuflurstücke 27 und 58. Dafür ist die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen aber im östlichen Bereich des Flurstücks 16 abgefunden worden, der ortsnäher ist als ihr Altbesitz im Altflurstück 8/2, der ihr nicht wieder zugeteilt wurde. Dass im Rahmen des § 44 Abs. 4 FlurbG die Entfernung der Gesamtabfindung zur Ortslage maßgebend ist, versteht sich angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung und des Umstandes, dass einzelne ortsnahe Flurstücke andernfalls nur unter besonderen Umständen anderen als den Altbesitzern zugeteilt werden könnten, von selbst.

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Die Abfindung, die der Flurbereinigungsplan vorsieht, begegnet auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen der westliche Teil des Neuflurstücks 27, der zu ihrem Altbesitz gehört hatte, nicht erneut zugeteilt worden ist. Die Flurbereinigungsbehörde besitzt bei der Gestaltung der Abfindung im Rahmen des § 44 FlurbG einen Ermessensspielraum, um bei der Vielzahl der Beteiligten eine möglichst zweckmäßige Lösung herbeiführen zu können (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1958 - BVerwG I C 6.57 - Buchholz 424.01 § 144 FlurbG Nr. 3 = RdL 1959 S. 51; Urt. v. 10.5.1990 - BVerwG 5 C 1.87 - RdL 1970 S. 214; Senatsurteile v. 6.9.1995 - 15 K 343/93 - und v. 13.2.1997 - 15 K 8206/91 -). Daher kann kein Teilnehmer verlangen, mit bestimmten Flurstücken oder Flurstücken in bestimmter Lage, auch nicht in der Lage des Altbesitzes, abgefunden zu werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.2.1995 - BVerwG 11 C 20.94 - RdL 1995 S. 158; Senatsurteile v. 6.9.1995 u. 13.2.1997, aaO). Dass die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen behauptet hat, die Wiederzuteilung des Altbesitzes im Neuflurstück 27 sei ihr von Mitarbeitern des Amts für Agrarstruktur im Planwunschtermin am 5. März 1986 zugesagt worden, ändert daran nichts, weil eine derartige Zusage nach § 1 Abs. 1 Nds.VwVfG iVm § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG nur wirksam wäre, wenn sie - was hier nicht der Fall ist - schriftlich erteilt worden wäre.

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Es bestehen ebenfalls keine begründeten Anhaltspunkte dafür, dass das Amt für Agrarstruktur L. sein Zuteilungsermessen bezüglich des westlichen Teils der Neuflurstücks 27 fehlerhaft ausgeübt hat. Die Flurbereinigungsbehörde ist zu Recht davon ausgegangen, dass dieses Flurstück zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der vorläufigen Besitzeinweisung, dem  27. Juli 1988, der gemäß § 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG für die Feststellung der Wertgleichheit zwischen Alt- und Neubesitz maßgeblich ist, keinen über den landwirtschaftlichen Nutzwert hinausgehenden Wert als Bauerwartungsland gehabt hat. Das Flurstück befindet sich heute noch im Außenbereich der Gemeinde M.. Als Außenbereich ist es auch im Flächennutzungsplan der Samtgemeinde E. dargestellt . Die 1993/1994 erstellte städtebauliche Entwicklungsplanung für die Samtgemeinde E. weist es ebenfalls weder als kurzfristig noch als mittel- oder langfristig zu bebauende Fläche aus. Die Samtgemeinde E. und die Gemeinde M. haben der Flurbereinigungsbehörde am 6. bzw. 7. Oktober 1995 außerdem mitgeteilt, dass diese Fläche in absehbarer Zeit nicht zur Bebauung freigegeben werden wird. Demzufolge fehlt jeglicher begründete Anhaltspunkt dafür, dass es sich bei ihr im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der vorläufigen Besitzeinweisung oder danach um Bauerwartungsland gehandelt hat. Nichts anderes gilt für eine Einstufung als begünstigtes Agrarland.

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Die Flurbereinigungsbehörde hat bei der von ihr vorgenommenen Zuteilung auch im Übrigen sachgerechte Erwägungen angestellt. Ihrer Stellungnahme zum Widerspruch der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen gegen den Flurbereinigungsplan ist zu entnehmen, dass sie erwogen hat, dem Planwunsch der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen auf Zuteilung dieses Altbesitzes zu entsprechen, der Abfindung in drei großen Schlägen jedoch aufgrund der optimalen Zusammenlegung und Ausformung der Flächen und der rationellen Bewirtschaftungs- und guten Verpachtungsmöglichkeiten den Vorrang gegeben hat. Demnach haben nicht nur die Ortsnähe und der Planwunsch der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, sondern auch die Bewirtschaftungs- und Verpachtungsmöglichkeiten bei den Zuteilungsüberlegungen Berücksichtigung gefunden. Die o.g. Überlegungen sind überdies sachgerecht  und mit den Planungsgrundsätzen des § 44 Abs. 2 ff FlurbG vereinbar. Entgegen der Ansicht der Beklagten waren weder die Bewirtschaftungsverhältnisse noch der Planwunsch oder die Ortsnähe und Bonität des Flurstücks 27 geeignet, das Planungsermessen der Flurbereinigungsbehörde in der Weise zu binden, dass nur die Zuweisung des Altbesitzes abwägungsfehlerfrei ist. Daher bestehen keine überzeugenden Gründe für die Annahme, die Flurbereinigungsbehörde habe ihr Zuteilungsermessen fehlerhaft ausgeübt.

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Der Eingriff in die Abfindung der Kläger durch die Beklagte ließe sich schließlich auch nicht damit rechtfertigen, die Abfindung der Kläger sei vorteilhafter als diejenige der Beigeladenen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird ausschließlich durch den jedem Teilnehmer zustehenden Anspruch auf wertgleiche Abfindung gewährleistet. Ist dieser Anspruch erfüllt, ist in Anbetracht der Verschiedenheit der Verhältnisse die überhaupt mögliche gleiche Behandlung erreicht. Daher kann sich kein Teilnehmer darauf berufen, dass andere Teilnehmer bei der Landzuteilung vermeintlich besser abgeschnitten haben. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG scheidet mithin auch dann aus, wenn - bei im Übrigen wertgleicher Abfindung - einzelne Teilnehmer größere Vorteile als andere erhalten haben (BVerwG, Beschl. v. 19.11.1998 - 11 B 53.98 - AgrarR 1999 S. 287). Daher kann dahinstehen, ob die Abfindung der Kläger durch den Flurbereinigungsplan günstiger als die der Beigeladenen ist.