Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 17.01.2003, Az.: 13 A 96/02
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 17.01.2003
- Aktenzeichen
- 13 A 96/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 40733
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2003:0117.13A96.02.0A
In der Verwaltungsrechtssache
der Frau ,
Klägerin,
Proz.-Bev.: Rechtsanwälte ...,
g e g e n
die Stadt ...,
Beklagte,
Streitgegenstand: Sozialhilfe,
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 13. Kammer - am 17. Januar 2003 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
Der Klägerin ist Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
Die zulässige Klage ist voraussichtlich unbegründet.
Die Klägerin hat mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keinen Anspruch darauf, dass ihr die Kosten des Vorverfahrens, das durch ihren Widerspruch vom 2. November 2001 eingeleitet worden ist, erstattet werden. Das ergibt sich aus § 63 SGB X. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift hat, soweit der Widerspruch erfolgreich war, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, die zur zweckentsprechenden Rechtverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da der Widerspruch der Klägerin vom 2. November 2001 nicht erfolgreich war.
Dies setzt grundsätzlich voraus, dass die Behörde die zum Gegenstand des Widerspruchs gemachte Frage hinsichtlich des strittigen Punktes im Sinne des Widerspruchs beantwortet. Maßgeblich ist dabei nicht, wie die dem Widerspruch im Ergebnis "stattgebende" Entscheidung der Behörde tenoriert ist. Grundsätzlich ist der Erfolg eines Widerspruchs am Verfahrensgang gemäß §§ 68 ff. VwGO zu ermessen. § 63 SGB X regelt demnach nur den Inhalt einer Kostenentscheidung.
Ob eine Kostenentscheidung überhaupt zu ergehen hat, richtet sich demgegenüber nach den §§ 72, 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO. Demzufolge ist ein Widerspruch gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X erfolgreich, wenn ihm stattgegeben wird oder wenn die Behörde in anderer Weise abhilft, weil sie den Widerspruch für begründet hält. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Beklagte hat durch den Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2002 den Widerspruch der Klägerin vom 2. November 2001 ausdrücklich zurückgewiesen.
Sie hat ihm aber auch nicht in sonstiger Weise stattgegeben. Zwar hat die Beklagte durch den Hilfebescheid vom 11. Januar 2002 die Nachzahlung auf die Betriebskosten für die Unterkunft der Klägerin für das Jahr 2000 zu einem Betrag von 1.002,93 € übernommen.
Dadurch hat die Beklagte aber nicht dem Begehren der Klägerin, das Gegenstand ihres Widerspruchs vom 2. November 2001 war, nachgegeben. Mit dem Widerspruch hatte die Klägerin verlangt, dass die Beklagte ihr eine einmalige Leistung in Höhe von 2.166,39 € zur Ausgleichung der Betriebskostenabrechnung der Firma ... GmbH vom 18. Juli 2001 gewährt. Dieses Begehren hatte die Beklagte mit dem angegriffenen Bescheid vom 15. Oktober 2001 abgelehnt, weil die Nebenkostenabrechnung der Firma in entscheidendem Punkte rechtswidrig war. Daraufhin hatte die Firma eine neue Nebenkostenabrechnung erstellt, die der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 2. Januar 2002 der Beklagten übersandte. Daraufhin entschied die Beklagte unter dem 4. Januar 2002, durch den Hilfebescheid für Januar 2002 die Nebenkostennachforderung der Firma als einmalige Leistung zu einem Betrag von 981,38 € (Nachzahlung aus den Betriebskosten in Höhe von 1.002,93 € abzüglich des Guthabens aus Heizkosten für 2002 von 21,55 €) zu übernehmen. Die Klägerin konnte diesen Bescheid vom 11. Januar 2002 nur so verstehen, dass die Beklagte ihr nunmehr eine einmalige Leistung zur Befriedigung der Ansprüche der Firma aus den Nebenkosten für das Jahr 2000 gewähre, weil sie mit der neuerlichen Abrechnung nunmehr rechtmäßig berechnet ist.
Der Bescheid vom 11. Januar 2002 bringt mithin deutlich zum Ausdruck, dass nicht die ursprüngliche und der Klägerin mit dem Bescheid vom 15. Oktober 2001 zurück gegebene Nebenkostenabrechnung der Firma Grundlage der einmaligen Leistung ist, sondern die neuerliche, mit Schreiben vom 2. Januar 2002 vorgelegte Abrechnung der Firma . Das ursprüngliche Begehren, das Gegenstand des Widerspruchsverfahrens war, hat die Beklagte mithin nicht erfüllt.
Das Widerspruchsverfahren hat sich dadurch - jedenfalls hinsichtlich der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2000 - in der Sache durch eine neue Behördenentscheidung zugunsten der Klägerin erledigt. Diese Konstellation ist in § 63 SGB X nicht geregelt (s. hierzu: BVerwG, Urteil vom 18. April 1996 - 4 C 6/95 -, NVwZ 1997, 262, 273 zu dem insoweit mit § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X wortgleichen § 80 Abs. 1 Satz 1 VwVfG). Verfassungsrecht zwingt aber zu der Annahme, dass die Ausgangsbehörde einen Widerspruchsführer, der eine Verletzung in seinen Rechten geltend macht und im Widerspruchsverfahren im Ergebnis "obsiegt", nicht ohne tragfähigen Grund um eine Erstattung seiner Kosten in dem Verfahren bringen darf. Eine Verwaltungspraxis, welche zielgerichtet zur Vermeidung von Kostenlasten der Abhilfe eines Widerspruchs i.S.v. § 72 VwGO ausweicht, wäre mit dem Gleichheitssatz in dem Rechtsstaatsgebot nicht zu vereinen.
Das muss grundsätzlich dann gelten, wenn sich im Ergebnis zum Zeitpunkt der das Verfahren abschließenden Sachentscheidung der Behörde der Widerspruch als zulässig und begründet darstellt. In einem solchen Fall darf die Behörde insbesondere nicht durch das Unterlassen einer Entscheidung über den Widerspruch die Absicht verfolgen, der Kostenlast von § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu entgehen. Das verlangen die ungeschriebenen Grundsätze eines fairen Verfahrens und von Treu und Glauben (BVerwG, Urteil vom 18. April 1996 - 4 C 6/95 -, NVwZ 1997, 272, 273). Dies gilt aber nicht, wenn die "abhelfende" Entscheidung des Rechtsträgers nicht dem Widerspruch, sondern der nachträglichen Erfüllung von Mitwirkungspflichten, die der Widerspruch der Klägerin vom 2. November 2001 zunächst ausdrücklich bestritten hat, zuzurechnen ist (allgemein hierzu BSG, Urteil vom 21. Juli 1992 - 4 RA 20/91 -, DVBl. 1993, 261). So ist der Fall hier gelagert.
Die Klägerin hat nicht erneut die von der Beklagten zurückgewiesene Nebenkostenabrechnung der Firma am 2. Januar 2002 vorgelegt, sondern vielmehr - die mit dem angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 2001 ausdrücklich geforderte - neue "korrekte" Abrechnung der Firma . Es fehlt also jegliche ursächliche Verknüpfung zwischen dem Rechtsbehelf und der begünstigten Entscheidung der Behörde (s. zu diesem Gesichtspunkt: BVerwG, Urteil vom 14. August 1987 - 8 C 129.84 -, NVwZ 1988, 249). Insofern war es auch sachgerecht, dass die Beklagte durch ihren Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2002 den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen hat, nachdem die Klägerin mit der Vorlage der neuen Nebenkostenabrechnung nicht auch ihren Widerspruch vom 2. November 2001 für erledigt erklärt hatte.
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