Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 31.01.2002, Az.: 7 KS 212/01
Nachteile; Planfeststellung; Planvorhaben; Ursachenzusammenhang
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 31.01.2002
- Aktenzeichen
- 7 KS 212/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 41878
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 19 Abs 1 Nr 4 WaStrG
- § 74 Abs 2 S 2 VwVfG
- § 74 Abs 2 S 3 VwVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Für eine im Vorhinein erfolgende Festschreibung eines Kausalzusammenhangs zwischen planfestgestellter Ausbaumaßnahme und Eintritt eines eventuellen Schadens Dritter gibt es keine Rechtsgrundlage.
Gründe
Nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist es entsprechend § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO einzustellen. Nach § 161 Abs. 2 VwGO ist lediglich noch über die Kosten zu entscheiden.
Dem dafür maßgeblichen billigen Ermessen entspricht es, diese dem Kläger aufzuerlegen. Er hat die Weiterverfolgung seiner Klagebegehren aufgegeben.
Beim ersten Klageantrag - Einrichtung einer weiteren Stelle zur Messung des Salzgehalts der Elbe - geschah dies zwar als Reaktion darauf, dass die Beklagte als Trägerin des Vorhabens nach Klageerhebung eine solche Messstelle an der Schwinge eingerichtet und unter bestimmten Umständen die Einrichtung einer weiteren am Schöpfwerk W. zugesagt hat. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass dies nicht in Anerkennung einer Rechtspflicht, sondern "auf Grund freiwilliger Bereitschaft" geschehen ist, wie der Planfeststellungsbeschluss vom 22. Februar 1999 es im gleichen Zusammenhang ausdrückt (S. 340) und wie es in der mündlichen Verhandlung nochmals bekräftigt worden ist. Auch der Senat vermag nicht zu erkennen, dass die Beklagte damit einem voraussichtlichen Unterliegen in der Hauptsache zuvorgekommen wäre (vgl. Kopp/Schenke, VwGO12, RN 17 zu § 161). Vielmehr ist es der Kläger, der sich bei streitiger Entscheidung mit diesem Antrag voraussichtlich nicht hätte durchsetzen können. Bei der Einrichtung derartiger Messstellen handelt es sich um eine Maßnahme zur Feststellung des Zustands einer Sache zum Zweck der Beweissicherung im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 4 WaStrG. Die Vorschrift ergänzt § 74 Abs. 3 VwVfG, wonach eine noch nicht mögliche abschließende Entscheidung im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten ist (Wirth/Schulze, WaStrG2, Kommentierung zu § 19 Abs. 1). Beide Entscheidungen setzen von Rechts wegen voraus, dass sich "auf Grund besonderer Anhaltspunkte die konkrete Möglichkeit abzeichnet, dass nachteilige Wirkungen in absehbarer Zeit eintreten werden, ihr Ausmaß sich jedoch noch nicht abschätzen lässt" (BVerwG, Urt. v. 22.11.2000 - 11 C 2/00 -, NVwZ 2001, LS 3 u. S. 430). Besondere Anhaltspunkte dafür, dass der Salzgehalt am Rand der Elbe im Bereich des Klägers ausbaubedingt den Schädlichkeitswert von etwa 1( erreichen wird, liegen jedoch nicht vor. Nach den plausiblen Untersuchungen und Berechnungen, welche die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) im Rahmen der Umweltverträglichkeitsuntersuchung in ihrem Gutachten vom 24.10.1996 angestellt hat, wird der Salzgehalt bei S. vielmehr um etwa 0,05( und bei Wedel um etwa 0,02( zunehmen. Diese Berechnungen werden von ersten inzwischen vorliegenden Messergebnissen bestätigt, die für den Bereich des Klägers etwa 0,03( ausweisen. Das ist bei einem bisher vorhandenen Salzgehalt von etwa 0,2( keine Zunahme, die selbst bei einem künftig stärkerem Abweichen der Werte nach oben auch nur in die Nähe der Schädlichkeitsgrenze von 1( führen wird. Die vom Kläger in der Vergangenheit dagegen vorgebrachten Einwände bewegen sich im Bereich zwar verständlicher, fachlich jedoch nicht zu erhärtender Befürchtungen. Das schließt die von ihm beigebrachte Literatur ein, die zu den hier maßgeblichen Fragen konkret nichts anderes aussagt und die dem Senat ersichtlich keine Veranlassung zu ergänzenden gutachtlichen Untersuchungen gegeben hätte.
Voraussichtlich unterlegen wäre der Kläger auch mit seinem zweiten Klageantrag.
Für eine im vorhinein erfolgende Festschreibung eines Kausalzusammenhangs zwischen Ausbaumaßnahme und Eintritt eines - derzeit gänzlich unwahrscheinlichen - bestimmten Versalzungsgrades gibt es keine Rechtsgrundlage; insbesondere sieht § 19 Abs. 1 Nr. 4 WaStrG, der von der Anordnung (tatsächlicher) beweissichernder "Maßnahmen" spricht, etwas derartiges nicht vor. Der Verzicht auf die Feststellung, dass (eventuelle) Schäden durch das Planvorhaben und nicht wesentlich durch andere Umstände bedingt sind, verstieße materiell gegen § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG und den darin sowie in den §§ 74 Abs. 2 S.3, Abs. 3, 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG und § 19 Abs. 1 WaStrG lückenlos geregelten Ausgleich widerstreitender Interessen des Vorhabensträgers und der Betroffenen, zu dem auch der Ursachenzusammenhang zwischen Vorhaben und dadurch ausgelösten Nachteilen gehört (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.4.1977 - IV C 3.74 -, BVerwGE 52, 226 <236> <237>).