Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.09.2002, Az.: 8 LA 126/02
Bindungswirkung; Rechtskraft; Streitgegenstand
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 06.09.2002
- Aktenzeichen
- 8 LA 126/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 43510
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 30.07.2002 - AZ: 5 A 236/02
Rechtsgrundlagen
- § 121 Nr 1 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zur Bindungswirkung rechtskräftiger Urteile
Gründe
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, weil der Berufungszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) entgegen der Annahme des Klägers nicht vorliegt.
Der Kläger hält die Frage für klärungsbedürftig,ob sich das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge auch dann auf die Rechtskraft eines Urteils berufen kann, wenn es zuvor unter Umgehung der Rechtskraft eines weiteren Verpflichtungsurteils, in dem es zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft verurteilt worden ist, diese Entscheidung nachträglich widerruft. Diese vom Kläger aufgeworfene Frage zielt offenkundig darauf ab, ob der Rücknahme des Widerrufs der Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, auch dann die Rechtskraft des Urteils, mit dem die Klage gegen den Widerruf abgewiesen worden ist, entgegensteht, wenn der Widerruf unter Missachtung der Rechtskraft des Urteils, durch das das Bundesamt zu der o. g. Feststellung verpflichtet wurde, erfolgt ist. Diese Frage verleiht der Rechtssache des Klägers indessen keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie sich anhand der gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne weiteres beantworten lässt.
Nach § 121 Nr. 1 VwGO binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Diese Bindungswirkung tritt auch bei fehlender Identität der Streitgegenstände ein, wenn die rechtskräftige Zuerkennung oder Aberkennung eines Anspruchs für einen anderen Anspruch, der zwischen denselben Beteiligten streitig ist, vorgreiflich ist (BVerwG, Urt. v. 24.11.1998 - 9 C 53.97 - BVerwGE 108, 30 (33), m.w.N.). Das ist u. a. der Fall, wenn die Beteiligten über die Rücknahme eines Widerrufs streiten, dessen Rechtmäßigkeit durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt worden ist, weil die Rücknahme des Widerrufs nach § 48 VwVfG dessen Rechtswidrigkeit voraussetzt. Daher steht der vom Kläger begehrten Rücknahme des Widerrufs der Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen, die Rechtskraft des Urteils entgegen, durch das die Klage gegen den Widerruf als unbegründet abgewiesen worden ist. Das gilt selbst dann, wenn dieses Urteil fehlerhaft sein sollte, weil die Rechtskraftwirkung unabhängig davon besteht, ob das Urteil die seinerzeit bestehende Sach- und Rechtslage erschöpfend und zutreffend gewürdigt hat oder nicht (BVerwG, Urt. v. 24.11.1998, a.a.O.; Urt. v. 8.12.1992 - 1 C 12.92 -). Ausgehend davon ist die eingangs bezeichnete Frage zu bejahen.