Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 03.09.2024, Az.: 1 LA 89/24

Erstattungsfähigkeit der Beigeladenenkosten im Berufungszulassungsverfahren

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
03.09.2024
Aktenzeichen
1 LA 89/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 21505
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0903.1LA89.24.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 22.03.2024 - AZ: 2 A 107/22

Amtlicher Leitsatz

Die Stellung eines Antrags durch den Beigeladenen rechtfertigt es jedenfalls dann nicht, dessen außergerichtliche Kosten im Berufungszulassungsverfahren für erstattungsfähig zu erklären, wenn der Rechtsmittelführer den Beigeladenen zuvor darauf hingewiesen hat, dass der Zulassungsantrag zunächst nur fristwahrend gestellt wird.

Tenor:

Auf die Anhörungsrüge der Beigeladenen gegen die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts - 1. Senat (Berichterstatter) - vom 17. Juli 2024 wird die Entscheidung, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, aufrechterhalten.

Gründe

Die Anhörungsrüge der Beigeladenen gegen die Entscheidung des Berichterstatters im Einstellungsbeschluss vom 17. Juli 2024, ihre außergerichtlichen Kosten nicht für erstattungsfähig zu erklären, ist zwar begründet. Der Berichterstatter hat die Kostenentscheidung im Einstellungsbeschluss ohne vorherige Anhörung der Beigeladenen getroffen und diese so am Vortrag gehindert, dass sie mit Schriftsatz vom 26. Juni 2024 im Berufungszulassungsverfahren einen Antrag gestellt hat. Eine Ergebnisrelevanz dieses Vortrags ist nicht von vornherein auszuschließen.

Im mithin durch Anhörung der Beteiligten zur Frage der Erstattungsfähigkeit der Beigeladenenkosten fortgeführten Verfahren erweist sich die getroffene Kostenentscheidung jedoch als im Ergebnis richtig. Der Berichterstatter kann offenlassen, ob die Stellung eines Antrags, die Zulassung der Berufung abzulehnen, - die einzige Prozesshandlung, die die Beigeladene hier vorgenommen hat - es bereits deshalb nicht rechtfertigt, die Beigeladenenkosten für erstattungsfähig zu erklären, weil dieser Antrag für sich genommen mit keinem Kostenrisiko verbunden ist (so SächsOVG, Beschl. v. 11.12.2014 - 1 A 431/14 -, juris Rn. 3). Selbst wenn sich ein Beigeladener im Zulassungsverfahren einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es jedoch dann nicht der Billigkeit, die ihm entstandenen Kosten für erstattungsfähig zu erklären, wenn seine Beteiligung am Rechtsstreit zum Zeitpunkt der Erledigung noch nicht veranlasst war. Ob eine Veranlassung bereits dann verneint werden kann, wenn das Gericht dem Beigeladenen noch keine Begründung des Rechtsmittels zugeleitet hat (so OVG Saarland, Beschl. v. 22.12.2006 - 2 Q 45/06 -, NVwZ-RR 2007, 359 = juris Rn. 3, sowie für das Nichtzulassungsbeschwerdevefahren BVerwG, Beschl. v. 31.10.2000 - 4 KSt 2.00, 4 B 65.00 -, NVwZ-RR 2001, 276 m.w.N.), kann hier dahinstehen. Jedenfalls fehlt die Veranlassung, wenn der Rechtsmittelführer die beigeladene Partei ausdrücklich darauf hinweist, dass das Rechtsmittel zunächst nur fristwahrend eingelegt ist und eine Rücknahme ernsthaft im Raum steht. Das ist hier der Fall. Den Zugang eines entsprechenden Schreibens vom 17. Juni 2024 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 15. August 2024 durch Vorlage eines erfolgreichen Fax-Sendebericht glaubhaft gemacht. Angesichts dessen fällt der Umstand, dass das Schreiben dem Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen, wie er vorgetragen hat, persönlich nicht bekannt und in seiner digitalen Akte nicht vorhanden war, in die Verantwortungssphäre der Beigeladenen.

Die vom Kläger zitierte zivilgerichtliche Rechtsprechung (OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 27.4.2010 - 11 W 59/09 -, juris Rn. 3, 7), nach der ein Berufungskläger auch dann nach § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO die Kosten eines vom Berufungsbeklagten beauftragten Prozessbevollmächtigten zu tragen hat, wenn die Berufung zunächst erklärtermaßen nur fristwahrend eingelegt wird, und nur ein - hier fehlendes - "Stillhalteabkommen" zwischen den Parteien die Erstattungsfähigkeit ausschließt, ist auf die Frage der Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht uneingeschränkt übertragbar. Insbesondere gibt es keinen § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO entsprechenden Grundsatz der Erstattungsfähigkeit der Kosten einer anwaltlichen Unterstützung, der ausnahmsweise durchbrochen werden müsste (vgl. BGH, Beschl. v. 17.12.2002 - X ZB 9/09 -, NJW 2003, 756 = juris Rn. 11). Vielmehr verlangt § 162 Abs. 3 VwGO umgekehrt eine positive Billigkeitsentscheidung zugunsten des Beigeladenen.

Der Umstand, dass hier ein Fall der notwendigen Beiladung vorlag, rechtfertigt es ebenfalls nicht, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären (vgl. Senatsbeschl. v. 29.4.2020 - 1 ME 99/19 -, NVwZ-RR 2020, 813 = juris Rn. 23).

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da nach Nr. 5400 KV Gerichtsgebühren nur im Falle der Verwerfung oder Zurückweisung der Anhörungsrüge anfallen, nicht dagegen, wenn die Rüge lediglich nicht zu einer abweichenden Sachentscheidung führt. Gesonderte Anwaltsgebühren fallen gem. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 b), § 15 Abs. 2 RVG ebenfalls nicht an (Toussaint, Kostenrecht, 54. Aufl. 2024, RVG VV 3330 Rn. 3).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO.