Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.09.2024, Az.: 2 LA 41/22

öffentliche Sachen; Teilhabeanspruch; Zugang zu einem Literatur-Handapparat einer Abteilung einer Universität

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
11.09.2024
Aktenzeichen
2 LA 41/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 21973
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0911.2LA41.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Göttingen - 04.02.2022 - AZ: 4 A 21/20

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Benutzung öffentlicher Sachen - wie die Handbibliothek einer Universitätsabteilung - ist kein Ausfluss der Freiheitsgrundrechte, sondern es geht lediglich um Teilhabe an Gemeinschaftsgütern. Gemeinschaftsgüter sind dem Einzelnen nicht Kraft seiner Freiheit zugeordnet.

  2. 2.

    Rechtsgrund für die Teilhaberechte ist in der Regel (nur) das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG.

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen - Einzelrichterin der 4. Kammer - vom 4. Februar 2022 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses u.a. den Hauptantrag des Klägers auf Zugang zum Literatur-Handapparat und zu den Sonderdrucken der Abteilung Experimentelle Phykologie und Sammlung von Algenkulturen der Universität B-Stadt (im Folgenden: EPSAG) in deren Räumlichkeiten abgelehnt hat, bleibt ohne Erfolg. Die Voraussetzungen der vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 VwGO sind teilweise schon nicht in einer § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt worden und liegen im Übrigen nicht vor.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Rechtsanspruch auf Zugang zu den Räumlichkeiten der EPSAG nur insoweit bestehe, als sich die begehrte Nutzung im Rahmen der Widmung der Einrichtung bewege.

Bei den Werken des Handapparates handele es sich um Ressourcen des zur biologischen Fakultät der Beklagten gehörenden Albrecht-von-Haller-Instituts für Pflanzenwissenschaften (AvH-Instituts), da die EPSAG nach der Anlage zu § 2 der Institutsordnung des AvH-Instituts eine Abteilung des AvH-Instituts sei.

Die Widmung ergebe sich daher vorliegend aus § 6 Abs. 3 der Ordnung des AvH-Instituts in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. August 2008 (AM 17/2008, S. 1156), zuletzt geändert durch Beschlüsse des Fakultätsrats und des Dekanats der Fakultät für Biologie und Psychologie vom 28.10.2020 bzw. 18.10.2020 (AM I 8/2021 S. 108 f.).

Nach dieser Vorschrift seien zur Nutzung des durch eine Abteilung verwalteten eigenen Literatur-Handapparates (insbesondere Bücher, Fachzeitschriften, Sonderdrucke und sonstiges Bibliotheksgut) in den Räumlichkeiten dieser Abteilung lediglich

a) das dem AvH-Institut zugeordnete Personal, vorrangig innerhalb dieser Gruppe das der jeweiligen Abteilung zugeordnete Personal,

b) sodann Studierende und Promovierende der Universität B-Stadt, die durch Personal des AvH-Instituts bei der Anfertigung einer Studien- oder Prüfungsaufgabe betreut werden, vorrangig innerhalb dieser Gruppe die von der jeweiligen Abteilung betreuten Studierenden oder Promovierenden

berechtigt (Sätze 2 und 3). Nachrangig könnten auch sonstige Mitglieder und Angehörige der Universität, sodann auch sonstige Personen die Werke des jeweiligen Handapparates auf vorherigen Antrag in Textform bei der Abteilungsleitung oder der von dieser festgelegten Stelle in der Bibliothek des AvH-Instituts nutzen, wobei eine Ausleihe ausgeschlossen sei (Satz 4). Bei der Anmeldung durch Personen nach Satz 4 seien Titel und/oder Signatur der Werke zu übermitteln (Satz 5). Die Nutzungsmöglichkeit nach Satz 4 könne abgelehnt, begrenzt oder beendet werden, insbesondere wenn die beantragte Anzahl an Werken einen erheblichen Transportaufwand darstelle oder die Nutzung durch Personen nach Satz 2 ermöglicht werden solle (Satz 6). Für Teile des Handapparats (z. B. Fachzeitschriften, wertvolle Sonderdrucke) könne die Abteilungsleitung festlegen, dass sie zur Nutzung allein den Personen nach Satz 2 zur Verfügung stünden; auf Anfrage und unter Darlegung eines wichtigen Grundes sowie unter Nennung des Titels und/oder der Autoren könnten in folgendem Umfang Scans von Sonderdrucken zur Verfügung gestellt werden, sofern dies rechtlich zulässig sei: von höchstens fünf Sonderdrucken und von nicht mehr als 30 Aufnahmen pro Sonderdruck im Monat (Satz 7).

Der Kläger habe somit keinen Anspruch auf das Betreten und Nutzen der Räumlichkeiten des Handapparats der EPSAG, da er als registrierter Alumni der Beklagten zwar nach § 6 der Grundordnung der Beklagten (im Folgenden: GO) Angehöriger der Beklagten sei, jedoch damit nicht zu den in § 6 Abs. 3 Satz 2 a) und b) der Ordnung des AvH-Instituts genannten Personenkreisen gehöre. Vielmehr habe der Kläger lediglich gemäß § 6 Abs. 3 Satz 4 der Ordnung des AvH-Instituts einen Anspruch darauf, die Werke aus dem Handapparat nach Stellung eines Antrags in der Bibliothek des AvH-Instituts zu nutzen.

§ 6 Abs. 3 der Ordnung des AvH-Instituts beruhe auf § 37 Abs. 3 Satz 1 NHG und sei formell und materiell rechtmäßig. Soweit der Kläger vortrage, durch die Regelung werde in unzulässiger Weise in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie in die Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG eingegriffen, folge das Gericht dem nicht. Die Zulassungsbeschränkungen dienten u.a. dem Schutz des Bibliotheksgutes und damit einer vernünftigen Erwägung des Allgemeinwohls. Es werde hierdurch sichergestellt, dass die Werke in einem Zustand erhalten blieben, der eine langfristige Nutzbarkeit der Werke gewährleiste. Die Beschränkungen seien auch verhältnismäßig, insbesondere angemessen. Durch sie erfolge ein Eingriff mit nur geringer Intensität. Denn selbst Personen, die nicht der Beklagten angehörten, erhielten die Möglichkeit, die Werke zu benutzen. Die fehlende Möglichkeit der Nutzung der Werke in den Räumlichkeiten der jeweiligen Abteilung führe dazu, dass die betroffenen Personen im Vorfeld durch die Nutzung des Göttinger Universitätskatalogs im Internet die Signaturen der begehrten Werke recherchieren müssten. Hierbei handele es sich insgesamt nur um einen geringfügig erhöhten zeitlichen Aufwand, der den Nutzern zumutbar ist. Etwas anderes gelte auch nicht hinsichtlich der Möglichkeit der Abteilungsleitungen, die Nutzung von Teilen des Handapparats (z. B. Fachzeitschiften und Sonderdrucken) weiter einzuschränken. Denn auch hinsichtlich dieser Einschränkungen treffe § 6 Abs. 3 Satz 7 der Ordnung des AvH-Instituts für alle Personen Ausnahmeregelungen, die ein Arbeiten mit Kopien dieser Werke ermöglichten.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auch hinsichtlich des Hilfsantrags des Klägers, festzustellen, dass das von der Beklagten ihm gegenüber in der E-Mail vom 31. August 2018 ausgesprochene Hausverbot rechtswidrig gewesen sei, abgewiesen. Insoweit greift der Kläger das Urteil allerdings argumentativ nicht an.

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, Beschl. v. 18.6.2019 - 1 BvR 587/17 -, juris Rn. 32 und v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, juris Rn. 96). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 -, juris Rn. 9). Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 17.6.2015 - 8 LA 16/15 -, juris, Rn. 10; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 206 jeweils m.w.N.).

Nach diesem Maßstab begründen die Einwände des Klägers keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Titel und Nachweise der bei der EPSAG vorhandenen Sonderdrucke einzig und allein in den Räumlichkeiten der EPSAG durch direkte Recherche der Werke in den Schubordnern bzw. in einem Handzettelapparat vorhanden und einsehbar seien. Außerhalb der EPSAG gebe es keine Liste der vorhandenen Sonderdrucke, insbesondere seien diese auch nicht im Göttinger Universitätskatalog verzeichnet. Es sei ihm daher nicht möglich, außerhalb der EPSAG die genauen Titel der Sonderdrucke zu recherchieren. Um diese einzusehen sei er daher darauf angewiesen, die Räumlichkeiten der EPSAG zu betreten und die Schubordner bzw. den Handzettelapparat durchzusehen. Bei dem Vorenthalten einzigartigen wissenschaftlichen Materials durch die Beklagte und den Institutsleiter handele es sich um einen ungerechtfertigten Eingriff in die vom Grundgesetz geschützte Wissenschaftsfreiheit. Auch in seine Berufsfreiheit werde dadurch unzulässig eingegriffen.

Damit zieht der Kläger die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Zugangsregelungen stellten keinen ungerechtfertigten Eingriff in die Berufs- und Wissenschaftsfreiheit dar, bereits nicht ernsthaft in Zweifel (dazu unter a)). Ungeachtet dessen ist ein - der Sache nach in Konstellationen wie der vorliegenden allein in Betracht zu ziehender - teilhaberechtlicher Anspruch des Klägers auf Nutzung fremden Eigentums nicht ersichtlich (dazu unter b)).

a) Das Verwaltungsgericht hat die Regelungen für verhältnismäßig, insbesondere für angemessen gehalten, weil sie einen sachgerechten Ausgleich zwischen dem Schutz der Werke in den jeweiligen Handapparaten der Abteilungen und der Bündelung der Mitarbeiterressourcen einerseits und der Ermöglichung eines Zugangs zu den Werken andererseits schafften. Es hat u.a. ausgeführt, dass sich auch aus der Möglichkeit für die Abteilungsleitungen, die Nutzung von Teilen des Handapparates, namentlich von Fachzeitschriften und Sonderdrucken, einzuschränken, nichts Anderes ergebe, denn auch hinsichtlich dieser Einschränkungen treffe § 6 Abs. 3 Satz 7 der Ordnung des AvH-Instituts für alle Personen Ausnahmeregelungen, die ein Arbeiten mit Kopien dieser Werke ermöglichten. Damit hat das Verwaltungsgericht aber - entgegen der Auffassung des Klägers - gerade nicht behauptet, dass eine Übersicht über die in den jeweiligen Abteilungen des AvH-Instituts vorhandenen Fachzeitschriften und Sonderdrucke auch für Externe zugänglich sei und auch sein müsse, damit der behauptete Eingriff in die Berufs- oder Wissenschaftsfreiheit gerechtfertigt sei. Es hat vielmehr nur auf die grundsätzlich vorhandene Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen Kopien von eingeschränkt zugänglichen Fachzeitschriften und Sonderdrucken zu erbitten, abgestellt. Warum diese Regelung de facto keinen Zugang ermöglichen soll, legt der Kläger nicht dar. Von ihr können Externe jedenfalls insoweit profitieren, als ihnen der Titel oder der Autor aus anderem Zusammenhang (beispielsweise aus Zitaten) bekannt ist. Der Kläger legt auch nicht substantiiert dar, inwiefern die Regelungen ihn vor dem Hintergrund, dass von Externen einige Fachzeitschriften und Sonderdrucke der EPSAG nicht recherchiert werden können, in seinen Grundrechten auf Berufs- und Wissenschaftsfreiheit verletzen. Das behauptet er lediglich. Er erläutert in diesem Zusammenhang auch nicht, um was für eine Art von Werken es sich bei den Sonderdrucken handelt und warum diese eine besondere Bedeutung (für ihn) haben.

b) Davon abgesehen verkennt der Kläger auch grundlegend, dass die Benutzung öffentlicher Sachen - wie die Handbibliothek der EPSAG - kein Ausfluss seiner Freiheitsgrundrechte ist, sondern es lediglich um Teilhabe an Gemeinschaftsgütern geht. Gemeinschaftsgüter sind dem Einzelnen nicht Kraft seiner Freiheit zugeordnet (vgl. dazu ausführlich: Murswiek, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band IX, § 192, Rn. 71 ff. m.w.N.).

Daher kommt ein abwehrrechtlicher Anspruch auf Benutzung öffentlicher - oder auch privater - Sachen nicht in Betracht. Sofern es verfassungsrechtliche Ansprüche auf Nutzung fremden Eigentums gibt, müssen diese teilhaberechtlich begründet werden (Murswiek, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band IX, § 192, Rn. 72 m.w.N.). Rechtsgrund für die Teilhaberechte ist in der Regel (nur) das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG. Da der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs.1 GG) und die speziellen Gleichheitsrechte zur Gleichbehandlung auch bei der Gewährung von Leistungen verpflichten, kann die Gewährung von Leistungen - Sozialleistungen, Subventionen, Zulassung zur Benutzung öffentlicher Einrichtungen usw. - an einige Bürger unter Umständen dazu führen, dass alle anderen, die dieselben Voraussetzungen erfüllen, ebenfalls einen Leistungsanspruch haben (Murswiek, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band IX, § 192, Rn. 74 m.w.N.).

Der Kläger macht jedoch bereits nicht geltend, dass und weshalb er aus Art. 3 Abs. 1 GG einen Zugang zu den Werken der EPSAG in deren Räumlichkeiten haben muss. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Es ist unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass der unter § 6 Abs. 3 Satz 2 lit. a und b genannte Personenkreis einen gegenüber Externen privilegierten Zugang zu den Handbibliotheken der Abteilungen, u.a. des EPSAG hat. Diese Differenzierung erscheint weder willkürlich noch verstößt sie gegen ein spezielles Differenzierungsverbot (vgl. zu diesem Maßstab: Murswiek, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band IX, § 192, Rn. 74 m.w.N.). Vielmehr ist die Differenzierung nach Instituts- bzw. Abteilungszugehörigkeit vor dem Hintergrund der bereits vom Verwaltungsgericht herausgearbeiteten legitimen Zwecke des Schutzes des Bibliotheksgutes und der Bündelung von Mitarbeiterressourcen sachgerecht. Der privilegierte Personenkreis hat bei zulässiger typisierender Betrachtung grundsätzlich eine besondere persönliche und fachliche Nähe zum AvH-Institut und seinen Abteilungen. Unter Gleichheitsgesichtspunkte ist auch nicht zu beanstanden, dass sich Externe nach der Regelung die Werke der Handbibliotheken zwar grundsätzlich in andere Bibliotheken zur Durchsicht bestellen dürfen, aber nicht alle vorhandenen Werke in öffentlich zugänglichen Bibliothekskatalogen verzeichnet sind, so dass vielleicht nicht alle gefunden werden können. Wie ausgeführt gibt es keinen aus Freiheitsrechten abgeleiteten Anspruch auf die Zurverfügungstellung der Werke. Auch ergibt sich aus dem Zugänglichmachen eines großen Teils der Werke kein Anspruch darauf, sämtliche Werke ausnahmslos benutzen zu dürfen. Dass einige Werke jedenfalls faktisch nur einem bestimmten Personenkreis, nämlich vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des AvH-Instituts- und seiner Abteilungen sowie ihren Doktoranden und Studierenden zugänglich sind, ist - wie ausgeführt - nicht gleichheitswidrig.

2. Die Berufung ist ferner nicht wegen eines Verfahrensmangels, auf dem das Urteil beruhen kann, zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

a) Die Zulassungsbegründung meint in diesem Zusammenhang zunächst, das Verwaltungsgericht hätte den Kläger in entsprechender Anwendung des § 139 ZPO darauf hinweisen müssen, dass er seine behauptete Grundrechtsverletzung in tatsächlicher Hinsicht substantiierter hätte vortragen müssen. Dann hätte er darauf hingewiesen, dass es keine Liste über die Sonderdrucke gebe, auf die außerhalb der Räumlichkeiten der EPSAG zugegriffen werden könne. Damit wäre die Prüfung des Verwaltungsgerichts, ob der Eingriff in seine Berufs- und Wissenschaftsfreiheit gerechtfertigt sei, anders ausgefallen.

Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO lässt sich aus diesem Vorbringen nicht herleiten.

Ein Verfahrensbeteiligter muss Gelegenheit zur Stellungnahme im gebotenen Umfang erhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das in Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verankerte Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, keine Pflicht des Gerichts begründet, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die mögliche Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Einschätzung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Entscheidungsfindung nach Schluss der mündlichen Verhandlung ergibt. Eine gerichtliche Hinweispflicht - zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung - besteht nur dann, wenn auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht mit einer bestimmten Bewertung seines Sachvortrags durch das Verwaltungsgericht zu rechnen braucht (BVerwG, Beschl. v. 18.12.2017 - 6 B 52.17 -, juris Rn. 6 und vom 29.1.2010 - 5 B 21.09 u.a. -, juris Rn. 18, m.w.N.).

Welche Pflichten das Gericht insoweit treffen, ist eine Frage des Einzelfalls. Hierfür ist der Inhalt der im bisherigen Verfahren gewechselten Schriftsätze ebenso von Bedeutung wie der Umfang und die Komplexität der Sache. Auch wird die prozessuale Fürsorgepflicht des Gerichts gegenüber einem Kläger, der sich im Prozess durch einen Rechtsanwalt vertreten lässt, regelmäßig weniger weit reichen als gegenüber einem nicht rechtskundigen Kläger, der den Prozess selbst führt (BVerwG, Beschl. v. 1.3.2001 - 6 B 6.01 -, juris Rn. 6).

Ausgehend hiervon war ein ausdrücklicher Hinweis des Gerichts darauf, dass der Kläger seine behauptete Grundrechtsverletzung in tatsächlicher Hinsicht substantiierter hätte vortragen müssen, nicht geboten. Zum einen hätte dem anwaltlich vertretenen Kläger auch ohne richterlichen Hinweis bewusst sein müssen, dass eine behauptete Grundrechtsverletzung in tatsächlicher Hinsicht hinreichend substantiiert werden muss. Der Kläger muss jedenfalls die ihm bekannten Umstände - wie hier beispielsweise, dass bestimmte Werke nicht katalogisiert und daher für ihn bereits nicht auffindbar seien - darlegen. Zum anderen hat das Verwaltungsgericht - wie unter 1. ausgeführt - seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht maßgeblich zugrunde gelegt, dass Externe jedes Werk des AvH-Instituts und seiner Abteilungen in öffentlich zugänglichen Katalogen finden können. Schließlich sei nochmals darauf hingewiesen, dass der Kläger aus seinen Freiheitsgrundrechten keinen Leistungsanspruch herleiten kann, sondern dass ihm lediglich im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG ein Teilhabeanspruch zusteht.

b) Soweit der Kläger beanstandet, dass das Verwaltungsgericht den Rechtsstreit auf die Einzelrichterin übertragen habe, führt dies ebenfalls nicht auf einen Verfahrensfehler. Die Zulassung der Berufung kann nicht auf einen (angeblich) fehlerhaften Übertragungsbeschluss gestützt werden. Denn § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO setzt einen der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangel voraus. Gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 512 ZPO unterliegt die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter nicht der Beurteilung des Berufungsgerichts, da es sich um eine unanfechtbare Vorentscheidung (vgl. § 6 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 VwGO) handelt (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 7.12.2023 - 12 A 1484/23 -, juris Rn. 43 f. m.w.N.). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn dem Übertragungsbeschluss ein Rechtsfehler anhaftet, der zugleich eine Verletzung der prozessualen Gewährleistungen der Verfassung darstellt, so etwa, wenn durch willkürliche oder manipulative Auslegung oder Anwendung des einfachen Rechts das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt wird (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 7.12.2023 - 12 A 1484/23 -, juris Rn. 45 f. m.w.N.) Dahingehende Umstände trägt der Kläger nicht vor; sie sind auch sonst nicht ersichtlich.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen der von dem Kläger geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes ist die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Ist die aufgeworfene Frage eine Rechtsfrage, so ist ihre Klärungsbedürftigkeit nicht schon allein deshalb zu bejahen, weil sie bislang nicht obergerichtlich oder höchstrichterlich entschieden ist. Nach der Zielsetzung des Zulassungsrechts ist vielmehr Voraussetzung, dass aus Gründen der Einheit oder Fortentwicklung des Rechts eine obergerichtliche oder höchstrichterliche Entscheidung geboten ist. Die Klärungsbedürftigkeit fehlt deshalb, wenn sich die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage entweder schon auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts nach allgemeinen Auslegungsmethoden oder aber (ggf. ergänzend) auf der Basis bereits vorliegender Rechtsprechung ohne weiteres beantworten lässt (Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 127, 142 ff., 149 und 151 ff.).

In Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung bereits nicht dargelegt. Der Kläger wirft die Frage auf,

"wer die Werke, die ja offensichtlich durch die Nutzungsordnungen der öffentlichen Nutzung zumindest gewidmet sind, nutzen darf".

Er legt allerdings nicht dar, warum er die aufgeworfene Frage für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich hält und aus welchen Gründen er ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zumisst. Unabhängig davon lässt sich die Frage bereits aus § 6 Abs. 3 der Ordnung des AvH-Instituts i.V.m. dem sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Teilhabeanspruch - wie ausgeführt - eindeutig beantworten. Die Ausführungen im Schriftsatz vom 13. April 2023 begründen ebenfalls nach den oben aufgeführten rechtlichen Maßgaben keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG. Da sich der Antrag auf Zulassung der Berufung offensichtlich nicht gegen die Ablehnung des Hilfsantrags durch das Verwaltungsgericht richtet, war lediglich noch für den Hauptantrag der Auffangwert anzusetzen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).