Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 03.09.2024, Az.: 2 LA 117/24

Voraussetzung der Geltendmachung für den Anspruch auf Rückzahlung eines Stipendiums aus öffentlich-rechtlichem Stipendiumsvertrag

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
03.09.2024
Aktenzeichen
2 LA 117/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 21384
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0903.2LA117.24.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 19.04.2024 - AZ: 3 A 3756/20

Amtlicher Leitsatz

Zur Voraussetzung der Geltendmachung für den Anspruch auf Rückzahlung eines Stipendiums aus öffentlich-rechtlichem Stipendiumsvertrag.

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichter der 3. Kammer - vom 19. April 2024 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zuzulassen, hat keinen Erfolg.

Der Kläger, Rechtsnachfolger der Niedersächsischen Akademie für A. (im Folgenden: NABK), begehrt vom Beklagten die Rückzahlung eines auf vertraglicher Grundlage gewährten Stipendiums in Höhe von 17.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 26. Mai 2018. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Rückzahlungsanspruch von der NABK nicht rechtzeitig geltend gemacht worden sei.

Die Berufung des Klägers gegen das angefochtene Urteil ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO nicht in einer § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt sind bzw. nicht vorliegen.

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, Beschl. v. 18.6.2019 - 1 BvR 587/17 -, juris Rn. 32 und v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, juris Rn. 96). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 -, juris Rn. 9). Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 17.6.2015 - 8 LA 16/15 -, juris Rn. 10; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 206 jeweils m.w.N.).

Nach diesem Maßstab begründen die Einwände des Klägers keine ernstlichen Zweifel an der angefochtenen Entscheidung. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Rückzahlungsanspruch bereits untergegangen ist, da er von der NABK als Rechtsvorgängerin des Klägers nicht rechtzeitig geltend gemacht worden ist.

Das Verwaltungsgericht hat sich dafür auf § 11 Abs. 1 des zwischen der NABK und dem Beklagten geschlossenen Stipendiumsvertrags gestützt, nach dem alle Ansprüche aus dem Stipendiumsvertrag innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit des Anspruchs schriftlich geltend gemacht werden müssen.

Es hat ausgeführt, dass diese Frist von der NABK nicht gewahrt worden sei. Unter Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den (tarif-)vertraglichen Ausschlussfristen im Arbeitsrecht hat es ausgeführt, dass für die Geltendmachung eines Anspruchs ein unbedingtes Einfordern der Leistung erforderlich sei. Dabei müsse der Wille des Anspruchsinhabers, mit der Erklärung angesichts der Ausschlussfrist zumindest rechtssichernd tätig zu werden, für den Anspruchsgegner deutlich erkennbar sein. Die Erklärung, eine Anspruchsdurchsetzung zu beabsichtigen, reiche dagegen nicht aus.

Ausgehend von diesen Grundsätzen reichten weder das Schreiben vom 10. Oktober 2017 noch das Schreiben vom 14. Februar 2018 als Geltendmachung der streitigen Rückforderung aus.

Das Schreiben vom 10. Oktober 2017 sei zur frist- und damit rechtswahrenden Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs nicht geeignet, weil im Zeitpunkt seines Zugangs beim Beklagten die anspruchsbegründenden Voraussetzungen noch nicht vorgelegen hätten und die Klausel in § 11 Abs. 1 des Stipendiumsvertrags eine rechtswahrende Geltendmachung des Anspruchs vor dessen Entstehung und Fälligkeit ausschlösse.

Auch das Schreiben vom 14. Februar 2018 sei keine im Sinne eines erkennbaren Rechtssicherungswillens eindeutige Leistungsaufforderung. Es enthalte keine eindeutige und unmissverständliche Aufforderung zur Zahlung. Vielmehr habe sich die NABK in diesem Schreiben Formulierungen bedient, die dazu führten, dass aus der Sicht eines objektiven Empfängers die eigentliche Geltendmachung der Forderung lediglich angekündigt werde. Hierfür spreche bereits die Titulierung des Schreibens als "Anhörung". Durch eine Anhörung solle dem Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens die Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, bevor eine Entscheidung durch die Behörde getroffen werde. Auch weitere Ausführungen in dem Schreiben wiesen darauf hin, dass die NABK den Rückzahlungsanspruch gerade noch nicht endgültig vom Beklagten fordern wollte. So sei darin formuliert, dass sie "beabsichtige", nach § 10 des Stipendiumsvertrags eine Summe von 17.000,00 € zurückzufordern. Zudem enthalte das Schreiben die Aussage, dass eine Entscheidung über die Rückforderung erst nach Eingang einer etwaigen Stellungnahme des Beklagten oder bei dessen Ausbleiben nach Aktenlage ergehe. Aus diesen Formulierungen werde für einen objektiven Empfänger deutlich, dass die endgültige Entscheidung hinsichtlich des "Ob" und des "Wie" einer (Teil-)Rückforderung des Stipendiums noch nicht getroffen worden sei, eine mögliche Stellungnahme darauf noch Einfluss nehmen könne und die abschließende Entscheidung dazu noch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen werde.

Das Schreiben vom 25.04.2018 stelle zwar ein "Geltendmachen" des streitbefangenen Anspruchs dar. Im Zeitpunkt seines Zugangs beim Beklagten sei jedoch die Ausschlussfrist des § 11 Abs. 1 des Stipendiumsvertrags bereits abgelaufen gewesen.

Diese Argumentation des erstinstanzlichen Gerichts wird vom Kläger nicht durchgreifend in Zweifel gezogen:

a) Der Kläger vertritt die Auffassung, dass das Schreiben vom 14. Februar 2018 unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine hinreichende Geltendmachung im Sinne von § 11 des Stipendiumsvertrags darstelle. Mit dem Schreiben vom 14. Februar 2018 habe er unzweifelhaft deutlich gemacht, dass er seiner Auffassung nach Inhaber des Anspruchs auf Rückzahlung der Stipendiumsleistungen sei, soweit die Förderungsdauer den Zeitraum der Tätigkeit des Beklagten für den Kläger überschreite. Im vierten Absatz dieses Schreibens habe er zudem erklärt, dass er berechtigt sei, den zuvor ermittelten Betrag zurückzufordern. Damit habe er sich unbedingt des Bestehens eines bestimmten Anspruchs gegen den Beklagten in bestimmter Höhe berühmt. Zudem habe er angekündigt, diesen Anspruch durch einen Rückforderungsbescheid durchsetzen zu wollen. Diese Ankündigung beinhalte ein Erfüllungsverlangen. Dass er dem Beklagten Gelegenheit gegeben habe, vor einer zwangsweisen Beitreibung der Forderung durch Rückforderungsbescheid Stellung zu nehmen, ändere nichts an der unbedingten Geltendmachung des Anspruchs auf Rückzahlung.

Nach der vom Verwaltungsgericht zu Recht herangezogenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genüge bereits eine vorsorgliche Geltendmachung des Anspruchs bis zur Klärung der Rechtslage. Dem entspreche es, dass er dem Beklagten noch Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe, um auf dieser Grundlage die Rechtslage vor der Durchsetzung des Anspruchs abschließend zu klären. Unter dem Vorbehalt weiterer Erkenntnisse stehe - wie bei einer vorsorglichen Geltendmachung des Anspruchs - nur die Entscheidung zur Durchsetzung des Anspruchs, die mit der Entscheidung zu seiner Geltendmachung gerade nicht identisch sei.

Mit diesem Vorbringen wird die erstinstanzliche Argumentation nicht ernstlich in Zweifel gezogen. Der Kläger wendet sich ausdrücklich nicht gegen die Übertragung der vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Maßstäbe zu den (tarif-)vertraglichen Ausschlussfristen im Arbeitsrecht durch das Verwaltungsgericht. Das Bundesarbeitsgericht führt in ständiger Rechtsprechung aus, dass ausgehend von ihrem Sinn und Zweck, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen, die Ausschlussfrist nur gewahrt sei, wenn der Anspruchsteller zum Ausdruck bringe, dass er Inhaber einer nach Grund und Höhe spezifizierten Forderung sei und auf der Erfüllung dieser Forderung bestehe (vgl. z.B. BAG, Urt. v. 30.11.2022 - 4 AZR 195/22 -, juris Rn. 52 m.w.N.). Dies zugrunde gelegt hat das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass ein als "Anhörung" bezeichnetes Schreiben, mit dem dem Beklagten vor Erlass eines "entsprechende[n] Rückforderungsbescheid[s]" zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt werde und in dem lediglich mitgeteilt werde, dass "beabsichtigt" sei, nach § 10 des Stipendiumsvertrags eine Summe von 17.000 Euro durch einen entsprechenden Rückforderungsbescheid zurückzufordern, keine Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs i.S.d. § 11 Abs. 1 des Stipendiumsvertrages darstelle. Bei dem Schreiben handelt es sich bei Auslegung nach den Grundsätzen des auch im Verwaltungsrechts geltenden objektivierten Empfängerhorizontes (entsprechend § 157 BGB; vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.12.2023 - 2 B 42.22 -, juris Rn. 19) offensichtlich um ein Anhörungsschreiben im Sinne des § 28 Abs. 1 VwVfG vor dem eventuellen Erlass eines Rückforderungsbescheides, also eines belastenden Verwaltungsaktes. Die Geltendmachung eines vertraglichen (Rückforderungs-)Anspruchs im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann in einem solchen verwaltungsrechtlichen Anhörungsschreiben jedoch bereits deswegen nicht gesehen werden, weil - worauf auch das Verwaltungsgericht bereits hingewiesen hat - im Anhörungsverfahren die Äußerungen eines Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und ernsthaft in Erwägung zu ziehen sind. Eine Anhörung darf nicht nur pro forma erfolgen. Dies setzt voraus, dass die Behörde für die Stellungnahme des Beteiligten offen ist (vgl. z.B. Schneider, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: 4 EL 2023, § 28 Rn. 44 m.w.N.; Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Stand: 10. Aufl. 2023, § 28 Rn. 38 m.w.N.) und zum Zeitpunkt der Anhörung das Ergebnis des Verfahrens noch nicht feststeht (vgl. Herrmann, BeckOK, VwVfG, Stand: 1.7.2024, § 28 Rn. 16). Mit einem Anhörungsschreiben kann daher nicht im Sinne einer Geltendmachung zum Ausdruck gebracht werden, den Adressaten unabhängig von seinem Vorbringen und einer abschließenden rechtlichen Prüfung (ggf. nach Aktenlage) in Anspruch nehmen zu wollen (vgl. dazu auch BAG, Urt. v. 18.9.2019 - 4 AZR 42/19 -, juris Rn. 36 m.w.N.).

Etwas anderes ergibt sich entgegen dem Vorbringen des Klägers auch nicht aus dem vierten Absatz des Anhörungsschreibens. Hier wird lediglich der Wortlaut des § 10 (Satz 2) des Stipendiumsvertrags wiedergegeben, eine Erklärung, dass er berechtigt sei, einen zuvor ermittelten Betrag zurückzufordern, enthält der Absatz dagegen nicht.

Auch der vom Kläger gezogene Vergleich zu der nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausreichenden "vorsorglichen" Geltendmachung eines Anspruchs bis zur Klärung der Rechtslage begründet keine ernstlichen Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass der Anspruchsteller unmissverständlich zum Ausdruck bringen müsse, dass er der Ansicht sei, er habe einen Anspruch gegen den Anspruchsgegner, auf dessen Erfüllung er bestehe. Dafür müsse er zunächst behaupten, Inhaber einer bestimmten Forderung zu sein. Dies gelte auch für Ansprüche, die bereits Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens seien. Diese seien bis zur abschließenden Klärung der Rechtslage "vorsorglich" geltend zu machen und dürften nicht der weiteren Prüfung durch die Gerichte überlassen werden (vgl. BAG, Urt. v. 11.4.2019 - 6 AZR 104/18 -, juris Rn. 36). Hieraus ergibt sich bereits keine Abschwächung der an die an eine Geltendmachung zu stellenden Anforderungen. Mit der Verwendung des Begriffs "vorsorglich" macht das Bundesarbeitsgericht lediglich deutlich, dass die Geltendmachung des Anspruchs nur dann zum Tragen kommt, wenn die Gerichte das Bestehen des Anspruchs bestätigen. Andernfalls geht die Geltendmachung des Anspruchs ins Leere.

Schließlich führt auch die vom Kläger vorgenommene Abgrenzung zwischen der Geltendmachung und der Durchsetzung des Rückforderungsanspruchs nicht auf ernstliche Zweifel des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Die Auffassung des Klägers, die NABK habe den Beklagten lediglich zur Durchsetzung des Anspruchs angehört, nicht jedoch zu dessen Geltendmachung, diese sei vielmehr mit dem Schreiben bereits erfolgt, vermag nicht zu überzeugen. Das Bundesarbeitsgericht hat die Anforderungen, die an die Geltendmachung eines Anspruchs zu stellen sind, formuliert. Wie ausgeführt genügt das Anhörungsschreiben vom 14. Februar 2018 diesen Anforderungen nicht. Entgegen der Auffassung des Klägers würde mit einem Rückforderungsbescheid - ungeachtet der Frage, ob ein solches Vorgehen hier zulässig wäre - der Anspruch auch nicht schon "durchgesetzt", sondern zunächst festgestellt. Ein Verwaltungsakt kann dann in einem weiteren Schritt zwangsweise durchgesetzt werden.

b) Auch soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe bei der Auslegung des Schreibens vom 14. Februar 2018 den Inhalt des Schreibens vom 10. Oktober 2017 außer Acht gelassen, obwohl es sich um einen wesentlichen Begleitumstand im Sinne von §§ 133, 157 BGB gehandelt habe, ergeben sich daraus keine ernstlichen Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Schreiben vom 10. Oktober 2017 zur frist- und damit rechtswahrenden Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs nicht geeignet sei, weil im Zeitpunkt seines Zugangs beim Beklagten die anspruchsbegründenden Voraussetzungen noch nicht vorgelegen hätten und die Klausel in § 11 Abs. 1 des Stipendiumsvertrags eine rechtswahrende Geltendmachung des Anspruchs vor dessen Entstehung und Fälligkeit ausschlösse, zieht der Kläger nicht in Zweifel. Dagegen kann der Umstand, dass die NABK bereits mit Schreiben vom 10. Oktober 2017 darauf hingewiesen hatte, dass sie von der Rückforderungsberechtigung Gebrauch machen und die in Abhängigkeit vom Versetzungstermin noch der Höhe nach zu bestimmende Rückzahlungssumme einfordern werde, nicht dazu führen, dass das Schreiben vom 14. Februar 2018 als Geltendmachung der Rückzahlungsforderung zu verstehen ist. Dieses Schreiben ist für sich genommen unter Berücksichtigung des objektivierten Empfängerhorizontes - wie ausgeführt - als Anhörung vor dem eventuellen Erlass eines Rückforderungsbescheides zu verstehen. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass mit einem früheren Schreiben mitgeteilt worden ist, dass von der Rückforderungsberechtigung Gebrauch gemacht werden soll, kann dem Schreiben vom 14. Februar 2018 nicht die Bedeutung einer Geltendmachung der Forderung im Sinne des § 11 Abs. 1 des Stipendiumsvertrags beigemessen werden; für ein solches Verständnis bleibt angesichts der eindeutigen Formulierungen im Schreiben vom 14. Februar 2018 als Anhörungsschreiben vor dem Erlass eines beabsichtigten Rückforderungsbescheid kein Raum.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen der von dem Kläger geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung des Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 127, 142 ff., 149 und 151 ff.).

Nach diesen Maßgaben fehlt der von der Zulassungsbegründung aufgeworfenen Frage,

ob eine Ausschlussfristenregelung in einem verwaltungsrechtlichen Vertrag, die eine kürzere Ausschlussfrist als die Verjährungsfrist vorsieht, wegen Verstoßes gegen § 62 Satz 2 VwVfG, §§ 134, 202 unwirksam ist, wenn sie auch Ansprüche wegen vorsätzlicher Pflichtverletzung erfasst,

schon deshalb die grundsätzliche Bedeutung, weil der Kläger nicht darlegt, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Frage bestehen soll. Der Kläger führt insbesondere nicht aus, dass und inwiefern diese Frage auch in weiteren Verfahren relevant ist. Dass der Kläger bzw. die NABK den Stipendiumsvertrag in einer Vielzahl von Fällen verwendet hat, genügt dafür nicht schon. Daraus folgt nicht, dass sich auch in anderen Fällen die gleiche Problematik stellt.

Im Übrigen war der Kläger bzw. die NABK gehalten, den Anspruch auf Rückerstattung geleisteter Stipendiumszahlungen binnen der in § 11 Abs. 1 des Stipendiumsvertrages bezeichneten Fristen geltend zu machen. Dies gilt - wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bereits hinreichend deutlich ergibt - unabhängig davon, ob die Klausel - wie der Kläger meint - gegen das gesetzliche Verbot des § 202 Abs. 1 BGB verstößt, weil sie u.a. Ansprüche aus einer vorsätzlichen Handlung zeitlich begrenzt. Bei den Klauseln des Stipendiumsvertrags handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 BGB, d.h. für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die der Kläger bzw. die NABK den Stipendiaten bei Abschluss des Vertrages stellt. Unter diese Begriffsbestimmung fallen auch Formularverträge. Als Verwenderin der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) kann sich der Kläger dem Beklagten gegenüber nur insoweit auf die Unwirksamkeit der von ihr selbst geschaffenen Klausel berufen, als § 202 Abs. 1 BGB ihre Vertragsfreiheit zu ihrem eigenen Schutz einschränkt. Das folgt aus dem Grundsatz der personalen Teilunwirksamkeit (vgl. BAG, Urt. v. 16.4.2024 - 9 AZR 181/23 -, juris Rn. 26). Die Rechtsfolgen bei Unwirksamkeit einer Klausel bemessen sich - auch bei einem Verstoß gegen § 202 Abs. 1 BGB - nach § 306 BGB (vgl. BAG, Urt. v. 16.4.2024 - 9 AZR 181/23 -, juris Rn. 30 und Urt. v. 5.7.2022 - 9 AZR 341/21 -, juris Rn. 18). Zu dem AGB-Rechtsfolgensystem gehört u.a. der sog. "Grundsatz der personalen Teilunwirksamkeit" (BAG, Urt. v. 16.4.2024 - 9 AZR 181/23 -, juris Rn. 30 und Urt. v. 26.11.2020 - 8 AZR 58/20 -, juris Rn. 69). Danach kann sich der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Regelfall nicht auf die Unwirksamkeit der von ihm selbst in den Vertrag eingeführten Klausel berufen (vgl. BAG Urt. v. 16.4.2024 - 9 AZR 181/23 -, juris Rn. 30 und Urt. v. 28.9.2017 - 8 AZR 67/15 -, juris Rn. 42). Denn die Inhaltskontrolle schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient aber nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor den von ihm selbst geschaffenen Formularbestimmungen (vgl. BAG, Urt. v. 16.4.2024 - 9 AZR 181/23 -, juris Rn. 30 und Urt. v. 27.10.2005 - 8 AZR 3/05 -, juris Rn. 16).

Ein Ausnahmefall, in dem sich auch der Arbeitgeber auf die Unwirksamkeit einer gegen § 202 Abs. 1 BGB verstoßenden Klausel berufen kann (vgl. hierzu BAG, Urt. v. 16.4.2024 - 9 AZR 181/23 -, juris Rn. 31 und Urt. v. 25.112021 - 8 AZR 226/20 -, juris Rn. 63 ff.), liegt nicht vor. § 202 Abs. 1 BGB will beide Vertragsparteien davor schützen, aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung Ansprüche infolge Zeitablaufs zu verlieren, die ihnen wegen einer vorsätzlichen Pflichtverletzung des anderen Teils zustehen. Insoweit sind Ausschlussfristenregelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Disposition durch die Vertragsparteien unabhängig davon entzogen, wer die Bestimmung in den Vertrag eingebracht hat. Dieses besonderen Schutzes, den die Vorschrift auch dem Klauselverwender gewährt, bedarf dieser allerdings nur in Fällen, in denen der Vertragspartner die ihm obliegenden Pflichten vorsätzlich verletzt. Für sonstige Ansprüche des Arbeitgebers verbleibt es bei der "personalen Teilunwirksamkeit" der Klausel. Wollte man dem Klauselverwender darüber hinaus - etwa im Falle der Rückzahlung eines Darlehens - erlauben, die Unwirksamkeit der von ihm geschaffenen Klausel einzuwenden, hieße dies, den Anwendungsbereich des Grundsatzes der personalen Teilunwirksamkeit über das vom Schutzzweck des § 202 Abs. 1 BGB geforderte Maß einzuschränken. Dies liefe auf eine vom Gesetz nicht gewollte Überkompensation für einen Gesetzesverstoß hinaus, der allein im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers angesiedelt ist (vgl. BAG, Urt. v. 16.4.2024 - 9 AZR 181/23 -, juris Rn. 31).

Entgegen der Auffassung des Klägers ist dem Beklagten hier weder eine vorsätzlich begangene Vertragsverletzung noch eine unerlaubte Handlung vorzuwerfen. Der Stipendiumsvertrag untersagt dem Beklagten nicht, das Beschäftigungsverhältnis mit der Rechtsvorgängerin des Klägers zu beenden. Sofern die Beschäftigungsdauer bei der NABK den Zeitraum unterschreitet, für den die Studienzahlungen erfolgten, gewährt der Stipendiumsvertrag in § 10 Satz 2 der NABK lediglich ein Rückforderungsrecht.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).