Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.08.2013, Az.: 10 LC 113/11

Anwendung von bienengefährlichen Pflanzenschutzmitteln als sog. CC-Verstoß; Anflug der Bienen von "anderen Pflanzen" i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 BienSchV zwecks Nahrungssuche

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.08.2013
Aktenzeichen
10 LC 113/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 44427
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:0820.10LC113.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 15.06.2011 - AZ: 1 A 62/11

Fundstellen

  • AUR 2013, 467-470
  • AUR 2014, 34-37
  • DÖV 2013, 948
  • LMuR 2014, 76
  • NdsVBl 2013, 3
  • NdsVBl 2014, 23-26
  • StoffR 2013, 228
  • ZUR 2014, 118

Amtlicher Leitsatz

"Andere Pflanzen" i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 BienSchV, an denen bienengefährliche Pflanzenschutzmittel nicht angewandt werden dürfen, weil sie von Bienen "beflogen" werden, sind solche, die unter den gegebenen örtlichen Verhältnissen gewöhnlich von Bienen zwecks Nahrungssuche angeflogen werden. Das Verbot beschränkt sich nicht auf den Zeitraum des täglichen Bienenfluges.

Tatbestand

Der Kläger verwendete Ende Juli 2006 auf von ihm bewirtschafteten Kartoffelflächen ein bienengefährliches Pflanzenschutzmittel; die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Kläger damit gegen die Bienenschutzverordnung vom 22. Juli 1992 (BGBl. I S. 1410), geändert am 6. August 2002 (BGBl. I S. 3082) - BienSchV, insbesondere deren § 2 Abs. 1 Nr. 2, verstoßen hat und ihm wegen des dann darin zugleich liegenden sog. Cross-Compliance (= CC) Verstoßes u.a. die Betriebsprämie 2006 anteilig zu kürzen ist.

Der Kläger ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes im Norden des Landkreises A.. Er baute dort im Jahr 2006 u. a. Kartoffeln an.

Im Juli 2006 kam es in Niedersachsen, u.a. im Landkreis A., wegen lang anhaltender Trockenheit zu einem Blattlausbefall in Konsumkartoffeln mit steigender Tendenz zum Monatsende; es wurden teilweise bis 17.000 Läuse pro 100 Fiederblatt festgestellt. Nach den von der Beklagten vorgetragenen Erkenntnissen ziehen solche massiv von Blattläusen befallene Kartoffelpflanzen insbesondere nach langen Trockenphasen auch Bienen an. Denn die Läuse produzieren Honigtau, der von den Bienen insbesondere mangels anderer - vertrockneter - Trachtpflanzen als Trachtquelle genutzt wird. Als Schwellenwert, ab dem mit einer entsprechenden Nutzung durch Bienen zu rechnen sei, sieht die Beklagte nach Abstimmung mit weiteren Fachbehörden eine Befallsdichte von mehr als 500 Blattläusen/100 Fiederblatt an. Nach ihren - etwa in den sog. Blattlauswarndiensten vom 6. und 13. Juli 2006 enthaltenen - Empfehlungen sei zwar spätestens bei einer entsprechenden Befallsdichte ein Einsatz von Pflanzenschutzmitteln geboten. Ausgeschlossen sei jedoch der Einsatz von bienengefährlichen Mitteln wie u.a. Tamaron. Auch in der vom Kläger selbst vorgelegten Empfehlung der Landberatung B. -C. vom 13. Juli 2006 wurde darauf verwiesen, dass das bienengefährliche Tamaron nur in honigtaufreien Beständen eingesetzt werden dürfe.

Nach seinem Auskunftsprotokoll gemäß § 38 PflSchG setzte der Kläger auf seinen in B., D. und E. gelegenen Kartoffelfeldern u. a. wegen "hohen Läusebefalls" am 26. (B. sowie in D.) und am 28. (E.) Juli 2006 gleichwohl Tamaron mit dem Wirkstoff Methamidophos ein. Jeweils in einer Entfernung zwischen 0,5 und maximal zwei Kilometern von diesen Feldern befanden sich Bienenvölker der Imker K. H. F., J. F. und F. G.. Am 27. Juli 2006 stellten Herr K. H. F. in E. und die Herren J. F. und F. G. in B. den Tod einer Vielzahl von Bienen aus ihren Völkern fest. Sie entnahmen jeweils Proben der verendeten Bienen sowie von Kartoffelfeldern (u.a. des Klägers), von denen sie annahmen, dass dort vor kurzem Pflanzenschutzmittel gegen Blattläuse angewandt worden seien und zum Verenden ihrer Bienen geführt hätten. Bei einer detaillierten chemischen Auswertung der Proben wurden sowohl in den Bienenkörpern als auch in den jeweils eingereichten Kartoffelkräutern von den Schlägen des Klägers die Wirkstoffe Methamidophos und Fluazinam festgestellt. Ein Mitarbeiter des Fachinspektionsdienstes der Beklagten bejahte im März 2007 den Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Tamaron durch den Kläger und den Bienenschäden mit dem Hinweis, dass auch die Fläche in E. bereits vor dem 28. Juli 2006 so behandelt worden sein müsse. Die Beklagte leitete daraufhin ein Bußgeldverfahren gegen den Kläger ein. Dieses Verfahren wurde letztlich durch Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 9. Juli 2009 nach § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt; wegen der Einzelheiten wird auf die Beiakte B im Parallelverfahren mit dem Aktenzeichen 11 LC 131/11 verwiesen.

Am 16. November 2006 fand im Betrieb des Klägers eine Vor-Ort-Kontrolle statt. Hierbei wurde unter Bezug auf das zwischenzeitlich eingeleitete Bußgeldverfahren ein Verstoß gegen die Bienenschutzverordnung, also ein sog. CC-Verstoß, bejaht. Der Verstoß wurde als fahrlässig eingestuft und insoweit mit einer Kürzung der Betriebsprämie um 5% bewertet. Wie die Beklagte im gerichtlichen Verfahren vorgetragen hat, entsprach ein solcher Kürzungsgrad der allgemeinen Bewertungsvorgabe; er ist unabhängig vom Ausmaß eines konkret eingetretenen Bienenschadens bemessen. Der Bericht über das Ergebnis dieser Vor-Ort-Kontrolle wurde nach Aktenlage allerdings erst am 15. Juni 2007 unterzeichnet.

Dem Kläger wurde deshalb mit Bescheid vom 27. Dezember 2006 zunächst eine ungekürzte Betriebsprämie in Höhe von 16.451,02 EUR bewilligt. Der Bescheid enthält keine Aussage zu etwaigen CC-Verstößen.

Mit dem hier streitigen, mit der Post versandten Bescheid vom 11. Februar 2009 nahm die Beklagte dann die Bewilligung der Betriebsprämie in Höhe von 822,25 EUR (= 5%) zurück, forderte zugleich einen Betrag in dieser Höhe zurück und ordnete an, dass der Erstattungsbetrag zu verzinsen ist. Zur Begründung verwies die Beklagte auf den Verstoß des Klägers gegen die Bienenschutzverordnung. Dieser sei "aufgrund des Schadensausmaßes" von den Prüfern als schwer eingestuft worden. In Folge dessen sei die Betriebsprämie um 5% zu kürzen. Auf Vertrauensschutz nach nationalem Recht könne sich der Kläger nicht berufen. Das vorrangige Gemeinschaftsrecht enthalte abschließende Vertrauensschutzregeln. Diese schützten den Kläger nicht, da er die Überzahlung durch rechtswidriges Handeln verursacht habe. Der demnach zu Unrecht bewilligte Kürzungsbetrag sei zurückzuzahlen und ab Empfang dieses Bescheides mit 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

Der Kläger hat am 12. März 2009 Klage erhoben. Zur Begründung hat er sich in diesem Verfahren darauf berufen, nicht gegen die Bienenschutzverordnung verstoßen zu haben, und insoweit auf die seiner Ansicht nach zu Recht erfolgte Einstellung des gegen ihn eingeleiteten Bußgeldverfahrens verwiesen. Im Parallelverfahren mit dem Aktenzeichen 11 LC 131/11 hat der Kläger ergänzend geltend gemacht, bei der Vor-Ort-Kontrolle nicht auf sein allgemeines Aussageverweigerungsrecht nach § 38 Abs. 5 PflSchG hingewiesen worden zu sein; seine Angaben und die Prüfergebnisse der Beklagten seien deshalb unverwertbar. Er habe weder gegen § 2 Abs. 1 Nr. 2 noch eine andere Bestimmung der Bienenschutzverordnung verstoßen. Ein Verstoß gegen die erstgenannte Norm sei nur zu bejahen, wenn seine Kartoffelpflanzen tatsächlich von Bienen beflogen worden seien; die - auch nahe liegende - Möglichkeit reiche nicht aus. Ein abweichendes Verständnis verstoße gegen das Analogieverbot. Das demnach erforderliche tatsächliche Befliegen seiner Kartoffelpflanzen durch Bienen sei hier jedoch nicht festgestellt worden. Die Beklagte sei beweispflichtig. Jedenfalls hätte der Kürzungsgrad von 5% näher erläutert werden müssen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2009 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich in diesem Verfahren auf die Begründung ihres Bescheides berufen. Im Parallelverfahren mit dem Aktenzeichen 11 LC 131/11 hat sie weiter geltend gemacht, dass das "Befliegen" i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 Bienenschutzverordnung nach deren Sinn und Zweck nicht auf den unmittelbaren Zeitpunkt der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, sondern auf einen längeren Beobachtungszeitraum unter Berücksichtigung spezifischer Erfahrungswerte zu beziehen sei; das ggf. abweichende Verständnis der ordentlichen Gerichte im Bußgeldverfahren sei unzutreffend und nicht bindend. Ein solcher Erfahrungswert sei, dass Bienen Kartoffelbestände, in denen sie Honigtau von Blattläusen aufnehmen, beflögen, aber nur kurzzeitig morgens früh. Die vom Kläger mit bienengefährlichen Pflanzenschutzmitteln behandelten Kartoffeln seien stark von Blattläusen befallen gewesen und deshalb aufgrund des vorhandenen Honigtaus für Bienen attraktiv gewesen. Obwohl es für den Verstoß keiner Bienenschädigung bedürfe, sei zusätzlich davon auszugehen, dass gerade die verendeten Bienen die Flächen des Klägers beflogen hätten. Denn in den Proben, die von den Feldern anderer Landwirte entnommen worden seien, seien keine bzw. nur sehr geringe Mengen des maßgeblichen Wirkstoffs Methamidophos, in den Proben von den Feldern des Klägers hingegen hohe Mengen dieses für Bienen potentiell tödlichen Wirkstoffs gefunden worden. Bereits im Jahr 2003 sei es unter ähnlichen Bedingungen zu einem "Massensterbens" von Bienen gekommen. Kartoffelanbauer in Niedersachsen seien deshalb im Juli 2006 nochmals eindringlich und stetig darauf hingewiesen worden, in Konsumkartoffeln, die mehr als nur gering mit Blattläusen befallen seien, grundsätzlich keine bienengefährlichen Mittel anzuwenden.

Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage mit Urteil vom 15. Juni 2011 stattgegeben. Der Kläger habe keinen CC-Verstoß begangen. Hinsichtlich der hier streitigen Anwendung von bienengefährlichen Pflanzenschutzmitteln sei § 2 Abs. 1 Nr. 2 Bienenschutzverordnung maßgeblich und verdränge die allgemeineren Regelungen über die (un-)zulässige Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in § 2 Abs. 4 Bienenschutzverordnung und § 6 Abs. 1 PflSchG 2006. Ein Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Nr. 2 Bienenschutzverordnung setze nach dem Wortlaut eine Anwendung von Pflanzenschutzmitteln während des Bienenfluges voraus. Es sei jedoch nicht nachgewiesen, dass die Kartoffelpflanzen des Klägers in dem Zeitpunkt von Bienen beflogen worden seien, als er ein bienengefährliches Pflanzenschutzmittel aufgetragen habe. Es sei Aufgabe des Normgebers, den damit unzureichenden Bienenschutz zu erweitern.

Gegen dieses am 8. Juli 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14. Juli 2011 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese am 6. September 2011 begründet. Sie vertieft ihre Ansicht, dass das Befliegen i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 Bienenschutzverordnung nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte nicht - wie vom Verwaltungsgericht tragend angenommen - auf den Zeitpunkt der unmittelbaren Anwendung des Pflanzenschutzmittels beschränkt sei; es erstrecke sich vielmehr weitergehend auf die gesamte Zeitphase, in der die Pflanzen - insbesondere wegen der Honigtauausscheidungen von Blattläusen - eine besondere Attraktivität für Bienen aufwiesen. Auch in der Zeit zwischen dem Ende des täglichen Bienenfluges und 23 Uhr dürften nur eingeschränkt bienengefährliche Mittel, zu denen Tamaron nicht zähle, eingesetzt werden, da ihre bedingt schädliche Wirkung durch Antrocknen bis zum nächsten zu erwartenden Bienenflug am folgenden Morgen hinreichend abgeklungen sei. Auch der Kläger hätte allgemein auf Grund der für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln notwendigen Sachkunde und speziell auf Grund einer Vielzahl von Hinweisen (vgl. die Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 8. September 2011) wissen müssen, dass die zuvor bezeichnete Attraktivität von Pflanzen für Bienen bei einem Blattlausbefall in Konsumkartoffeln von über 500 Läusen pro 100 Fiederblätter zu bejahen sei, bienengefährliche Mittel dann also zur Blattlausbekämpfung nicht mehr eingesetzt werden dürften. Der Kläger habe wiederholt selbst eingeräumt, dass die von ihm mit dem bienengefährlichen Tamaron behandelten Kartoffelpflanzen stark mit Blattläusen befallen gewesen seien; damit sei der o. a. Schwellenwert überschritten gewesen. Der Kläger habe darüber hinaus auch eingeräumt, dass sich auf seine Pflanzen Honigtau gebildet habe. Dass im unmittelbaren Anwendungszeitpunkt - am 26. Juli 2006 gegen 22.00 Uhr - keine Bienen geflogen seien, sei wahrscheinlich, aber demnach unerheblich. Auf Grund von Indizien sei im Übrigen bewiesen, dass die Flächen des Klägers - mutmaßlich am Morgen des 27. Juli 2006 - von den Bienen der zuvor genannten drei Imker tatsächlich beflogen worden und Bienen deshalb verendet seien; hierzu wird auf einzuholende Sachverständigengutachten verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 1. Kammer - vom 15. Juni 2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts, insbesondere die tragende Annahme, dass sich § 2 Abs. 1 Nr. 2 Bienenschutzverordnung als konkretes Gefährdungsdelikt ausschließlich auf ein tatsächliches Befliegen im beabsichtigten Anwendungszeitpunkt von Pflanzenschutzmitteln beziehe. Andernfalls hätte die Norm lauten müssen: "wenn für einen Verständigen mit einem Beflug zu rechnen ist." Eine enge Auslegung sei auch geboten, um einen andernfalls durch den dann verbotenen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln drohenden Ertragsausfall zu verhindern. Unabhängig vom Normverständnis stehe aber nicht - wie jedenfalls erforderlich - fest, in welchem Umfang die Kartoffelpflanzen des Klägers von Blattläusen befallen, deshalb für Bienen attraktiv und von diesen tatsächlich beflogen gewesen seien. Ebenso wenig sei erwiesen, dass der Kläger die am 27. Juli 2006 festgestellten Bienenschäden verursacht habe. Die Auswertung von zehn Kartoffelblattproben sei dazu unzureichend gewesen, ihre Entnahme teilweise fragwürdig. Außerdem habe der Kläger in E. Tamaron ohnehin erst am folgenden Tage - also am 28. Juli 2011 - eingesetzt. Er habe auch längere Zeit vor dem Abend des 26. Juli 2011 keinen Bienenflug festgestellt und damit nicht sorgfaltswidrig gehandelt. Der Kürzungsgrad von 5% sei nicht hinreichend begründet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten jeweils in diesem und im Parallelverfahren 11 LC 131/11 verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige, insbesondere nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte, fristgerecht eingelegte und hinreichend begründete Berufung der Beklagten hat auch Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2009 ist rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die Teilrücknahme der Betriebsprämie für das Jahr 2006 ist § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (MOG). Danach sind rechtswidrige begünstigende Bescheide, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, in den Fällen der §§ 6 und 8 MOG zurückzunehmen; § 48 Abs. 2 bis 4 und § 49a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) sind anzuwenden. Hier liegt ein Fall des § 6 Abs. 1 Nr. 2 MOG vor, da es sich bei der streitigen Betriebsprämie um eine Direktzahlung handelt.

Der Bewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2006 war rechtwidrig, soweit dem Kläger danach die Betriebsprämie ungekürzt bewilligt worden war. Die Betriebsprämie war vielmehr um 5% entsprechend 822,55 EUR zu kürzen.

Rechtsgrundlage für die Kürzung der Betriebsprämie sind die Art. 6 Abs. 1, 7 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe i. V. m. Art. 66 Abs. 1 Verordnung (EG) 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 jeweils in der für das Jahr 2006 geltenden Fassung. Danach ist im Falle einer festgestellten Nichteinhaltung anderweitiger Verpflichtungen, die auf Fahrlässigkeit des Betriebsinhabers zurückzuführen ist, der Gesamtbetrag der Direktzahlungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 zu kürzen, und zwar je nach Schwere des (fahrlässigen) Verstoßes um 1 - 5%.

Art. 6 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 bestimmt im Einzelnen, dass der Gesamtbetrag der Direktzahlungen gekürzt oder gestrichen wird, wenn die Grundanforderungen an die Betriebsführung oder das Kriterium des guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustandes in einem bestimmten Kalenderjahr zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt werden und dieser Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem Betriebsinhaber anzulasten ist (vgl. ergänzend Art. 65 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 796/2004).

Die Beklagte ist zutreffend von der Nichteinhaltung anderweitiger Verpflichtungen ausgegangen, also einem sog. CC-Verstoß des Klägers. Diese Verpflichtungen folgen im Einzelnen aus Art. 3 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003. Danach muss der Betriebsinhaber, der Direktzahlungen bezieht, die Grundanforderungen an die Betriebsführung nach Anhang III und für die Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 einhalten. Nach Anhang III Nr. 9 zur Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 ist ab dem 1. Januar 2006 die Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230 vom 19.8.1991, S. 1) zu beachten. Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 91/414/EWG müssen die Mitgliedsstaaten u. a. Vorschriften über die sachgemäße Anwendung von Pflanzenschutzmitteln erlassen. Diese Vorgabe ist im Bundesgebiet durch das Pflanzenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Mai 1998 (BGBl I S. 971, 1527, 3512), zuletzt vor dem in Rede stehenden Verstoßzeitraum im Juli 2006 geändert durch Gesetz vom 22. Juni 2006 (BGBl. I S. 1342) - PflSchG 2006 -, einschließlich darauf beruhender Rechtsverordnungen umgesetzt worden. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 PflSchG 2006 dürfen Pflanzenschutzmittel nicht angewandt werden, soweit der Anwender damit rechnen muss, dass ihre Anwendung im Einzelfall schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch oder Tier oder auf Grundwasser oder sonstige erhebliche schädliche Auswirkungen, insbesondere auf den Naturhaushalt, hat. Diese allgemeinen Anforderungen an die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sind bezüglich des Bienenschutzes in der auf Grund des § 7 PflSchG a. F. erlassenen Bienenschutzverordnung (BienSchV) konkretisiert worden. Nach § 2 Abs. 1 BienSchV dürfen bienengefährliche Pflanzenschutzmittel nicht an

  1. 1.

    blühenden Pflanzen,

  2. 2.

    anderen Pflanzen, wenn sie von Bienen beflogen werden,

angewandt werden.

§ 2 Abs. 1 Nr. 2 BienSchV ist so zu verstehen, dass die anderen Pflanzen, an denen bienengefährliche Pflanzenschutzmittel nicht angewandt werden dürfen, weil sie von Bienen "beflogen" werden, solche sind, die unter den gegebenen örtlichen Verhältnissen gewöhnlich von Bienen zwecks Nahrungssuche angeflogen werden, oder anders formuliert solche, die Bienen als Nahrungsquelle dienen und sie deshalb "anziehen".

Für dieses Verständnis sprechen alle gängigen Auslegungsmethoden wie Wortlaut (a), Systematik (b), Entstehungsgeschichte (c) und schließlich Sinn und Zweck (d).

Der mutmaßlich abweichenden, engeren, aber nicht näher begründeten Auffassung des Oberlandesgerichts Oldenburg in dessen Beschluss vom 7. Mai 2009 (- 2 SsBs 52/09 -, [...], Rn. 9 f. = RdL 2009, 206 f. = LRE 59, 116 f.) aus dem gegen den Kläger geführten Bußgeldverfahren kommt - mangels anders lautender Bestimmung - für das vorliegende Verfahren keine formelle Bindungswirkung zu; ihr kann in der Sache nicht gefolgt werden.

a) Der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 2 BienSchV enthält zunächst nicht die offenbar vom Verwaltungsgericht hineingelesene Annahme, dass die Pflanzen gerade im möglichen Anwendungszeitpunkt und -ort des bienengefährlichen Pflanzenschutzmittels von Bienen beflogen werden müssen. Der Normtext schweigt vielmehr zu der Frage, wann genau der Bienenflug erfolgen muss, so dass die Norm insoweit auslegungsfähig, aber auch -bedürftig ist. Auch das o.a. Verständnis, wonach es für den Schutz ausreicht, dass der Bienenflug gewöhnlich erfolgt, ist demnach vom Wortlaut mitumfasst. Ausgeschlossen ist nach dem Wortlaut nur der Schutz von Pflanzen, die generell nicht von Bienen (als Nahrungsquelle) angeflogen werden, weil sie weder dort Nektar bzw. Pollen noch Honigtau gewinnen können.

Da die Art der Pflanzen, die beflogen werden, dem Wortlaut nach nicht näher eingegrenzt ist, könnte man zwar annehmen, es handele sich um alle Pflanzen. Ein solches Verständnis liegt aber schon sprachlich nicht nahe, da es nicht allgemein heißt "angeflogen", sondern bewusst im fachlichen Sinne "beflogen;" zudem wäre ein abweichendes Verständnis zu weitgehend und nicht umsetzbar. Denn ein Landwirt kann vor der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln weder verlässlich jede einzelne Pflanze auf einen Besatz mit Bienen untersuchen noch kann dies der Verordnungsgeber von ihm erwarten. Abzustellen ist vielmehr auf den Schutz von Bienen auf von ihnen zur Nahrungssuche aufgesuchten sog. Trachtpflanzen, weil Bienen sich dort regelmäßig aufhalten, sie insoweit stetig an einer als ergiebig erkannten Quelle festhalten, ihr Aufenthalt also vorhersehbar ist und sich ein Landwirt darauf einstellen kann und muss.

Dieses Verständnis des Wortlauts wird durch die weitere Überlegung unterstrichen, dass im Bereich der Imkerei von Pflanzen gesprochen wird, die nicht von Bienen beflogen werden, und damit gerade solche Pflanzen gemeint sind, die Bienen - etwa wegen der Art der für sie nicht erreichbaren Blüten - nicht als Nahrungsquelle nutzen können, nicht aber solche, die sie generell nicht "anfliegen" können.

b) Für das vorgenannte Normverständnis spricht zudem ersichtlich die Systematik der Bienenschutzverordnung.

aa) Nach § 2 Abs. 6 BienSchV gilt u. a. der Absatz 1 nicht für die Anwendung eines nur eingeschränkt bienengefährlichen Pflanzenschutzmittels, wenn es in der Zeit zwischen dem Ende des täglichen Bienenfluges und 23.00 Uhr angewendet wird. Denn unter diesen Umständen ist zu erwarten, dass es bis zum Beginn des folgenden Bienenfluges am nächsten Tag eingetrocknet und dann nicht mehr bienenschädlich ist. Würde § 2 Abs. 1 Nr. 2 BienSchV aber ohnehin nur für die Zeiten des täglichen Bienenfluges gelten, bedürfte es insoweit der in Absatz 6 enthaltenen Ausnahme nicht. Außerdem dürfte dann nachts - wenn gewöhnlich keine Bienen fliegen - immer auf nichtblühende Pflanzen gespritzt werden, auch wenn die bienenschädliche Wirkung noch lange über die Nacht hinaus andauert. Es kann demnach nicht richtig sein, das Verbot des § 2 Abs. 1 Nr. 2 BienSchV so eng zu verstehen, dass der Bienenflug gerade im Anwendungszeitpunkt erfolgen muss.

bb) Zudem ist der Bienenschutz auch nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 BienSchV weit, indem er mit Ausnahme von Hopfen und Kartoffeln grundsätzlich alle blühenden Pflanzen in den Schutz einbezieht, ohne danach zu differenzieren, wie attraktiv diese jeweils im jahreszeitlichen Angebot als Trachtpflanzen für Bienen sind und wie wahrscheinlich demnach ein Bienenanflug ist.

cc) Unterstrichen wird der beabsichtige weite Schutz durch § 2 Abs. 2 und 3 BienSchV, wonach selbst unbeabsichtigt weder andere Trachtpflanzen (Abs. 2) noch der nahe Umkreis des Bienenstockes (Abs. 3) durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln mitbetroffen sein dürfen.

dd) Schließlich dürfte die Bienenschutzverordnung bei einem abweichenden Verständnis sogar gegen §§ 6, 7 PflSchG vom 15. September 1986 (BGBl I 1986 S. 1505), zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. August 1990 (BGBl II 1990 S. 889), - PflSchG a. F. -verstoßen und damit unwirksam sein. Denn nach dem bei Erlass der Bienenschutzverordnung im Jahr 1992 geltenden § 6 Abs. 1 Satz 3 PflSchG a. F. dürfen Pflanzenschutzmittel nicht angewandt werden, soweit der Anwender damit rechnen muss, dass ihre Anwendung schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch oder Tier oder auf Grundwasser oder sonstige erhebliche schädliche Auswirkungen, insbesondere auf den Naturhaushalt, hat. Von diesem Grundsatz für den Bienenschutz generell abzuweichen, war dem Verordnungsgeber nach der Ermächtigung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 a PflSchG a. F. nicht gestattet. Er durfte und wollte danach den o.a. Grundsatz für den Bereich des Bienenschutzes vielmehr nur konkretisieren bzw. den Gebrauch von Pflanzenschutzmittel über die gesetzliche Grundnorm hinaus zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier weiter einschränken. Wenn aber § 2 Abs. 1 Nr. 2 BienSchV die Anwendung bienengefährlicher Pflanzenschutzmittel bereits dann zuließe, wenn Bienen sich nur gerade im Anwendungszeitpunkt des Pflanzenschutzmittels nicht auf den betroffenen Pflanzen befinden, obwohl später - etwa am Folgetag - ein Befliegen mit entsprechenden Schäden für die Bienen zu erwarten ist, so würde dieser Teil der Verordnung hinter dem bezeichneten gesetzlichen Schutzniveau zurückbleiben und damit unwirksam sein.

c) Wie die Beklagte nicht nur durch Bezugnahme auf die BR-Drs. 267/92 zu § 2, sondern auch durch den Artikel von Brasse (Mitt. Biol.Bundesanst. Land-Forstwirtsch. 410, 2007, S. 14, 20 ff.) zutreffend dargelegt hat, ist die hier streitige Regelung, mit der "Honigtau als schützenswerte Trachtquelle in die Verordnung" einbezogen worden ist, 1992 gerade vor dem Hintergrund massiver Bienenvergiftungen erlassen worden. Diese sind damals entstanden, weil es zunächst auf den Nutzpflanzen zu starkem Blattlausbefall und dadurch auf den befallenen Blättern zu umfangreichen Honigtauvorkommen gekommen ist; der Blattlausbefall wurde dann mit bienengefährlichen Pflanzenschutzmitteln bekämpft, durch die Bienen, die den Honigtau suchten bzw. aufnahmen, umfangreich kontaminiert worden sind. Der Normgeber wollte also gerade diese weitere Nahrungsquelle der Bienen zusätzlich in den Schutz einbeziehen.

d) Wie bereits das Verwaltungsgericht einräumen musste, wäre der beabsichtigte Bienenschutz aber unvollkommen, wenn er hinsichtlich des Honigtaus nur insoweit eingriffe, als er sich auf solche Pflanzen beschränkte, die gerade im beabsichtigen Anwendungszeitpunkt des Pflanzenschutzmittels von Bienen ange- bzw. beflogen werden. Der Bienenschutz ist nicht vergangenheits- oder gegenwarts-, sondern vielmehr insbesondere zukunftsbezogen zu verstehen. Entscheidend ist, dass durch Pflanzenschutzmittel keine Bienen geschädigt werden sollen. Bei Pflanzenschutzmitteln, die - wie das hier angewandte Tamaron - auch längere Zeit nach der Anwendung noch bienenschädlich sind, muss sich der zeitliche Fokus also auf den gesamten Wirkungszeitraum des Mittels beziehen und in diesem eine Schädigung möglichst verhindert werden.

Diese Annahme wird durch die Ausnahmeregelung in § 3 Satz 2 BienSchV unterstrichen, wonach von entsprechenden Ausnahmeregelungen betroffene Imker spätestens 48 Stunden vor Beginn der Anwendung des Pflanzenschutzmittels zu unterrichten sind, um entsprechende Sicherheitsmaßnahmen für ihre Bienen zu ergreifen.

Durch eine solche Ausnahmeregelung wird zudem der vom Kläger vorgetragenen Befürchtung entgegengetreten, dass der - wie hier - weit verstandene Bienenschutz zu schweren Schäden an landwirtschaftlichen Nutzpflanzen führen würde, wenn diese nur durch den Einsatz bienenschädlicher Pflanzenschutzmittel "gerettet" werden können.

Es kommt demnach für einen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Nr. 2 BienSchV darauf an, ob die anderen Pflanzen, an denen der Kläger unstreitig Ende Juli 2006 mit Tamaron ein bienengefährliches Pflanzenschutzmittel angewandt hatte, solche waren, die unter den gegebenen Verhältnissen gewöhnlich von Bienen zwecks Nahrungssuche beflogen werden. Ein solcher Verstoß ist hier zu bejahen.

Denn die Beklagte hat durch eine Vielzahl von Artikeln, die sich mit den Hinweisen u.a. anderer Landwirtschaftskammern decken, überzeugend dargelegt, dass auch Kartoffeln, die blühend nicht als Trachtpflanzen für Bienen in Betracht kommen und deshalb in dieser Funktion nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 1 Nr. 2 BienSchV ausgenommen sind, nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 BienSchV geschützt sind, wenn sich auf ihnen so viel Honigtau gesammelt hat, dass Bienen deshalb gewöhnlich auch solche "befallenen" Kartoffelpflanzen befliegen. Da Honigtau u. a. von Blattläusen (als Ausscheidung) produziert wird, kann die Menge des von ihnen erzeugten und für die Bienen als Nahrungsquelle attraktiven Honigtaus wiederum an Hand der auf den Pflanzen befindlichen Blattläuse nach der Faustformel: "Je mehr Läuse, desto mehr Honigtau und Bienen" bestimmt werden. Daraus resultiert der in den Anwendungshinweisen u.a. der Beklagten, aber auch der vom Kläger in Anspruch genommenen örtlichen Landberatung enthaltene Schwellenwert von durchschnittlich 5 Blattläusen pro Fiederblatt (bzw. 500 Läusen bezogen auf 100 Fiederblatt). Wie sich aus dieser verhältnismäßig geringen Zahl von Blattläusen ergibt, reicht daher schon ein eher geringer Befall aus, um den Schwellenwert zu erreichen. Bei einem starken bzw. hohen Befall des Bestandes ist er dementsprechend überschritten. Vorliegend hat der Kläger aber - verwertbar (vgl. Bad.-Württ. VGH, Urt. v. 23.8.2012 - 10 S 2023/10 -, [...], Rn. 41 f., = RdL 2013, 198 = AUR 2013, 55 [VGH Baden-Württemberg 23.08.2012 - 10 S 2023/10]) - selbst angegeben, dass die von ihm gespritzten Kartoffelbestände hoch mit Blattläusen belastet waren und sich Honigtau gebildet hatte. Dies steht in Übereinstimmung mit den allgemeinen von der Beklagten zitierten Erkenntnissen, wonach im hier maßgeblichen Zeitraum Ende Juli 2006 in der Region, in der die Felder des Klägers liegen, bei regionalen Unterschieden ein hoher Befall festzustellen war. Damit war die Entstehung des für Bienen bereits generell attraktiven Honigtaus verbunden und die Wahrscheinlichkeit des Bienenbeflugs von befallenen Kartoffelpflanzen zwecks Nahrungsaufnahme nahm noch dadurch zu, dass Ende Juli 2006 im hier maßgebenden Raum Niedersachsens trockenheitsbedingt die Anzahl von blühenden Pflanzen als alternativer Nahrungsquelle eher gering war. Die vom Kläger gespritzten Kartoffeln waren demnach Pflanzen, die Ende Juli 2006 unter den gegebenen Verhältnissen gewöhnlich von Bienen beflogen wurden. Die Annahme, dass Bienen im engen Umkreis der Felder des Klägers zu diesem Zeitpunkt Kartoffelpflanzen beflogen haben, wird zusätzlich durch das Ergebnis der Untersuchung der von den o. a. Imkern eingesandten verendeten Bienen unterstrichen. Darin wurde nicht nur der Wirkstoff Methamidophos nachgewiesen. Sie wiesen zusätzlich vergleichweise hohe Konzentrationen eines spezifischen Fungizides mit dem Wirkstoff Fluazinam auf, das nur in Kartoffeln eingesetzt wird. Ein Landwirt hätte unter diesen Umständen seine Kartoffelpflanzen deshalb nur dann mit einem bienengefährlichen Mittel spritzen dürfen, wenn sich entsprechende Bienen nicht im Umkreis seiner behandelten Felder befunden hätten oder er dazu eine Ausnahmegenehmigung gehabt hätte. Keiner dieser beiden Fälle war hier jedoch gegeben. Vielmehr haben sich in einem Umkreis von weniger als zwei Kilometern von den o.a. Feldern des Klägers mehrere Bienenvölker befunden, die im fraglichen Zeitraum offenkundig auch Honigtau von (behandelten) Kartoffelpflanzen aufgenommen haben. Demnach ist objektiv ein - tatsächlich mehrfacher, da der Kläger zumindest dreimal mit Tamaron ein unzulässiges Pflanzenschutzmittel verwendet hat - Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Nr. 2 BienSchV gegeben.

Auf die von den Beteiligten weitergehend intensiv erörterten Fragen, ob Bienen auch schon vor dem Spritzzeitpunkt des Klägers seine Kartoffelfelder angeflogen haben, ob ein solcher Bienenflug für den Kläger erkennbar war und insbesondere ob gerade die vom Kläger angewandten Pflanzenschutzmittel zum Verenden zahlreicher Bienen geführt haben, kommt es hingegen für den objektiven Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Nr. 2 BienSchV nicht an.

Der Kläger ließ bei der Anwendung des bienengefährlichen Pflanzenschutzmittels auch die erforderliche Sorgfalt außer Acht, handelte also - wie nach Art. 66 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 erforderlich - fahrlässig, und zwar in einem außergewöhnlich hohen Maße. Ihm ist bekannt gewesen, dass das von ihm verwendete Spitzmittel bienengefährlich war. Er hätte sich also vor der Anwendung vergewissern müssen, dass eine Bienengefahr ausgeschlossen war. Dies hat er jedoch nicht getan, obwohl es spätestens seit 2003 zahlreiche Hinweise gerade in Niedersachsen auf den Zusammenhang zwischen Pflanzenschutzmittelausbringung u. a. gegen Blattlausbefall an Kartoffelpflanzen in trockenen Sommermonaten und einem dadurch bedingten "Bienenmassensterben" gab. Selbst wenn ihn die eindeutigen o.a. aktuellen Hinweise des sog. Blattlauswarndienstes der Beklagten vom Juli 2006 nicht erreicht hatten, so hätte er doch ohne verlässliche Klärung nicht spritzen dürfen. Sein Hinweis, vor dem Spritzen keine Bienen festgestellt zu haben, führt zu keiner anderen Bewertung. So ist schon nicht konkret dargelegt worden, wann genau und in welchem Umfang der Kläger nach Bienen gesucht hat. Außerdem ist eine entsprechende generelle Kontrolle nicht nur aus Sicht der Beklagten (vgl. ergänzend etwa die Informationen aus dem Internet für den Kartoffelanbauer des bad.-württ. Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg v. Juni 2010 sowie etwa der Arbeitsgemeinschaft für Landberatung e. V., wonach gerade auch der Besatz mit Blattläusen (unter 5 pro Fiederblatt) sowie ein Ausschluss der Bildung von Honigtau vor Anwendung festgestellt werden müssen) nur eine notwendige, aber keine hinreichende Anwendungsvoraussetzung. Schließlich hat der Kläger selbst eine an ihn gesandte Mitteilung der Landberatung B. -C. e. V. vom 13. Juli 2006 vorgelegt. Danach durfte das als bienengefährlich eingestufte Tamaron nur eingesetzt werden, wenn in den zu behandelnden Beständen keine Bienen vorhanden sind. "Voraussetzung dafür sind u. a. unkraut- und honigtaufreie Bestände." Da dem Kläger jedoch der hohe Blattlausbefall und die damit verbundene Honigtaubildung bekannt waren, er sogar Honigtaubildung festgestellt hatte, hätte er kein bienengefährliches Mittel mehr verwenden dürfen.

Bei der Bestimmung des Umfangs der Kürzung der Betriebsprämie sind gemäß Art. 7 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 Schwere, Ausmaß, Dauer und Häufigkeit der festgestellten Verstöße entscheidend. Nach Art. 66 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 wird die Beihilfe im Falle eines fahrlässigen Verstoßes in der Regel um 3% Prozent gekürzt. Die Zahlstelle kann jedoch auf der Grundlage der Bewertung durch die zuständige Kontrollbehörde im Kontrollbericht gemäß Artikel 48 Absatz 1 Buchstabe c) der letztgenannten Verordnung beschließen, den genannten Prozentsatz entweder auf 1% des Gesamtbetrags zu vermindern oder ihn auf 5% zu erhöhen. Vorliegend ist von der letztgenannten Befugnis rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht worden. Denn die örtliche Bewilligungsstelle der Beklagten als "Kontrollbehörde" hatte auf der Grundlage allgemeiner Bewertungsvorgaben im Prüfbericht vom 16. November 2006 eine Bewertung mit 5% vorgenommen, die von der Beklagten als "Zahlstelle" übernommen worden ist. Die damit erfolgte Bewertung des fahrlässigen Verstoßes als schwerwiegend ist gerichtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat das bienengefährliche Mittel gleich dreimal angewandt. Dies gilt zwar rechtlich nach Art. 66 Abs. 2 ff. Verordnung (EG) Nr. 796/2004 als nur ein Verstoß, steht aber der Bewertung als schwerwiegend nicht entgegen. Er hat dabei die erforderliche Sorgfalt in einem hohen Maße außer Acht gelassen. Schließlich ist der potentielle Schaden in Form des Todes einer Vielzahl von Bienen hoch. Ob - was nahe liegt - die Anwendung von Tamaron durch den Kläger tatsächlich zum Verenden der Bienen der drei benannten Imker geführt hat, ist dabei unerheblich. Denn auch ohne diese Kausalität ist ein schwerer Verstoß zu bejahen und - wie von der Beklagten auf gerichtliche Nachfrage erläutert - unabhängig vom tatsächlichen Schadensausmaß angenommen worden. Soweit in der Begründung des Bescheides vom 11. Februar 2009 angeführt wird, dass der Verstoß ausweislich des Prüfprotokolls "aufgrund des Schadensausmaßes" als schwer eingestuft worden sei, lässt sich dies dem Protokoll so nicht entnehmen; dort ist gerade keine Begründung angeführt. Diese missverständliche Begründung führt aber nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides, soweit die Kürzung mehr als 3% beträgt. Denn der Bescheid ist formell hinreichend begründet, und die Beklagte hat im gerichtlichen Verfahren dargelegt, dass insoweit nur eine missverständliche, nicht aber eine inhaltlich falsche oder nachträglich ausgewechselte Begründung angeführt worden ist. Dafür spricht auch, dass in dem weiteren Bescheid der Beklagten vom 12. Juni 2009, der im Parallelverfahren mit dem Aktenzeichen 10 LC 131/11 umstritten ist, ebenfalls eine Kürzung um 5% vorgenommen worden und insoweit bei gleicher Sachlage zur Begründung gerade nicht auf einen tatsächlichen Schaden abgestellt worden ist. Zudem dürfte auf Grund der nicht zu beanstandenden allgemeinen Bewertungsvorgabe sowie aus den zuvor genannten einzelfallbezogenen Gründen vorliegend eine andere Bewertung als mit 5% kaum vertretbar sein. Diese Kürzung von 5% ist rechnerisch zutreffend umgesetzt worden.

Dass sich der Kläger gegenüber der Teilrücknahme des in Höhe des gekürzten Betrages rechtswidrigen Bewilligungsbescheides wegen entgegenstehender, vorrangiger gemeinschaftsrechtlicher Regelungen in Art. 73 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 nicht auf Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 2 VwVfG berufen kann, ist bereits im angegriffenen Bescheid zutreffend dargelegt worden. Danach ist es insoweit auch unerheblich, dass dem Kläger die Betriebsprämie noch im Dezember 2006 zunächst ungekürzt ausgezahlt worden ist, obwohl der Beklagten (als Gesamtbehörde) der CC-Verstoß bereits bekannt war, wenn ihr auch hierzu nach Aktenlage noch kein förmlicher Bericht der "Kontrollbehörde" vorlag. Der Teilrücknahme steht ferner nicht ein Ablauf der Jahresfrist nach § 10 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz MOG i. V. m. § 48 Abs. 4 VwVfG entgegen. Dabei kann dahinstehen (vgl. Senatsurt. v. 17.1.2012 - 10 LC 193/07 -, [...], Rn. 132 m. w. N.), ob die gemeinschaftsrechtlich zwingende Rückzahlungspflicht nach Art. 73 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 aufgrund ihres abschließenden Charakters über § 48 Abs. 2 VwVfG hinaus auch die nationalen Vorschriften über die Jahresfrist in § 48 Abs. 4 VwVfG verdrängt (so wohl OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27.2.2008 - 8 A 11153/07 -, RdL 2008, 163 = AUR 2008, 278 = NVwZ-RR 2008, 530). Denn die Jahresfrist wurde hier nicht verletzt. Sie beginnt erst dann zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (BVerwG, Urt. v. 19.12.1984 - GrSen 1/84, GrSen 2/84 -, BVerwGE 70, 356, 362). Dies ist erst dann der Fall, wenn die Behörde ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage ist, sachgerecht unter Berücksichtigung etwaiger Vertrauensgesichtspunkte über die Rücknahme des Verwaltungsakts zu entscheiden (BVerwG, Urt. v. 19.12.1984, a.a.O.). Dies setzt regelmäßig eine durchgeführte Anhörung des Betroffenen voraus (BVerwG, Urt. v. 20.9.2001 - 7 C 6/01 -, NVwZ 2002, 485, und v. 8.5.2003 - 1 C 15/02 -, BVerwGE 118, 174, 179). Eine solche Anhörung ist hier jedoch nach Aktenlage vor Erlass des Bescheides vom 11. Februar 2009 nicht erfolgt, so dass die Jahresfrist nicht zuvor verstrichen gewesen ist. Ob die Jahresfrist auch dann nicht zu laufen beginnt oder die Rücknahmebefugnis verwirkt, wenn die Behörde pflichtwidrig die weitere Sachaufklärung einschließlich einer gebotenen Anhörung längere Zeit verzögert, kann hier offen bleiben. Denn die Beklagte hat hier zunächst vertretbar den weiteren Fortgang des Bußgeldverfahrens abgewartet, in dem ebenfalls über einen Verstoß des Klägers gegen § 2 Abs. 1 Nr. 2 BienSchV zu entscheiden war. Der Kläger hatte selbst darum gebeten, den Ausgang des Bußgeldverfahrens abzuwarten. Da die Teilrücknahme nach § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG zwingend ist, der Beklagten insoweit also kein Ermessen zusteht, bleibt die unterbliebene Anhörung als solche folgenlos (§ 46 VwVfG).

Auch gemeinschaftsrechtlich, d.h. nach Art. 73 Verordnung (EG) Nr. 796/2004, steht der Teilrücknahme kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegen. Insoweit käme allenfalls ein Schutz nach Art. 73 Abs. 4 Unterabs. 1 dieser Verordnung in Betracht. Danach gilt die Verpflichtung zur Rückzahlung (und damit nach deutschem Recht zur Rücknahme) nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde ... zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte. Es kann offen bleiben, ob die ungekürzte Bewilligung zum Jahresende 2006, als die Vor-Ort-Kontrolle bereits erfolgt war, aber der für eine Kürzung erforderliche Bericht der "Kontrollbehörde" noch nicht vorlag, überhaupt fehlerhaft war und dann darin ein "Irrtum" der Beklagten liegt. Jedenfalls war dann dieser - unterstellte - "Irrtum" für den Kläger "billigerweise" erkennbar. Denn ihm war bekannt, dass bei der örtlichen Kontrolle im November 2006 ein CC-Verstoß bejaht worden war und dass die Beklagte diesen Verstoß noch weiter verfolgte. Ohne ausdrückliche, hier aber fehlende Regelung oder zumindest einen entsprechenden Hinweis durfte er deshalb nicht annehmen, mit der ungekürzten Bewilligung zum Jahresende 2006 habe sich das Verfahren erledigt.

Wie im Bescheid ebenfalls zu Recht ausgeführt worden ist, ist der Kläger nach Art. 73 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 sowie § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2, Abs. 3 MOG i. V. m. § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG weiterhin zur Rückzahlung des zu Unrecht erhaltenen Betrages zuzüglich Zinsen verpflichtet.