Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 17.01.2018, Az.: 1 A 6/16
Cross Compliance; Cross-Compliance-Verstoß; Pflanzenschutz; Pflanzenschutzmittel
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 17.01.2018
- Aktenzeichen
- 1 A 6/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 74102
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 12 Abs 2 PflSchG
- Art 71 Abs 2 EGV 1122/2009
- § 28 Abs 1 VwVfG
- § 45 Abs 1 Nr 3 VwVfG
- § 46 VwVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Nach Art. 71 Abs. 2 Unterabs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 ist ein Ermessen, vom Regelkürzungssatz abzuweichen, erst dann eröffnet, wenn hinreichend gewichtige Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalls bestehen.
Tatbestand:
Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wendet sich gegen die teilweise Rücknahme und Rückforderung der Umverteilungsprämie für das Antragsjahr 2014 wegen eines sog. Cross Compliance-Verstoßes.
Sie bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb zur Größe von ca. 620 ha. Am 13. Mai 2014 beantragte sie im Rahmen des Sammelantrags Agrarförderung und Agrarumweltmaßnahmen u.a. die Betriebsprämie und die Umverteilungsprämie für das betreffende Jahr. Mit Bescheid vom 29. Dezember 2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin für das Jahr 2014 eine Betriebsprämie in Höhe von 191.308,73 Euro und eine Umverteilungsprämie in Höhe von 2.068,09 Euro.
Bereits am 26. Mai 2014 erhielt der Pflanzenschutz-Prüfdienst der Beklagten eine bei der Stadt E. am 15. Mai 2014 eingegangene anonyme Anzeige nebst „Fotodokumentation nicht fachgerechter Spritzungen im Frühjahr 2014“. Darin ist der Hinweis enthalten, dass im Gebiet der Stadt E. im Frühjahr 2014 zahlreiche Schäden an Wegrändern vorgefunden worden seien, die von Spritzungen der Flächen mit einem Totalherbizid herrührten, die über die Feldgrenzen hinweg auf die Wegränder ausgedehnt worden seien. Die Lage der betroffenen Flächen wurde beschrieben und der Schadensumfang durch Fotos dokumentiert.
Am 11. Juni 2014 führte der Prüfdienst der Beklagten eine Vor-Ort-Kontrolle durch. In dem hierüber verfassten Vermerk vom 24. Juni 2014 ist festgehalten, dass aufgrund der zeitlichen Verzögerung zwischen dem Eingang der anonymen Anzeige und der Vor-Ort-Kontrolle sowie wegen der feuchtwarmen Witterung der ursprünglich angezeigte Schaden an den Wegeseitenrändern größtenteils nicht mehr habe vorgefunden werden können. Die betroffenen Wegeseitenränder seien wieder begrünt gewesen, sodass eine Messung der beschädigten Bereiche nicht mehr habe durchgeführt werden können und eine Größenfeststellung nicht mehr möglich gewesen sei. Die betroffenen Betriebe hätten die Pflanzenschutzmaßnahmen selbst durchgeführt, weshalb die Behandlung auf Nichtkulturland für die Betriebe Cross Compliance-relevant sei. Am 23. Juni 2014 fand eine weitere Vor-Ort-Kontrolle statt.
Mit Schreiben vom 15. Juli 2014 hörte die Beklagte Herrn F., Gesellschafter der Klägerin, im Rahmen des gegen ihn eingeleiteten Ordnungswidrigkeitsverfahrens wegen eines Verstoßes gegen § 12 Abs. 2 Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) an. Am 30. Juli 2014 nahm dieser Stellung und führte aus, dass er sich der Meinung der Prüfdienst-Mitarbeiterin anschließe, dass hier kein Verstoß festzustellen gewesen sei. Unter dem 27. August 2014 setzte die Beklagte gegen ihn ein Bußgeld in Höhe von 400,- Euro wegen fahrlässigen Verstoßes gegen § 12 Abs. 2 PflSchG fest. Der Vorwurf lautete, vor dem 24. April 2014 im Bereich der Schläge 21, 765, 754 und 14 den Feldrain mit einem Pflanzenschutzmittel mitbehandelt zu haben. Auf den Einspruch des Beschuldigten gegen den Bußgeldbescheid verurteilte ihn das Amtsgericht Oldenburg mit Urteil vom 11. November 2015 wegen fahrlässiger unerlaubter Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zu einer Geldbuße von 400,- Euro.
Mit Bescheid vom 8. Dezember 2015 nahm die Beklagte den Bescheid vom 29. Dezember 2014 über die Bewilligung von Betriebs- und Umverteilungsprämie für das Antragsjahr 2014 in Höhe eines Betrages von 62,04 Euro zurück, forderte von der Klägerin diesen Betrag zuzüglich Zinsen zurück und setzte gegenüber der Klägerin die Kosten des Verfahrens auf 30,- Euro fest. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Cross Compliance-relevanter Verstoß gegen die Pflanzenschutzanwendung auf Freilandflächen ohne landwirtschaftliche, gärtnerische oder forstliche Nutzung vorliege. Der Prüfdienst habe diesen im Gesamtergebnis des Prüfprotokolls als mittleren fahrlässigen und nicht vorsätzlichen Erstverstoß behandelt. Es sei eine Mitbehandlung von Feldrainen angrenzend an vier Schlägen mit Pflanzenschutzmitteln festgestellt worden. Bei einem solchen Verstoß sei u.a. die Umverteilungsprämie für das betreffende Jahr (hier: 2014) um 3 % zu kürzen. Bei dem Bescheid über die Bewilligung der Umverteilungsprämie 2014 handele es sich um einen rechtswidrigen Bescheid, soweit der zu kürzende Teilbetrag gewährt worden sei, obwohl die Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Dieser Bescheid sei deshalb teilweise zurückzunehmen. Auf Vertrauensschutz könne sich der Betriebsinhaber nicht berufen. Er sei zur Rückzahlung des zu Unrecht gezahlten Betrages verpflichtet.
Die Klägerin hat am 11. Januar 2016 Klage erhoben.
Sie trägt im Wesentlichen vor, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Die Voraussetzungen für eine Rückforderung der Umverteilungsprämie 2014 und die teilweise Rücknahme des zugrunde liegenden Bewilligungsbescheides lägen nicht vor. Es liege ihrerseits kein Verstoß vor, der den Bescheid nachträglich rechtswidrig gemacht habe. Unabhängig davon habe die Beklagte von dem ihr zustehenden Ermessen hinsichtlich des Kürzungssatzes keinen Gebrauch gemacht, womit ein Ermessensausfall vorliege. Es habe im Ermessen der Beklagten gestanden, den Kürzungsbetrag auf 1 % des Gesamtbetrags zu reduzieren oder überhaupt keine Kürzung zu verhängen. Die Beklagte habe in dem angefochtenen Bescheid zu Unrecht zum Ausdruck gebracht, dass sie in ihrer Entscheidung gesetzlich gebunden sei. Sie hätte vielmehr erläutern müssen, warum der vorliegende Verstoß nicht als minder schwerer Fall im Sinne von Art. 71 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 anzusehen sei. Eine Entscheidung in diesem Sinne hätte hier nahegelegen, denn nach dem Überwachungsprotokoll vom 23. Juni 2014 habe das genaue „Ausmaß“ der behandelten Feldränder nicht mehr ermittelt werden können. Damit habe eine Bewertungsgrundlage nach Art. 54 Absatz 1 Buchst. c) der vorgenannten Verordnung nicht abschließend erfasst werden können. Auch die Bewertungskriterien „Schwere“ und „Dauer“ hätten milder bewertet werden können; eine Auseinandersetzung damit im Rahmen einer Ermessensentscheidung hätte erfolgen müssen. Zudem habe es sich um einen erstmaligen Verstoß gehandelt, sodass das weitere Bewertungskriterium „wiederholter Verstoß“ nicht greife. Vorliegend sei das Ausmaß, wenn überhaupt ein Verstoß vorgelegen habe, äußerst gering gewesen, da sich die Absterbesymptomatiken ausschließlich auf kleinsten Flächen gezeigt hätten und die Ursache nicht sicher habe festgestellt werden können. Die Auswirkungen eines (angeblichen) Verstoßes seien bei der Vor-Ort-Kontrolle schon nicht mehr festzustellen gewesen, weshalb auch nur von einer kurzen „Dauer“ gesprochen werden könne. Die besonders milde Ausbildung der Kriterien mache im Zusammenhang damit, dass der angebliche Verstoß erstmalig und fahrlässig geschehen sei, die Prüfung obenstehender Ermessensvorschrift zwingend. Da der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei, seien auch die Verwaltungskosten rechtswidrig festgesetzt worden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Bußgeldverfahren gegen den Gesellschafter der Klägerin, F., vor, die festgestellten Verstöße seien Cross Compliance-relevant. Nach dem Überwachungsprotokoll vom 23. Juni 2014 seien bei der Klägerin die an deren Schläge 14, 21, 754 und 765 angrenzenden Wegeparzellen betroffen. Die Anwendung des Pflanzenschutzmittels sei durch ihren Gesellschafter erfolgt. Ausweislich der dem Überwachungsprotokoll beiliegenden Fotos, die der anonymen Anzeige beigelegen hätten, seien Pflanzenschutzmittel sehr breit und systematisch über die Feldgrenzen hinweg angewandt worden. In dem Bescheid vom 29. Dezember 2014 über die Bewilligung der Betriebsprämie sowie der Umverteilungsprämie 2014 habe dieser Cross Compliance-Verstoß noch nicht berücksichtigt werden können, da dieser wegen des laufenden Bußgeld-Verfahrens weder festgestellt noch in der Hl-Tier-Datenbank vermerkt gewesen sei. Der Bewilligungsbehörde (Zahlstelle) sei deshalb zu diesem Zeitpunkt noch kein Cross Compliance-Verstoß bekannt gewesen. Als Ergebnis der Vor-Ort-Kontrollen vom 11. und 23. Juni 2014 und der weiteren Recherchen durch den Prüfdienst sei für das Jahr 2014 ein Cross Compliance-Pflanzenschutzmittelverstoß in der Hl-Tier-Datenbank vermerkt worden. Bei der Prüfung durch die Zahlstelle im Dezember 2015 sei festgestellt worden, dass sich die Prüfer an den Sanktionenvorschlag der bundeseinheitlichen Bewertungsmatrix gehalten hätten und es sich bei dem Verstoß nicht zusätzlich auch um einen sogenannten „Baselineverstoß“ gehandelt habe. Auf der Kopie des Kontrollberichtes sei handschriftlich ausgeführt, dass die Kürzung durch den Prüfdienst in Höhe von 3 % akzeptiert werde. Das Ermessen sei vorliegend durch die bundeseinheitliche Bewertungsmatrix gelenkt bzw. eingeschränkt mit dem Ziel, möglichst einheitliche Bewertungen gleicher Sachverhalte in den Bundesländern zu gewährleisten. Nach der Bewertungsmatrix sei ein fahrlässiger Erstverstoß als „mittelschwer“ zu bewerten mit der Folge, dass alle Fördergelder aus den Bereichen EGFL (hier: EU-Betriebsprämie und Umverteilungsprämie) und ELER für das betreffende Feststellungsjahr um 3 % zu kürzen seien. An diesen Bewertungsvorschlag hätten sich die Prüfer gehalten. Die Zahlstelle habe sich bei der Ermessensentscheidung der Prüferbewertung (Kontrollbehörde) angeschlossen. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände und völlig unverhältnismäßigen Sanktionen dürfe vom Bewertungsvorschlag nach oben oder unten abgewichen werden. Hier hätten erkennbar keine solchen besonderen Umstände vorgelegen, die eine Abweichung nach unten (auf 1%) gerechtfertigt hätten. Das systematische Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln auf dem Feldrain an mindestens vier Schlägen, teilweise bis an den Stamm der Straßenbäume, hätte möglicherweise eine Einstufung als schweren Verstoß oder sogar als vorsätzlichen Verstoß gerechtfertigt. Die Prüferbewertung sei hinsichtlich der relativen und absoluten Höhe angemessen und moderat und deshalb von der Zahlstelle der Beklagten im Rahmen der Ermessensprüfung akzeptiert worden. Die von der Klägerin genannten Argumente für eine Absenkung des Kürzungssatzes seien nicht stichhaltig. Es sei richtig und liege in der Natur der Sache, dass das räumliche Schadensausmaß am 11. Juni 2014 nicht mehr genau feststellbar gewesen sei. Dies sei auch nicht erforderlich, vielmehr reiche dafür eine grobe Einschätzung. Neben den Bildern der Prüfer lägen außerdem die Bilder des anonymen Anzeigenden vor. Damit existierten Bilder von zwei unterschiedlichen Zeitpunkten, um den Schaden und dessen Ursache räumlich quantifizieren zu können. Aus den Bildern des anonymen Anzeigenden und dem Wissen um die geringe Halbwertzeit von zwei bis vier Wochen beim angewandten Wirkstoff Glyhphosat ergebe sich ein klares Bild, wonach an allen vier Schlägen sehr breit über die Schlaggrenzen hinweg Pflanzenschutzmittel angewandt worden seien. Die Tatsache eines Erstverstoßes allein rechtfertige keine Abweichung, da für Wiederholungsverstöße eine eigene Regelung greife. Die Bilder des anonymen Anzeigenden, bei denen nach den Feststellungen im Bußgeldverfahren keine Zweifel bestünden, dass sie zum maßgeblichen Zeitpunkt und am entsprechenden Ort aufgenommen worden seien, belegten eindeutig, dass Feldraine breitflächig mitbehandelt worden seien, auch wenn dies später wegen des Abbaumechanismus des Wirkstoffes nicht mehr erkennbar gewesen sei. Entgegen der Annahme der Klägerin bestehe der „Schaden“ auch nicht nur so lange, wie Verfärbungen an den absterbenden Pflanzen sichtbar seien, sondern es werde der eingesetzte Wirkstoff verwendet, um das Pflanzengesellschaftsspektrum zu verändern, namentlich um Unkräuter zu beseitigen. Nach alledem sei keine andere Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin zu treffen gewesen. Das Ermessen müsse nicht weiter im Bescheid ausgeführt werden, da die Ausübung eindeutig anderweitig nachgewiesen sei. Mit dem Hinweis in dem angefochtenen Bescheid auf Art. 71 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 im unmittelbaren Zusammenhang mit der Nennung des festgelegten Kürzungssatzes sei belegt, dass sie, die Beklagte, eine Ermessensentscheidung getroffen habe und nach Abwägung der Verhältnisse des Einzelfalls zu der Auffassung gelangt sei, dass im vorliegenden Einzelfall unter anderem auch aus Gleichbehandlungsgründen eine Regelkürzung in Höhe von 3 % erfolgen müsse. Außerdem sei der Regelsatz mit 3 % festgelegt und nur eine Abweichung von diesem Regelfall oder vom Matrixvorschlag müsse näher begründet werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der beigezogenen Bußgeldakte (NZS 600 Js 64299/14 VRs) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht mit angefochtenem Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 8. Dezember 2015 die Bewilligung der Umverteilungsprämie für das Jahr 2014 in Höhe von 62,04 Euro aufgehoben und diesen Betrag von der Klägerin zurückgefordert (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Der angefochtene Bescheid ist zwar in formeller Hinsicht rechtswidrig. Denn die Beklagte hat die Klägerin vor Erlass des Rücknahme- und Rückforderungsbescheides vom 8. Dezember 2015 nicht gemäß § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 VwVfG angehört, d.h. ihr vor Erlass des Bescheides die Gelegenheit gegeben, sich zu den für diese Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Eine im Rahmen eines eingeleiteten Bußgeldverfahrens (hier: gegen einen Gesellschafter der Klägerin) erfolgte Anhörung zum Vorwurf, eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben (hier: Verstoß gegen das Pflanzenschutzgesetz), vermag die notwendige Anhörung (hier der Klägerin) vor Erlass eines subventionsrechtlichen Rücknahme- und Rückforderungsbescheides nicht zu ersetzen und macht eine solche auch nicht entbehrlich. Denn die Anhörung muss sich an einen individualisierten Adressaten richten und die beabsichtigte behördliche Maßnahme konkret benennen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.2013 - 7 B 18.13 -, juris Rn. 19). Eine Heilung dieses Verfahrensmangels ist nicht eingetreten. Nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; nach Absatz 2 können Handlungen nach Absatz 1 bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Unterbleibt die Anhörung, tritt eine Heilung aber nur ein, soweit die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird. Das ist hier nicht erfolgt. Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren stellen keine nachträgliche Anhörung im Sinne dieser Regelung dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012 - 3 C 16.11 -, juris Rn. 18; Urt. v. 24.6.2010 - 3 C 14.09 -, juris Rn. 37; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2017, § 45 Rn. 26; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 45 Rn. 86).
Die unterbliebene Anhörung begründet allerdings keinen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides, denn diese ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 NVwVfG in Verbindung mit § 46 VwVfG als unbeachtlich anzusehen. Hiernach kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, u.a. nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (zur Frage des Entfallens des prozessualen Anspruchs auf Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts bei Unbeachtlichkeit von Fehlern im Verwaltungsverfahren nach § 46 VwVfG: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 44, 50, Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 113 Rn. 6, 55; Nds. OVG, Urt. v. 27.9.2017 - 13 LC 218/16 -, juris Rn. 150; BVerwG, Urt. v. 22.3.2012 - 3 C 16.11 -, juris Rn. 19 f.; nach anderer Auffassung Wegfall der Rechtsverletzung: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 20, Posser-Wolff, VwGO, § 113 Rn. 17.1). Der insoweit erforderliche Kausalzusammenhang setzt die konkrete Möglichkeit voraus, dass die angegriffene behördliche Entscheidung ohne den Verfahrensfehler anders, also für den Betroffenen günstiger, ausgefallen wäre (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 27.9.2017 - 13 LC 218/16 -, juris Rn. 150). Eine solche konkrete Möglichkeit einer abweichenden Sachentscheidung fehlt hier, was sich aus den nachstehenden Ausführungen ergibt.
2. Der angefochtene Bescheid ist in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtmäßig, denn die Voraussetzungen für eine teilweise Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 29. Dezember 2014 über die Gewährung einer Umverteilungsprämie für das Antragsjahr 2014 und für die hieran anknüpfenden weiteren Regelungen des Bescheides liegen vor.
Rechtsgrundlage für die Teilrücknahme der durch Bescheid vom 29. Dezember 2014 bewilligten Umverteilungsprämie für das Antragsjahr 2014 ist § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (MOG) in der durch Art. 80 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 der Kommission vom 30. November 2009 (ABl. Nr. L 316 S. 65) in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung (EU) Nr. 426/2013 der Kommission vom 8. Mai 2013 (ABl. Nr. L 127 S. 17) modifizierten Fassung. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8 MOG, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen; § 48 Abs. 2 bis 4 und § 49a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwVfG sind anzuwenden. Die Umverteilungsprämie unterfällt - wie die Betriebsprämie - als flächenbezogene Beihilfe und Direktzahlung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g und Nr. 2 MOG dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes (vgl. zur Betriebsprämie: BVerwG, Urt. v. 1.10.2014 - 3 C 31.13 -, juris Rn. 13; Nds. OVG, Urt. v. 20.8.2013 - 10 LC 113/11 -, juris Rn. 23). In § 72a der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 (ABl. Nr. L 30 S. 16) in der Fassung der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 994/2014 der Kommission vom 13. Mai 2014 (ABl. Nr. L 280 S. 1) ist geregelt, dass die Mitgliedstaaten bis zum 1. März 2014 beschließen können, für das Jahr 2014 eine Zahlung an Betriebsinhaber zu gewähren, die Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Betriebsprämienregelung gemäß den Kapiteln 1, 2 und 3 (im Folgenden "Umverteilungsprämie") haben. Umgesetzt wurde dies in der Bundesrepublik durch das Gesetz zur Gewährung einer Umverteilungsprämie 2014. In § 1 Abs. 2 Umverteilungsprämiengesetz 2014 ist geregelt, dass „dieses“ Gesetz ein Gesetz im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 MOG ist u.a. mit der Maßgabe, dass die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts und die §§ 33 und 36 des Marktorganisationsgesetzes anwendbar sind, soweit sich diese jeweils auf die Gewährung besonderer Vergünstigungen beziehen (Nr. 1).
Danach ist die Rücknahme zwingend, soweit die Bewilligung rechtswidrig ist oder nachträglich rechtswidrig geworden ist und ihrer Rücknahme kein nach Art. 80 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 schutzwürdiges Vertrauen des Begünstigten (vgl. hierzu: Nds. OVG, Urt. v. 20.8.2013 - 10 LC 113/11 -, juris Rn. 51 f.) entgegensteht. Der danach zu erstattende Betrag ist durch Bescheid festzusetzen, § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 MOG, § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.10.2014 - 3 C 31.13 -, juris Rn. 13; Nds. OVG, Urt. v. 31.3.2016 - 10 LB 68/14 -, juris Rn. 71). Die Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 ist zwar nach Art. 43 Satz 1 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11. März 2014 (ABl. Nr. L 181 S. 48) grundsätzlich mit Wirkung ab dem 1. Januar 2015 aufgehoben worden. Nach Satz 2 Buchst. a) dieser Vorschrift gilt jedoch die Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 u.a. weiterhin für „Beihilfeanträge für Direktzahlungen“, die für vor dem 1. Januar 2015 beginnende Prämienzeiträume eingereicht wurden (vgl. auch Nds. OVG, Urt. v. 21.3.2017 - 10 LC 39/16 -, juris Rn. 34). Die Voraussetzungen für die Teilrücknahme des Bewilligungsbescheides über die Umverteilungsprämie 2014 sind hier gegeben.
Die Bewilligung der Umverteilungsprämie 2014 in der ursprünglichen Höhe war rechtswidrig, weil der Klägerin im Jahr 2014 ein bei der Bewilligung noch unberücksichtigter fahrlässiger sogenannter Cross Compliance-Verstoß anzulasten ist, den die Beklagte rechtsfehlerfrei mit einem Kürzungssatz von 3 % bewertet hat.
Die Bewilligung der Umverteilungsprämie für das Jahr 2014 richtet sich nach Art. 72a und 72b der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 (ABl. Nr. L 30 S. 16) in der Fassung der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 994/2014 der Kommission vom 13. Mai 2014 (ABl. Nr. L 280 S.1), die durch Artikel 6 Nummer 7 der Verordnung (EU) Nr. 1310/2013 (ABl. Nr. L 347 S. 865) eingefügt und bundesrechtlich durch das Umverteilungsprämiengesetz 2014 umgesetzt worden sind. Nach Artikel 23 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 wird der Gesamtbetrag der einem Betriebsinhaber zu bewilligenden Direktzahlungen gemäß Artikel 24 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 gekürzt oder gestrichen, wenn u.a. die Grundanforderungen an die Betriebsführung in einem Kalenderjahr zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt werden und dieser Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem Betriebsinhaber anzulasten ist, der den Beihilfeantrag in dem betreffenden Kalenderjahr gestellt hat. Gemäß Artikel 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 muss ein Betriebsinhaber, der Direktzahlungen bezieht, die Grundanforderungen an die Betriebsführung nach Anhang II der Verordnung erfüllen. Dabei gelten die in Anhang II aufgeführten Rechtsakte nach Artikel 5 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 in ihrer jeweils geltenden Fassung und im Falle von Richtlinien so, wie sie von den Mitgliedstaaten umgesetzt wurden. Anhang II bestimmt unter Buchstabe B Nr. 9, dass auch die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. Nr. L 309 S. 1) - vorliegend in der im Zeitpunkt der hier zugrunde liegenden Pflanzenschutzmaßnahme geltenden Fassung der Verordnung (EU) Nr. 518/2013 des Rates vom 21. Oktober 2013 (ABl. Nr. L 158 S. 72) - zu den bei den Grundanforderungen an die Betriebsführung zu beachtenden Vorschriften gehört. Gemäß Artikel 55 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 müssen Pflanzenschutzmittel sachgemäß angewendet werden, was die Befolgung der Grundsätze der guten Pflanzenschutzpraxis und die Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie 2009/128/EG umfasst. Die Richtlinie ist insbesondere durch das nationale Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) umgesetzt worden, welches zugleich auch die nationalen Vorschriften an die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 anpasst. Gemäß § 12 Abs. 2 PflSchG vom 6. Februar 2012 (BGBl. I S. 148) in der für den vorliegend maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassung des Gesetzes zur Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes vom 7.8.2013 (BGBl. I S. 3154, 3207) dürfen Pflanzenschutzmittel nicht auf sonstigen Freilandflächen verwendet werden, die weder landwirtschaftlich noch forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden.
Dies ist jedoch vorliegend der Fall gewesen. Aufgrund der Gesamtumstände steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf den von der Klägerin bewirtschafteten Schlägen Nr. 21, 765, 754 und 14 durch den Gesellschafter der Klägerin diese Mittel auch auf die Feldraine ausgebracht wurden. Bei Feldrainen handelt es sich um Randstreifen eines Feldes (Freilandflächen), die zwar unmittelbar an einen Schlag als landwirtschaftlich genutzte Fläche angrenzen. Sie sind selbst aber nicht Teil einer landwirtschaftlichen Nutzung, denn angrenzende Feldraine, Wege, Wegränder oder nicht bewirtschaftete Freilandflächen zählen nicht zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen im Sinne des § 12 Abs. 2 PflSchG (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Pflanzenschutzrechts“, BR-Drs. 520/11 S. 94, Anm. zu Art. 1 § 12 Abs. 2 PflSchG). Die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln auf Flächen, die weder landwirtschaftlich, noch forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden, ist nach § 12 Abs. 2 PflSchG nicht zulässig und wird nach § 68 Abs. 1 Nr. 7 PflSchG als Ordnungswidrigkeit geahndet. Das Ausbringen eines Pflanzenschutzmittels auf Feldrainen entspricht mithin nicht den Grundanforderungen an die Betriebsführung nach Art. 5 in Verbindung mit Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 73/2009.
Die notwendige Überzeugungsgewissheit hat sich das Gericht grundsätzlich ohne Bindung an entsprechende Beweisregeln zu verschaffen, und zwar nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.8.2006 - 1 B 61.06 -, juris Rn. 4, m.w.N.; Nds. OVG, Beschluss vom 6.2.2017 - 10 LA 1/17 -, n.v.). Dies kann auch auf der Grundlage von Indizien erfolgen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.5.2015 - 10 LA 13/15 -, n.v. unter Verweis auf BVerwG, Urt. v. 11.9.2013 - 8 C 4.12 -, juris Rn. 42 und Beschl. v. 14.10.2004 - 6 B 6.04 -, juris Rn. 148). Genügend, aber auch erforderlich ist ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit, dass vernünftige Zweifel ausgeschlossen sind (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.5.2015 - 10 LA 13/15 -, n.v.; Kopp/Schenke, a.a.O., § 108 Rn. 5; BVerwG, Urt. v. 28.4.2011 - 2 C 55.09 -, juris Rn. 12 f.). Das Gericht ist nach dem in § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO weiter enthaltenen Grundsatz der freien Beweiswürdigung überdies nicht verpflichtet, sich seine Überzeugung auf eine bestimmte Weise zu bilden, etwa durch eine - im Bußgeldverfahren - vermisste Bodenprobe (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.5.2015 - 10 LA 13/15 -, n.v.). Das Gericht zieht die nötige Überzeugungsgewissheit vorliegend aus dem Inhalt der mit „Fotodokumentation nicht fachgerechter Spritzungen im Frühjahr 2014“ überschriebenen anonymen Anzeige einschließlich der beigefügten Lichtbildaufnahmen und den von den Prüfern im Rahmen der Vor-Ort-Kontrollen getroffenen Feststellungen sowie den dabei gefertigten Lichtbildaufnahmen. Die mit Fotos und konkreter Ortsangabe belegte anonyme Anzeige über „Spritzungen der Flächen mit einem Totalherbizid (…) über die Feldgrenzen hinweg auf die Wegränder“ findet ihre Bestätigung durch die im Rahmen der Vor-Ort-Kontrollen getroffenen Feststellungen. Zwar konnte nach den Feststellungen des Prüfdienstes laut Vermerk vom 24. Juni 2014 der ursprünglich angezeigte Schaden an den Wegeseitenrändern „größtenteils“ nicht mehr vorgefunden werden und konnten, da aufgrund der Witterung die betroffenen Wegeseitenränder wieder begrünt waren, keine Messungen der beschädigten Bereiche mehr durchgeführt werden, so dass eine Größenfeststellung nicht mehr möglich war. Dennoch bestehen keine Zweifel an den von dem anonymen Anzeigenden dokumentierten Ausbringungen von Pflanzenschutzmitteln über die Schlaggrenzen hinweg. So stellte der Prüfdienst der Beklagten in dem Vermerk vom 24. Juni 2014 am Ende fest, dass, da die betroffenen Betriebe ihre Pflanzenschutzmaßnahmen selbst durchführten, die Behandlung auf Nichtkulturland Cross Compliance-relevant sei und ein Ordnungswidrigkeiten-Verfahren gemäß § 12 Abs. 2 PflSchG gegen die betreffenden Personen einzuleiten sei. Im Rahmen des Ordnungswidrigkeiten-Verfahrens argumentierte der Beschuldigte, der Gesellschafter der Klägerin, im Wesentlichen, dass die vorgefundenen Verfärbungen an den Randflächen der Felder von der Lagerung von Entwässerungsschläuchen, landwirtschaftlichem Gerät u.ä. und dem damit einhergehenden Mangel an Sonnenlicht herrühren könnten, die Beklagte überdies für den Nachweis der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf Nichtkulturland keine Bodenproben entnommen habe und es nicht erwiesen sei, dass die Fotos des anonymen Anzeigenden aus dem Jahr 2014 stammten. Dieses Vorbringen überzeugt weder vor dem Hintergrund der Erkenntnisse der Beklagten noch vor dem Hintergrund der (späteren) Verurteilung des Gesellschafters der Klägerin wegen fahrlässiger unerlaubter Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Das Gericht wertet diesen Vortrag - sollte er auch für das vorliegende Verfahren Geltung beanspruchen - deshalb als Schutzbehauptung. Die Beklagte hat schlüssig und nachvollziehbar bereits im Bußgeldverfahren, auf das sie sich ausdrücklich bezieht, als auch im vorliegenden Verfahren zur Überzeugung des Gerichts dargetan, dass hier ein der Klägerin anzulastender Cross Compliance-relevanter Verstoß vorliegt. Zur Verwertbarkeit der anonymen Anzeige führte die Beklagte - im Bußgeldverfahren - aus, dass der Anzeigende neben den Fotos auch eine genaue Lage- und Situationsbeschreibung sowie eine Karte beigefügt habe, auf der die Standorte und die Blickrichtung der Fotos sehr genau dokumentiert worden seien. Bereits aufgrund dieser Indizien sieht die Beklagte einen Verstoß gegen § 12 Abs. 2 PflSchG als erwiesen an. Im Rahmen der durchgeführten Vor-Ort-Kontrollen habe - so die Beklagte im Bußgeldverfahren weiter - vor allem der Umfang der Schädigung sowie die genauen Bewirtschaftungsverhältnisse (Bewirtschafter, Pflanzenschutzmittelanwender, Kultur, Schlagbezeichnung) festgestellt werden sollen. Dies sei am 11. Juni 2014 durch das Aufsuchen der Flächen, der Feststellung der noch erkennbaren Feldrainschädigungen und der Anfertigung von Fotos von den entsprechenden Stellen geschehen. Im Ergebnis haben sich nach Einschätzung der Beklagten die (wenn auch fotografisch schlecht darstellbaren) Feldrainschädigungen und damit die in der Dokumentation des Anzeigenden vorgebrachten Vorwürfe bestätigt. Die Beklagte sieht die unzulässige Behandlung der Feldraine auf den betroffenen Flächen auch zu dem späteren Zeitpunkt der Vor-Ort-Kontrolle noch als durch die Prüfer festgestellt an. Diese sachlich begründeten Feststellungen und die auf diesen Feststellungen beruhende Einschätzung der Beklagten vermag die Klägerin mit ihrem insoweit unsubstantiierten Vorbringen nicht in Zweifel zu ziehen. Dabei ist rechtlich unerheblich, dass der konkrete quantitative Umfang der Spritzungen auf Nichtkulturland zum Zeitpunkt der Vor-Ort-Kontrollen aufgrund des Zeitablaufs, der beschränkten - sichtbaren - Wirkdauer der eingesetzten Pflanzenschutzmittel und der Witterungsverhältnisse nicht (mehr) feststellbar war. Denn entscheidend ist, worauf die Beklagte zutreffend verweist, dass (überhaupt) Pflanzenschutzmittel auf nicht landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Freilandflächen unter Verstoß gegen § 12 Abs. 2 PflSchG durch den Gesellschafter der Klägerin - und damit der Klägerin hier im Sinne einer Anlastung zurechenbar - angewendet wurden, d.h. Feldraine angrenzend an vier von der Klägerin bewirtschafteten Schlägen mit Pflanzenschutzmitteln mitbehandelt wurden, was die Beklagte letztlich als mittleren fahrlässigen und nicht vorsätzlichen Cross Compliance-relevanten Erstverstoß wertete. Das Gericht hat keine begründeten Zweifel daran, dass die Fotos zeitnah zur anonymen Anzeige - im Frühjahr 2014 - gefertigt wurden. Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren nicht (mehr) geltend gemacht, es sei nicht erwiesen, dass die Aufnahmen des anonymen Anzeigenden aus dem Frühjahr 2014 stammten. Im Rahmen des Bußgeldverfahrens gegen den Gesellschafter der Klägerin führte die Beklagte nachvollziehbar - und soweit ersichtlich von Seiten der Klägerin unwidersprochen - aus, die Tatsache, dass die Aufnahmen des Anzeigenden aus dem Jahr 2014 stammten, ergebe sich (auch) aus dem Vergleich der auf den Bildern des Anzeigenden zu erkennenden Kulturmerkmale, zum Beispiel der Kartoffeldämme, mit den Fotos, die im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle durch den Prüfdienst erstellt worden seien. Eine Rückschau auf die Kontrollausdrucke zur Flächennutzung der Jahre 2012 bis 2014 zeige, dass in den Vorjahren jeweils andere Kulturen, nämlich Getreide bzw. Mais, auf den betreffenden Flächen angebaut worden seien, wie dies im Sinne der Einhaltung von Fruchtfolgen üblich sei. Dem folgt die Kammer.
Die Klägerin kann schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, es sei der Nachweis der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf den streitigen Flächen nicht erbracht worden, da eine Beprobung durch den Prüfdienst nicht durchgeführt worden sei. Auch insoweit hat die Klägerin den Vortrag ihres Gesellschafters im Bußgeldverfahren - soweit ersichtlich - im vorliegenden Verfahren nicht aufrechterhalten, und selbst wenn, führte dies nicht zu einer anderen Einschätzung. Zum einen sind Boden- und Pflanzenproben zum Nachweis der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln nicht vorgeschrieben. Zum anderen steht unter Berücksichtigung obiger Ausführungen ein Verstoß gegen § 12 Abs. 2 PflSchG hinreichend sicher fest. Dieses Ergebnis findet letztlich auch seine Bestätigung in der Verurteilung des Gesellschafters der Klägerin durch das Urteil des Amtsgerichts G. vom 11. November 2015 - 29 OWi 600 Js 64299/14 (722/14) -. Im Urteil selbst sind zwar keine Feststellungen getroffen, doch lässt sich den vom Gericht beigezogenen Verfahrensakten entnehmen, dass im dortigen Verfahren eine Zeugeneinvernahme der Prüferin, die die Vor-Ort-Kontrollen durchgeführt hatte, stattfand. Der ebenfalls geladene Zeuge, der weitere Gesellschafter der Klägerin, wurde nicht mehr gehört, und der Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob nach möglicher Anwendung von Glyphosat am 5. März 2014 auf den Feldrändern ein Durchwuchs wie auf den Bildern Blatt 10 bis 12 der Akte am 11. Juni 2014 auftreten kann, lehnte das Amtsgericht durch Beschluss ab. Das Amtsgericht gelangte auf dieser Erkenntnisgrundlage zu der Verurteilung.
Wird - wie hier - gegen oben benannte Grundanforderung an die Betriebsführung innerhalb eines laufenden Kalenderjahres durch eine dem Betriebsinhaber „anzulastende“ Handlung verstoßen, so wird nach Art. 23 Abs. 1 Unterabsatz 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 der Gesamtbetrag der Direktzahlungen, der diesem Betriebsinhaber gewährt wurde oder zu gewähren ist, nach den Durchführungsbestimmungen innerhalb des durch Art. 24 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 vorgegebenen Rahmens gekürzt oder ganz gestrichen.
Der Verstoß gegen die Pflanzenschutzanwendung ist vorliegend der Klägerin anzulasten. Voraussetzung nach Artikel 23 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 ist auch, dass ein etwaiger Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem Betriebsinhaber anzulasten ist. Dem Begünstigten muss ein eigener - vorsätzlicher oder fahrlässiger - Verursachungsbeitrag vorzuwerfen sein, der aber dem Verstoß nicht unmittelbar zugrunde liegen muss (EuGH, Urt. v. 27.2.2014 - C-396/12 -, A.M. van der Ham u.a., juris Rn. 50). Nach den - von der Klägerin insoweit nicht widersprochenen - Feststellungen der Beklagten führte der Gesellschafter der Klägerin auf ihren landwirtschaftlichen Flächen die betreffenden Pflanzenschutzmittelanwendungen selbst durch. Ausweislich seiner im Überwachungsprotokoll (Anwendung von Pflanzenschutzmitteln) vom 23. Juni 2014 niedergelegten Angaben setzte er im März 2014 das Totalherbizid „Stefes Cleaner“ mit dem Wirkstoff Glyphosat ein.
Die Beklagte hat zu Recht den Anspruch der Klägerin auf Umverteilungsprämie um 3 % wegen dieser Nichterfüllung der Grundanforderung an die Betriebsführung gekürzt. Die Folgen, die ein hier verwirklichter Verstoß gegen eine Grundanforderung im Sinne des Art. 23 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 nach sich zieht, ergeben sich aus den - nach den Vorgaben des Art. 24 der Verordnung erlassenen - Durchführungsbestimmungen zu dieser Norm. Dabei werden Schwere, Ausmaß, Dauer und Häufigkeit der Verstöße sowie die Kriterien nach den Absätzen 2, 3 und 4 des Artikels berücksichtigt. In hinreichend begründeten Fällen können die Mitgliedstaaten beschließen, keine Kürzung anzuwenden, wenn ein Verstoß nach Schwere, Ausmaß und Dauer als geringfügig anzusehen ist. Es ist zwischen fahrlässigen und vorsätzlichen Verstößen zu unterscheiden. Fahrlässige (Erst-)Verstöße führen nach Art. 24 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 zu einer Kürzung von höchstens 5 %, fahrlässige Wiederholungsverstöße nach Art. 24 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 der Verordnung zu einer solchen von höchstens 15 %. Im Falle eines vorsätzlichen Verstoßes beträgt die Kürzung hingegen nach Art. 24 Abs. 3 der Verordnung mindestens 20 %. Für die nähere Bestimmung der Höhe der Kürzung bei einem fahrlässigen Erstverstoß enthält Art. 71 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 weitere Vorgaben: Ist der festgestellte Verstoß auf Fahrlässigkeit des Betriebsinhabers zurückzuführen, so wird gemäß Art. 71 Abs. 1 der Verordnung eine Kürzung vorgenommen. Diese Kürzung beläuft sich nach Unterabsatz 1 Satz 2 im Allgemeinen auf 3 % des Gesamtbetrages im Sinne von Art. 70 Abs. 8 der Verordnung. Die Zahlstelle kann jedoch auf der Grundlage der Bewertung durch die zuständige Kontrollbehörde im bewertenden Teil des Kontrollberichts gemäß Art. 54 Abs. 1 Buchst. c) der Verordnung beschließen, den genannten Prozentsatz entweder auf 1 % des Gesamtbetrages zu vermindern oder ihn auf 5 % zu erhöhen oder aber in den in Art. 54 Abs. 1 Buchst. c) der Verordnung genannten Fällen, d.h., wenn die verletzte Norm einen Ermessensspielraum lässt, einen festgestellten Verstoß nicht weiter zu verfolgen, überhaupt keine Kürzung zu verhängen. Entsprechend der Rahmenvorgabe in Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 hat sich die Festlegung an den Kriterien Schwere, Ausmaß, Dauer und Häufigkeit des Verstoßes zu orientieren (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 31.3.2016 - 10 LB 68/14 -, juris Rn. 93 und Urt. v. 21.3.2017 - 10 LB 44/16 -, n.v.).
Hieran gemessen ist die aus dem Kontrollbericht der Beklagten (Kontrollbehörde) 2014 übernommene Einstufung eines fahrlässigen mittelschweren Verstoßes („PSM-Anwendung auf Freilandflächen ohne landwirtschaftliche oder gärtnerische oder forstwirtschaftliche Nutzung, § 12 Abs. 2 PflSchG“) mit der Folge einer Kürzung um 3 % nicht zu beanstanden. Ein Sonderfall, der eine Einstufung als weniger schwerwiegend und damit eine Herabsetzung des Kürzungssatzes rechtfertigt, ist nicht gegeben. Die Beklagte ist zu Recht von einem fahrlässigen, mit dem Regelkürzungssatz von 3 % zu bewertenden und der Klägerin anzulastenden Verstoß ausgegangen. Der „Zahlstelle“ der Beklagten obliegt insoweit die Entscheidungszuständigkeit über den genauen Kürzungsprozentsatz (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 13.2.2014 - 10 LA 86/12 -, juris Rn. 6). Ihr steht dabei hinsichtlich ihrer Entscheidung im Einzelfall ein Ermessen zu, soweit dies nicht ausnahmsweise auf Null gemindert ist (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 21.3.2017 - 10 LB 44/16 -, n.v.). Grundsätzlich ist ein fahrlässiger (Erst-)Verstoß mit dem Regelkürzungssatz von 3 % zu ahnden. Hinsichtlich von Regelkürzungssätzen - wie hier - ist ein Ermessen der Behörde (Zahlstelle) nach dem Wortlaut sowie der Systematik der jeweiligen Regelung grundsätzlich erst dann eröffnet, wenn sich aus dem Kontrollbericht (oder sonst) Anhaltspunkte für eine abweichende Bewertung vom Regelfall ergeben. So ist etwa der „Zahlstelle“ nach Art. 72 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 - bei einem vorsätzlichen Verhalten - erst dann ein Ermessen eröffnet vom Regelkürzungssatz abzuweichen, wenn hinreichend gewichtige Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalles bestehen. Nichts anderes gilt für ein Abweichen vom Regelsatz von 3 % bei einem fahrlässigen Verstoß nach Art. 71 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 28.9.2016 - 10 LB 3/16 -, juris Rn. 95 und Urt. v. 31.3.2016 - 10 LB 32/14 -, juris Rn. 91 f.). Bei der notwendigen Beurteilung, ob eine Abweichung vom gedachten Regelfall nach „oben“ oder „unten“ geboten ist, ist auf die relative und absolute Größe der vom Cross Compliance-Verstoß betroffenen Fläche abzustellen. Ferner sind auch der Grad des jeweiligen Verschuldens sowie die Folgen des Verstoßes für das geschützte Rechtsgut sowie für den Betriebsinhaber einzubeziehen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 31.3.2016 - 10 LB 32/14 -, juris Rn. 93). Hier bedurfte es im Hinblick auf den Umstand, dass vom Regelkürzungssatz gerade nicht abgewichen wurde, keiner weiteren Begründung im angefochtenen Bescheid. Es sprechen auch keine besonderen Umstände dafür, vom Regelkürzungssatz in Höhe von 3 % nach unten (auf 1 %) abzuweichen. Die Einwände der Klägerin, das „Ausmaß“ des Verstoßes sei als äußert gering zu bewerten, weil sich die Absterbesymptomatiken ausschließlich auf kleinsten Flächen gezeigt hätten und die Ursache nicht sicher habe festgestellt werden können, ferner die „Schwere“ des Verstoßes geringer zu bewerten sei, weil die von der Prüfstelle gefertigten Fotos nur an einem Feldrand dünne gelbe Ränder erkennen ließen, und schließlich nur von einer kurzen „Dauer“ gesprochen werden könne, weil die Auswirkungen bei der Vor-Ort-Kontrolle schon nicht mehr feststellbar gewesen seien, greifen nicht durch. Dabei ist zunächst - wie sich aus obenstehenden Ausführungen ergibt - nicht allein auf die Feststellungen der Prüfstelle der Beklagten im Rahmen der Vor-Ort-Kontrollen am 11. Juni 2014 und am 23. Juni 2014 abzustellen, sondern die Beklagte stellte in ihre Bewertung zu Recht auch die Angaben und die Fotodokumentation des anonymen Anzeigenden mit ein, die einen deutlich größeren Umfang der betroffenen Flächen erkennen lassen. Auch sonst lässt sich der festgestellte Verstoß nicht durch die Erklärung relativieren, dass die Fotos der Prüfstelle nur an einem Feldrand dünne gelbe Ränder erkennen ließen und nur kleinste Flächen betroffen gewesen seien. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei den betroffenen Flächen um Bereiche handelt, auf denen ein Einsatz von Herbiziden und Pflanzenschutzmitteln nicht erfolgen soll. Die Beklagte wies in der Begründung des Bußgeldbescheides vom 27. August 2014, auf den sie im vorliegenden Verfahren ausdrücklich Bezug genommen hat, nachvollziehbar darauf hin, dass nicht landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Freilandflächen, zu denen im Allgemeinen die angrenzenden Feldraine, Böschungen, nicht bewirtschafteten Flächen und Wege einschließlich Wegränder zählen, als Lebensstätte für viele Arten wild wachsender Pflanzen und wild lebender Tiere zunehmend Bedeutung erlangen, weil die Lebensbedingungen für diese Arten auf intensiv genutzten Flächen ständig ungünstiger geworden seien. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die für den Pflanzenschutz wichtige Nützlingsflora und -fauna, weshalb die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf solchen Flächen möglichst vermieden werden müsse. Dem tritt die Kammer bei. Hiernach weisen die betroffenen Flächen eine bestimmte Wertigkeit und Funktion auf, die es zu erhalten gilt. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, wie er hier festgestellt wurde, hat auf derartigen Flächen zur Förderung der Biotop- und Artenvielfalt zu unterbleiben (vgl. auch: VG Augsburg, Urteil vom 22.3.2011 - Au 3 K 10.1782 -, juris Rn. 30). Betreffend die „Dauer“ des Verstoßes hat die Beklagte ebenso nachvollziehbar dargetan, dass, anders als die Klägerin annimmt, im Hinblick auf den schnellen Abbau des Wirkstoffes der Schaden nicht nur so lange bestehe, wie Verfärbungen an den aussterbenden Pflanzen sichtbar seien. Im Gegenteil - so die Beklagte weiter - werde der von der Klägerin genutzte Wirkstoff gerade deshalb verwendet, um das Pflanzengesellschaftsspektrum zu verändern, namentlich um Unkräuter zu beseitigen, die auf den Schlag einwachsen könnten. Diese Veränderung auf Feldrainen sei naturschutzfachlich nicht erwünscht. Der Neu-Aufwuchs nach der Spritzung entspreche nicht mehr dem alten Artenspektrum, weshalb der Schaden andauere, auch wenn die gelben Pflanzen abgestorben und teils neue Pflanzen gewachsen seien. Auch dem folgt die Kammer.
Auch aus dem Günstigkeitsprinzip nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG/EURATOM) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. Nr. L 312 S. 1) folgt nicht, dass der Kürzungssatz herabzusetzen ist. Danach gelten bei späterer Änderung der in einer Gemeinschaftsregelung enthaltenen Bestimmungen über verwaltungsrechtliche Sanktionen die weniger strengen Bestimmungen rückwirkend. Bei den zuvor angewandten Bestimmungen über die Kürzung u.a. der Umverteilungsprämie wegen Cross Compliance-Verstößen handelt es sich um Sanktionsregelungen. Das nunmehr für eine Förderung ab dem Jahr 2015 u.a. in Art. 39 Abs. 1 Satz 1 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 enthaltene Sanktionsregime ist allerdings unverändert geblieben, d.h. bis heute führt ein fahrlässiger Cross Compliance-Verstoß - wie zuvor nach Art. 71 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 - im Regelfall nach dem Unterabsatz 1 zu einer Kürzung der Direktzahlungen von 3 %, mindestens jedoch von 1 % gemäß Unterabsatz 2 (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 28.9.2016 - 10 LB 3/16 -, juris Rn. 97 und Beschl. v. 5.8.2016 - 10 LB 29/16 -, n.v.). Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf Freilandflächen, die weder landwirtschaftlich, noch forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden, stellt weiterhin einen Cross Compliance-Verstoß dar, und zwar nunmehr nach Art. 91 ff., Art. 93 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 (ABl. Nr. L 347 S. 549) in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 2017/2393 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2017 (ABl. Nr. L 350 S. 15), GAB 10 des Anhangs II.
Weiter fordert die Beklagte von der Klägerin zu Recht die Erstattung des zurückzuzahlenden Betrages in Höhe von 62,04 Euro sowie die Verzinsung der Erstattungsforderung. Nach Art. 80 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 ist der Betriebsinhaber bei zu Unrecht gezahlten Beträgen zur Rückzahlung dieser Beträge verpflichtet. Die zu erstattenden Beträge werden gemäß § 10 Abs. 3 MOG durch Bescheid festgesetzt. Die Pflicht zur Verzinsung des Erstattungsbetrages ergibt sich aus Art. 80 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG. Nach Art. 80 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 ist der Betriebsinhaber bei zu Unrecht gezahlten Beträgen zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich der gemäß Absatz 2 berechneten Zinsen verpflichtet. Nach Absatz 2 werden die Zinsen für den Zeitraum zwischen der im Rückforderungsbescheid an den Begünstigten angegebenen Zahlungsfrist und dem Zeitpunkt der tatsächlichen Rückzahlung bzw. des Abzuges berechnet. Der anzuwendende Zinssatz wird nach Maßgabe der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften festgesetzt, darf jedoch nicht niedriger sein als der bei der Rückforderung von Beträgen nach einzelstaatlichen Vorschriften geltende Zinssatz. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG sind Ansprüche auf Erstattung von besonderen Vergünstigungen sowie auf Beträge, die wegen Nichteinhaltung anderweitiger Verpflichtungen zu erstatten sind, vom Zeitpunkt ihrer Entstehung an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen (Nds. OVG, Urt. v. 31.3.2016 - 10 LB 68/14 -, juris Rn. 116). Diesen Vorgaben entspricht der Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2015.
Hinsichtlich der Festsetzung der Verwaltungsgebühr hat die Klägerin rechtliche Bedenken nicht erhoben. Diese sind auch nicht ersichtlich. Rechtsgrundlage hierfür sind § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, §§ 3, 5 und 13 des Nds. Verwaltungskostengesetzes in Verbindung mit Nr. 75 der Anlage zur Allgemeinen Gebührenordnung in der zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides gültigen Fassung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor.