Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.08.2013, Az.: 4 LC 293/11

Anrechnungsfreiheit einer Eigentumswohnung des Auszubildenden zur Vermeidung unbilliger Härten

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
14.08.2013
Aktenzeichen
4 LC 293/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 46593
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:0814.4LC293.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 23.06.2011 - AZ: 10 A 84/11

Amtlicher Leitsatz

Zu den Voraussetzungen, unter denen eine Eigentumswohnung des Auszubildenden zur Vermeidung unbilliger Härten anrechnungsfrei bleiben kann.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz.

Die 1962 geborene Klägerin war nach einer Berufsausbildung zur Arzthelferin zunächst fast 19 Jahre berufstätig. Danach absolvierte sie eine berufliche Weiterbildung. Von Mitte 2002 an war die Klägerin arbeitslos. Am 29. Juni 2009 erwarb sie die fachbezogene Hochschulzugangsberechtigung. Im Wintersemester 2009/2010 nahm sie ein Studium an der Fachhochschule B. im Studiengang "Soziale Arbeit" auf.

Vor Beginn dieses Studiums hatte die Klägerin unter dem 13. August 2009 bei der Beklagten Ausbildungsförderung für den Zeitraum von September 2009 bis Oktober 2010 beantragt. Damals verfügte sie über Wertpapierdepots mit einem Gesamtwert von 3.011,47 EUR sowie Guthaben auf einem Girokonto und Bargeld in Höhe von insgesamt 2.232,78 EUR. Außerdem war sie Eigentümerin einer im November 2002 zu einem Kaufpreis von 130.700,- EUR erworbenen Eigentumswohnung in C.. Diese Wohnung, die die Klägerin auch heute noch bewohnt, verfügt über drei Zimmer mit einer Wohnfläche von 78,75 qm. Zu der Wohnung gehören eine Terrasse und ein Fahrradunterstellplatz. Zudem ist die Klägerin Eigentümerin einer Garage. Bei Antragstellung war das Wohnungseigentum mit einer Restschuld von 14.593,93 EUR belastet.

Die Beklagte lehnte die Bewilligung der beantragten Ausbildungsförderung durch Bescheid vom 30. November 2009 mit der Begründung ab, dass das anzurechnende Vermögen der Klägerin ihren Gesamtbedarf übersteige.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 23. Dezember 2009 Klage erhoben und zu deren Begründung vorgetragen, dass ihre Eigentumswohnung zur Vermeidung einer unbilligen Härte anrechnungsfrei bleiben müsse. Sie habe die Wohnung zu ihrer Altersvorsorge angeschafft und könne sie angesichts ihrer finanziellen Situation nicht weiter beleihen. Andere Möglichkeiten, sich Geld zu leihen, habe sie auch nicht. Die Wohnung sei der Größe nach angemessen. Im Recht der Sozialhilfe und der Grundsicherung werde für einen Einpersonenhaushalt eine Wohnfläche von 80 qm als angemessen erachtet. Dieser Maßstab sei auf das Ausbildungsförderungsrecht zu übertragen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und erwidert, dass ein weiterer Teil des Vermögens nur dann anrechnungsfrei bleiben könne, wenn die Anrechnung zu einer unbilligen Härte führen würde. Dies sei aber nur der Fall, wenn es anderenfalls zur Verwertung einer im Sinne des Bundessozialhilfegesetzes angemessenen Wohnung käme. Angemessen sei für einen Einpersonenhaushalt jedoch nur eine Wohnung mit einer Grundfläche von bis zu 60 qm. Schließlich sei der Klägerin auch eine Belastung oder Veräußerung der Garage zumutbar.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 23. Juni 2011 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für den Zeitraum von September 2009 bis August 2010 habe, so dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei. Zwar lägen bei der Klägerin die Voraussetzungen für eine Förderung dem Grunde nach vor. Einem Anspruch auf Leistungsgewährung stehe jedoch der Umstand entgegen, dass ihr anzurechnendes Vermögen ihren Bedarf übersteige. Zu dem Vermögen der Klägerin gehöre nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 BAföG neben den Wertpapierdepots, dem Girokontoguthaben und dem Barvermögen auch die Eigentumswohnung mit der Garage. Zu Recht habe die Beklagte den Wert dieser Vermögensgegenstände addiert und diesen nach Abzug der noch bestehenden Verbindlichkeiten und des gesetzlich normierten Freibetrags von 5.200,- EUR auf den Bedarf der Klägerin angerechnet. Zwar könne nach § 29 Abs. 3 BAföG zur Vermeidung unbilliger Härten ein weiterer Teil des Vermögens des Auszubildenden über den Freibetrag hinaus anrechnungsfrei bleiben. Die Beklagte habe aber eine unbillige Härte beim Einsatz der Eigentumswohnung zur Bedarfsdeckung zu Recht verneint. Mit dem Bundesverwaltungsgericht und in Übereinstimmung mit den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Bundesausbildungsförderungsgesetz sei eine Härte im Sinne des Gesetzes insbesondere dann anzunehmen, wenn die Vermögensverwertung zur Veräußerung eines kleinen Hausgrundstücks, insbesondere eines Familienheims oder einer Eigentumswohnung, die selbst bewohnt seien, führen würde. Dabei sei ein Eigenheim als klein anzusehen, wenn die Wohnung nach Größe, Zuschnitt und Ausstattung in einem angemessenen Verhältnis zu dem Wohnbedarf des Auszubildenden stehe. Die Wohnung der Klägerin sei jedoch in diesem Sinne nicht klein. Mit ihren 78,75 qm nebst Terrasse, Fahrradunterstellplatz, Garage und anteiliger Gartennutzung decke sie deutlich mehr als den Wohnbedarf eines Studenten. Die Wohnung stehe auch aufgrund der genannten zusätzlichen Flächen zur gemeinschaftlichen bzw. anteiligen Nutzung nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu dem Wohnbedarf eines Studenten. Der Klärung der Frage, ob 60 qm als angemessene Größe für ein Eigenheim eines Studenten gelten müssten oder Wohnungen bis 80 qm noch als klein anzusehen seien, bedürfe es deshalb nicht. Darüber hinaus sei es im Falle der Klägerin auch nicht als unbillig anzusehen, die Verwertung der Eigentumswohnung zum Zwecke der Finanzierung des Studiums zu fordern. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne auch die Verwertung eines angemessenen Eigenheims verlangt werden, wenn darin im Einzelfall keine Unbilligkeit zu sehen sei. Ein Absehen vom Vermögenseinsatz komme dementsprechend u. a. dann nicht in Betracht, wenn der Auszubildende der Vermögensverwertung mit dem Argument entgegentrete, das Eigenheim solle der Vermögensbildung dienen, da die Förderung der privaten Vermögensbildung keine Aufgabe der öffentlichen Ausbildungsförderung sei. Gerade eine Vermögensbildung habe die Klägerin aber im Sinn. Neben dem Verkauf der Wohnung bestünde im Übrigen auch die Möglichkeit, die Garage als Teil des Eigentums zu verkaufen.

Gegen dieses ihr am 16. September 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. Oktober 2011 die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt.

Zur Begründung der Berufung trägt sie Folgendes vor: Nach § 29 Abs. 3 BAföG könne zu Vermeidung unbilliger Härten über den Freibetrag hinaus ein weiterer Teil des Vermögens des Auszubildenden anrechnungsfrei bleiben. Ein solcher Härtefall liege hier in Bezug auf ihre Eigentumswohnung vor. Nach der Verwaltungsvorschrift zu § 29 Abs. 3 BAföG sei eine Härte insbesondere dann gegeben, wenn die Vermögensverwertung zur Veräußerung oder Belastung eines im Sinne des § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG angemessenen Hausgrundstücks, insbesondere eines Einfamilienheims oder einer Eigentumswohnung, die selbst bewohnt sind oder im Gesamthandeigentum stehen, führen würde. Da das Bundessozialhilfegesetz seit dem 1. Januar 2005 nicht mehr gültig sei, seien die Nachfolgeregelungen in § 13 Abs. 3 Nr. 4 SGB II und § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII heranzuziehen. Auch in diesen Bestimmungen werde der Begriff des angemessenen Hausgrundstücks verwendet, das als Schonvermögen bei den betreffenden Leistungen nicht zu berücksichtigen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gelte eine Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von bis zu 80 qm in der Regel als angemessen und damit als geschützt. Gründe für ein Abweichen von dieser Regel seien nicht ersichtlich, zumal ihre Wohnung nur einen mittleren Standard habe. Bei der Prüfung, ob eine unbillige Härte vorliege, dürfte im Übrigen auch eine Rolle spielen, dass es sich bei ihr nicht um eine Studentin handele, die unmittelbar nach dem Abitur an die Hochschule gewechselt sei, sondern dass sie eine 48-jährige Frau sei, die nach einer Berufsausbildung jahrelang gearbeitet und sich eine Wohnung für ihre Alterssicherung gekauft habe. Sie möchte in erster Linie ihre "Wohnstatt" erhalten. Es gehe ihr nicht um Vermögensbildung durch BAföG-Leistungen und auch nicht in erster Linie um wirtschaftliche Erwägungen, die einen Verwertungsausschluss begründen könnten, wenngleich sie im Falle eines Verkaufs der Wohnung einen erheblichen Verlust hinnehmen müsste. Da die Wohnung als angemessen gelte, sei es ihr auch nicht zumutbar, sich eine kleinere Ersatzwohnung zu kaufen oder zur Miete zu wohnen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 10. Kammer - vom 23. Juni 2011 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, ihr unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 30. November 2009 Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für das Wintersemester 2009/2010 zu bewilligen.

Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren zur Sache nicht geäußert.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil ist nicht begründet.

Diese Entscheidung trifft der Senat nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130 a Satz 1 VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung der Klägerin einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung auch nicht als notwendig erachtet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Klägerin steht der von ihr geltend gemachte Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für den Zeitraum von September 2009 bis August 2010 nicht zu, so dass der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 30. November 2009 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.

Nach § 11 Abs. 1 und 2 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Lebensunterhalt und die Ausbildung nur unter Anrechnung des Einkommens und Vermögens des Auszubildenden auf dessen Bedarf geleistet. Vermögen des Auszubildenden wird gemäß § 26 BAföG nach Maßgabe der §§ 27 bis 30 BAföG angerechnet.

Zu dem Vermögen der Klägerin haben in dem nach § 28 Abs. 2 BAföG maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung neben den Wertpapieren, dem Guthaben auf dem Girokonto und dem Bargeld im Wert von insgesamt 5.244,25 EUR auch deren Eigentumswohnung und die Garage gehört (§ 27 Abs. 1 BAföG). Von diesem Vermögen ist nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG ein Betrag von 5.200,- EUR anrechnungsfrei gewesen. Darüber hinaus bestimmt § 29 Abs. 3 BAföG, dass ein weiterer Teil des Vermögens zur Vermeidung unbilliger Härten anrechnungsfrei bleiben kann. Eine unbillige Härte im Sinne dieser Bestimmung ist zu bejahen, wenn die Verwertung des Vermögens zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Lebensgrundlage des Auszubildenden führen würde (BVerwG, Urt. v. 12.6.1986 - 5 C 65.84 -, BVerwGE 74, 267). Diese Voraussetzung liegt hier zwar in Bezug auf die Eigentumswohnung der Klägerin vor. Sie ist in Bezug auf die Garage, an der die Klägerin ein vom Wohnungseigentum getrenntes Teileigentum hat, jedoch nicht erfüllt. Daher kann die Garage nicht nach § 29 Abs. 3 BAföG anrechnungsfrei bleiben. Folglich hat die Klägerin in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung mit der Garage, den Wertpapieren, dem Guthaben auf dem Girokonto und dem Bargeld über Vermögen verfügt, das auch nach Abzug des ihr zustehenden Freibetrags zur Bedarfsdeckung für den Zeitraum vom 1. September 2009 bis zum 31. August 2010 ausgereicht hat. Mithin kann sie für diesen Zeitraum keine Ausbildungsförderung beanspruchen. Dazu im Einzelnen:

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 12. Juni 1986 (- 5 C 65.84 -, BVerwGE 74, 267) zur Härtefallregelung in § 29 Abs. 3 BAföG in Bezug auf selbst bewohnte Eigenheime und Eigentumswohnungen Folgendes ausgeführt:

"Nach dieser Vorschrift kann zur Vermeidung unbilliger Härten ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei bleiben. Eine unbillige Härte ist gegeben, wenn die Verwertung des Vermögens zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Lebensgrundlage der Auszubildenden führen würde. Dann kann die Schonung des Vermögens über die Regelfreibeträge des § 29 Abs. 1 BAföG hinaus geboten sein. Wie der Begründung des Regierungsentwurfs eines Bundesausbildungsförderungsgesetzes zur Vorschrift des § 31 Abs. 4 BAföG a.F. zu entnehmen ist, soll zur Vermeidung einer unbilligen Härte von Auszubildenden eine Vermögensverwertung insbesondere dann nicht verlangt werden, wenn sie zur Veräußerung oder hypothekarischen Belastung eines selbst bewohnten Eigenheims oder einer selbst bewohnten Eigentumswohnung führen würde (vgl. BT-Drucksache VI/1975 S. 35 zu § 31 Abs. 5). Den Unterlagen des Gesetzgebungsverfahrens zum Vierten BAföG-Änderungsgesetz, durch das § 31 Abs. 4 BAföG a.F. aufgehoben und durch den wortgleichen § 29 Abs. 3 BAföG ersetzt worden ist, ist nichts dafür zu entnehmen, dass der Begriff der unbilligen Härte nunmehr anders zu beschreiben ist.

Mit Recht nimmt deshalb Tz. 29.3.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföGVwV) seit der Fassung vom 20. Juni 1978 (GMBl. S. 318) eine Härte insbesondere dann an, wenn die Vermögensverwertung zur Veräußerung eines kleinen Hausgrundstücks, insbesondere eines Familienheims oder einer Eigentumswohnung, die selbst bewohnt sind oder im Gesamthandseigentum stehen, führen würde. Ein Hausgrundstück ist als klein anzusehen, wenn die Wohnung nach Größe, Zuschnitt und Ausstattung in einem angemessenen Verhältnis zu dem Wohnbedarf des Auszubildenden und der zu seinem Haushalt gehörenden Angehörigen steht. Trifft dies zu, kann gleichwohl in dem Verlangen auf Verwertung dieses Vermögens keine unbillige Härte gesehen werden, wenn es einen so hohen Vermögenswert hat, so dass im Hinblick auf den das Bundesausbildungsförderungsgesetz prägenden Grundsatz des Nachrangs der staatlichen Ausbildungsförderung ein Absehen vom Einsatz des Vermögens nicht gerechtfertigt erscheint."

Ergänzend dazu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Juni 1991 (- 5 C 33.87 -, BVerwGE 88, 303) Folgendes hervorgehoben:

"Der Gesetzgeber hat das selbst bewohnte kleine Hausgrundstück - anders als z.B. Haushaltsgegenstände (§ 27 Abs. 2 Nr. 4 BAföG) - nicht aus dem förderungsrechtlichen Vermögensbegriff herausgenommen, so dass es nur im Rahmen der Härtevorschrift des § 29 Abs. 3 BAföG berücksichtigt werden kann. Selbstbewohnte kleine Hausgrundstücke gehören also nicht zum zwingenden Schonvermögen, das unabhängig von den Umständen des Einzelfalls dem Auszubildenden ungeschmälert erhalten bleiben soll; dem ist bei der Auslegung des § 29 Abs. 3 BAföG Rechnung zu tragen. Den Grund, weshalb selbstbewohnte kleine Hausgrundstücke überhaupt im Rahmen des Härtetatbestandes berücksichtigungsfähig sind, hat der Senat anderen Ableitungszusammenhängen entnommen als die Anrechnungsfreistellung wirtschaftlich nicht verwertbarer Vermögensgegenstände. Gründete das Bedürfnis des Vermögensinhabers, einen weiteren Teil des die Freibeträge des § 29 Abs. 1 BAföG überschreitenden Vermögens nicht für den Ausbildungsbedarf einzusetzen, dort darin, den unbilligen Konsequenzen einer wirtschaftlich nicht durchführbaren Verwertung auszuweichen, so ist es hier die in dem Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene sozialpolitische Erwägung, den Auszubildenden davor zu schützen, durch die Verwertung eines selbst bewohnten kleinen Hausgrundstücks eine wesentliche Beeinträchtigung seiner Lebensgrundlage hinnehmen zu müssen (BVerwGE 74, 267 [270]). Der Senat hat dabei die Wohnstattsituation eines kleinen Hausgrundstücks in den Vordergrund gestellt; sie soll dem Auszubildenden erhalten bleiben (vgl. BVerwGE 74, 267 [272]). Von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Lebensgrundlage des Auszubildenden kann deshalb nur gesprochen werden, wenn die dem Auszubildenden angesonnene Vermögensverwertung zum tatsächlichen oder wirtschaftlichen Verlust der eigenen Wohnstatt führen würde."

Ausgehend von dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung kann die Eigentumswohnung der Klägerin nach § 29 Abs. 3 BAföG anrechnungsfrei bleiben. Denn zum einen würde die Verwertung der von der Klägerin selbst bewohnten Eigentumswohnung zu einem Verlust der eigenen Wohnstatt führen. Zum anderen steht die Wohnung nach Größe, Zuschnitt und Ausstattung in einem angemessenen Verhältnis zu dem Wohnbedarf der Klägerin. Schließlich hat die Wohnung auch keinen so hohen Verkehrswert, dass im Hinblick auf den das Bundesausbildungsförderungsgesetz prägenden Grundsatz des Nachrangs der staatlichen Ausbildungsförderung ein Absehen vom Einsatz dieses Vermögens nicht gerechtfertigt erscheint. Das ergibt sich aus Folgendem:

Die Klägerin kann ihre Eigentumswohnung nur durch eine Veräußerung wirtschaftlich verwerten. Dass die Klägerin ein dinglich gesichertes Darlehen zur Deckung der Kosten ihres Unterhalts und ihres Ausbildung von einer Bank erhalten könnte, ist angesichts ihres unzureichenden Einkommens nämlich nicht realistisch. Folglich würde die wirtschaftliche Verwertung der selbst bewohnten Eigentumswohnung zum Verlust der Wohnstatt der Klägerin führen.

Die Eigentumswohnung der Klägerin steht ihrer Größe nach in einem angemessenen Verhältnis zum Wohnbedarf der Klägerin. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem oben zitierten Urteil vom 12. Juni 1986 ausgeführt, dass die Tz. 29.3.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz seit der Fassung vom 20. Juni 1978 zu Recht eine Härte insbesondere dann angenommen habe, wenn die Vermögensverwertung zur Veräußerung eines kleinen Hausgrundstücks, insbesondere eines Familienheims oder einer Eigentumswohnung, die selbst bewohnt sind, führen würde. Der Begriff des kleinen Hausgrundstücks wurde damals in § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG verwendet, der bestimmte, dass Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines kleinen Hausgrundstücks, insbesondere eines Familienheims, abhängig gemacht werden darf, wenn der Hilfesuchende das Hausgrundstück allein oder zusammen mit Angehörigen, denen es nach seinem Tode weiter als Wohnung dienen soll, ganz oder teilweise bewohnt. Dieser Begriff des kleinen Hausgrundstücks ist in der Folgezeit in § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG durch den Begriff des angemessenen Hausgrundstücks ersetzt worden. Demzufolge bestimmt die Tz. 29.3.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz in der noch geltenden Fassung vom 20. Dezember 2001, dass eine Härte im Sinne des § 29 Abs. 3 BAföG insbesondere vorliegt, wenn die Vermögensverwertung zur Veräußerung oder Belastung eines im Sinne des § 88 Abs. 2 Nr. 7 des Bundessozialhilfegesetzes angemessenen Hausgrundstücks, insbesondere eines Familienheims oder einer Eigentumswohnung, die selbst bewohnt sind oder im Gesamthandseigentum stehen, führen würde. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die angemessene Größe eines selbst genutzten angemessenen Hausgrundstücks im Sinne des § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG anhand der Vorgaben des am 1. Januar 2002 außer Kraft getretenen 2. Wohnungsbaugesetzes zu bestimmen (BSG, Urt. v. 19.5.2009 - B 8 SO 8/08 R -). Danach liegt die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks für einen Vier-Personen-Haushalt bei einem Grenzwert von 130 qm (BSG Urt. v. 19.5.2009 - B 8 SO 8/08 R -). Bei einer Belegung der Wohnung mit bis zu zwei Personen ist die Grenze typisierend auf 80 qm festzusetzen. Daher ist auch bei einer nur von einer Person selbst genutzten Eigentumswohnung eine Wohnfläche von 80 qm regelmäßig angemessen, wenngleich ein Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen im Einzelfall bestehen bleiben muss (BSG, Urt. v. 7.11.2006 - B 7 b AS 2/05 R -). Ausgehend von dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt, erweist sich die 78,75 qm große Eigentumswohnung der Klägerin ihrer Größe nach noch als angemessen. Dass die Wohnung auch über eine Terrasse verfügt, ändert daran nichts, da Terrassen bei der Berechnung der Wohnungsgröße unberücksichtigt bleiben (vgl. auch § 42 der 2. Berechnungsverordnung i. d. F. v. 12.10.1990). Dass mit dem Wohnungseigentum auch ein gemeinsames Nutzungsrecht an einem Abstellraum für Fahrräder und Kinderwagen besteht, rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung. Es besteht überdies kein Anlass, im vorliegenden Fall von dem Regelgrenzwert von 80 qm nach unten abzuweichen, weil hier keine außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslage, die eine Wohnungsgröße von 80 qm als unangemessen erscheinen lässt, vorliegt. Das gilt umso mehr, als es sich bei der Klägerin nicht um eine junge Studentin handelt, sondern um eine Frau, die nach jahrzehntelanger Berufstätigkeit im Alter von 48 Jahren nach dem Erwerb der Fachhochschulreife ein Studium aufgenommen hat und die Wohnung schon seit Jahren bewohnt.

Des Weiteren bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Wohnung nach ihrem Zuschnitt oder ihrer Ausstattung nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Wohnbedarf der Klägerin steht. Die Wohnung verfügt nach den von der Beklagten nicht bestrittenen Angaben der Klägerin lediglich über eine durchschnittliche Ausstattung. Angesichts des von der Klägerin für die Wohnung und die Garage gezahlten Kaufpreises von 130.700,- EUR und des von ihr in dem Antrag auf Bewilligung von Ausbildungsförderung angegebenen Werts der Wohnung von 100.000,- EUR kann auch keine Rede davon sein, dass im Hinblick auf den das Bundesausbildungsförderungsgesetz prägenden Grundsatz des Nachrangs der staatlichen Ausbildungsförderung ein Absehen vom Einsatz des Vermögens nicht gerechtfertigt erscheint.

Schließlich rechtfertigt auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Eigentumswohnung der Vermögensbildung der Klägerin diene, es nicht, den Härtetatbestand des § 29 Abs. 3 BAföG zu verneinen. Zwar ist die Förderung privater Vermögensbildung keine Aufgabe der öffentlichen Ausbildungsförderung. Der Grund, selbst bewohnte angemessene Hausgrundstücke im Rahmen des Härtetatbestandes des § 29 Abs. 3 BAföG zu berücksichtigen, liegt aber in der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen sozialpolitischen Erwägung, den Auszubildenden davor zu schützen, durch die Verwertung eines selbst genutzten angemessenen Hausgrundstücks eine wesentliche Beeinträchtigung seiner Lebensgrundlage, nämlich den tatsächlichen oder wirtschaftlichen Verlust der eigenen Wohnstatt, hinnehmen zu müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.6.1991 - 5 C 33.87 -, BVerwGE 88, 303). Angesichts dieser sozialpolitischen Erwägung kann es nicht entscheidend darauf ankommen, ob eine dem Wohnbedarf des Auszubildenden angemessene Eigentumswohnung auch der Vermögensbildung dient, zumal ein solcher Zweck mit dem Erwerb von Wohnungseigentum regelmäßig verbunden ist.

Die vorgenannte sozialpolitische Erwägung, einen Auszubildenden vor dem Verlust seiner Wohnstatt zu schützen, sofern diese seinem Wohnbedarf angemessen ist und keinen so hohen Verkehrswert hat, dass ein Absehen vom Einsatz des Vermögens im Hinblick auf den Nachrang der staatlichen Ausbildungsförderung nicht gerechtfertigt erscheint, kommt in Bezug auf die Garage, an der die Klägerin ausweislich des notariell beurkundeten Kaufvertrags vom 14. November 2002 ein von dem Wohnungseigentum getrenntes Teileigentum besitzt, indessen nicht zum Tragen. Die wirtschaftliche Verwertung, nämlich die Veräußerung der Garage, führt nämlich anders als die Veräußerung der Wohnung nicht zu einem Verlust der Wohnstatt. Die Klägerin muss bei einer Veräußerung der Garage auch keine anderweitige wesentliche Beeinträchtigung ihrer Lebensgrundlage hinnehmen, was nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Voraussetzung für eine unbillige Härte im Sinne des § 29 Abs. 3 BAföG ist. Schließlich sind Anhaltspunkte dafür, dass die Garage nicht veräußert werden kann, weder konkret vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Die Klägerin hat die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Möglichkeit bestehe, nur die Garage zu verkaufen, im Berufungsverfahren auch mit keinem Wort beanstandet.

Kann die Garage daher mangels unbilliger Härte im Falle einer wirtschaftlichen Verwertung nicht nach § 29 Abs. 3 BAföG anrechnungsfrei bleiben, hat die Klägerin in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung mit diesem Vermögensgegenstand, dem Wertpapierdepot, dem Guthaben auf dem Girokonto und dem Bargeld über Vermögen verfügt, das auch nach Abzug des ihr zustehenden Freibetrags von 5.200,- EUR zur Bedarfsdeckung für den hier relevanten Zeitraum vom 1. September 2009 bis zum 31. August 2010 ausgereicht hat. Einem dahingehenden Hinweis in der Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 19. Juli 2013 ist die Klägerin auch nicht entgegen getreten, so dass keine Grund besteht, an einer Bedarfsdeckung bei einer Veräußerung der Garage zu zweifeln. Folglich ist ein Anspruch der Klägerin auf die beantragte Ausbildungsförderung zu verneinen.