Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.10.2002, Az.: 10 L 3912/00
akademischer Grad; Ausland; Doctor philosophiae honoris causa; Ehrendoktorgrad; Führung; Genehmigung; Hochschule; Pädagogische Psychologie; Russland
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 21.10.2002
- Aktenzeichen
- 10 L 3912/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43768
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 15.06.2000 - AZ: 1 A 32/99
Rechtsgrundlagen
- § 10 Abs 2 HSchulG ND
- § 10 Abs 5 S 1 HSchulG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Mit Inkrafttreten der Neufassung des NHG am 1. Oktober 2002 unterliegt die Führung des von einer ausländischen Hochschule verliehenen Ehrendoktorgrads nicht mehr einem Genehmigungsvorbehalt.
2. Nach § 10 Abs. 5 S. 1 i. V. m. § 10 Abs. 2 NHG ist die Führung des von der Pädagogischen Universität Moskau in dem Promotionsfach Pädagogische Psychologie verliehenen Ehrendoktorgrades: Doktor der Philosophie / Doctor Philosophiae Honoris Causa in der Bundesrepublik Deutschland ausgeschlossen und untersagt.
Tatbestand:
I.
Der Klägerin, die 1983 ihre Ausbildung für das Lehramt an der Realschule mit dem zweiten Staatsexamen erfolgreich abschloss und die von 1990 bis 1992 für die Europa Management Akademie in Berlin und die Internationale Management Akademie in Moskau tätig war, wurde durch die Pädagogische Universität Moskau mit Übersendung der Urkunde vom 26. November 1992 die Bezeichnung „Doctor Philosophiae Honoris Causa“ im Promotionsfach Pädagogische Psychologie verliehen.
Unter dem 14. September 1997 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Genehmigung zur Führung des Grades „Doctor Philosophiae Honoris Causa“ in der sich aus der Verleihungsurkunde ergebenden Form, wenn möglich, in der entsprechenden deutschen Form. Mit Bescheid vom 12. Januar 1999 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab. Er begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Erteilung der Genehmigung zur Führung eines ausländischen akademischen Grades nach dem Schutzzweck des Gesetzes unter anderem voraussetze, dass die im Ausland erworbene akademische Bezeichnung von einer Institution verliehen worden sei, die materiell den Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland vergleichbar sei. Russische Hochschulen verfügten nach den Stellungnahmen des staatlichen Komitees für Hochschulbildung der Russischen Föderation über kein materielles Promotionsrecht. Das Fehlen eines materiellen Promotionsrechts sei der Haupthinderungsgrund für eine hiesige Anerkennung, denn die Erteilung einer Genehmigung zur Führung eines ehrenhalber verliehenen akademischen Grades wie dem des Ehrendoktors setze voraus, dass die verleihende Einrichtung das Recht habe, auch den entsprechenden materiellen Grad zu vergeben.
Daraufhin hat die Klägerin am 11. Februar 1999 Klage erhoben und vorgetragen, es unterliege keinem Zweifel, dass die Pädagogische Universität Moskau, die als staatliche Universität das Promotionsrecht besitze, mit deutschen Universitäten vergleichbar sei. Die vom Beklagten herangezogenen Auskünfte des staatlichen Komitees der Russischen Föderation seien nicht aussagekräftig, da eine Auskunft allein die Staatliche Universität von Kaliningrad betreffe und die andere die Verleihung des Professorentitels, um den es hier nicht gehe.
In der Promotionsurkunde werde als Herausgeber das „Ministerium der Bildung der Russischen Konföderation“ genannt. Ferner sei in der Urkunde der „Fachrat für die Verleihung der akademischen Grade“ genannt, bei dem es sich um das staatliche Organ handele, das der Beklagte als Attestierungskommission bezeichne.
Die Klägerin hat beantragt;
den Bescheid vom 12. Januar 1999 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die Genehmigung zu erteilen, den ihr verliehenen Ehrendoktor „Doktor der Philosophie ehrenhalber/Doctor Philosophiae honoris causa“ in dem Maße als akademischen Grad zu führen, wie die Führung dieses akademischen Grades außerhalb der Staatlichen Universität Moskau in der russischen Föderation zulässig ist.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Begründung in dem angefochtenen Bescheid dahingehend ergänzt, dass Hochschulen in der Russischen Föderation nicht berechtigt seien, materielle Doktorgrade zu vergeben. Die Vergabe solcher Doktorgrade erfolge vielmehr zentral durch das Staatliche Oberste Attestierungskomitee der Russischen Föderation (russische Abkürzung: VAK). In der zum Zeitpunkt der Verleihung an die Klägerin geltenden Verordnung über die Verleihung akademischer Grade und die Zuerkennung akademischer Titel vom 30. Dezember 1989 sei festgelegt, dass der akademische Grad eines Doktors der Wissenschaften von der obersten Attestierungskommission beim Ministerrat der UdSSR (VAK der UdSSR) auf ein nach der öffentlichen Verteidigung der Dissertation durch den Bewerber ergangenes Ersuchen des Fachrates hin und unter Berücksichtigung eines Gutachtens des zuständigen Expertenrates der VAK der UdSSR verliehen werde. Die angesprochenen Fachräte (jetzt Dissertationsräte) seien Gremien, die von der VAK an den Hochschulen eingesetzt würden. Die Prüfung erfolge erstens durch den Fachrat (vorläufige Prüfung) und zweitens durch den zuständigen Expertenrat der VAK (endgültige Prüfung).
Der Vergabe von Ehrendoktorgraden durch russische Hochschulen fehle mithin die materielle Grundlage in Form der Berechtigung, entsprechende materielle Grade zu verleihen. Die Anerkennung des von der Moskauer Pädagogischen Universität vergebenen „Ehrengrades“ beschränke sich auf die verleihende Institution. Damit werde kein Recht erworben, die Bezeichnung außerhalb der Hochschule führen zu dürfen. Es gelte der Grundsatz, dass nur solche Rechte geltend gemacht werden könnten, die im Herkunftsland des Grades bestünden.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 15. Juni 2000 die Klage abgewiesen und im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Genehmigung zum Führen eines ausländischen Hochschulgrades voraussetze, dass die ausländische Hochschule überhaupt berechtigt sei, den entsprechenden materiellen Hochschulgrad zu verleihen. Diese Voraussetzung sei bei der Klägerin nicht gegeben, denn nach der Stellungnahme der Zentrale für das ausländische Bildungswesen seien die russischen Hochschulen nicht berechtigt, materielle Doktorengrade zu verleihen. Der russische Ehrendoktortitel sei daher ein an die verleihende Einrichtung gebundener Titel und am ehesten dem eines Ehrenbürgers oder Ehrensenators einer deutschen Hochschule vergleichbar, nicht aber dem eines deutschen Ehrendoktors.
Gegen dieses Urteil führt die Klägerin die vom Senat zugelassene Berufung, zu deren Begründung sie vorträgt, dass es sich bei ihrer Ehrenpromotion um eine Ehrung handele, die den wissenschaftlichen Maßstäben für die Nostrifikation von Doktorgraden, die der Beklagte zugrunde lege, entspreche. Soweit der Beklagte behaupte, die Moskauer Pädagogische Universität sei nicht berechtigt, Ehrendoktorgrade zu verleihen, habe er kein sachdienliches Material zur Begründung seiner Auffassung vorgelegt. Die Verleihung des Ehrengrades sei aufgrund wissenschaftlicher Leistungen erfolgt.
Für die Frage der Anerkennung der Promotion sei es gleichgültig, ob es sich um eine Ehrenpromotion oder um eine reguläre Promotion handele. Bei westlichen Universitäten sei es durchaus üblich, Ehrenpromotionen ohne wissenschaftliche Leistungen auszusprechen, die von deutschen Wissenschaftsministerien nostrifiziert würden. Eine Versagung der Nostrifikation in ihrem Fall sei systemwidrig. Mindestens der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebiete die Anerkennung der Ehrenpromotion, denn ihre Promotion beruhe auf einer höherwertigen Leistung als zahlreiche von den deutschen Wissenschaftsministern pauschal anerkannte Promotionen. Mit der verlangten Nostrifikation begehre sie nicht mehr als ihr in Russland zustehe. Nach dem von ihr vorgelegten Gutachten des Prof. Dr. D. sei die Pädagogische Universität Moskau nach dem zur Zeit der Verleihung geltenden Recht berechtigt gewesen, Ehrendoktorgrade zu verleihen.
Aus ihrem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG folge das Recht, sich als „Doktor der Philosophie ehrenhalber“ bezeichnen zu dürfen. Der Beklagte könne demgegenüber keine Gründe anführen, die es rechtfertigten, die Nostrifikation zu versagen.
Bei der Auslegung von § 10 Abs. 2 NHG n.F. sei maßgeblich auf die Verleihung des Ehrengrades durch die ausländische Hochschule abzustellen, so dass sie die Voraussetzungen gemäß § 10 Abs. 2 S. 1 NHG n.F. erfülle. Die Führung des Ehrengrades sei nicht durch § 10 Abs. 2 S. 2 NHG n.F. ausgeschlossen, denn die Beteiligung der Attestationskommission sei ein zweiter Schritt im Verleihungsverfahren, der nicht mit der Vergabe identisch sei. Die Vergabe des Hochschulgrades erfolge aufgrund wissenschaftlicher Leistungen durch die Universität. Die Attestation sei nicht als Vergabe im Sinne des § 10 Abs. 2 S. 2 NHG n.F. zu verstehen. Andernfalls sei jede Nostrifikation eines Hochschulgrades schlechthin ausgeschlossen, was nicht sein könne.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern sowie festzustellen, dass die Klägerin berechtigt ist, den ihr verliehenen Grad eines Doktors der Philosophie ehrenhalber / Doctor Philosophiae Honoris Causa der Moskauer Pädagogischen Universität Moskau zu führen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die begehrte Genehmigung zum Führen der Bezeichnung Doktor der Philosophie ehrenhalber nicht erteilt werden könne, da der Ehrengrad von einer Hochschule verliehen worden sei, der das materielle Promotions- und Habilitationsrecht nicht zustehe. In der Russischen Föderation erfolge die Vergabe materieller Doktorgrade anders als in der Bundesrepublik Deutschland zentral durch das Staatliche Oberste Attestierungskomitee. In der zum Zeitpunkt der Verleihung an die Klägerin geltenden Verordnung über die Verleihung akademischer Grade und die Zuerkennung akademischer Titel vom 30. Dezember 1989 sei festgelegt, dass der akademische Grad eines Doktors der Wissenschaften von der Obersten Attestierungskommission beim Ministerrat der UdSSR (VAK der UdSSR) auf ein nach der öffentlichen Verteidigung der Dissertation durch den Bewerber oder die Bewerberin ergangenes Ersuchen des Fachrates hin und unter Berücksichtigung eines Gutachtens des zuständigen Expertenrates der VAK der UdSSR verliehen werde.
Die russischen Hochschulen seien an Dissertationen und Promotionen institutionell nicht beteiligt. Ihre Rolle beschränke sich auf die Mitwirkung ihrer Vertreterinnen und Vertreter in den genannten Räten.
Bei dem der Klägerin verliehenen Ehrendoktorgrad gehe es maßgeblich um die Feststellung, ob die Pädagogische Universität Moskau zum Zeitpunkt der Verleihung das uneingeschränkte Promotionsrecht wie eine deutsche Universität gehabt habe und nicht darum, ob die Hochschule berechtigt gewesen sei, Ehrendoktorgrade zu verleihen.
Zur Frage des Stellenwertes von Ehrendoktorgraden habe das Staatliche Komitee für Hochschulbildung der Russischen Föderation in Moskau der Zentralstelle für das ausländische Bildungswesen in Bonn am 14. März 1995 berichtet, dass im Unterschied zu dem akademischen Titel „Professor“ und dem akademischen Grad „Doktor der Wissenschaften“ die Titel „Ehrenprofessor“ und „Ehrendoktor“ in Russland auf der Grundlage von Verordnungen verliehen würden, die nur von der konkreten Hochschule bestätigt würden. Entsprechend sei der Status von Ehrentiteln eingeschränkt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Diese waren mit ihrem wesentlichen Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Das im Berufungsverfahren erhobene Feststellungsbegehren der Klägerin ist zulässig.
Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO kann nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein, das durch besondere Umstände hinreichend konkretisiert ist. Die streitigen Beziehungen müssen sich zu einer festen Form verdichtet haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Januar 1969 - BVerwG 1 C 86.64 - Buchholz 310 § 43 Nr. 31). Die Beteiligten streiten im vorliegenden Fall darüber, ob die Klägerin berechtigt ist, den ihr von der Pädagogischen Universität Moskau verliehenen Ehrendoktor in der Bundesrepublik Deutschland zu führen. Bei einer nach Auffassung des Beklagten unzulässigen Führung des Ehrengrades liefe die Klägerin nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage Gefahr, dass der Beklagte ihr die Führung möglicherweise nach § 10 Abs. 5. S. 1 Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) vom 24. Juni 2002 (Nds. GVBl. S. 286) untersagt oder dass sie sich einem Strafverfahren wegen Verstoßes gegen § 132 a StGB ausgesetzt sieht. Damit besteht zwischen den Beteiligten ein hinreichend konkretisiertes Rechtsverhältnis.
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert vorliegend nicht an § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO, wonach die Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit die Klägerin ihre Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können; denn die von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage hat mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Hochschulreform in Niedersachsen vom 24. Juni 2002 (Nds. GVBl. S. 286) am 1. Oktober 2002 (Art. 7 des Gesetzes) ihre Erledigung gefunden. Streitgegenstand einer Verpflichtungsklage ist die Rechtsbehauptung der Klägerin, dass sie im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung einen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Verwaltungsaktes hat. Einen ergänzenden, an der Rechtskraft teilnehmenden Ausspruch darüber, ob der Verwaltungsakt zu einem früheren Zeitpunkt hätte erlassen werden müssen, enthält ein auf eine Verpflichtungsklage hin ergehendes Urteil nicht (OVG Münster, Urteil vom 23. April 2002, Az.: 8 A 3365/99, zitiert nach juris).
Bei der von der Klägerin erhobenen Verpflichtungsklage ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats maßgeblich (vgl. Urteil des erk. Senats vom 17. November 1998 – 10 L 4422/96 -, WissR 2000, 180). Zu diesem Zeitpunkt kommt nunmehr ausschließlich § 10 Abs. 2, 3 NHG als Rechtsgrundlage für die hier in Frage stehende Berechtigung der Klägerin, den ihr von der Pädagogischen Universität Moskau verliehenen Ehrendoktorgrad in der Bundesrepublik Deutschland führen zu dürfen, in Betracht.
Im Gegensatz zu § 26 Abs. 2 S. 2 NHG in der bis zum 30. September 2002 geltenden Fassung vom 24. März 1998 (Nds. GVBl. 1998, S. 310) verzichtet § 10 NHG n.F. darauf, die Führung des ausländischen Ehrengrads einem Genehmigungsvorbehalt zu unterwerfen. Stattdessen untersagt § 10 Abs. 5 NHG n.F. eine von § 10 Abs. 1 – 4 NHG n.F. abweichende Gradführung. Wenn § 10 NHG n.F. ein Genehmigungsverfahren nicht mehr vorsieht, geht die von der Klägerin erstrebte Verpflichtung des Beklagten auf Erteilung einer entsprechenden Genehmigung ins Leere. Diese vom Gesetz nunmehr statuierte Genehmigungsfreiheit wird nicht durch die bislang nicht geänderte Verordnung über die Führung ausländischer akademischer Grade, Titel und Bezeichnungen (AKGradVO) vom 9. Juli 2001 (Nds. GVBl. S. 423), die in § 1 AkGradVO das Genehmigungsverfahren und in § 2 AkGradVO die Genehmigungsvoraussetzungen regelt, unter denen die Führung des Grades genehmigt wird, berührt.
Auch ein rechtlich schützenswertes Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung ist anzuerkennen.
Nach § 43 Abs. 1 VwGO muss die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung haben. Der von der Klägerin angestrebte vorbeugende Rechtsschutz erfordert das Vorhandensein qualifizierter Rechtsschutzvoraussetzungen. Es muss ein spezielles, auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse bestehen. Dieses Interesse ist nicht gegeben, wenn es an einer begründeten Besorgnis für die Rechtsstellung eines Klägers fehlt (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 1975 - BVerwG 4 C 46.72 - Buchholz 406.11 § 134 Nr. 2).
Diese begründete Besorgnis besteht bei der Klägerin; denn mit dem Inkrafttreten von § 10 NHG n.F. soll nach Angaben des Beklagten allein die drohende strafrechtliche Sanktion in § 132 a StGB die Klägerin davon abhalten, den ihr verliehenen Ehrengrad unberechtigt zu führen. Der Klägerin ist es jedoch nicht zuzumuten, die Klärung der verwaltungsrechtlichen Streitfrage, ob sie den ihr verliehenen Ehrengrad in der Bundesrepublik Deutschland führen darf, als Angeklagte in einem Strafverfahren erleben zu müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Januar 1969 – BVerwG I C 86.64 -, Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 31; BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1987 – BVerwG 3 C 53/85 -, NVwZ 1988, 430-431; OVG Münster, Urteil vom 27. Juni 1996 - 13 A 4024/94 -, ZLR 1996, 603-608; Sodan / Ziekow, Kommentar zur VwGO, § 43 RN 85 ff.).
Der danach zulässige Feststellungsantrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Nach § 10 Abs. 2 S. 1 NHG n.F. kann ein ausländischer Ehrengrad, der von einer nach dem Recht des Herkunftslandes zur Verleihung berechtigten Stelle verliehen wurde, nach Maßgabe der für die Verleihung geltenden Rechtsvorschriften in der verliehenen Form unter Angabe der verleihenden Stelle geführt werden. Nach § 10 Abs. 2 S. 2 NHG n.F. sind solche Ehrengrade von der Führung ausgeschlossen, bei denen die ausländische Institution kein Recht zur Vergabe des entsprechenden Grades nach Absatz 1 besitzt. Durch diesen Verweis auf § 10 Abs. 1 NHG n.F., in dem die Führung des originären Hochschulgrades geregelt wird, wird sichergestellt, dass ein Ehrengrad – wie im vorliegenden Fall – im Inland nur geführt werden darf, wenn die betreffende ausländische Stelle – hier die Pädagogische Universität Moskau – auch zur Verleihung des originären Grades berechtigt ist. Sofern demnach der Hochschule nicht das Recht zusteht, originäre Doktorgrade zu verleihen, kann nach der Intention des Gesetzgebers der von dieser Hochschule verliehene Ehrendoktorgrad im Inland nicht geführt werden (vgl. Nds. Landtag, Drs. 14/2541, S. 70). Gemäß § 10 Abs. 5 S. 1 NHG ist eine von den Absätzen 1 bis 4 abweichende Grad- und Titelführung untersagt.
Auch wenn die Pädagogische Universität Moskau berechtigt war, der Klägerin die Bezeichnung des Ehrengrades „Doctor Philosophiae Honoris Causa“ zu verleihen, folgt daraus allein entgegen der Auffassung der Klägerin nicht ihre Befugnis, diesen Ehrendoktorgrad im Inland führen zu dürfen, denn die Pädagogische Universität Moskau besaß zum Zeitpunkt der Verleihung des Ehrengrades an die Klägerin nach dem Recht der Russischen Föderation nicht das Recht, überhaupt originäre Doktorgrade zu verleihen.
Nach der in den Verwaltungsvorgängen des Beklagten enthaltenen Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau an das Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Bundesrepublik Deutschland vom 30. Mai 1995 ist die Verleihung eines Ehrendoktorgrades in der Russischen Föderation nicht an das generelle Recht der Hochschulen gekoppelt, Promotionen abzunehmen. Nur an einem Teil der russischen Hochschulen existieren sogenannte Promotionsausschüsse, die in einem Abstimmungsprozess mit der zentralen Obersten Attestationskommission in Moskau Promotionen zuerkennen, wobei die Entscheidung letztlich von der Obersten Attestationskommission abhängt, die auch entscheidet, an welchen Hochschulen Promotionsausschüsse eingerichtet werden. Nach Erkenntnissen der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen beim Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland übt das Staatliche Oberste Attestationskomitee die Kontrolle über die Vergabe originärer Doktorgrade aus. Die Urkunden über die Verleihung eines regulären Doktorgrades werden ebenfalls von dem Obersten Attestationskomitee ausgestellt. Die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen, an deren Kompetenz zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht und deren Ausführungen der Senat folgt, führt in ihrer Auskunft gegenüber dem Beklagten vom 19. Mai 1998 aus, russische Hochschulen seien nicht berechtigt, materielle Doktorgrade zu vergeben. Die zum Zeitpunkt der Verleihung des Ehrendoktorgrades an die Klägerin geltende Verordnung über die Verleihung akademischer Grade und die Zuerkennung akademischer Titel vom 30. Dezember 1989 sehe vor, dass der akademische Grad eines Doktors der Wissenschaften von der Obersten Attestierungskommission beim Ministerrat der UdSSR verliehen werde. Die Neufassung der Verordnung vom 24. Oktober 1994 sehe ebenfalls vor, dass der akademische Grad eines Doktors der Wissenschaften von dem Obersten Attestierungskomitee verliehen werde.
Die Klägerin kann hiernach nicht für sich die Berechtigung zum Führen des ihr verliehenen Ehrendoktorgrades in Anspruch nehmen. Der Senat folgt nicht ihrer Auffassung, dass bei der Auslegung des § 10 Abs. 2 S. 1 NHG n.F. allein auf die Verleihung durch die Universität abzustellen sei und die in § 10 Abs. 2 S. 2 NHG n.F. angesprochene Vergabe des materiellen Doktorgrads hier durch das Oberste Attestationskomitee zu vernachlässigen sei. Abgesehen davon, dass die von der Klägerin für richtig gehaltene Auslegung den Regelungsgehalt von § 10 Abs. 2 S. 2 NHG vollkommen entwerten würde, ist die von der Klägerin angesprochene Konsequenz der vom Senat vertretenen Auffassung, dass damit die Führung von in Russland von Hochschulen verliehenen Ehrendoktorgraden in der Bundesrepublik Deutschland generell ausgeschlossen ist, weder zu beanstanden noch unverhältnismäßig. Die Regelung in § 10 Abs. 2 S. 2 NHG n.F., die auf einen Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 14. April 2000 zurückgeht, soll bezwecken, dass durch die Einheit der den Ehrendoktorgrad verleihenden Stelle mit der Stelle, die den entsprechenden materiellen Doktorgrad vergibt, in einem Mindestmaß sichergestellt wird, dass Gründe für die Verleihung des Ehrendoktorgrades bestehen, die regelmäßig in wissenschaftlichen Verdiensten oder in Verdiensten um die Wissenschaft liegen (vgl. § 6 Abs. 2 der AkGradVO vom 21. Mai 1991, Nds. GVBl. S. 200). Insoweit ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber zur Beurteilung dieser Frage eine Stelle für erforderlich hält, die auch den materiellen Doktorgrad vergibt und somit mit der wissenschaftlichen Vergabe von Graden inhaltlich vertraut ist. Wenn durch eine solche Regelung die inflationäre Steigerung von Ehrendoktorgraden als reiner Gunsterweis nicht zuletzt zum Schutz der Ehrengrade, die aufgrund wissenschaftlicher Verdienste oder aufgrund von Verdiensten um die Wissenschaft vergeben wurden, Einhalt geboten werden soll, erscheinen die damit verbundenen Konsequenzen nicht unangemessen. Darüber hinaus sind die Inhaber russischer Ehrendoktorgrade nicht gehindert, diese jedenfalls hochschulintern zu führen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann sie die überzeugenden Ausführungen der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen nicht durch die mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung vorgelegte Stellungnahme von Prof. Dr. jur. D. in seinem Schreiben vom 17. Juni 2000 entkräften, denn Prof. Dr. D. lässt in seiner Darlegung nicht erkennen, dass materielle Doktorgrade von den russischen Hochschulen, insbesondere von der Pädagogischen Universität Moskau, vergeben werden. Abgesehen davon, dass nach seiner Darstellung der lateinische Terminus „Doctor Philosophiae“ gemäß der russischen Klassifikation dem niedrigsten Hochschulgrad, und zwar dem des „Kandidaten der Wissenschaft“, entspricht, könnten die weiteren Ausführungen von Prof. Dr. D. dahingehend verstanden werden, dass die Verleihung des Grades „Doctor Philosophiae Honoris Causa“ nicht einem Ehrendoktorgrad entspricht, wenn er angibt, dass der akademische Grad „Ehrendoktor der Philosophie im Bereich der pädagogischen Psychologie“ verliehen worden sei. Der der Klägerin verliehene akademische Grad „Doctor Philosophiae Honoris Causa“ im Promotionsfach Pädagogische Psychologie ist nach Ansicht von Prof. Dr. D. in dem Bestreben verliehen worden, analoge wissenschaftliche Grade zu kopieren, die in Deutschland verliehen werden.
Darüber hinaus vermag der Senat die von der Klägerin begehrte Feststellung auch deshalb nicht zu treffen, weil ein dem verliehenen Ehrengrad entsprechender materieller Hochschulgrad an der Pädagogischen Universität Moskau nicht vergeben wird. Dies ist aber bei verständiger Auslegung des § 10 Abs. 2 S. 2 NHG n.F. zu fordern. Die Pädagogische Universität Moskau muss nicht nur die Befugnis haben, allgemein Doktorgrade zu verleihen, sondern sie muss auch materielle Doktorgrade in dem Promotionsfach vergeben können, in dem der Ehrendoktorgrad verliehen wurde. Daran fehlt es hier. Ausweislich der Verleihungsurkunde vom 26. November 1992 ist der Klägerin der Ehrengrad „Doctor philosophiae honoris causa“ im Promotionsfach Pädagogische Psychologie verliehen worden. Nach Auskunft der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen an den Beklagten vom 19. Mai 1998 gibt es einen dem verliehenen Ehrengrad entsprechenden materiellen Grad nicht, sondern allein den Grad „doktor filosofskich nauk“ („Doktor der philosophischen Wissenschaften“). Bei dem der Klägerin verliehenen Ehrengrad handele es sich dagegen um einen Phantasiegrad.
Die Einschätzung, dass dem verliehenen Ehrengrad an der Pädagogischen Universität Moskau im Promotionsfach Pädagogische Psychologie kein materieller Doktorgrad entspricht, wird nach Überzeugung des Senats durch die Ausführungen von Prof. Dr. D. in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten bestätigt. Prof. Dr. D. führt aus, dass in Russland die Formulierung des akademischen Grades eines Ehrendoktors im Promotionsfach Pädagogische Psychologie „Ehrendoktor im Bereich der Pädagogischen Psychologie“ lauten würde. Daraus ist zu folgern, dass ein dementsprechender materieller Doktorgrad mit „Doktor im Promotionsfach Pädagogische Psychologie“ zu bezeichnen wäre.
Wenn Prof. Dr. D. weiter ausführt, dass der der Klägerin verliehene Ehrengrad in materieller Hinsicht dem russischen Hochschulgrad „Kandidat der Wissenschaften“, den die Pädagogische Universität Moskau selbst vergeben könne, und nicht dem materiellen Doktorgrad entspreche, hilft dieser Hinweis der Klägerin nicht weiter, denn sie geht selbst davon aus, dass ihr ein Doktorgrad als Hochschulgrad und nicht ein im Range unter diesem stehender Grad verliehen wurde. Ihr Feststellungsbegehren zielt gerade darauf ab, einen Doktorgrad in der Bundesrepublik Deutschland führen zu können, der hier als solcher zu verstehen ist. Nach der Verleihungsurkunde ist der Klägerin ein Doktorgrad ehrenhalber verliehen worden, der nach hiesigem Begriffsverständnis nicht in eine andere Bezeichnung für „Kandidat der Wissenschaften ehrenhalber“ umgedeutet werden kann, mag der verliehene Ehrengrad auch in materieller Hinsicht in Russland diesem an deutschen Hochschulen unbekannten Hochschulgrad entsprechen. Ein nach allgemeinem Verständnis verliehener Doktorgrad ehrenhalber – wie im vorliegenden Fall - muss im Rahmen des § 10 Abs. 2 S. 2 NHG einem von der Universität zu verleihenden materiellen Doktorgrad in dem betreffenden Promotionsfach entsprechen. Dies ist – wie dargelegt – bei der Klägerin nicht der Fall, denn der Ehrendoktorgrad „Doctor Philosophiae Honoris Causa“ entspricht nicht dem Doktorgrad im Promotionsfach Pädagogische Psychologie.