Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.12.1990, Az.: 18 L 1/90

Klage eines Personalrats auf das Zurverfügungstellen von Kommentaren zum Besoldungsrecht in Niedersachsen; Ordnungsgemäße und sachgemäß Erfüllung der Aufgaben eines Personalrats

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.12.1990
Aktenzeichen
18 L 1/90
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1990, 19241
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1990:1219.18L1.90.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 01.12.1989 - AZ: PL 23/88
nachfolgend
BVerwG - 10.09.1991 - AZ: BVerwG 6 PB 8/91

Verfahrensgegenstand

Fachliteratur für den Personalrat

In der Personalvertretungssache
hat der 18. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Niedersachsen - des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein
am 19. Dezember 1990
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski,
die Richter am Oberverwaltungsgericht Ladwig und Schwermer sowie
die ehrenamtlichen Richter Kindervater und Knies
ohne mündliche Anhörung beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen - vom 1. Dezember 1989 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller erstrebt die Feststellung, daß der Beteiligte ihm die Kommentare von Kümmel zum NBG und von Kümmel/Pohl zum Besoldungsrecht in Niedersachsen zur Verfügung zu stellen hat.

2

Der Antragsteller besteht aus 15 Mitgliedern, von denen jetzt drei freigestellt sind, und vertritt etwa 2.300 Bedienstete. Er hat eine Fachzeitschrift sowie einen eigenen Kommentar zum Personalvertretungsrecht, aber nicht zum NBG und zum Besoldungsrecht. Die von ihm geforderten Kommentare von Kümmel bzw. Kümmel/Pohl sind jedoch im Personalamt des Beteiligten vorhanden und können dort vom Antragsteller eingesehen oder ausgeliehen werden.

3

Nachdem der Antragsteller vom Beteiligten wiederholt vergeblich die Anschaffung der beiden Kommentare für sich verlangt hatte, hat er das Verwaltungsgericht angerufen und geltend gemacht: Sein Anspruch ergebe sich aus § 52 Abs. 1 und 3 Nds. PersVG. Auf die Mitbenutzung der im Personalamt vorhandenen Kommentare könne er nicht verwiesen werden. Denn dadurch würde die Personalratsarbeit unzumutbar erschwert, weil er häufig auch in auswärtigen Dienststellen Beratungen abhalte und dabei ebenso wie in Sprechstunden mit schwierigen Fragen aus dem Beamten- und Besoldungsrecht konfrontiert werde. Da es sich hier um notwendige Kosten i.S. des § 52 Abs. 1 Nds. PersVG handele, stehe dem Anspruch auch nicht die angespannte Haushaltslage des Beteiligten entgegen.

4

Der Antragsteller hat beantragt festzustellen, daß der Beteiligte verpflichtet ist, ihm die Kommentare von Kümmel, NBG und von Kümmel/Pohl, Besoldungsrecht in Niedersachsen nebst Ergänzungslieferungen als Geschäftsbedarf zur Verfügung zu stellen.

5

Der Beteiligte hat beantragt,

den Antrag abzulehnen, und ist ihm entgegengetreten.

6

Mit Beschluß vom 1. Dezember 1989 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt, im wesentlichen aus folgenden Gründen:

7

Es könne dahingestellt bleiben, ob die bezeichneten Kommentare zum notwendigen Geschäftsbedarf i.S. von § 52 Abs. 3 Nds. PersVG gehörten. Jedenfalls ständen sie dem Antragsteller bereits zur Verfügung, da sie sich im Personalamt befänden, wo sie vom Antragsteller eingesehen und auch entliehen werden könnten. Der haushaltsrechtliche Grundsatz der Sparsamkeit könne zwar dem Verlangen, über notwendigen Geschäftsbedarf zu verfügen, nicht entgegengesetzt werden. Er könne aber die Art und Weise beeinflussen, in der dieser Geschäftsbedarf dem Personalrat zur Verfügung zu stellen sei. Die Mitbenutzung sei für den Antragsteller hier auch nicht unzumutbar. Die störungsfreie Einsicht in den Räumen des Personalamtes sei sichergestellt; dem Antragsteller sei darüber hinaus angeboten worden, die Literatur in seine Geschäftsräume befristet auszuleihen. Auch die Entfernung des Personalamtes der Dienststelle von dem Bürogebäude Markt 20/21 könne nicht als unzumutbar bezeichnet werden. Der haushaltsrechtliche Grundsatz der Sparsamkeit könnte der Mitbenutzung der Kommentare nur dann nicht entgegengestellt werden, wenn die Anschaffungskosten sehr gering wären und die Haushaltslage der Dienststelle die Beobachtung zuließe, daß die Fachämter im Gegensatz zum Personalrat großzügig mit Literatur ausgestattet werden. Beides sei hier aber nicht der Fall. Schließlich könne der Antragsteller auch nicht verlangen, daß die beiden Kommentare statt im Personalamt in seinem eigenen Büro aufgestellt würden.

8

Gegen den ihm am 19. Dezember 1989 zugestellten Beschluß richtet sich die am 12. Januar 1990 eingelegte und am 12. Februar 1990 begründete Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft und insbesondere geltend macht:

9

Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß neun Mitglieder des Antragstellers freigestellt seien. Auch der Grundsatz der Sparsamkeit könne hier den notwendigen Geschäftsbedarf nicht beschränken, weil die Gesamtkosten des Geschäftsbedarfs durch die beiden Kommentare nur unwesentlich erhöht würden und weil sich die Haushaltslage der Stadt Oldenburg erfreulich verbessert habe.

10

Der Antragsteller beantragt,

den angefochtenen Beschluß zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.

11

Der Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

12

Er verteidigt den angefochtenen Beschluß.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

14

Beide Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Anhörung zugestimmt.

15

II.

Die zulässige Beschwerde, über die gemäß §§ 83 Abs. 4 Satz 2, 90 Abs. 2 ArbGG ohne mündliche Anhörung entschieden werden konnte, ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers zu Recht abgelehnt. Ein Anspruch auf die beiden Kommentare zu seiner alleinigen Benutzung steht dem Antragsteller nicht zu.

16

Es erscheint bereits zweifelhaft, ob auch Kommentare zum Beamten-, Besoldungs- oder Tarifrecht stets zum erforderlichen Geschäftsbedarf des Personalrats i.S. des § 52 Abs. 3 Nds. PersVG gehören. Als unentbehrliches Rüstzeug, über das der Personalrat verfügen muß, wenn er seine Aufgaben ordnungs- und sachgemäß erfüllen will, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher nur einen Kommentar zum Personalvertretungsrecht (BVerwG, Beschl. v. 25.7.1979 - P 29.78 -, PersV 1980, 57) und eine personalvertretungsrechtliche Fachzeitschrift angesehen (BVerwG, Beschl. v. 29.6.1988 - 6 P 18.86 -, BVerwGE 79, 381). Bei Erläuterungswerken zu anderen Gesetzen und Normkomplexen steht eine entsprechende Klärung noch aus. Der VGH BW (Beschl. v. 20.6.1989 - 15 S 2123/88 -, PersR 1990, 183) und der Bayerische VGH (Beschl. v. 24.1.1990 - Nr. 18 P 89.03172 -, PersR 1990, 266) haben in - noch nicht rechtskräftigen Entscheidungen - festgestellt, daß je nach den Umständen des Einzelfalls auch Kommentare zum BAT und zum MTB Geschäftsbedarf des Personalrats sein können. Demgegenüber haben das OVG Münster (Beschl. v. 7.12.1987 - CB 37.85) und das OVG Lüneburg (Beschl. v. 17.5.1989 - 17 OVG B 9/88; vgl. auch Beschl. v. 14.9.1976 - P OVG B 10/76 -, PersV 1980, 109; vgl. ferner Pühler, PersV 1986, 441, 446) dies für den Regelfall verneint, weil eine hinreichende Erläuterung beamten- und tarifrechtlicher Begriffe, die in Mitbestimmungstatbeständen personalrechtlicher Art verwendet werden, bereits in dem dem Personalrat zur Verfügung stehenden Kommentar zum Personalvertretungsrecht enthalten ist und weil eine allgemeine Rechtsberatung der Bediensteten, wie sie offenbar auch der Antragsteller ausübt, nicht zu den Aufgaben des Personalrats gehört.

17

Im vorliegenden Fall bedarf diese Frage jedoch keiner Entscheidung. Denn es ist allgemein anerkannt, daß die Fachliteratur, die dem Personalrat gemäß § 52 Abs. 3 Nds. PersVG und den entsprechenden Vorschriften des Bundes- und Landesrechts als Geschäftsbedarf zur Verfügung zu stellen ist, für ihn nicht zum alleinigen Gebrauch beschafft werden muß. Schon der Kommentar zum Personalvertretungsrecht ebenso wie die personalvertretungsrechtliche Fachzeitschrift müssen ihm vielmehr nur zur Benutzung zur Verfügung stehen (BVerwG, a.a.O. S. 365; OVG Lüneburg, Beschl. v. 1.3.1966 - P OVG L 2/65 -, OVGE 22, 390). Dies gilt erst recht für die hier in Rede stehenden Kommentare zum Beamten- und Besoldungsrecht, die ohnehin nur für eine Gruppe von Bediensteten bedeutsam sind und vom Antragsteller nach seinem eigenen Vorbringen vor allem für deren Beratung benötigt werden. Eine zumutbare Benutzungsmöglichkeit ist hier für den Antragsteller gegeben, da der Beteiligte ihm angeboten hat, die beiden Kommentare bei Bedarf im Personalamt einzusehen oder auch befristet auszuleihen; dazu wird auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Der Antragsteller wird insoweit nicht schlechter behandelt als andere Ämter der Stadtverwaltung (z.B. das Rechtsamt), die bei Bedarf ebenfalls auf diese nur im Personalamt vorhandene Literatur zugreifen können. Die Mitbenutzung der Kommentare wird auch nicht durch die erforderlichen Wegezeiten in der Stadt unzumutbar behindert. Zwar ist das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang - aufgrund eines Mißverständnisses oder eines Schreibfehlers - zu Unrecht davon ausgegangen, daß neun Mitglieder des Antragstellers freigestellt seien; tatsächlich sind es jetzt nur drei. Diese Frage hat aber hier keine entscheidende Bedeutung; denn sollte diesen freigestellten Mitgliedern neben ihren sonstigen Aufgaben die notwendige Beschaffung der Fachliteratur aus dem Personalamt nicht möglich sein, so könnte diese Tätigkeit gemäß § 50 Abs. 2 S. 1 Nds. PersVG von anderen Mitgliedern des Antragstellers übernommen werden. Schließlich kann dem Antragsteller nicht in der Auffassung gefolgt werden, die Kosten der beiden mehrbändigen Kommentare seien hier so niedrig, daß sie aas Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel nicht berührten. Denn diese Kosten belaufen sich schon für das Grundwerk bei dem Kommentar von Kümmel auf 498,- DM, bei dem Kommentar von Kümmel/Pohl auf 360,- DM; die jährlichen Folgekosten für Ergänzungslieferungen liegen zwischen 600,- und 700,- bzw. 400,- und 500,- DM. Diese zusätzlichen Kosten sind so erheblich, daß eine Belastung des Beteiligten damit das Sparsamkeitsgebot verletzen würde und angesichts der schon vorhandenen Benutzungsmöglichkeit auch nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu den Erleichterungen stände, die mit eigenen Exemplaren der Kommentare für den Antragsteller verbunden wären.

18

Die Beschwerde war danach zurückzuweisen.

19

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.

Dr. Dembowski
Ladwig
Schwermer
Kindervater
Knies