Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.12.1990, Az.: 18 L 33/89

Mitbestimmung bei der Umsetzung einer Arbeitszeitverkürzung; Beteiligung am Beschlussverfahren aufgrund materiellen Rechts; Landesministerium als Dienststelle im Sinne des Personalvertretungsrechts; Mitbestimmungsrechte bei Kabinettsbeschlüssen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.12.1990
Aktenzeichen
18 L 33/89
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1990, 17210
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1990:1219.18L33.89.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 24.08.1989 - AZ: PL A 20/89

Verfahrensgegenstand

Mitbestimmung bei der Regelung der täglichen Arbeitszeit

Redaktioneller Leitsatz

Das Landesministerium selbst ist als Verfassungsorgan keine Dienststelle, der vom Gesetz personalvertretungsrechtliche Rechtspositionen und Pflichten zugewiesen sind, die durch eine gerichtliche Entscheidung materiell betroffen werden können.

In der Personalvertretungssache
hat der 18. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Niedersachsen - des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein
auf die mündliche Anhörung vom 19. Dezember 1990
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski,
die Richter am Oberverwaltungsgericht Ladwig und Schwermer sowie
die ehrenamtlichen Richter Kindervater und Knies
beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover - Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen in Hildesheim - vom 24. August 1989 geändert, soweit er dem Antrag des Antragstellers stattgegeben hat.

Der Antrag wird in vollem Umfang abgelehnt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller erstrebt die Feststellung, daß bei der Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung sein Mitbestimmungsrecht verletzt worden ist.

2

Am 12. April 1988 beschloß das Landesministerium, das in den Tarifverhandlungen des Jahres 1988 für die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes erzielte Ergebnis, die Arbeitszeit ab 1. April 1989 von 40 auf 39 Stunden und ab 1. April 1990 von 39 auf 38,5 Stunden zu verkürzen, auch für die Landesbeamten zu übernehmen. Zur Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung erließ es am 17. März 1989 die 4. Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten (Nieders. GVBl. S. 63). Ferner änderte das Landesministerium mit Beschluß vom 14. März 1989 seinen Beschluß über die Arbeitszeit in der niedersächsischen Landesverwaltung vom 13. November 1973 (Nds.MBl. S. 1614), geändert durch Beschluß vom 3. Dezember 1985 (Nds.MBl. S. 1060) im Hinblick auf die verkürzte Arbeitszeit in mehreren Punkten; auf die Einzelheiten des am 1. April 1989 in Kraft getretenen Beschlusses wird Bezug genommen.

3

Vor Erlaß dieser Regelungen hatte das federführende Ministerium des Innern in einem Beteiligungsverfahren nach § 104 NBG dem Deutschen Gewerkschaftsbund - Landesbezirk Niedersachsen -, dem Deutschen Beamtenbund - Landesbund Niedersachsen - und der DAG Gelegenheit gegeben, zu den Entwürfen Stellung zu nehmen. Von einer Beteiligung der Personalvertretungen nach dem Nds. PersVG sah es ab, weil es der Auffassung war, die vom Landesministerium geplante Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung unterliege nicht der Mitbestimmung des Personalrates gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds.PersVG. Vielmehr handele es sich hierbei um die Änderung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse, bei der nach § 104 NBG die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und der Berufsverbände im Lande zu beteiligen seien mit der Folge, daß nach § 67 a Abs. 1 Satz 2 Nds.PersVG eine Beteiligung der Personalvertretungen nicht zu erfolgen habe.

4

Der Antragsteller hat daraufhin am 21. April 1989 das Verwaltungsgericht angerufen und geltend gemacht: Sein Mitbestimmungsrecht aus § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds.PersVG sei verletzt; das Beteiligungsverfahren nach § 104 NBG habe personalvertretungsrechtlich keine Relevanz. Auch die Regelung des § 67 a Nds.PersVG könne das in § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds.PersVG geregelte Mitbestimmungsrecht nicht verdrängen.

5

Der Antragsteller hat beantragt,

  1. 1.

    festzustellen, daß der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 (Nds.MBl. S. 264) hinsichtlich der unter I und III getroffenen Regelungen sein Mitbestimmungsrecht verletzt,

  2. 2.

    festzustellen, daß das Verhalten des Beteiligten, ihn - den Antragsteller - am Mitbestimmungsverfahren bezüglich der Verkürzung der Arbeitszeit nicht zu beteiligen, sein Mitbestimmungsrecht verletzt.

6

Der Beteiligte hat beantragt,

den Antrag abzulehnen,

7

und erwidert: Ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers komme nicht in Betracht, weil die einzelnen Dienststellen Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit zu regeln hätten. Er beabsichtige nicht, diese Befugnis an sich zu ziehen. Soweit die Beteiligung am Beschluß des Landesministeriums als unzureichend gerügt werde, mache er sich die Auffassung des Niedersächsischen Ministers des Innern zu eigen, die dieser im Verfahren PL A 10/89 unter dem 5. April 1989 geäußert habe.

8

Mit Beschluß vom 24. August 1989 hat das Verwaltungsgericht dem Antrag zu 1) stattgegeben und den Antrag zu 2) abgelehnt, im wesentlichen aus folgenden Gründen:

9

Der Antragsteller hätte förmlich beteiligt werden müssen, weil der Beschluß des Landesministeriums - entgegen seinem Wortlaut und seiner Zielsetzung - faktisch unmittelbare Wirkungen für die Landessteuerverwaltung gehabt habe. Er stelle eine Regelung über Dauer, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit im Sinne des § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds.PersVG mit faktisch landesweiter Verbindlichkeit zum 1. April 1989 dar, weil er nur wenige Tage vor seinem Inkrafttreten und damit so spät getroffen wurde, daß seine Umsetzung nur durch vorläufige Regelungen nach § 73 Abs. 7 in Verbindung mit § 71 Abs. 5 Nds.PersVG, also unter vorübergehender Ausschaltung der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung, möglich gewesen sei. Da das Landesministerium bereits am 12. April 1988 beschlossen habe, das in den Tarifverhandlungen des Jahres 1988 erzielte Ergebnis der Arbeitszeitverkürzung auch für die Landesbeamten zu übernehmen, habe kein Zweifel darüber bestehen können, bis zu welchem Zeitpunkt die notwendigen Entscheidungen unter Wahrung der einschlägigen Rechtsvorschriften getroffen sein mußten. Als abzusehen gewesen sei, daß die bis zum 1. April 1989 verbleibende Zeit für die Durchführung ordnungsgemäßer Mitbestimmungsverfahren in jeder betroffenen Dienststelle nicht mehr ausreichen würde, habe es dem federführenden Ministerium des Innern oblegen, die Stufenvertretungen der obersten Dienstbehörden gemäß § 82 Abs. 2 Nds. PersVG förmlich zu beteiligen und deren Stellungnahmen dem Landesministerium vor dessen Beschlußfassung am 14. März 1989 mitzuteilen. Da dies unterblieben sei, verletze der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers, soweit er die zum 1. April 1989 in Kraft getretenen Regelungen betreffe. Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf Mitbestimmung habe der Antragsteller jedoch nicht, weil die Abschnitte I und III des Beschlusses des Landesministeriums keine für alle Landesbehörden rechtlich unmittelbar wirksame Neuregelung der Arbeitszeit darstellten. Der Beschluß treffe keine organisatorische Entscheidung, die die bisherigen Arbeitszeitordnungen der einzelnen Dienststellen des Landes unmittelbar verändere. Er enthalte vielmehr verbindliche Weisungen an die nachgeordneten Dienststellen des Landes, nach welchen Grundsätzen bei der Einzelumsetzung der Arbeitszeitverkürzung zu verfahren sei. Dies folge vor allem daraus, daß die Nr. 1 Satz 1 des ursprünglichen Beschlusses des Landesministeriums vom 13. November 1973 unverändert geblieben sei. Danach regelten (nach wie vor) die Dienststellen Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen. Nr. 1 Satz 3 des Beschlusses vom 14. November 1973 in der ab 1. April 1989 gültigen Fassung (I Nr. 1 des Beschlusses v. 14.3.1989), wonach die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (nur noch) "möglichst" gleichmäßig auf die Tage von Montag bis Freitag zu verteilen sei, soweit dienstliche Gründe nicht eine andere Verteilung erforderten, erweitere sogar im Vergleich zu seiner bisherigen strikten Fassung ("ist ... gleichmäßig ... zu verteilen") den Handlungsspielraum der einzelnen Dienststelle. Nr. 2.3 Satz 1 des Änderungsbeschlusses vom 3. Dezember 1985 sei durch den Beschluß vom 14. März 1989 (I Nr. 2) ferner nur insoweit verändert worden, als bei Teilzeitbeschäftigung die "ermäßigte" wöchentliche Arbeitszeit ungleichmäßig auf die Arbeitstage der Wochen verteilt werden könne, sofern nicht dringende dienstliche Gründe es verböten (statt: "sofern die dienstlichen Verhältnisse es zulassen"). Abgesehen von weiteren geringfügigen Änderungen redaktioneller Art (vgl. I Nr. 3 des Beschlusses v. 14.3.1989) sei in I Nr. 4 und II des Beschlusses vom 14. März 1989 vorgesehen, das Muster für die Festsetzung der gleitenden Arbeitszeit den veränderten Umständen zum 1. April 1989 bzw. 1. April 1990 anzupassen. Dieses Muster und die darin enthaltenen Regelungen seien zwar "verbindlich" (vgl. 3.2 Satz 1 des Beschlusses v. 13.11.1973 in der zum 1.4.1989 gültigen Fassung). Die obersten Dienstbehörden könnten jedoch für die ihrer Dienstaufsicht unterstehenden Dienststellen vom Muster abweichende Regelungen über den Beginn und das Ende der Kernzeit sowie über ein späteres Ende der Gleitzeit treffen (Nr. 3.2 Satz 2 des Beschlusses v. 13.11.1973 in der zum 1.4.1989 gültigen Fassung). Außerdem könnten die obersten Dienstbehörden allgemeine Regelungen treffen, soweit das verbindliche Muster dafür Raum lasse (Nr. 3.2 Satz 4 des Beschl. v. 13.11.1973 in der zum 1.4.1989 gültigen Fassung). Im übrigen bedürfe es auch hinsichtlich der Regelung der gleitenden Arbeitszeit im Einzelfall der konkreten Umsetzung der jeweiligen Dienststelle, wobei der örtliche Personalrat gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds.PersVG mitzubestimmen habe (vgl. Nr. 1 Satz 2 des Musters). Eine unmittelbare Regelung der gleitenden Arbeitszeit sei deshalb in I Nr. 4 und II des Beschlusses vom 14. März 1989 nicht getroffen worden. Das gleiche gelte für die bei fester Arbeitszeit getroffene Regelung in III des Beschlusses. Auch insoweit fehle es an einer unmittelbaren Regelung mitbestimmungspflichtiger Tatbestände. Denn auch bei fester Arbeitszeit habe die Regelung der Dauer der täglichen Arbeitszeit im Rahmen der Nr. 1 des Beschlusses des Landesministeriums vom 14. November 1973 in der zum 1. April 1989 gültigen Fassung zu erfolgen. Nach deren Satz 3 sei die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit möglichst gleichmäßig auf die Tage von Montag bis Freitag zu verteilen, soweit dienstliche Gründe nicht eine andere Verteilung erforderten. Diese Bestimmung lasse es demnach zu, von der Regelung unter III abzuweichen und eine andere als die vorgeschlagene Verkürzung der Dauer der täglichen Arbeitszeit vorzunehmen. Aus alledem folge, daß der Beschluß vom 14. März 1989 keine Regelungen enthalte, die im Rechtssinne unmittelbar wirkten und ein weiteres Handeln der nachgeordneten Dienststellen erübrigten. Vielmehr belasse er ihnen die Möglichkeit, bei der Einzelumsetzung der Arbeitszeitverkürzung abweichende Regelungen zu treffen. Daraus ergebe sich gleichzeitig, daß der Antrag zu 2) erfolglos bleiben müsse. Solange der Beteiligte keine eigene Entscheidung zur Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung in der niedersächsischen Steuerverwaltung treffe, könne der Antragsteller keine förmliche Beteiligung beanspruchen. Denn erst mit der konkreten Absicht, eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme zu erlassen, beginne das Mitbestimmungsverfahren nach § 72 Abs. 2 Nds.PersVG. Das Unterlassen einer Maßnahme bedürfe nicht der Zustimmung der Personalvertretung. Soweit der Beteiligte also unter Verzicht auf eine eigene Maßnahme zur Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung die Regelung von Dauer, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit den einzelnen Dienststellen überlasse, sei kein Mitbestimmungsverfahren eingeleitet, an dem der Antragsteller zu beteiligen wäre.

10

Gegen den ihm am 29. September 1989 zugestellten Beschluß richtet sich die am 20. Oktober 1989 eingelegte und am 17. November 1989 begründete Beschwerde des Beteiligten, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft und insbesondere geltend macht:

11

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts treffe schon im Ansatz nicht zu, weil es für die Abgrenzung zwischen den Beteiligungen nach § 67 a oder § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds.PersVG ausschließlich auf die rechtlich unmittelbare Wirkung der Maßnahme ankomme. Im übrigen habe die kurze Zeitspanne zwischen der Veröffentlichung des Beschlusses vom 14. März 1989 und seinem Inkrafttreten auch faktisch nicht zu dessen unmittelbarer Wirkung für die nachgeordneten Dienststellen geführt. Selbst bei Annahme der Unzulässigkeit vorläufiger Regelungen könnten hier jedenfalls nicht Mitbestimmungsrechte des Antragstellers verletzt sein, weil dieser an der jeweiligen Einzelumsetzung der Arbeitszeitverkürzung nicht beteiligt sei. Maßgebend sei die Rechtsnatur des Beschlusses vom 14. März 1989 als Verwaltungsanordnung i.S. von § 67 a Nds.PersVG, bei der es kein Mitbestimmungsverfahren gebe und damit eine Verletzung entsprechender Rechte des Antragstellers ausscheide. Insbesondere sei bei einer Verwaltungsanordnung auch nicht vorgesehen, rechtzeitig vorher die Stufenvertretungen der obersten Dienstbehörden gemäß § 82 Abs. 2 Nds. PersVG förmlich zu beteiligen und deren Stellungnahmen dem Landesministerium vor dessen Beschlußfassung mitzuteilen.

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Der Beteiligte beantragt,

den angefochtenen Beschluß, soweit die Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Antragstellers festgestellt worden ist, zu ändern und den Antrag auch insoweit abzulehnen.

13

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen,

14

hilfsweise,

sie als unbegründet zurückzuweisen.

15

Er macht dazu geltend, der angefochtene Beschluß entfalte keine Rechtswirkungen, weil er über ein Verhalten des Landesministeriums urteile, das nicht am Verfahren beteiligt worden sei. Er beschwere deshalb auch nicht das am Verfahren beteiligte Finanzministerium, so daß dessen Beschwerde unzulässig sei. In der Sache treffe der angefochtene Beschluß im Ergebnis deshalb zu, weil der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 unmittelbar gewirkt und in unzulässiger Weise in das Dienstrecht der betroffenen Bediensteten eingegriffen habe.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, Bezug genommen.

17

II.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nur noch die dem erstinstanzlichen Antrag zu 1) entsprechende, vom Beteiligten angegriffene Feststellung des Verwaltungsgerichts, daß der Beschluß des Landesministeriums das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt. Soweit das Verwaltungsgericht den Antrag zu 2) abgelehnt hat, ist der Beschluß rechtskräftig, weil der insoweit beschwerte Antragsteller dagegen nicht Beschwerde eingelegt hat.

18

1.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht zu Recht an diesem Verfahren das Landesministerium nicht beteiligt. Soweit der Antragsteller im Hinblick darauf eine Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht angeregt hat, kommt eine solche von vornherein nicht in Betracht, weil sie durch § 91 Abs. 1 Satz 2 ArbGG im Beschlußverfahren ausdrücklich ausgeschlossen ist. Die Nichtbeteiligung des Landesministeriums entspricht aber auch dem Gesetz.

19

Nach einhelliger Ansicht setzt die Beteiligung am Beschlußverfahren voraus, daß eine aus dem materiellen Recht sich ergebende Position einer Person oder Stelle durch die Entscheidung unmittelbar berührt wird (BVerwG, Beschl. v. 15.12.1978, a.a.O.; Fischer/Goeres, GKÖD, Bd. V Anh. 1 zu § 83, RN 19 ff.; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 83 RN 67 ff.; Ballerstedt/Schleicher/Faber/Eckinger, Bay.PersVG, Ant. 81 RN 102 ff. m.Nachw.). Die Beteiligung wird nicht durch einen Akt des Gerichts begründet, sondern ergibt sich unmittelbar aus dem materiellen Recht. Eine Stelle wird danach nicht schon deshalb Beteiligter am Beschlußverfahren, weil der Antragsteller sie unzutreffend als solchen bezeichnet und das Gericht sie zum Verfahren hinzuzieht. Die in jedem Stadium von Amts wegen zu prüfende Stellung als Verfahrensbeteiligter erfordert vielmehr, daß die jeweilige Person oder Stelle durch den mit den Anträgen festgelegten Verfahrensgegenstand unmittelbar in einer ihr personalvertretungsrechtlich eingeräumten Stellung berührt wird. Das ist bei dem Landesministerium hier nicht der Fall, weil es nach dem materiellen Recht in personalvertretungsrechtlichen Rechtspositionen nicht betroffen sein kann.

20

Das Landesministerium ist gemäß Art. 28 Abs. 2 LV die Landesregierung in ihrer Gesamtheit. Es besteht aus dem Ministerpräsidenten und den Ministern (Art. 19 Abs. 1 LV) und ist damit ein kollegiales Verfassungsorgan, dessen Kompetenzen sich aus der Verfassung ergeben. Dieses - auch als Kabinett bezeichnete - Verfassungsorgan ist jedoch gemäß § 3 Abs. 1 NBG keine oberste Dienstbehörde im dienstrechtlichen Sinne; dies ist vielmehr für die Bediensteten der Landesverwaltung der jeweilige Ressortminister, zu dessen Geschäftsbereich die betreffende Behörde gehört (vgl. im einzelnen Kümmel, NBG § 3 Anm. 2). Ebenso sind im personalvertretungsrechtlichen Sinne oberste Dienstbehörden im staatlichen Bereich nur der Ministerpräsident, die Minister, der Präsident des Landtags und der Präsident des Landesrechnungshofs, nicht dagegen das Landesministerium als Kollegium (Engelhard/Ballerstedt, PersVG 3. Aufl. § 6 RN 10; a.A. Spohn, Nds.PersVG, 4. Aufl. § 6 Anm. 2). Da das Kabinett keine Dienstelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne ist, besteht bei ihm auch keine Personalvertretung. Es kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, inwieweit eine Beteiligung einer Personalvertretung an Kabinettsentscheidungen schon aufgrund verfassungsrechtlicher und rahmenrechtlicher Vorgaben (§ 104 Satz 3 BPersVG) ausgeschlossen ist (dazu für Personalmaßnahmen BVerwG, Beschl. v. 18.10.1963, BVerwGE 17, 43 = PersV 1964, 13; Beschl. v. 1.10.1965 - VII P 8/64 -, ZBR 1966, 51 [BVerwG 01.10.1965 - BVerwG VII P 8.64] m.Anm. Möllerring; allgemein VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 8.5.1990 - 15 S 2410/89 -, PR 1990, 373 u. 3130/89 -). Ebensowenig bedarf hier die vom Verwaltungsgerichtshof Bad.-Württ. (a.a.O.) erörterte Frage einer näheren Prüfung, ob es sich bei der Beteiligungsfreiheit von Maßnahmen der Landesregierung um eine echte Regelungslücke handelt. Denn im Gegensatz zur Rechtslage in Baden-Württemberg ergibt sich für das niedersächsische Personalvertretungsrecht aus § 82 Abs. 2 Nds.PersVG eindeutig, daß das - schon durch den dienststellenbezogenen Aufbau der Personalvertretungen und die damit verbundene partnerschaftliche Zuordnung von Dienststelle und Personalvertretung bedingte - Fehlen einer Beteiligung an den Kabinettsentscheidungen selbst vom Gesetz gewollt ist. Nach dieser besonderen Regelung beteiligt in den Fällen, in denen das Landesministerium entscheidet, die oberste Dienstbehörde, deren Geschäftsbereich diese Entscheidung betrifft, vorher ihre Stufenvertretung. Handelt es sich, wie im vorliegenden Fall, um eine soziale oder sonstige Maßnahme, die den Geschäftsbereich mehrerer oberster Dienstbehörden betrifft, so beteiligen diese ihre Stufenvertretungen und teilen das Ergebnis der federführenden obersten Dienstbehörde mit, die die Entscheidung des Landesministeriums herbeiführt. § 82 Abs. 2 Satz 2 ff. weist damit in Abweichung vom Partnerschaftsprinzip die personalvertretungsrechtliche Beteiligung an Kabinettsentscheidungen ersatzweise im Vorbereitungsstadium anderen Personalvertretungen zu, um nicht der Sache nach beteiligungspflichtige Angelegenheiten insoweit in vollem Umfang frei von jeder Beteiligung zu lassen, was ohne diese ausdrückliche Regelung der Fall wäre (Engelhard/Ballerstedt/Schleicher/Faber/Eckinger a.a.O., Art. 75 RN 6 a). Die Sonderregelung des § 82 Abs. 2 Satz 2 ff Nds.PersVG bestätigt damit aber zugleich den Grundsatz, daß das Landesministerium selbst als Verfassungsorgan keine Dienststelle ist, der vom Gesetz personalvertretungsrechtliche Rechtspositionen und Pflichten zugewiesen sind, die durch eine gerichtliche Entscheidung materiell betroffen werden können. Es hat nach dem hier maßgebenden materiellen Recht keine personalvertretungsrechtliche Rechtstellung, in der es unmittelbar berührt sein könnte, weil es auch dem Antragsteller gegenüber weder personalvertretungsrechtliche Befugnisse auszuüben noch personalvertretungsrechtliche Pflichten zu erfüllen hätte. Seine Beteiligung kommt hier deshalb ebensowenig in Betracht wie die Beteiligung einer übergeordneten Dienststelle, wenn der Personalrat die Erfüllung bestimmter Pflichten seitens einer nachgeordneten Dienststelle fordert, mag diese auch auf deren Weisung gehandelt haben (BVerwG, Beschl. v. 15.12.1978, a.a.O.; Lorenzen/Haas/Schmitt, a.a.O., § 83 RN 69). Mit dieser Beurteilung stimmt überein, daß auch in vergleichbaren Fällen, in denen das jeweilige Landeskabinett Beschlüsse hinsichtlich der Arbeitszeit in der Landesverwaltung gefaßt hat, in den darauf bezogenen Beschlußverfahren eine Beteiligung des Kabinetts (Ministerrats, Staatsministeriums) nicht in Betracht gezogen worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.5.1981 - 6 P 35.79 -, Buchholz 238.38 § 60 RhPfPersVG Nr. 1 zur Dienstbefreiung an Feiertagen und Fastnacht; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 8.5.1990 a.a.O. zur Arbeitszeitverkürzung).

21

2.

Die Beschwerde des Beteiligten ist entgegen der Ansicht des Antragstellers zulässig. Insbesondere fehlt dem Beteiligten nicht die erforderliche Beschwer. Eine solche liegt vor, wenn der Beschluß hinter dem vom Beschwerdeführer in erster Instanz gestellten Antrag zurückbleibt (Grunsky, ArbGG, 5. Aufl. § 87 RN 7 m.Nachw.). Das ist hier der Fall, weil der Beteiligte die Ablehnung der Anträge des Antragstellers in vollem Umfang beantragt hatte, das Verwaltungsgericht diesem Begehren aber nur teilweise entsprochen hat. Im übrigen ergibt sich für den Beteiligten eine Beschwer auch aus dem Inhalt des Beschlusses; weil das Verwaltungsgericht zwar nicht im Tenor, aber in den Gründen tragend darauf abgestellt hat, daß auch der Beteiligte als oberste Dienstbehörde den Antragsteller vor dem Beschluß des Landesministeriums hätte beteiligen müssen.

22

3.

Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet. Der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 hat ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nicht verletzt.

23

Das Verwaltungsgericht hat ein solches Mitbestimmungsrecht aus § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds.PersVG hier mit der Begründung bejaht, der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 sei entgegen seinem Wortlaut und seiner Zielsetzung aufgrund des späten Zeitpunktes der Beschlußfassung und Veröffentlichung faktisch eine unmittelbare Regelung der Arbeitszeit in der Landessteuerverwaltung gewesen. Dem kann schon im Ansatz nicht zugestimmt werden. Denn selbst wenn der Kabinettsbeschluß sogar - was das Verwaltungsgericht zutreffend verneint - eine rechtlich unmittelbar verbindliche Arbeitszeitregelung für die gesamte Landessteuerverwaltung enthalten hätte, würde das aus den unter 1) dargelegten Gründen kein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers daran begründen. Kabinettsbeschlüsse sind als solche, wie durch § 82 Abs. 2 Satz 2 ff. Nds.PersVG bestätigt wird, nicht einer personalvertretungsrechtlichen Beteiligung unterworfen. Dann ist aber auch kein Raum für die Annahme einer "faktisch unmittelbaren Wirkung" des Kabinettsbeschlusses und einer daraus hergeleiteten Verletzung von Mitbestimmungsrechten. Denn Kabinettsbeschlüsse sind nicht nur hinsichtlich ihres Inhalts, sondern ebenso hinsichtlich ihres Zeitpunktes der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung entzogen. Wird bei einer mitbestimmungspflichtigen Umsetzung von Kabinettsbeschlüssen aus Zeitgründen das Mitbestimmungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt, so kommt allein eine Verletzung von Rechten der dort jeweils zuständigen Personalvertretungen durch diese fehlerhafte Umsetzung oder ggf. durch eine den §§ 73 Abs. 7 i.V.m. 71 Abs. 5 Nds.PersVG nicht entsprechende vorläufige Regelung in Betracht, die indessen nicht Gegenstand dieses Verfahrens sind.

24

Ebensowenig ist Gegenstand des Verfahrens, ob der Beteiligte den Antragsteller vor dem Beschluß des Landesministeriums gemäß § 82 Abs. 2 Satz 3 Nds.PersVG hätte beteiligen müssen. Denn aufgrund der rechtskräftigen Ablehnung des Antrags zu 2) geht es hier nur noch um die Frage einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Antragstellers durch den Beschluß des Landesministeriums selbst. Im übrigen ließe sich aber auch aus § 82 Abs. 2 Nds.PersVG hier eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Antragstellers nicht herleiten, weil der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 i.S. dieser Vorschrift noch keine "Entscheidung" über den mitbestimmungspflichtigen Gegenstand Lage der Arbeitszeit darstellte. Denn der Beschluß setzte zwar einen verbindlichen Rahmen und bestimmte Vorgaben über die verkürzte Arbeitszeit, enthielt selbst aber noch keine unmittelbar verbindliche konkrete Regelung über die Lage der Arbeitszeit in den einzelnen Dienststellen. Insoweit wird auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Insbesondere ließ der Änderungsbeschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 Nr. 1 Satz 1 seines ursprünglichen Beschlusses vom 13. November 1973 unberührt, nach der die Dienststellen selbst Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen regeln; der Handlungsspielraum der einzelnen Dienststelle wurde durch den Änderungsbeschluß vom 14. März 1989 sogar noch erweitert. Im Geschäftsbereich des Beteiligten ist denn auch im Anschluß an den Kabinettsbeschluß vom 14. März 1989 keine verbindliche Arbeitszeitregelung für die gesamte Steuerverwaltung getroffen worden. Die Umsetzung des Kabinettsbeschlusses wurde vielmehr von der jeweiligen örtlichen Dienststelle vorgenommen; für das Ministerium selbst wurde die neue Arbeitszeit ab 1. April 1989 mit Zustimmung des Personalrats durch den Hauserlaß vom 31. März 1989 geregelt.

25

Auf die Beschwerde des Beteiligten war danach der angefochtene Beschluß, soweit er dem Antrag des Antragstellers stattgegeben hat, zu ändern und dieser Antrag in vollem Umfang abzulehnen.

26

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.

Dr. Dembowski Richter am Oberverwaltungsgericht Ladwig ist an der Unterschrift gehindert, weil er inzwischen an das Verwaltungsgericht Stade versetzt worden ist. Dr. Dembowski
Schwermer
Kindervater
Knies