Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.12.1990, Az.: 18 L 23/89
Einstellung eines Krankenpflegers; Zustimmung zur Übertragung der Tätigkeit einer Hauptwache auf einen Krankenpfleger; Zustimmung zur Höhergruppierung eines Krankenpflegers; Recht der Personalvertretung, die Eignungsbeurteilung der Dienststelle im Rahmen einer Auswahlentscheidung durch eine eigene Beurteilung zu ersetzen; Zustimmungsverweigerung der Personalvertretung unter Eignungsgesichtspunkten
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 19.12.1990
- Aktenzeichen
- 18 L 23/89
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1990, 19242
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1990:1219.18L23.89.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 27.04.1989 - AZ: PL VG 30/87
Rechtsgrundlage
Verfahrensgegenstand
Einstellung eines Krankenpflegers
In der Personalvertretungssache
hat der 18. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Niedersachsen - des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein
am 19. Dezember 1990
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski,
die Richter am Oberverwaltungsgericht Ladwig und Schwermer sowie
die ehrenamtlichen Richter Kindervater und Knies
ohne mündliche Verhandlung
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover - Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen in Hildesheim - vom 27. April 1989 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Mit Schreiben vom 24. April 1987 beantragte der Beteiligte, der Rektor der Medizinischen Hochschulen ... beim Antragsteller, dem Personalrat der Medizinischen Hochschule, die Zustimmung zur Übertragung der Tätigkeit einer Hauptwache auf den Krankenpfleger ... sowie zu dessen Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe KR VI Fallgruppe I. Der Antragsteller lehnte die Zustimmung mit Schreiben vom 8. Mai 1987 ab: Seit dem 1. April 1987 sei der Krankenpfleger ... der sich ebenfalls beworben habe, vertretungsweise als Hauptnachtwache eingesetzt worden; er habe sich außergewöhnlich schnell und fachlich gut in die neue Aufgabe eingefunden; eine erforderliche Einarbeitung von Herrn ... führe zudem zu einer nicht vertretbaren und unnötigen Belastung der übrigen drei Pflegekräfte und zur weiteren Anordnung von überstunden. Ausweislich eines Vermerks der Pflegedienstleitung vom 18. Mai 1987 wurde der vertretungsweise als Hauptwache eingesetzte Krankenpfleger ... in Nächten eingearbeitet; während der Einarbeitungszeit begleite die einzuarbeitende Kraft die Hauptnachtwache; deshalb sei in dieser Phase eine gleiche Dienstzeit erforderlich; dementsprechend könnten überstunden zum Zwecke der Einarbeitung anfallen.
Da die Pflegedienstleitung auf der Aufgabenübertragung an Herrn ... bestand, ersuchte der Beteiligte den Antragsteller mit Datum vom 22. Mai 1987 erneut um Zustimmung, die dieser mit Schreiben vom 27./29. Mai 1987 wiederum ablehnte.
Mit Wirkung zum 1. Juli 1987 führte der Beteiligte die geplante Personalmaßnahme durch, wovon er den Antragsteller mit Schreiben vom folgenden Tage in Kenntnis setzte.
Am 26. November 1987 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren mit dem Antrag eingeleitet,
festzustellen, daß seine Zustimmung zu der vom Beteiligten am 1. Juli 1987 vorgenommenen Übertragung der Arbeitsaufgabe einer Hauptnachtwache in der Abteilung Krankenpflegedienst sowie der Eingruppierung in die Vergütungsgruppe KR VI/1 an den Krankenpfleger ... nicht als erteilt gilt.
Die Fachkammer hat den Antrag mit Beschluß vom 27. April 1989 abgelehnt, im wesentlichen mit folgender Begründung: Der Antrag sei unbegründet, weil die in Rede stehende Zustimmung des Antragstellers kraft der Fiktion des § 72 Abs. 2 Satz 6 Nds.PersVG als erteilt gelte; die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers sei nämlich unbeachtlich, weil die angeführten Weigerungsgründe offensichtlich vom Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nicht gedeckt seien. Die Personalvertretung habe insbesondere kein Recht, die Eignungsbeurteilung der Dienststelle im Rahmen einer Auswahlentscheidung durch eine eigene Beurteilung zu ersetzen; deshalb habe der Antragsteller hier nicht die Befugnis gehabt, anstelle des von dem Beteiligten ausgewählten Bewerbers ... den Mitbewerber ... zu benennen. Eine Zustimmungsverweigerung habe ebensowenig mit dem Argument ausgesprochen werden dürfen, bei der Übertragung der Stelle an Herrn ... müsse dieser neu eingearbeitet werden, was die Anordnung von überstunden notwendig mache. Zwar habe der Antragsteller bei der Anordnung von Überstunden ein Mitbestimmungsrecht (§ 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Nds.PersVG). Wegen des Umfangs einer erforderlichen Einarbeitung habe dieser Gesichtspunkt im vorliegenden Fall in einer Krankenanstalt von der Größe der Medizinischen Hochschule ... jedoch nur sehr geringe kollektive Relevanz, die den Personalrat nicht befuge, mit darauf gestützter Begründung der Höhergruppierung eines Angestellten zu widersprechen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Beschlusses der Fachkammer verwiesen.
Gegen den ihm am 15. Juni 1989 zugestellten Beschluß hat der Antragsteller am 14. Juli 1989 Beschwerde eingelegt, die er gleichzeitig begründet hat. Er vertieft seine bereits im ersten Rechtszug vertretene Auffassung, daß der Beteiligte seine Zustimmungsverweigerung nicht als unbeachtlich habe, ansehen dürfe; das gelte insbesondere im Hinblick darauf, daß er - der Antragsteller - seine Weigerung auch damit begründet habe, daß im Falle der Übertragung der Stelle an Herrn ... eine Einarbeitung erforderlich werde, die die Anordnung von Überstunden nach sich ziehe.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluß zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt die Entscheidung der Fachkammer.
Die Verfahrensbeteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten entscheidet der Senat über die Beschwerde des Antragstellers ohne mündliche Verhandlung (§ 85 Abs. 2 Nds.PersVG i.V.m. §§ 90 Abs. 2, 83 Abs. 4 Satz 3 ArbGG). Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, daß die Zustimmung des Antragstellers zur Übertragung der Stelle einer Hauptnachtwache an den Krankenpfleger ... und zu dessen Höhergruppierung nach den Fallumständen gemäß § 72 Abs. 2 Satz 6 Nds.PersVG als erteilt gilt.
Die Fachkammer hat zutreffend dargelegt, daß die Personalvertretung die Eignungsbeurteilung der Dienststelle bei der Einstellung und Höhergruppierung von Angestellten nur eingeschränkt überprüfen darf und darum eine Zustimmungsverweigerung unter Eignungsgesichtspunkten, die diese Grenzen der Nachprüfbarkeit offensichtlich nicht beachtet, den Dienststellenleiter zur Einleitung des Einigungsverfahrens nicht verpflichtet. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. Urteil vom 20. Juni 1986 - BVerwG 6 P 4.83 - DVBl. 1986, 952 ff.) und des Senats (vgl. etwa Beschlüsse vom 19. August 1987 - 18 OVG L 17/86 - und vom 21. März 1990 - 18 OVG L 12/88 -). Insbesondere ist hiernach die Personalvertretung wegen des dem Dienststellenleiter zuzubilligenden weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraums bei Personalmaßnahmen - wie der angefochtene Beschluß zu Recht betont - nicht befugt, die einer Auswahlentscheidung zugrunde liegende Eignungsbeurteilung durch eine eigene Einschätzung zu ersetzen. Nur dies hat der Antragsteller hier aber getan, indem er die Ablehnung seiner Zustimmung ausschließlich darauf gestützt hat, die Stelle der Hauptnachtwache müsse an den Mitbewerber ... übertragen werden. Nicht zugestimrot werden kann in diesem Zusammenhang der Erwägung des Verwaltungsgerichts, die Weigerungsbegründung sei im Blick auf § 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Nds.PersVG im Ausgangspunkt insoweit nicht mitbestimmungsfremd, als der Antragsteller für seine Ablehnung geltend gemacht habe, bei einer Übertragung der Stelle an Herr ... müsse dieser eingearbeitet werden, was zur Anordnung von überstunden führen werde. Ob bei der Übertragung einer Stelle die Einarbeitung eines Bewerbers erforderlich wird oder nicht, hat die Dienststelle als Aspekt der Eignung im Rahmen der Auswahlentscheidung zwischen mehreren Bewerbern mitzubedenken. Auch dieser. Eignungsbeurteilung kann die Personalvertretung auf der Stufe der Mitbestimmung bei der Personalmaßnahme nicht etwa unter Hinweis auf ihr Mitbestimmungsrecht bei der Anordnung von überstunden entgegentreten. Die Mitbestimmung nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Nds.PersVG setzt vielmehr erst ein, wenn sich nach Durchführung der Personalmaßnahme tatsächlich die Notwendigkeit herausstellt, Überstunden anzuordnen.
Da hiernach die Begründung des Antragstellers für seine Zustimmungsverweigerungen in vollem Umfang offensichtlich von Mitbestimmungsrechten nicht getragen war, durfte der Beteiligte die Weigerungen als unbeachtlich ansehen. Daher muß es bei der Ablehnung des Feststellungsantrags bleiben und ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.
Dr. Dembowski
Schwermer
Kindervater
Knies