Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.12.1990, Az.: 18 L 26/89

Anspruch auf Änderung eines Beschlusses über die Arbeitszeit in der niedersächsischen Landesverwaltung; Mitbestimmung des Personalrates bei der Umsetzung einer Arbeitszeitverkürzung; Beschwerdebefugnis eines zu Unrecht Beteiligten im personalvertretungsrechtlichen Verfahren ; Landesministerium als Dienststelle

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.12.1990
Aktenzeichen
18 L 26/89
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1990, 17231
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1990:1219.18L26.89.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 22.06.1989 - AZ: PL A 10/89
VG Hannover - 22.06.1989 - AZ: PL A 23/89

Verfahrensgegenstand

Mitbestimmung bei der Änderung der Arbeitszeit in der niedersächsischen Landesverwaltung

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Auch ein zu Unrecht Beteiligter ist im personalvertretungsrechtlichen Verfahren aber dann beschwerdebefugt, wenn ihm der angefochtene Beschluss eine Verpflichtung auferlegt oder das Bestehen einer solchen feststellt. In diesem Fall kann der Betroffene auch als zu Unrecht Beteiligter die Beseitigung dieser Beschwer verlangen.

  2. 2.

    Die Beteiligung an einem Beschlussverfahren setzt voraus, dass eine aus dem materiellen Recht sich ergebende Position einer Person oder Stelle durch die Entscheidung unmittelbar berührt wird. Die Beteiligung wird nicht durch einen Akt des Gerichts begründet, sondern ergibt sich unmittelbar aus dem materiellen Recht.

  3. 3.

    Eine Stelle wird nicht schon deshalb Beteiligter am Beschlussverfahren, weil der Antragsteller sie unzutreffend als solchen bezeichnet und das Gericht sie zum Verfahren hinzugezogen hat. Die in jedem Stadium von Amts wegen zu prüfende Stellung als Verfahrensbeteiligter erfordert vielmehr, dass die jeweilige Person oder Stelle durch den mit den Anträgen festgelegten Verfahrensgegenstand unmittelbar in einer ihr personalvertretungsrechtlich eingeräumten Stellung berührt wird.

  4. 4.

    Im personalvertretungsrechtlichen Sinne oberste Dienstbehörden sind im staatlichen Bereich nur der Ministerpräsident, die Minister, der Präsident des Landtags und der Präsident des Landesrechnungshofs, nicht dagegen das Landesministerium als Kollegium. Da das Kabinett keine Dienstelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne ist, besteht bei ihm auch keine Personalvertretung.

  5. 5.

    Ein Landesministerium hat nach dem materiellen Recht keine personalvertretungsrechtliche Rechtstellung, in der es unmittelbar berührt sein kann, da es einem Personalrat gegenüber weder personalvertretungsrechtliche Befugnisse auszuüben noch personalvertretungsrechtliche Pflichten zu erfüllen hat. Seine Beteiligung kommt deshalb ebensowenig in Betracht wie die Beteiligung einer übergeordneten Dienststelle, wenn der Personalrat die Erfüllung bestimmter Pflichten seitens einer nachgeordneten Dienststelle fordert, mag diese auch auf deren Weisung gehandelt haben.

  6. 6.

    § 67 a Abs. 2 Nds.PersVG erfaßt auch den Fall, dass eine Verwaltungsanordnung über den Geschäftsbereich einer obersten Dienstbehörde hinausgeht. Auch § 67 a Abs. 2 Nds.PersVG bezieht sich unmittelbar aber nur auf Verwaltungsanordnungen oberster Dienstbehörden, die aufgrund der Regelungsbefugnis dieser Erlassbehörde auch für die Bereiche anderer oberster Dienstbehörden erlassen werden sollen und mit diesen vorher abzustimmen sind.

In der Personalvertretungssache
hat der 18. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Niedersachsen - des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein
auf die mündliche Anhörung vom 19. Dezember 1990
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski,
die Richter am Oberverwaltungsgericht Ladwig und Schweriner sowie
die ehrenamtlichen Richter Kindervater und Rolinski
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover - Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen in Hildesheim - vom 22. Juni 1989 werden zurückgewiesen.

Auf die Beschwerden des Landesministeriums und der Beteiligten wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts geändert, soweit er den Anträgen der Antragsteller stattgegeben hat. Die Anträge werden in vollem Umfang abgelehnt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Die Antragsteller erstreben die Feststellung, daß der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 (Nds. MBl. S. 264) zur Änderung des Beschlusses über die Arbeitszeit in der niedersächsischen Landesverwaltung vom 13. November 1973 (Nds.MBl. S. 1614) - geändert durch Beschluß vom 3. Dezember 1985 (Nds. MBl. S. 1060) - ihr Mitbestimmungsrecht gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds.PersVG bzw. ihr Anhörungsrecht nach § 67 a Nds.PersVG verletzt hat.

2

Am 12. April 1988 beschloß das Landesministerium, das in den Tarifverhandlungen des Jahres 1988 für die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes erzielte Ergebnis, die Arbeitszeit ab 1. April 1989 von 40 auf 39 Stunden und ab 1. April 1990 von 39 auf 38,5 Stunden zu verkürzen, auch für die Landesbeamten zu übernehmen. Zur Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung erließ es am 17. März 1989 die 4. Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten (Nieders. GVBl. S. 63). Ferner änderte das Landesministerium mit Beschluß vom 14. März 1989 seinen Beschluß über die Arbeitszeit in der niedersächsischen Landesverwaltung vom 13. November 1973 (Nds.MBl. S. 1614), geändert durch Beschluß vom 3. Dezember 1985 (Nds.MBl. S. 1060), im Hinblick auf die verkürzte Arbeitszeit in mehreren Punkten; auf die Einzelheiten des am 1. April 1989 in Kraft getretenen Änderungsbeschlusses wird Bezug genommen.

3

Vor Erlaß dieser Regelungen hatte das federführende Ministerium des Innern - der Beteiligte zu 2) - in einem Beteiligungsverfahren nach § 104 NBG dem Deutschen Gewerkschaftsbund - Landesbezirk Niedersachsen -, dem Deutschen Beamtenbund - Landesbund Niedersachsen - und der DAG Gelegenheit gegeben, zu den Entwürfen Stellung zu nehmen. Von einer Beteiligung der Personalvertretungen nach dem Nds. PersVG sah es ab, weil es der Auffassung war, die vom Landesministerium geplante Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung unterliege nicht der Mitbestimmung des Personalrates gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds.PersVG. Vielmehr handele es sich hierbei um die Änderung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse, bei der nach § 104 NBG die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und der Berufsverbände im Lande zu beteiligen seien mit der Folge, daß nach § 67 a Abs. 1 Satz 2 Nds.PersVG eine Beteiligung der Personalvertretungen nicht zu erfolgen habe. Da es sich um keinen Fall der Mitbestimmung handele, sei auch die Stufenvertretung nach § 82 Abs. 2 Nds.PersVG nicht zu beteiligen. Etwas anderes gelte jedoch für die konkreten Arbeitszeitregelungen der nachgeordneten Dienststellen; in diesen Fällen stehe der örtlichen Personalvertretung ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds.PersVG zu.

4

Die Antragsteller haben daraufhin am 22. März (PL A 10/89) bzw. am 19. Mai 1989 (PL A 23/89) das Verwaltungsgericht angerufen und geltend gemacht: Die Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung durch den Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 unterliege ihrer Mitbestimmung nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 82 Abs. 2 Satz 2 bis 4 Nds.PersVG, weil hiervon nicht nur die Beamten, sondern auch die Angestellten und Arbeiter betroffen seien. § 13 AZO eröffne nicht die Möglichkeit, auf die zwingend gebotene Mitbestimmung zu verzichten. Schon im Hinblick auf die kurzfristig betriebene Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung dränge sich der Eindruck auf, daß mit dem Beschluß vom 14. März 1989 eine verbindliche und unmittelbare Regelung der Arbeitszeit in der Landesverwaltung zum 1. April 1989 getroffen worden sei. Dafür spreche auch die Kabinettsvorlage des Beteiligten zu 2) vom 2. Januar 1989, die zwar einräume, daß die Personalräte bei der Einzelumsetzung der Arbeitszeitverkürzung mitzubestimmen hätten, jedoch nur "soweit noch Spielraum besteht". Ferner habe der Beteiligte zu 3) in einem Schreiben vom 16. März 1989 an den Personalrat der Technischen Universität ... darauf hingewiesen, daß die Umsetzung der ab 1. April 1989 und 1. April 1990 verkürzten wöchentlichen Arbeitszeit nicht im Dispositionsbereich der einzelnen Dienststellen liege. Vielmehr entscheide das Landesministerium, wie und in welcher Form die Arbeitszeitverkürzung innerhalb der gesamten Landesverwaltung umgesetzt werden solle. Der Minister der Finanzen habe deshalb auch in seinem Runderlaß vom 5. Dezember 1988 (Nds.MBl. S. 1077) die Dienststellen angewiesen, nähere Regelungen zur Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung im Landesdienst abzuwarten. Diesen Stellungnahmen oberster Landesbehörden müsse entnommen werden, daß das Landesministerium die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit unmittelbar regeln werde, ohne den einzelnen Dienststellen noch Dispositionsmöglichkeiten einzuräumen. Dies belegten auch die konkreten Einzelregelungen des hier in Rede stehenden Beschlusses.

5

Die Antragsteller haben beantragt,

festzustellen, daß der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 (Nds.MBl. S. 264) ihr Mitbestimmungsrecht verletzt,

6

hilfsweise,

festzustellen, daß der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 (Nds.MBl. S. 264) ihr Anhörungsrecht nach § 67 a Nds.PersVG verletzt.

7

Die Beteiligten haben beantragt,

die Anträge abzulehnen,

8

und erwidert: § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds.PersVG finde erst dann Anwendung, wenn eine unmittelbare und für die Bediensteten verbindliche Arbeitszeitregelung getroffen werde. Der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989, der gemäß Art. 29 der Vorläufigen Niedersächsischen Verfassung auf seiner verfassungsrechtlich gewährleisteten Organisationsgewalt beruhe, sei lediglich eine verbindliche Weisung an die Dienststellen der niedersächsischen Landesverwaltung, die Arbeitszeit zu regeln. Bei einer derartigen Verwaltungsanordnung, die der konkreten Umsetzung durch die nachgeordnete Dienstelle bedürfe, sei nicht nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 82 Abs. 2 Nds.PersVG, sondern nach § 67 a Abs. 1 Satz 2 Nds.PersVG zu verfahren. Der Beschluß des Landesministeriums vom 13. November 1973 mit seinen jeweiligen Änderungen lege nur den Rahmen fest, innerhalb dessen die im Einzelfall mitbestimmungspflichtige Arbeitszeitordnung der einzelnen Dienstelle getroffen werden müsse. Erst diese Arbeitszeitordnung habe eine unmittelbare Wirkung für die Bediensteten. Der Umstand, daß das Landesministerium - bedingt durch eine bis zuletzt geführte Diskussion im politischen Raum und durch den Ministerwechsel beim Beteiligten zu 2) - erst am 14. März 1989 den hier in Rede stehenden Beschluß gefaßt habe, könne nicht dazu führen, diesem nur deshalb unmittelbare Wirkung beizumessen. Der Beschluß vom 14. März 1989 lasse die bisherige Arbeitszeitordnung der einzelnen Dienststelle unberührt. Er schaffe erst den Rahmen, innerhalb dessen die einzelne Dienststelle unter Beteiligung des örtlichen Personalrates die Arbeitszeit ihrer Bediensteten neu zu regeln habe. Wegen der Kürze der dabei verbleibenden Zeit habe sie gegebenenfalls von der Möglichkeit einer vorläufigen Regelung im Sinne des § 71 Abs. 5 Nds.PersVG Gebrauch machen können. Der Beschluß vom 14. März 1989 verletze auch nicht deshalb Mitbestimmungs- bzw. Anhörungsrechte der Antragsteller, weil er nicht nur für die Beamten, sondern auch für die Arbeitnehmer die Arbeitszeit einheitlich regele. Die Übertragung der arbeitszeitrechtlichen Regelungen für die Beamten auf die Angestellten und Arbeiter richte sich nach § 13 Abs. 1 AZO. Diese Übertragung bedürfe nicht der Mitbestimmung des Personalrates. Mit der Übertragung werde lediglich aus organisatorischen Gründen für die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung gesorgt. Letztere wäre bei Durchführung unterschiedlicher Beteiligungsverfahren gefährdet gewesen. Nach alledem sei weder eine Mitbestimmung der Antragsteller nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 82 Abs. 2 Nds.PersVG noch deren Anhörung nach § 67 a Abs. 1 Satz 1 Nds.PersVG geboten gewesen.

9

Das Verwaltungsgericht hat die Verfahren PL A 10/89 sowie PL A 23/89 zur gemeinsamen Anhörung und Entscheidung verbunden und mit Beschluß vom 22. Juni 1989 unter Ablehnung der weitergehenden Anträge der Antragsteller diesen insoweit stattgegeben, als es festgestellt hat, daß der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 hinsichtlich der unter I und III getroffenen Regelungen das Mitbestimmungsrecht der Antragsteller verletzt, im wesentlichen aus folgenden Gründen:

10

Der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 stelle eine Verwaltungsanordnung im Sinne des § 67 a Nds.PersVG dar. Er enthalte allgemeine verwaltungsinterne Regelungen über die Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung im Bereich der Landesverwaltung, die für die nachgeordneten Dienststellen verbindlich seien.

11

Der Beschluß treffe jedoch keine organisatorische Entscheidung, die die bisherigen Arbeitszeitordnungen der einzelnen Dienststellen des Landes unmittelbar verändere. Er enthalte vielmehr verbindliche Weisungen an die nachgeordneten Dienststellen, nach welchen Grundsätzen bei der Einzelumsetzung der Arbeitszeitverkürzung zu verfahren sei. Dies folge vor allem daraus, daß die Nr. 1 Satz 1 des ursprünglichen Beschlusses des Landesministeriums vom 13. November 1973 unverändert geblieben sei. Danach regelten (nach wie vor) die Dienststellen Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen. Nr. 1 Satz 3 des Beschlusses vom 14. November 1973 in der ab 1. April 1989 gültigen Fassung (I Nr. 1 des Beschlusses v. 14.3.1989), wonach die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (nur noch) "möglichst" gleichmäßig auf die Tage von Montag bis Freitag zu verteilen sei, soweit dienstliche Gründe nicht eine andere Verteilung erforderten, erweitere sogar im Vergleich zu seiner bisherigen strikten Fassung ("ist ... gleichmäßig ... zu verteilen") den Handlungsspielraum der einzelnen Dienststelle. Nr. 2.3 Satz 1 des Änderungsbeschlusses vom 3. Dezember 1985 sei durch den Beschluß vom 14. März 1989 (I Nr. 2) ferner nur insoweit verändert worden, als bei Teilzeitbeschäftigung die "ermäßigte" wöchentliche Arbeitszeit ungleichmäßig auf die Arbeitstage der Wochen verteilt werden könne, sofern nicht dringende dienstliche Gründe es verböten (statt: "sofern die dienstlichen Verhältnisse es zulassen"). Abgesehen von weiteren geringfügigen Änderungen redaktioneller Art (vgl. I Nr. 3 des Beschlusses v. 14.3.1989) sei in I Nr. 4 und II des Beschlusses vom 14. März 1989 vorgesehen, das Muster für die Festsetzung der gleitenden Arbeitszeit den veränderten Umständen zum 1. April 1989 bzw. 1. April 1990 anzupassen. Dieses Muster und die darin enthaltenen Regelungen seien zwar "verbindlich" (vgl. 3.2 Satz 1 des Beschlusses v. 13.11.1973 in der zum 1.4.1989 gültigen Fassung). Die obersten Dienstbehörden könnten jedoch für die ihrer Dienstaufsicht unterstehenden Dienststellen vom Muster abweichende Regelungen über den Beginn und das Ende der Kernzeit sowie über ein späteres Ende der Gleitzeit treffen (Nr. 3.2 Satz 2 des Beschlusses v. 13.11.1973 in der zum 1.4.1989 gültigen Fassung). Im übrigen bedürfe es auch hinsichtlich der Regelung der gleitenden Arbeitszeit im Einzelfall der konkreten Umsetzung der jeweiligen Dienststelle, wobei der örtliche Personalrat gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds.PersVG mitzubestimmen habe (vgl. Nr. 1 Satz 2 des Musters). Eine unmittelbare Regelung der gleitenden Arbeitszeit sei deshalb in I Nr. 4 und II des Beschlusses vom 14. März 1989 nicht getroffen worden. Das gleiche gelte für die bei fester Arbeitszeit getroffene Regelung in III des Beschlusses. Auch insoweit fehle es an einer unmittelbaren Regelung mitbestimmungspflichtiger Tatbestände. Denn die Befugnis der Dienststellen bleibe unberührt, im Rahmen der Nr. 1 des Beschlusses vom 13. November 1973 in der zum 1. April 1989 gültigen Fassung Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen zu regeln. Insoweit enthalte die Regelung in III des Beschlusses vom 14. März 1989 als Verwaltungsanordnung im Sinne von § 67 a Abs. 1 Nds.PersVG unmittelbar keinen Tatbestand, für den das Gesetz die Mitbestimmung des Personalrates vorsehe. Vielmehr obliege es nach wie vor den Dienststellen, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen zu regeln und hierbei im einzelnen festzulegen, ob bei fester Arbeitszeit die vorgesehene Verkürzung der täglichen Arbeitszeit an den Beginn oder das Ende der täglichen Arbeitszeit oder in die Pausen gelegt werden solle. Bezüglich dieser Regelung sei also noch ein weiteres Handeln der Dienststelle notwendig, um die abstrakte Regelung im Einzelfall umzusetzen. Etwas anderes gelte auch nicht für die Dauer der täglichen Arbeitszeit. Das Landesministerium bestimme zwar in III seines Beschlusses vom 14. März 1989, daß ab 1. April 1989 die Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag um täglich 10 Minuten sowie am Freitag um 20 Minuten und ab 1. April 1990 von Montag bis Donnerstag um täglich 5 Minuten sowie am Freitag um 10 Minuten verkürzt wird. Aber auch bei fester Arbeitszeit habe die Regelung der Dauer der täglichen Arbeitszeit im Rahmen der Nr. 1 des Beschlusses vom 14. November 1973 in der zum 1. April 1989 gültigen Fassung zu erfolgen. Nach deren S. 3 sei die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit möglichst gleichmäßig auf die Tage von Montag bis Freitag zu verteilen, soweit dienstliche Gründe nicht eine andere Verteilung erforderten. Diese Bestimmung lasse es demnach zu, von der Regelung unter III abzuweichen und eine andere als die vorgeschlagene Verkürzung der Dauer der täglichen Arbeitszeit vorzunehmen. Aus alledem folge, daß der Beschluß vom 14. März 1989 keine Regelungen enthalte, die im Rechtssinne unmittelbar wirkten und ein weiteres Handeln der nachgeordneten Dienststellen erübrigten. Vielmehr belasse er ihnen die Möglichkeit, bei der Einzelumsetzung der Arbeitszeitverkürzung abweichende Regelungen zu treffen.

12

Der Beschluß vom 14. März 1989 verletze jedoch mit seinen zum 1. April 1989 in Kraft getretenen Regelungen in I und III deshalb das Mitbestimmungsrecht der Antragsteller, weil ihm insoweit faktisch unmittelbare Wirkung zukomme.

13

Der Beschluß sei erst am 23. März 1989 im Niedersächsischen Ministerialblatt veröffentlicht worden. Wegen der darauffolgenden Osterfeiertage sei davon auszugehen, daß er den nachgeordneten Dienststellen erst am Dienstag, dem 28. März 1989 vorgelegen habe. Ihnen sei mithin lediglich eine Frist von drei Tagen verblieben, innerhalb der sie die zum 1. April 1989 wirksam werdende Einzelumsetzung der Arbeitszeitverkürzung vorzunehmen hatten. In Anbetracht dieser engen Zeitspanne liege es auf der Hand, daß hierbei ein ordnungsgemäßes Mitbestimmungsverfahren nach Maßgabe des § 75 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 72 Abs. 1 und 2 Nds.PersVG nicht mehr habe durchgeführt werden können und den nachgeordneten Dienststellen lediglich die Möglichkeit verblieben sei, wegen der Unaufschiebbarkeit der Maßnahme eine vorläufige Regelung im Sinne des § 71 Abs. 5 Nds.PersVG zu treffen. Vorläufige Regelungen seien jedoch zwangsläufig mit einer - wenn auch nur vorübergehenden - Ausschaltung der grundsätzlich gebotenen personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung verbunden. Im Hinblick auf ihren Ausnahmecharakter seien sie auf unvorhergesehene Notfälle zu beschränken, in denen anderenfalls durch die Dauer des Mitbestimmungsverfahrens die Funktionsfähigkeit der Verwaltung gefährdet wäre oder der Allgemeinheit ein Nachteil oder Schaden drohen würde.

14

Hier sei es für den federführenden Beteiligten zu 2) jedoch absehbar gewesen, daß der verspätete Erlaß der Regelungen hinsichtlich der Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung zum 1. April 1989 bei den nachgeordneten Dienststellen im Rahmen der Einzelumsetzung zu einer weiteren - wenn auch nur vorübergehenden - Ausschaltung der grundsätzlich gebotenen personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung führen würde. Dieser Umstand wiege um so schwerer, als der Antragsteller zu 2) bereits mit Schreiben vom 14. Februar 1989 ein Mitbestimmungsrecht gegenüber dem Beteiligten zu 2) reklamiert habe und von diesem noch unter dem 15. März 1989 darauf verwiesen worden sei, daß nur bei der Einzelumsetzung der Arbeitszeitverkürzung der örtliche Personalrat mitzubestimmen habe. Zu diesem Zeitpunkt sei es jedoch offensichtlich gewesen, daß wegen der Kürze der Zeit ein ordnungsgemäßes Mitbestimmungsverfahren im Sinne des § 72 Nds.PersVG nicht mehr hätte durchgeführt werden können. Vielmehr seien die nachgeordneten Dienststellen regelmäßig darauf angewiesen gewesen, vorläufige Regelungen im Sinne der §§ 71 Abs. 5, 73 Abs. 7 Nds.PersVG zu treffen, um zu einer zum 1. April 1989 wirksam werdenden Einzelumsetzung der Arbeitszeitverkürzung zu gelangen. Es widerspreche jedoch dem Gebot der Partnerschaft und des vertrauensvollen Zusammenwirkens (§ 1 a Nds.PersVG), wenn einerseits vor Erlaß der Bestimmungen zur Arbeitszeitverkürzung ein Beteiligungsverfahren gewählt werde, bei dem sich eine frühzeitige Mitbestimmung im Bereich der Stufenvertretung wegen der inhaltlichen Ausgestaltung der Regelungsentwürfe erübrige, und wenn andererseits die Regelungen so spät erlassen würden, daß bei der Einzelumsetzung der jeweils örtliche Personalrat regelmäßig mit einer vorläufigen Regelung der Dienststelle konfrontiert werde. In Anbetracht dieser unmittelbaren Vollzugsfolgen der Regelungen in Ziff. I und III des Beschlusses des Landesministeriums vom 14. März 1989, die für den federführenden Beteiligten zu 2) bereits seit geraumer Zeit vorhersehbar gewesen seien, hätte es diesem oblegen, rechtzeitig die Stufenvertretungen der obersten Dienstbehörden nach Maßgabe des § 82 Abs. 2 Nds.PersVG förmlich zu beteiligen und deren Stellungnahmen dem Landesministerium vor dessen Beschlußfassung am 14. März 1989 mitzuteilen. Da dies unterblieben sei, verletze der Beschluß vom 14. März 1989 das Mitbestimmungsrecht der Antragsteller, soweit er die zum 1. April 1989 in Kraft getretenen Regelungen betreffe.

15

Gegen den ihnen am 28. Juli 1989 zugestellten Beschluß richten sich die am 11., 17. und 22. August 1989 bzw. am 26. und 28. August 1989 eingelegten Beschwerden der Beteiligten und des Landesministeriums sowie der Antragsteller, die nach entsprechender Verlängerung der Fristen am 26. September, 25. Oktober und 30. Oktober 1989 begründet worden sind.

16

Die Beteiligten und das Landesministerium erstreben die Ablehnung der Anträge der Antragsteller in vollem Umfang und machen geltend: Die Auffassung des Verwaltungsgerichts treffe schon im Ansatz nicht zu, weil es für die Abgrenzung zwischen den Beteiligungen nach § 67 a oder § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds.PersVG ausschließlich auf die rechtlich unmittelbare Wirkung der Maßnahme ankomme. Im übrigen habe die kurze Zeitspanne zwischen der Veröffentlichung des Beschlusses vom 14. März 1989 und seinem Inkrafttreten auch faktisch nicht zu dessen unmittelbarer Wirkung für die nachgeordneten Dienststellen geführt. Selbst bei Annahme der Unzulässigkeit vorläufiger Regelungen könnten hier jedenfalls nicht Mitbestimmungsrechte der Antragsteller verletzt sein, weil diese an der jeweiligen Einzelumsetzung der Arbeitszeitverkürzung nicht beteiligt seien. Maßgebend sei hier die Rechtsnatur des Beschlusses vom 14. März 1989 als Verwaltungsanordnung i.S. von § 67 a Nds.PersVG, bei der es kein Mitbestimmungsverfahren gebe und damit eine Verletzung entsprechender Rechte der Antragsteller ausscheide. Insbesondere sei bei einer Verwaltungsanordnung auch nicht vorgesehen, rechtzeitig vorher die Stufenvertretungen der obersten Dienstbehörden gemäß § 82 Abs. 2 Nds.PersVG förmlich zu beteiligen und deren Stellungnahmen dem Landesministerium vor dessen Beschlußfassung mitzuteilen.

17

Die Beteiligten beantragen,

den angefochtenen Beschluß, soweit die Verletzung des Mitbestimmungsrechts der Antragsteller festgestellt worden ist, zu ändern und die Anträge auch insoweit abzulehnen.

18

Die Antragsteller beantragen,

die Beschwerden der Beteiligten zurückzuweisen,

sowie mit ihren Beschwerden,

den angefochtenen Beschluß zu ändern, soweit ihre Anträge abgelehnt worden sind, und nach ihren erstinstanzlichen Anträgen zu entscheiden.

19

Der Antragsteller zu 2) beantragt zusätzlich hilfsweise,

festzustellen, daß der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 ihn i.S. von § 68 Abs. 1 Nds.PersVG bei seiner Arbeit behindert hat.

20

Die Antragsteller vertiefen dazu ihr erstinstanzliches Vorbringen und machen insbesondere geltend: Der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 sei rechtswidrig und unwirksam, weil es dafür keine Ermächtigungsgrundlage gebe. Er verletze schon deshalb ihre Mitbestimmungsrechte. Im übrigen habe der Beschluß unmittelbare Wirkung gehabt, weil abweichende Regelungen einer besonderen Zustimmung bedurft hätten. In jedem Falle sei ein Beteiligungsrecht gemäß § 67 a Nds.PersVG für den Bereich der Arbeiter und Angestellten gegeben.

21

Die Beteiligten beantragen,

die Beschwerden der Antragsteller zurückzuweisen,

22

und treten ihnen entgegen.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, Bezug genommen.

24

II.

1.

Die Beschwerden sind zulässig. Das gilt auch für die Beschwerde des Landesministeriums. Zwar ist das Landesministerium, wie noch auszuführen ist (vgl. 2 a), entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts an dem Verfahren nicht beteiligt. Auch ein zu Unrecht Beteiligter ist im personalvertretungsrechtlichen Verfahren aber dann beschwerdebefugt, wenn ihm der angefochtene Beschluß eine Verpflichtung auferlegt oder das Bestehen einer solchen feststellt. In diesem Fall kann der Betroffene auch als "zu Unrecht Beteiligter" die Beseitigung dieser Beschwer verlangen (BVerwG, Beschl. v. 15.12.1978 - 6 P 13.78 -, PersV 1980, 145, 147; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG § 83 RN 77 m.Nachw.). Eine solche Beschwer liegt für das Landesministerium hier darin, daß das Verwaltungsgericht eine Verletzung der Mitbestimmungsrechte der Antragsteller durch dessen Beschluß vom 14. März 1989 festgestellt hat.

25

2.

Die Beschwerden des Landesministeriums sowie der Beteiligten sind auch begründet. Sie führen unter Änderung des angefochtenen Beschlusses zur Ablehnung der Anträge der Antragsteller. Die Beschwerden der Antragsteller sind dagegen in der Sache nicht begründet. Das Landesministerium ist an dem Verfahren nicht beteiligt und hat nicht unter Verstoß gegen ihm obliegende personalvertretungsrechtliche Pflichten Mitbestimmungs- oder Anhörungsrechte der Antragsteller verletzt.

26

a)

Das Landesministerium ist, wovon auch der Antragsteller zu 1) in der Beschwerdeinstanz zutreffend ausgeht, von Rechts wegen an diesem Verfahren nicht beteiligt.

27

Nach einhelliger Ansicht setzt die Beteiligung am Beschlußverfahren voraus, daß eine aus dem materiellen Recht sich ergebende Position einer Person oder Stelle durch die Entscheidung unmittelbar berührt wird (BVerwG, Beschl. v. 15.12.1978, a.a.O.; Fischer/Goeres, GKÖD, Bd. V Anh. 1 zu § 83, RN 19 ff.; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 83 RN 67 ff.; Ballerstedt/Schleicher/Faber/Eckinger, Bay.PersVG, Ant. 81 RN 102 ff. m.Nachw.). Die Beteiligung wird nicht durch einen Akt des Gerichts begründet, sondern ergibt sich unmittelbar aus dem materiellen Recht. Eine Stelle wird danach nicht schon deshalb Beteiligter am Beschlußverfahren, weil der Antragsteller sie unzutreffend als solchen bezeichnet und das Gericht sie zum Verfahren hinzugezogen hat. Die in jedem Stadium von Amts wegen zu prüfende Stellung als Verfahrensbeteiligter erfordert vielmehr, daß die jeweilige Person oder Stelle durch den mit den Anträgen festgelegten Verfahrensgegenstand unmittelbar in einer ihr personalvertretungsrechtlich eingeräumten Stellung berührt wird. Das ist bei dem Landesministerium hier nicht der Fall, weil es nach dem materiellen Recht in personalvertretungsrechtlichen Rechtspositionen nicht betroffen sein kann.

28

Das Landesministerium ist gemäß Art. 28 Abs. 2 LV die Landesregierung in ihrer Gesamtheit. Es besteht aus dem Ministerpräsidenten und den Ministern (Art. 19 Abs. 1 LV) und ist damit ein kollegiales Verfassungsorgan, dessen Kompetenzen sich aus der Verfassung ergeben. Dieses - auch als Kabinett bezeichnete - Verfassungsorgan ist jedoch gemäß § 3 Abs. 1 NBG keine oberste Dienstbehörde im dienstrechtlichen Sinne; dies ist vielmehr für die Bediensteten der Landesverwaltung der jeweilige Ressortminister, zu dessen Geschäftsbereich die betreffende Behörde gehört (vgl. im einzelnen Kümmel, NBG § 3 Anm. 2). Ebenso sind im personalvertretungsrechtlichen Sinne oberste Dienstbehörden im staatlichen Bereich nur der Ministerpräsident, die Minister, der Präsident des Landtags und der Präsident des Landesrechnungshofs, nicht dagegen das Landesministerium als Kollegium (Engelhard/Ballerstedt, Nds.PersVG 3. Aufl. § 6 RN 10; a.A. Spohn, Nds.PersVG, 4. Aufl. § 6 Anm. 2). Da das Kabinett keine Dienstelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne ist, besteht bei ihm auch keine Personalvertretung. Es kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, inwieweit eine Beteiligung einer Personalvertretung an Kabinettsentscheidungen schon aufgrund verfassungsrechtlicher und rahmenrechtlicher Vorgaben (§ 104 Satz 3 BPersVG) ausgeschlossen ist (dazu für Personalmaßnahmen BVerwG, Beschl. v. 18.10.1963, BVerwGE 17, 43 = PersV 1964, 13; Beschl. v. 1.10.1965 - VII P 8/64 -, ZBR 1966, 51 [BVerwG 01.10.1965 - BVerwG VII P 8.64] m. Amn. Möllerring; allgemein VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 8.5.1990 - 15 S 2410/89 -, PR 1990, 373 u. 3130/89 -). Ebensowenig bedarf hier die vom Verwaltungsgerichtshof Bad.-Württ. (a.a.O.) erörterte Frage einer näheren Prüfung, ob es sich bei der Beteiligungsfreiheit von Maßnahmen der Landesregierung um eine echte Regelungslücke handelt. Denn im Gegensatz zur Rechtslage in Baden-Württemberg ergibt sich für das niedersächsische Personalvertretungsrecht aus § 82 Abs. 2 Nds.PersVG eindeutig, daß das - schon durch den dienststellenbezogenen Aufbau der Personalvertretungen und die damit verbundene partnerschaftliche Zuordnung von Dienststelle und Personalvertretung bedingte - Fehlen einer Beteiligung an Kabinettsentscheidungen selbst vom Gesetz gewollt ist. Nach dieser besonderen Regelung beteiligt in den Fällen, in denen das Landesministerium entscheidet, die oberste Dienstbehörde, deren Geschäftsbereich diese Entscheidung betrifft, vorher ihre Stufenvertretung. Handelt es sich, wie im vorliegenden Fall, um eine soziale oder sonstige Maßnahme, die den Geschäftsbereich mehrerer oberster Dienstbehörden betrifft, so beteiligen diese ihre Stufenvertretungen und teilen das Ergebnis der federführenden obersten Dienstbehörde mit, die die Entscheidung des Landesministeriums herbeiführt. § 82 Abs. 2 Satz 2 ff. weist damit in Abweichung vom Partnerschaftsprinzip die personalvertretungsrechtliche Beteiligung an Kabinettsentscheidungen ersatzweise im Vorbereitungsstadium anderen Personalvertretungen zu, um nicht der Sache nach beteiligungspflichtige Angelegenheiten insoweit in vollem Umfang frei von jeder Beteiligung zu lassen, was ohne diese ausdrückliche Regelung der Fall wäre (Engelhard/Ballerstedt/Schleicher/Faber/Eckinger a.a.O., Art. 75 RN 6 a). Die Sonderregelung des § 82 Abs. 2 Satz 2 ff Nds.PersVG bestätigt damit aber zugleich den Grundsatz, daß das Landesministerium selbst als Verfassungsorgan keine Dienststelle ist, der vom Gesetz personalvertretungsrechtliche Rechtspositionen und Pflichten zugewiesen sind, die durch eine gerichtliche Entscheidung materiell betroffen werden können. Das kommt auch in dem angefochtenen Beschluß dadurch zum Ausdruck, daß das Verwaltungsgericht in seiner tragenden Begründung (nur) eine Pflichtverletzung des federführenden Beteiligten zu 1) durch nicht rechtzeitige Einleitung des Verfahrens gemäß § 82 Abs. 2 Nds.PersVG annimmt, gleichwohl aber - insoweit widersprüchlich - eine Verletzung der Mitbestimmungsrechte der Antragsteller durch den Beschluß des Landesministeriums selbst feststellt. Inwieweit der Beteiligte zu 1) Beteiligungsrechte der Antragsteller verletzt hat, ist indessen nicht Gegenstand dieses Verfahrens, weil die Anträge der Antragsteller allein auf eine Verletzung ihrer Rechte unmittelbar durch den Beschluß des Landesministeriums gerichtet sind. Das Landesministerium hat nach dem hier maßgebenden materiellen Recht jedoch keine personalvertretungsrechtliche Rechtstellung, in der es unmittelbar berührt sein könnte, weil es den Antragstellern gegenüber weder personalvertretungsrechtliche Befugnisse auszuüben noch personalvertretungsrechtliche Pflichten zu erfüllen hätte. Seine Beteiligung kommt hier deshalb ebensowenig in Betracht wie die Beteiligung einer übergeordneten Dienststelle, wenn der Personalrat die Erfüllung bestimmter Pflichten seitens einer nachgeordneten Dienststelle fordert, mag diese auch auf deren Weisung gehandelt haben (BVerwG, Beschl. v. 15.12.1978, a.a.O.; Lorenzen/Haas/Schmitt, a.a.O., § 83 RN 69). Mit dieser Beurteilung stimmt überein, daß auch in vergleichbaren Fällen, in denen das jeweilige Landeskabinett Beschlüsse hinsichtlich der Arbeitszeit in der Landesverwaltung gefaßt hat, in den darauf bezogenen Beschlußverfahren eine Beteiligung des Kabinetts (Ministerrats, Staatsministeriums) nicht in Betracht gezogen worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.5.1981 - 6 P 35.79 -, Buchholz 238.38 § 60 RhPfPersVG Nr. 1 zur Dienstbefreiung an Feiertagen und Fastnacht; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 8.5.1990 a.a.O. zur Arbeitszeitverkürzung).

29

b)

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt aber zugleich, daß der Hauptantrag der Antragsteller in der Sache nicht begründet ist. Ihr Mitbestimmungsrecht aus § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds.PersVG ist durch den Beschuß des Landesministeriums vom 14. März 1989 nicht verletzt worden. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob dieser Beschluß - wie die Antragsteller weiterhin geltend machen - schon eine unmittelbar verbindliche Arbeitszeitregelung für die Landesverwaltung darstellte. Denn selbst wenn dies zuträfe, wäre der Kabinettsbeschluß aus den zu 2 a) dargelegten Gründen nicht der Mitbestimmung unterworfen; schon deshalb scheidet eine Verletzung von Mitbestimmungsrechten der Antragsteller durch diesen Beschluß aus. Im übrigen tritt der Senat in diesem Punkt der Beurteilung des Verwaltungsgerichts bei, daß der Beschluß des Landesministeriums zwar einen verbindlichen Rahmen und bestimmte Vorgaben für die verkürzte Arbeitszeit setzte, selbst aber noch keine unmittelbar verbindliche konkrete Regelung über die Lage der Arbeitszeit in den einzelnen Dienststellen enthielt; insoweit wird auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Dann ist aber auch kein Raum für die Annahme einer "faktisch unmittelbaren Wirkung" des Kabinettsbeschlusses, die das Verwaltungsgericht nicht aus dessen Inhalt, sondern aus dem späten Zeitpunkt der Beschlußfassung und Veröffentlichung herleitet, sowie einer darauf beruhenden Verletzung des Mitbestimmungsrechts der Antragsteller. Denn Kabinettsbeschlüsse sind nicht nur hinsichtlich ihres Inhalts, sondern ebenso hinsichtlich ihres Zeitpunkts keiner personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung unterworfen, so daß dieser Zeitpunkt auch keine entsprechenden Rechte verletzen kann. Wird bei einer mitbestimmungspflichtigen Umsetzung von Kabinettsbeschlüssen aus Zeitgründen das Mitbestimmungsverfahren in den einzelnen Dienststellen nicht ordnungsgemäß durchgeführt, so kommt allein eine Verletzung von Mitbestimmungsrechten der dort jeweils zuständigen Personalvertretungen durch diese fehlerhafte Umsetzung oder ggf. durch eine den §§ 73 Abs. 7 i.V.m. 71 Abs. 5 Nds.PersVG nicht entsprechende vorläufige Regelung in Betracht, die indessen nicht Gegenstand dieses Verfahrens sind.

30

Ohne Erfolg muß auch das Vorbringen der Antragsteller bleiben, der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 sei unwirksam, weil es an einer gesetzlichen Ermächtigung dafür fehle. Denn die Frage, ob sich ein Kabinettsbeschluß im Rahmen der Kompetenzen des Landesministeriums hält und welche Rechtsfolgen ggf. bei einer Kompetenzüberschreitung eintreten, ist verfassungsrechtlicher, nicht aber personalvertretungsrechtlicher Natur und kann deshalb in diesem Beschlußverfahren nicht geklärt werden. Im Beschlußverfahren kann vielmehr eine Maßnahme auf ihre Beteiligungsbedürftigkeit stets nur in der Form überprüft werden, in der sie tatsächlich getroffen worden ist, nicht aber in einer Form, in der sie möglicherweise hätte getroffen werden müssen. Grundlage der mitbestimmungsrechtlichen Bewertung ist allein die tatsächlich beabsichtigte oder vorgenommene Maßnahme; ob an ihrer Stelle eine andere Maßnahme sachgerecht oder gar rechtlich geboten gewesen wäre, ist unerheblich.

31

c)

Ebenfalls ohne Erfolg bleibt der auf die Feststellung gerichtete Hilfsantrag der Antragsteller, daß der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 ihr Anhörungsrecht nach § 67 a Nds.PersVG verletzt. Dieses ist gegenüber dem vergleichbaren § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG nicht allein durch die Beteiligungsform, sondern auch dadurch schwächer ausgestaltet, daß es nur eine Sollvorschrift enthält, von der aus sachlichen Gründen abgewichen werden kann (Spohn a.a.O., § 67 Anm. 1). Ob solche Gründe hier vorlagen, bedarf indessen ebensowenig einer Entscheidung wie die vom Verwaltungsgericht bejahte Frage, ob der Kabinettsbeschluß vom 14. März 1989 inhaltlich eine Verwaltungsanordnung i.S. des § 67 a Nds.PersVG darstellt. Denn das Beteiligungsrecht nach Abs. 1 dieser Vorschrift greift hier schon deshalb nicht ein, weil es nur Verwaltungsanordnungen erfaßt, die eine Dienststelle für ihren Geschäftsbereich erlassen will. Dazu gehört der Kabinettsbeschluß vom 14. März 1989 nicht, weil er zum einen nicht von einer Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne gefaßt wurde und weil er sich zum anderen auf den gesamten Bereich der Landesverwaltung erstreckt.

32

Auch ein Beteiligungsrecht nach § 67 a Abs. 2 Nds.PersVG ist nicht gegeben. Zwar erfaßt diese Vorschrift - im Gegensatz zu § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG, der insoweit eine Mitwirkung ausschließt (vgl. Engelhard/Ballerstedt a.a.O., § 67 a RN 8; Fischer/Goeres a.a.O., § 78 RN 9 m.Nachw.) - auch den Fall, daß eine Verwaltungsanordnung über den Geschäftsbereich einer obersten Dienstbehörde hinausgeht. Auch § 67 a Abs. 2 Nds.PersVG bezieht sich unmittelbar aber nur auf Verwaltungsanordnungen oberster Dienstbehörden, die aufgrund der Regelungsbefugnis dieser Erlaßbehörde auch für die Bereiche anderer oberster Dienstbehörden erlassen werden sollen und mit diesen vorher abzustimmen sind (Spohn a.a.O., § 67 a Anm. 4; Engelhard/Ballerstedt a.a.O., § 67 a RN 8). Es erscheint deshalb zweifelhaft, ob die Vorschrift auch auf den Fall anzuwenden ist, daß das Landesministerium einen inhaltlich als Verwaltungsanordnung zu qualifizierenden Beschluß faßt, oder ob die beteiligungspflichtige Verwaltungsanordnung dann erst in der Bekanntgabe und Inkraftsetzung des Kabinettsbeschlusses durch den jeweiligen Ressortminister für seinen Geschäftsbereich liegt (so BVerwG, Beschl. v. 7.5.1981 a.a.O.; vgl. auch Beschl. v. 19.10.1983 - 6 P 16.81 -, Buchholz 238.39 § 79 Nr. 4; Fischer/Goeres a.a.O., § 78 RN 11 a). Denn jedenfalls ist ein Beteiligungsrecht der Antragsteller nach § 67 a Abs. 2 Nds.PersVG durch den Kabinettsbeschluß hier deshalb nicht verletzt worden, weil auch im Rahmen dieser Vorschrift dem Landesministerium selbst keinerlei personalvertretungsrechtliche Pflichten obliegen, solche Pflichten vielmehr allein die bei der Vorbereitung einer Verwaltungsanordnung beteiligten obersten Dienstbehörden treffen. Im übrigen entfällt ein Beteiligungsrecht nach § 67 a Nds.PersVG hier aber auch aufgrund der Ausnahme des Abs. 1 Satz 2. Danach besteht die Pflicht zur Mitteilung der Entwürfe von Verwaltungsanordnungen sowie ihrer Erörterung mit den Personalvertretungen nicht bei Regelungen, bei deren Erlaß nach beamten- oder tarifrechtlichen Bestimmungen die. Gewerkschaften zu beteiligen sind. Diese inhaltlich mit § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVGübereinstimmende Ausnahme soll den reibungslosen Ablauf des Verfahrens der Vorbereitung der Verwaltungsanordnung gewährleisten und insbesondere verhindern, daß es zu Widersprüchen zwischen der Auffassung der zu beteiligenden Spitzenorganisationen und der Personalvertretungen kommt; sie trägt damit dem Vorrang der gewerkschaftlichen Beteilungsbefugnisse Rechnung. Die Ausnahme greift hier ein, weil der Beschluß des Landesministeriums über die Arbeitszeit in der niedersächsischen Landesverwaltung vom 14. März 1989 nicht nur eine organisatorische Regelung darstellte, sondern zugleich eine allgemeine Regelung der beamtenrechtlichen Verhältnisse i.S. des § 104 enthielt und deshalb von dem Beteiligungsrecht der Spitzenorganisationen nach dieser Vorschrift erfaßt wurde. Ein Beteiligungsrecht der Antragsteller nach § 67 a Nds.PersVG war dabei auch für den Bereich der Arbeitnehmer nicht mehr gegeben. Zwar wurde § 67 a Nds.PersVG durch die 4. Novelle von 1972 auf Wunsch des DAG gerade deshalb eingefügt, weil es für Angestellte und Arbeiter an einer dem § 104 NBG entsprechenden gesetzlichen Verankerung des Beteiligungsrechts der Spitzenverbände fehlte (Hodler, PersV 1972, 110 m.Nachw.). Nach Sinn und Zweck des Vorrangs ihres Beteiligungsrechts tritt § 67 a Nds.PersVG aber auch dann zurück, wenn eine allgemeine dienstrechtliche Regelung für alle Gruppen von Bediensteten getroffen wird und bei ihrer Vorbereitung sämtliche zuständigen Spitzenorganisationen beteiligt wurden. So lag es hier; denn das Landesministerium beschloß am 14. März 1989 auf Vorlage des Beteiligten zu 1) sowohl die 4. Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten aufgrund von § 80 Abs. 1 NBG als auch umfassend für alle Gruppen von Bediensteten die Änderung des Beschlusses über die Arbeitszeit in der niedersächsischen Landesverwaltung zur Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung im öffentlichen Dienst. An dem Entwurf dieses Beschlusses wurden vom Beteiligten zu 1) nicht nur der DBB und der DGB, sondern auch die DAG beteiligt, so daß für die subsidiäre Beteiligung einer Personalvertretung nach § 67 a Nds.PersVG kein Raum mehr war. Bei dieser Sachlage kann offenbleiben, ob der Beschluß des Landesministeriums hinsichtlich der Arbeitnehmer als Übertragungsakt i.S. des § 13 Abs. 1 AZO, der für die Landesverwaltung als Landesrecht fortgilt (Nds.GVBl Sb II S. 155), anzusehen ist und inwieweit ein solcher Übertragungsakt der personalvertretungsrechtlichen Beteiligung unterworfen ist (vgl. dazu verneinend Denecke/Neumann, AZO, 10. Aufl., § 13 RN 3 m.Nachw.; Meisel/Hiersemann, AZO, 2. Aufl., § 13 RN 9; Zmarzlik, AZO, § 13 RN 15; a.A. Pieper, ArbuR 1990, 356 m. Nachw.).

33

d)

Ohne Erfolg bleibt schließlich der vom Antragsteller zu 2) erst in der Beschwerdeinstanz zusätzlich gestellte Hilfsantrag auf Feststellung, daß der Beschluß des Landesministeriums vom 14. März 1989 ihn in seiner Arbeit behindert hat. Dabei kann offen bleiben, ob es sich hier um eine sachdienliche Antragsänderung i.S. der §§ 81 Abs. 3, 87 Abs. 2 Satz 3 ArbGG handelt. In der Sache ist der Antrag jedenfalls unbegründet, weil das gesetzliche Verbot, die Mitglieder des Personalrats in der Ausübung ihrer Befugnisse nicht zu behindern (§ 68 Abs. 1 Nds.PersVG), durch den hier in Rede stehenden Kabinettsbeschluß offensichtlich nicht berührt worden ist.

34

Die Beschwerden der Antragsteller waren danach zurückzuweisen. Auf die Beschwerden des Landesministeriums und der Beteiligten waren der angefochtene Beschluß, soweit er den Anträgen der Antragsteller stattgegeben hat, zu ändern und diese Anträge in vollem Umfang abzulehnen.

35

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.

Dr. Dembowski
Richter am Oberverwaltungsgericht Ladwig ist an der Unterschrift gehindert, weil er inzwischen an das Verwaltungsgericht Stade versetzt worden ist
Kindervater
Rolinski
Schwermer