Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.10.2003, Az.: 7 K 3838/00

Erteilung einer eisenbahnrechtlichen Plangenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Funksystem-Basisstation; Aufstellen eines 30 m hohen Funkmastes; Errichtung von Betriebsablagen der Eisenbahn

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
30.10.2003
Aktenzeichen
7 K 3838/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 18349
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2003:1030.7K3838.00.0A

Amtlicher Leitsatz

Zu den planungsrechtlichen Voraussetzungen der Errichtung eines dem Eisenbahnbetrieb dienenden Funkmastes in der Ortslage einer Gemeinde.

Behebung planungsrechtlicher Abwägungsdefizite durch ein ergänzendes Verwaltungsverfahren während des Klageverfahrens.

Redaktioneller Leitsatz

Der Bau eines 30 m hohen Funkmastes auf dem Betriebsgelände einer Eisenbahn stellt eine sog. Betriebsanlage dar. Durch die Einbettung in ein überregionales Eisenbahn-Funknetz weist das Vorhaben, das die Errichtung von Basisstationen nach technisch in bestimmter Weise vorgegebenen, auch die räumliche Zuordnung zueinander und zu den Gleisen betreffenden Kriterien erfordert, überörtliche Bezüge auf.

Die Plangenehmigungsbehörde muss im Rahmen ihrer Abwägung unter Übernahme der Erwägungen der Vorhabenträgerin für die Errichtung des 30 m hohen Funkmastes an der vorgesehenen Stelle, unter Berücksichtung technischer, naturschutzrechtlicher und insbesondere finanzieller Gesichtspunkte entscheiden.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte eisenbahnrechtliche Plangenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Funksystem - Basisstation in ihrem Gemeindegebiet.

2

Unter dem 13. September 2000 stellte die Mannesmann Arcor AG, Hamburg, im Auftrag der Beigeladenen bei der Beklagten, vertreten durch das Eisenbahn-Bundesamt, Außenstelle Hamburg, den Antrag, für den Bau einer GSM-R- Basisstation an der Bahnstrecke 1720 Lehrte - Cuxhaven bei Bahnkilometer 125,834 im Gemeindegebiet der Klägerin "eine Entscheidung nach § 18 Abs. 3 AEG" herbeizuführen. Dem Antrag war u.a. ein Erläuterungsbericht vom 26.Juni 2000 beigefügt, wonach beabsichtigt sei, das bisher für den Bahnbetrieb genutzte analoge Funksystem durch ein dem Stand der Technik entsprechendes digitales Funksystem auf GSM-R-Basis zu ersetzen. Die auf dem Eisenbahngelände der Beigeladenen in D.E. neben dem Stellwerksgebäude zu errichtende GSM-R-Basisstation sei als eine von 12 Basisstationen notwendig, um für den Bahnbetrieb auf der Strecke Lehrte - Cuxhaven eine lückenlose Funkversorgung zu gewährleisten. Da unter Beachtung der Ergebnisse der Funkversorgungsplanung und deren Standortvorgaben in der näheren Umgebung kein geeigneter Antennenträger zur Verfügung stehe, sei die Errichtung eines ca. 30 m hohen Betonschleudermastes mit einer Outdoor-Basisstation vorgesehen.

3

Dem Antrag war eine Stellungnahme der Klägerin beigefügt, die sie im Rahmen einer von den Vertretern der Beigeladenen betriebenen informellen Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange auf Anforderung des Landkreises Lüneburg bei ihm unter dem 2. August 2000 abgegeben und mit der sie folgende Bedenken gegen den Standort des geplanten Vorhabens geltend gemacht hatte: Der 30 m hohe Funkmast, der möglicherweise auch kommerziellen Zwecken zugeführt werde, solle neben dem Stellwerksgebäude mitten im Ortskern in der Nähe wohnlich genutzter Grundstücke errichtet werden. An dieser Stelle sei er für das Ortsbild der Gemeinde ein "optischer Schandfleck". Ferner müsse befürchtet werden, dass von ihm schädliche Emissionen ausgehen könnten. Als besser geeigneter Standort außerhalb der bebauten Ortslage komme das Eisenbahnbetriebsgelände entweder nördlich im Stadtforst "Tiergarten" oder südlich von D.E. im Forstgebiet in Betracht.

4

Das Eisenbahn-Bundesamt - Außenstelle Hamburg - erteilte unter dem 29. September 2000 der Beigeladenen für die Erstellung der Station an der von ihr vorgesehenen Stelle die Plangenehmigung und führte dazu unter "B", "Begründender Teil", "Verfahrensrechtliche Bewertung" u.a. aus: "Nach § 18 Abs. 2 AEG kann statt eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist. Das Benehmen wird dadurch hergestellt, dass die Träger öffentlicher Belange vor der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten und ihr Vorbringen bei der Entscheidung berücksichtigt wird. Beides ist in diesem Verfahren geschehen. Als weitere Voraussetzung ist erforderlich, dass Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben. Im vorliegenden Fall ist eine Drittbetroffenheit nicht gegeben, da die bekannten Träger öffentlicher Belange beteiligt worden sind. Private Belange sind durch das Vorhaben nicht betroffen."

5

Die Klägerin hat gegen die bei ihr am 6. Oktober 2000 eingegangene Plangenehmigung am 6. November 2000 Klage erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, sie sei im Verwaltungsverfahren nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Im Übrigen sei die Plangenehmigung abwägungsfehlerhaft, da ihre Einwendungen verkannt, ihre Bedenken nicht gewürdigt und die erforderlichen Sachverhaltsermittlungen bezüglichen eines Alternativstandortes nicht durchgeführt worden seien.

6

Unter dem 27. August 2002 ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung ihrer Plangenehmigung an. Auf den Antrag der Klägerin, ihr vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, stellte der erkennende Senat durch Beschluss vom 24. September 2002 - 7 MS 180/02 - die aufschiebende Wirkung der Klage bis zum Erlass eines die Plangenehmigung ergänzenden Bescheides der Beklagten wieder her und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Der Senat war der Auffassung, dass den lediglich rudimentären Ausführungen in der Plangenehmigung nicht entnommen werden könne, dass die Beklagte die von dem geplanten Vorhaben berührten städtebaulichen Belange der Klägerin im Rahmen der nach § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG gebotenen Abwägung tatsächlich gemäß § 38 Satz 1, 2. Hs., BauGB berücksichtigt habe. Die von der Klägerin geltend gemachte Beeinträchtigung ihres Ortsbildes und die am vorgesehenen Standort des etwa 30 m hohen Funkmastes nahe gelegene Wohnbebauung hätten die Beklagte veranlassen müssen, auf diese abwägungsrelevanten Gesichtspunkte im Einzelnen einzugehen, die Vor- und Nachteile des geplanten Standortes gegeneinander abzuwägen und das Ortsbild weniger beeinträchtigende Alternativstandorte, auf welche die Klägerin hingewiesen habe, näher in den Blick zu nehmen und angemessen zu gewichten. Dies sei unterblieben. Die Beklagte werde deshalb in einem ergänzenden Verfahren zu überprüfen haben, ob die Auffassung der Beigeladenen, die Alternativstandorte seien aus finanziellen, technischen und auch naturschutzrechtlichen Gründen ungeeignet, ihrer eigenen rechtlichen Bewertung im Sinne einer nachvollziehenden Kontrolle entspreche.

7

Die Beklagte führte daraufhin mit Blick auf die von der Klägerin vorgeschlagenen Alternativstandorte, die im Süden von D.E. an der Bahnstrecke gelegen sind, ein ergänzendes Verfahren durch. Sie ergänzte mit Bescheid vom 7. Oktober 2002 - berichtigt durch Bescheid vom 7. März 2003 - ihre Plangenehmigung vom 29. September 2000 mit folgenden Erwägungen: Das am weitesten vom Ortskern der Klägerin entfernte Flurstück 117/2 der Beigeladenen scheide als Standort für einen 30 m hohen Funkmast aus technischen Gründen aus, weil an dieser Stelle eine Funkanbindung nicht möglich sei. Eine etwaige Nutzung der Flurstücke 114/2 und 160/106 der Beigeladenen beeinträchtige das Landschaftsschutzgebiet "Ilmenautal" und sei deshalb abzulehnen. Die Flurstücke 118/11, 56/2, 56/1, 49/2 der Beigeladenen seien für eine Funkanbindung nicht optimal geeignet. Dies allein sei zwar noch kein zureichender Grund, sie als Alternativstandorte auszuscheiden. An diesen Standorten seien jedoch nicht unerhebliche Eingriffe in ein unvorbelastetes Gebiet erforderlich. Die in diesem Bereich bisher zudem nicht sichergestellte Zuwegung werde zu neuen und weiteren Eingriffen in Natur und Landschaft führen. Die Errichtung eines 30m hohen Funkmastes in diesem von Waldnutzung geprägten Gebiet werde "neue Betroffenheiten" auslösen, die es rechtfertigten, dem Standort auf dem Eisenbahngelände in D.E. den Vorzug zugeben, zumal dieses Gelände bereits durch eisenbahntechnische Einrichtungen vorbelastet sei. Auch finanzielle Erwägungen sprächen gegen die Vorzugswürdigkeit der Alternativstandorte, die Mehrkosten zwischen ca. 10.000 bis 130.000 Euro verursachten. Dies und die naturschutzrechtlichen Belange führten zur Ablehnung der vorgeschlagenen Planungsalternativen. Eine Verschiebung des Funkmastes nach Süden in die unmittelbare Nähe einer Eisenbahnunterführung scheide ebenfalls aus, weil dieser wegen des tiefer liegenden Geländes dann von 30 auf 40m erhöht werden müsse. Im Übrigen sei auch an diesem Standort eine unbestimmte Zahl von Anwohnern betroffen, sodass eine besseren Wahrung der städtebaulichen Belange der Klägerin nicht gegeben sei. Auch ein Stahlgittermast an Stelle eines Betonschleudermastes werde sich wegen seiner größeren Stützweite, seines größeren Umfanges und Fundamentes nicht besser in das Ortsbild einfügen. Im Übrigen sei die Vorhabensträgerin gehalten, den vorhandenen Funkmast zügig zurückzubauen.

8

Die Klägerin hat ihre Klage auf diesen Bescheid erstreckt und hält daran fest, dass die Beklagte auch in dem ergänzenden Verfahren das Benehmen mit ihr nicht ordnungsgemäß hergestellt habe. Die Abwägungsmängel seien nach wie vor nicht behoben. Die Ausführungen zum Flurstück 117/2 als Alternativstandort seien nicht nachvollziehbar, weil Antennenkonfigurationen auch größeren Entfernungen angepasst werden könnten. Bei den Flurstücken 114/2 und 160/106 sei nicht abgewogen worden, ob der Eingriff in ein Landschaftsschutzgebiet tatsächlich schwerer wiege als der Eingriff in ihr Ortsbild. Die Ausführungen zu den Flurstücken 118/11, 56/2, 56/1 und 59/2 überzeugten ebenfalls nicht, weil eine Zuwegung zu den Grundstücken der Beigeladenen problemlos geschaffen werden könne und deren Vorbelastung wegen der angrenzenden Eisenbahnstrecke mit der in ihrem Ortskern identisch sei. Auch der finanzielle Mehraufwand sei in Anbetracht der städtebaulichen Relevanz, die dem Funkmast im Ortskern von D.E. zukomme, nur geringfügig. Eine durchaus mögliche Optimierung des Standortes an der Eisenbahnunterführung sei nur unzureichend geprüft worden. Da der Funkmast unmittelbar nach Erlass des die Plangenehmigung ergänzenden Bescheides errichtet worden sei, dränge sich der Eindruck auf, dass das Vorgehen zwischen der Beklagten und der Beigeladenen auf terminlichen Absprachen beruhe und das Verfahren nicht fair geführt worden sei.

9

Die Klägerin beantragt,

die Plangenehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes, Außenstelle Hamburg, vom 29. September 2000 in der Fassung seines Ergänzungsbescheides vom 7.Oktober 2002 / 7. März 2003 aufzuheben,

hilfsweise,

einen Ortstermin in voller Gerichtsbesetzung durchzuführen.

10

Beklagte und Beigeladene beantragen,

die Klage abzuweisen.

11

Sie verteidigen den angefochtenen Bescheid.

12

Auf Grund der mündlichen Verhandlung am 21. Mai 2003 hat der Senat den Beschluss gefasst, die Örtlichkeit, wie hilfsweise und entscheidungserheblich beantragt, in Augenschein zu nehmen. Die Beweisaufnahme, an der teilzunehmen die Beteiligten verzichtet haben, hat am 30. Oktober 2003 stattgefunden. Wegen des Ergebnisses wird auf das Ortsterminsprotokoll verwiesen.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Beiakten A und B, der Verfahrensakten 7 MS 180/02 sowie 7 MS 211/02 Bezug genommen. Sie waren in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

14

Die Anfechtungsklage, über die im erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne (nochmalige) mündliche Verhandlung entschieden wird, § 101 Abs. 2 VwGO, hat keinen Erfolg.

15

1.

Sie ist zulässig.

16

1.1

Aktuell angefochten ist die Plangenehmigung vom 29. September 2000 in der Gestalt des Ergänzungsbescheides vom 7. Oktober 2002, nachdem letzterer durch Klageänderung, § 91 Abs. 1 VwGO, zulässigerweise in das gerichtliche Verfahren einbezogen worden ist. Dies gilt auch für den Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 7. März 2003, mit dem es bei der Angabe der Mehrkosten für die Alternativstandorte einen Schreibfehler und damit eine offenbare Unrichtigkeit ( § 42 VwVfG) seines Ergänzungsbescheides vom 7. Oktober 2002 berichtigt hat. Mit dem Ergänzungsbescheid wird eine Darstellung und Bewertung der abwägungserheblichen Belange vorgenommen. Er stellt objektiv wie auch seiner Intention nach das Ergebnis eines "ergänzenden Verfahrens" im Sinne von § 20 Abs. 7 Satz 2 AEG dar. Das Eisenbahn-Bundesamt führt den § 20 Abs. 7 AEG einleitend ausdrücklich auf und weist darauf hin, dass es sich zur Korrektur von Mängeln seiner Plangenehmigung vom 29. September 2000, wie sie der Senat in seinem Beschluss vom 24. September 2002 - 7 MS 180/02 - zum Ausdruck gebracht hatte, veranlasst sah und diese mit dem Bescheid ausräumen will. Auch wenn weder § 20 Abs. 7 Satz 2 AEG noch die §§ 74 ff. VwVfG ausdrücklich eine Rechtsgrundlage für eine solche Fehlerbehebungsentscheidung enthalten, setzen sie die Möglichkeit, sie zu treffen, und damit ihre Anfechtbarkeit voraus. Das ist die Konsequenz der Verselbstständigung des Heilungsverfahrens bei abwägungsfehlerhaften Plangenehmigungen, wie sie seit dem Erlass des Gesetzes zur Vereinfachung der Planungsverfahren für Verkehrswege (Planungsvereinfachungsgesetz - PlVereinfG -) vom 17.12.1993 (BGBl.. I, S. 2123) und dem Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren (Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz - GenBeschlG - vom 12.09.1996 (BGBl.. I, S.1354) besteht (vgl. Senatsurteil v. 29.10.2002 - 7 KS 68 /01 -).

17

1.2

Die Klägerin ist nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.

18

Soweit sie sich im Rahmen ihrer Anfechtungsklage unter Berufung auf die Wahrnehmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gegen die angefochtene Plangenehmigung mit der Begründung wendet, die Gesundheits- und Eigentumsinteressen ihrer Bürger seien durch die vom Funkmast ausgehenden Emissionen ("Elektrosmog") tangiert, sind eigene Rechte der Klägerin allerdings nicht betroffen. Denn Grundrechte und sonstige Rechte ihrer Bewohner kann die Klägerin nicht geltend machen. Das für sie durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG Gewähr leistete, ihre Planungshoheit einschließende Recht der Selbstverwaltung beinhaltet nicht auch die Rechte der durch die Plangenehmigung möglicherweise betroffenen Anwohner aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 GG; es ist mit diesen Rechten auch nicht identisch. Die Anwohner müssen ihre Belange gegebenenfalls selbst wahrnehmen.

19

Im Rahmen der ihr zustehenden Planungshoheit ist die Klägerin indessen gegenüber solchen Fachplanungen geschützt, die das Gemeindegebiet oder Teile hiervon nachhaltig betreffen und ihre Entwicklung beeinflussen. Die Klägerin kann sich insoweit auf ein Selbstgestaltungsrecht berufen (vgl. Kirchberg/Boll/Schütz, NVwZ 2002, 550/556). Dies gestattet es der Gemeinde, ihre Infrastruktur und das Gepräge ihres Ortes selbst zu gestalten (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.1987 - 7 C 31.85 -, BVerwGE 77,134, 138[BVerwG 18.03.1987 - 7 C 31/85]; BVerwG, Urt. 19.03.1976 - 7 C 71.72 -, NJW 1976, 2175, 2176) [BVerwG 19.03.1976 - VII C 71/72]. Insofern ist auch das Ortsbild zumindest in seinem Kernbereich geschützt. Wenn dem Ort im Vergleich mit dem vorherigen Zustand ein neuartiges Gepräge gegeben wird, kann die Gemeinde eine ermessensfehlerfreie Abwägung ihrer diesbezüglichen Belange beanspruchen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.1987 -7 C 28.85 - BVerwGE 77,128, 133[BVerwG 18.03.1987 - 7 C 28/85]; Beschl. v. 05.12.1996 -11 VR 8.96 -, NVwZ-RR 1997,339 [BVerwG 05.12.1996 - 11 VR 8/96]; Beschl. v.15.04.1999 - 4 VR 18.98 -, NVwZ-RR 1999, 554/555).

20

Im vorliegenden Fall erscheint es nach dem Vortrag der Klägerin nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der 30 m hohe Funkmast in der Ortsmitte von D.E. das Ortsbild nachhaltig beeinträchtigen und dem Ort ein von Grund auf neuartiges Gepräge geben könnte. Die Klagebefugnis der Klägerin ist damit gegeben.

21

2.

Die Klage ist aber unbegründet.

22

2.1

Die Plangenehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes vom 29. September 2000 in der Fassung des sie ergänzenden Bescheides vom 7. Oktober 2002 / 7. März 2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

23

Die Genehmigung leidet nicht an Verfahrensfehlern.

24

Der Wahl des Plangenehmigungsverfahrens stand § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AEG in der zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung maßgeblichen (älteren) Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl.. I S. 2378, 2396, ber. 1994 I, S.2439) nicht entgegen. Denn Rechte der Klägerin im Sinne dieser Vorschrift werden durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt. Mit einer Rechtsbeeinträchtigung, die nur im Einverständnis des Betroffenen das Absehen von einem Planfeststellungsverfahren zulässt, ist der direkte Zugriff auf fremde Rechte gemeint, nicht aber die bei jeder raumbeanspruchenden Planung gebotene wertende Einbeziehung der Belange Dritter in die Abwägungsentscheidung (BVerwG, Beschl. v. 29.12.1994 - 7 VR 12.94 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 3). Der aus dem Selbstverwaltungsrecht der Klägerin folgende Anspruch darauf, dass das Eisenbahn-Bundesamt bei der Betätigung seines Planungsermessens ihr Interesse an der Gestaltung ihres Ortsbildes nicht unberücksichtigt lässt (vgl. BVerwGE 77, 134,138[BVerwG 18.03.1987 - 7 C 31/85];  97, 203, 212), [BVerwG 14.12.1994 - 11 C 18/93]setzt der Fachplanung keine in der Abwägung unüberwindbare Grenze, deren Einhaltung bei der Plangenehmigung durch die Erteilungsvoraussetzung des § 18 Abs. 2 Satz 1 AEG sichergestellt werden müsste, sondern wird von dem sich aus § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG auch für die Plangenehmigung ergebenden Anspruch der Klägerin auf gerechte Abwägung ihrer Belange mit entgegenstehenden anderen Belangen uneingeschränkt umfasst.

25

Das in § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AEG vorgeschriebene Benehmen mit der Klägerin, das im Gegensatz zum Einvernehmen keine Willensübereinstimmung erfordert (vgl. BVerwGE 92, 258, 262[BVerwG 29.04.1993 - 7 A 2/92] zu § 9 BNatSchG), ist hergestellt worden. Das Benehmen ist der Sache nach eine Form der Behördenanhörung wie nach § 73 Abs. 2 VwVfG zur Wahrung der Sachzuständigkeiten mitbeteiligter Stellen, damit die von ihnen geltend gemachten öffentlichen Belange bei der notwendigen Planabwägung berücksichtigt werden können. Das Benehmen bezieht sich nicht nur auf die Entscheidungsform (Plangenehmigung an Stelle einer Planfeststellung), sondern auch auf das Vorhaben als solches. Benehmen bedeutet Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist vor der Entscheidung. Eine Bindung an die Stellungnahme tritt dadurch nicht ein. Welche Bedeutung sie hat, hängt von der Rechtsqualität der geltend gemachten Belange ab, insbesondere davon, ob hinter ihnen zwingende Gebote oder Verbote des materiellen Rechts oder bloße Optimierungsgebote stehen. Das Benehmen muss im Zeitpunkt der Plangenehmigung vorliegen. Regelmäßig reicht dazu eine schriftliche Stellungnahme aus (vgl. Bonk/Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6.Aufl., § 74 Rn. 150 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 74 Rn. 168). Auch wenn die Klägerin, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, ihre Stellungnahme vom 2. August 2000 im Rahmen einer vor der Stellung des Plangenehmigungsantrages von den Vertretern der Beigeladenen betriebenen informellen Beteiligung der Träger öffentlicher Belange auf schriftliche Anforderung des Landkreises Lüneburg bei diesem und nicht unmittelbar gegenüber dem Eisenbahn-Bundesamt abgegeben hat, sind Verfahrensrechte der Klägerin dadurch nicht verletzt worden. § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AEG sieht ein eigenständiges, vom Eisenbahn-Bundesamt selbst zu führendes formelles Anhörungsverfahren nicht ausdrücklich vor.

26

Zwar ließe sich auch die Auffassung vertreten, dass sich das Eisenbahn-Bundesamt nach Eingang der Antragsunterlagen einschließlich der (ablehnenden) Stellungnahme der Klägerin vom 2. August 2000 zur Vorbereitung einer sachgerechten Abwägungsentscheidung hätte veranlasst sehen müssen, selbst mit ihr das Benehmen herzustellen, um den Sachverhalt insoweit weiter aufzuklären und sich eine eigene präzisere Kenntnis über ihre ablehnende Haltung zu verschaffen. Davon hat das Eisenbahn-Bundesamt abgesehen. Ein darin liegender Verfahrensmangel wäre jedoch zwischenzeitlich geheilt, weil die Klägerin anlässlich des Erörterungstermins im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes - 7 MS 180/02 - am 18. September 2002 und während des anhängigen Hauptsacheverfahrens ihren Standpunkt zu ihren städtebaulichen Belangen umfassend dargelegt und die Genehmigungsbehörde sich damit auseinander gesetzt hat (§ 45 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 VwVfG).

27

Ein Einvernehmen der Klägerin nach § 36 Abs. 1 Satz 2 BauGB wäre nur erforderlich gewesen, wenn die Anwendung dieser Vorschrift nicht durch § 38 Satz 1 BauGB ausgeschlossen war. Das ist aber der Fall. Denn das Plangenehmigungsverfahren, das gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz AEG bei Erteilung der Plangenehmigung die Rechtswirkungen der Planfeststellung auslöst, betrifft ein Vorhaben von überörtlicher Bedeutung. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Bau von Betriebsanlagen der Eisenbahn wegen des in § 38 BauGB zum Ausdruck gebrachten grundsätzlichen Vorrangs der Fachplanung gegenüber der Planungshoheit der Gemeinde in der Regel eine derartige Bedeutung im Sinne des § 38 Satz 1 BauGB hat (BVerwG, Beschl. v. 31.07.2000 - 11 VR 5.00 -, UPR 2001, 33; vom 31.10.2000 - 11 VR 12.00 -, NVwZ 2001, 90). So liegt es auch hier. Das genehmigte Vorhaben weist durch seine Einbettung in ein überregionales Eisenbahn-Funknetz, das die Errichtung von Basisstationen nach technisch in bestimmter Weise vorgegebenen, auch die räumliche Zuordnung zueinander und zu den Gleisen betreffenden Kriterien erfordert, überörtliche Bezüge auf. Darauf, dass die Ausführung der konkret genehmigten Anlage sich auf das Gebiet der Klägerin beschränkt, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

28

Aus dem Vorstehenden ergibt sich ferner, dass sich die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob sich das genehmigte Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB "in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt", nicht stellt. Denn nach § 38 Satz 1 BauGB sind die §§ 29 bis 37 BauGB auf Plangenehmigungsverfahren mit den Rechtswirkungen einer Planfeststellung für Vorhaben von überörtlicher Bedeutung nicht anzuwenden, wenn die Gemeinde - wie hier - am Ende in ausreichender Form beteiligt worden ist und ihre städtebaulichen Belange - wie sich aus den weiteren Ausführungen ergibt - in angemessener Weise berücksichtigt worden sind.

29

Der Durchführung eines baurechtlichen Genehmigungsverfahrens (§§ 68 ff. NBauO) bedurfte es ebenfalls nicht. Sofern ein Planfeststellungsverfahren - wie hier - unterbleibt, erteilt gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 EVerkVerwG das Eisenbahn-Bundesamt für den Bau neuer Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes (§ 18 Abs. 1 Satz 1 AEG) die Plangenehmigung nach § 18 Abs. 2 AEG. Die Plangenehmigung hat gemäß 18 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz, die Rechtswirkungen der Planfeststellung, ersetzt alle nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, Verleihungen sowie Zustimmungen und legt die zu errichtende Eisenbahnanlage rechtswirksam und rechtsverbindlich gegenüber jedermann fest (§ 75 Abs. 1VwVfG). Im Übrigen gilt nach § 3 Abs.1 Nr.1 NBauO dieses Gesetz nicht für öffentliche Verkehrsanlagen einschließlich des Zubehörs, der Nebenanlagen und der Nebenbetriebe. Zu den "öffentlichen Verkehrsanlagen" gehören auch die Betriebsanlagen der öffentlichen Eisenbahnen des Bundes (vgl. Große-Suchsdorf / Linhardt / Schmaltz / Wiechert, NBauO, 7. Aufl., § 3 Rn. 5,11). Zu diesen gehören auch die für den Betrieb der Schienenwege notwendigen Anlagen (§ 18 Abs.1 AEG), über die ausschließlich das Eisenbahn-Bundesamt die Bauaufsicht führt (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 EVerkVerwG).

30

Die zwischen den Beteiligten streitig erörterte Frage, ob die Funkanlage künftig ausschließlich zu Bahnbetriebszwecken genutzt oder - wie die Klägerin geltend macht - auch privatgewerblichen Nutzungen zugeführt wird, ist für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der jedenfalls nur zu bahnbetrieblichen Zwecken erteilten Plangenehmigung ohne Bedeutung. Im Übrigen hat die Beigeladene im Erörterungstermin vom 18. September 2002 ausdrücklich zugesichert, dass auf dem geplanten Funkmast auf unabsehbare Zeit keine Anlagen privater Mobilfunkbetreiber installiert werden.

31

(...)

32

2.2

Auch das jeder rechtsstaatlichen Planung innewohnende, in § 18 Abs.1 Satz 2 AEG ausdrücklich aufgeführte Abwägungsgebot, die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, ist zu Lasten der Klägerin nicht verletzt.

33

Dieses Gebot verlangt im Einzelnen, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass - zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss und dass - drittens - weder die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Das Ergebnis der Interessenabwägung ist der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle damit nur begrenzt zugänglich. Ein Rechtsverstoß kann nicht darin liegen, dass sich die Plangenehmigungsbehörde in der Kollision zwischen den verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit - zwangsläufig - für die Zurückstellung des anderen entscheidet (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 13.03.1995 - 11 VR 2.95 -, NVwZ 1995, 905).

34

Die Plangenehmigungsbehörde hat hier weder öffentliche Belange noch die Belange der Klägerin verkannt oder in angreifbarer Weise fehlgewichtet. Sie hat sich im Rahmen ihrer Abwägung unter Übernahme der Erwägungen der Vorhabensträgerin für die Errichtung des 30 m hohen Funkmastes an der vorgesehenen Stelle unter Berücksichtigung technischer, naturschutzrechtlicher und insbesondere finanzieller Gesichtspunkte entschieden.

35

Bei der Standortauswahl fällt zunächst funktechnisch ins Gewicht, dass sich die einzelnen Abschnitte des Funknetzes entlang der Eisenbahnstrecke zur Einbettung in ein überregionales digitales Funksystem in kleinen Bereichen überlappen und die Antennen in Richtung des Streckenverlaufs ausgerichtet sein müssen, um die entsprechenden Feldstärken zu erreichen und die Strecke lückenlos mit dem Funknetz abzudecken. Die Beigeladene hat nach Maßgabe dieser funktechnischen Erfordernisse und unter Berücksichtigung der an der Bahnstrecke Lehrte - Cuxhaven bereits errichteten Basisstationen den Maststandort auf bahneigenem Grund und Boden in unmittelbarer Nähe des Stellwerkes in der Ortsmitte von D.E. gewählt, um die Inanspruchnahme fremder Grundstücke zu vermeiden. Sie hat sich für diesen Standort auch deshalb entschieden, weil die Anlagen, deren Funktionsfähigkeit ein störungsfreier Bahnbetrieb erfordert, bei Betriebsstörungen mit Versorgungsfahrzeugen jederzeit über das innerörtliche Straßennetz der Klägerin gut erreichbar sind. Ferner kann die Basisstation dort zur Stromversorgung ohne zusätzlichen technischen Aufwand an das bereits vorhandene Festnetz und an das Streckenkabel der Bahn angeschlossen werden.

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In Anbetracht dieser für den gewählten Standort sprechenden Umstände erscheint es sachgerecht und nicht abwägungsfehlerhaft, die von der Klägerin zur Schonung ihres Ortsbildes vorgeschlagenen und von der Plangenehmigungsbehörde (ergänzend) in den Blick genommenen Alternativstandorte ungeachtet ihrer naturschutzrechtlichen Erwägungen vor allem aus finanziellen Gründen als nicht vorzugswürdig zu verwerfen. Die im Süden von D.E. an der Eisenbahnstrecke im Landschaftsschutzgebiet "Ilmenautal" gelegenen Grundstücke der Beigeladenen (Flur 2, Flurstücke 114/2, 118/11, 56/2, 56/1, 49/2, 160/106) drängen sich als Standort für den Funkmast und die Basisstation schon deshalb nicht auf, weil es in diesem Bereich verboten ist, Veränderungen vorzunehmen, die geeignet sind, die Natur zu schädigen, den Naturgenuss zu beeinträchtigen oder das Landschaftsbild zu verunstalten. Hierunter fällt die Anlage von Bauwerken aller Art (§ 2 S. 1 u. 2 der Landschaftsschutzverordnung "Ilmenautal"). Ob die hier in Rede stehende Nutzung geeignet wäre, den Naturgenuss zu beeinträchtigen oder das Landschaftsbild zu verunstalten oder als "wirtschaftliche Nutzung" dem Zweck dieser Verordnung widersprechen würde (vgl. § 2 S. 3 d. VO), kann im Ergebnis dahinstehen. Denn nach den von der Klägerin nur pauschal bestrittenen und nicht widerlegten Angaben der Beigeladenen wären an jedem dieser Alternativstandorte erhebliche finanzielle Mehraufwendungen (in Höhe von etwa 95.000 - 130.000 Euro) erforderlich, um sie durch Installation von zwei zusätzlichen Transformatoren für eine 950 Volt-Anlage und den Neubau einer Kabeltrasse an das dort fehlende Strom- und Telekommunikationsnetz anzuschließen. Ferner entstünden der Vorhabensträgerin an diesen Standorten Mehrkosten für die Instandhaltung sowie Entstörung der Funkanlage. Gegen eine Vorzugswürdigkeit der Alternativstandorte spricht auch, dass die Zufahrt der Flurstücke 56/2, 56/1, 49/2 bisher nicht befestigt ist, die Zuwegung des Flurstücks 118/11 für die Errichtung der Anlage nicht geeignet erscheint, bei den Flurstücken 114/2 und 160/106 ein Grunderwerb von im Landschaftsschutzgebiet "Ilmenautal" gelegenen Flächen erforderlich wäre und das Flurstück 117/2 aus technischen Gründen ausscheidet, weil an diesem Standort eine ausreichende Funkanbindung nicht sichergestellt werden kann. Die von der Beigeladenen und der Plangenehmigungsbehörde zudem erwogene Verschiebung des Funkmastes nach Süden in die unmittelbare Nähe der Eisenbahnunterführung drängt sich ebenfalls nicht auf, weil der Mast hier wegen des tiefer gelegenen Geländes von 30 auf 40 m erhöht werden müsste und auch an diesem Standort wegen der nahe gelegenen Wohnbebauung das Ortsbild, wenn auch weniger zentral, betroffen wäre. Der Einwand der Klägerin, die getroffene Abwägungsentscheidung sei nach wie vor fehlerhaft, vermag damit nicht durchzugreifen.

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Auch den Belang der Klägerin, ihr Ortsbild nicht gravierend zu verändern, hat die Beklagte in gerichtlich jedenfalls nicht zu beanstandender Weise beachtet. Zwar sind, wie die Ortsbesichtigung durch den Senat ergeben hat, die optischen Auswirkungen des (inzwischen errichteten) Funkmastes in der näheren (Straße "Am Bahnhof") und weiteren (etwa Fritz - Reuter - Straße) Umgebung wegen seiner im Vergleich mit den umgebenden Bauten herausragenden Höhe von 30 m durchaus gravierend. Dieser Eindruck geht jedoch nicht so weit, dass er zu der Feststellung führt, die Anlage würde die vorhandene städtebauliche Struktur der Klägerin an dieser Stelle "von Grund auf verändern"; eine so weit gehende Veränderung müsste für die Verletzung des Selbstgestaltungsrecht aber feststellbar sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.04.1999, a.a.O.). Das bauliche Gefüge und der Siedlungscharakter der Umgebung werden jedenfalls nicht in einer Weise verändert, dass dem Ort im Vergleich mit dem früheren Zustand ein "grundlegend neuartiges Gepräge" verliehen wird. Entscheidend zu berücksichtigen ist dabei, dass das Erscheinungsbild der Klägerin im Nahbereich des Mastes auch bisher schon durch die zweigleisige Hauptverkehrsstrecke der Eisenbahn geprägt wird, die in ihrem nord - südlichen Trassenverlauf den Ort in zwei Teile trennt und die es verhindert, dass an dieser Stelle ein geschlossenes und besonders schützenswertes Ortsbild entstehen konnte. Der neue Mast, der in unmittelbarer Nähe der Bahngleise, ihrer Strommasten und des Stellwerks steht, wirkt zwar auch hier durch seine Gestalt und große Höhe als Fremdkörper. Er verändert das - uneinheitliche - Ortsbild damit aber nicht von Grund auf.

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Selbst wenn man dies anders bewertete, würde daraus nicht folgen, dass sich der klägerische Belang in der Abwägung tatsächlich durchsetzen müsste. Er kann überwunden werden, da es der Plangenehmigungsbehörde im Rahmen des Abwägungsgebotes auch bei Rechtsbeeinträchtigungen unbenommen bleibt, gewichtigeren gegenläufigen Belangen den Vorrang einzuräumen. So läge es hier. Die Plangenehmigungsbehörde hat das Interesse der Klägerin, den Funkmast von ihrem Gemeindegebiet fern zu halten, in ihre Erwägungen aufgenommen. Sie hat ihm jedoch kein ausschlaggebendes Gewicht beigemessen, weil sie nicht nur in Abrede gestellt hat, dass das Vorhaben eine negativ prägende Wirkung auf das Ortsbild habe, sondern weil sie überdies den Standpunkt vertreten hat, die vorgeschlagenen Standortalternativen seien insbesondere aus technischen wie auch aus finanziellen Gründen zu verwerfen. Diese Gewichtung ist nicht zu beanstanden, weil sich der Planungsträger bei der Entscheidung für die eine oder die andere Planungsalternative auch von Kostengesichtspunkten leiten lassen darf. Denn das Interesse, den finanziellen Aufwand für die Errichtung von Betriebsanlagen der Eisenbahn, die - wie hier - dem öffentlichen Verkehr dient, gering zu halten, gehört wegen ihrer gesetzlich bestimmten Gemeinnützigkeit (vgl. Art. 87 e Abs. 4 GG, § 3 AEG) zu den öffentlichen Belangen, denen in der Abwägung Rechnung zu tragen ist. Auch nach der weit gehenden Privatisierung des Eisenbahnwesens durch das Eisenbahnneuordnungsgesetz vom 27.12.1993 (BGBl.. I S.2089) bleibt der Bau und der Erhalt einer möglichst flächendeckenden und technisch leistungsfähigen Eisenbahninfrastruktur ein wichtiger Belang im öffentlichen Interesse, was nicht zuletzt aus dem Gewährleistungsauftrag des Bundes nach Art. 87 e Abs. 4 GG deutlich wird. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt der Schutz eines durch keine hervorstechenden und besonders schützenswerten Merkmale gekennzeichneten Ortsbildes nicht jeden Preis. Gewisse ästhetische Einbußen als Folge eines für das Ortsbild nachteiligen, aber kostengünstigeren und technisch leichter realisierbaren Vorhabens muss die Klägerin auf Grund ihrer historisch gewachsenen Lage an einer wichtigen Eisenbahnverkehrsverbindung hinnehmen.

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Schließlich wären Mängel bei der Abwägung nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 20 Abs. 7 Satz 1 AEG). Jedenfalls offensichtliche Abwägungsmängel, auf die sich die Klägerin als Gemeinde berufen könnte, sind, wie dargelegt, nicht gegeben.