Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 08.10.2003, Az.: 8 LA 144/03

Erhebung; Gebühr; Gebührensatzung; Grabnutzungsgebühr; Grabstelle; rechtliches Gehör; Wahlgrabstelle; Zeitraum; Zukunft; Zulassungsantrag

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
08.10.2003
Aktenzeichen
8 LA 144/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 48194
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 18.06.2003 - AZ: 3 A 3067/01

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Erhebung von Grabnutzungsgebühren für einen erst in der Zukunft beginnenden Zeitraum dürfte unzulässig sein.

Gründe

1

Die Zulassungsanträge haben keinen Erfolg, weil die von den Beteiligten geltend gemachten Berufungszulassungsgründe nicht vorliegen.

2

Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Gebührenbescheid vom 3. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2000 aufgehoben, soweit der Kläger zu Grabnutzungsgebühren in Höhe von 8.736,- DM herangezogen worden ist. An der Richtigkeit dieser Entscheidung bestehen entgegen der Annahme der Beklagten keine ernstlichen Zweifel, so dass der von ihr reklamierte Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegt.

3

Dabei kann dahinstehen, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Friedhofsgebührensatzung der Beklagten mangels ausreichender Regelungen über die Entstehung und die Fälligkeit der Gebühren keine wirksame Rechtsgrundlage für die Erhebung von Grabnutzungsgebühren darstelle, zutreffend ist. Die Heranziehung des Klägers zu Gebühren für die Nutzung der Wahlgrabstelle dürfte nämlich schon deshalb rechtswidrig sein, weil die Gebühren für einen Nutzungszeitraum erhoben worden sind, der bei Erlass des Widerspruchsbescheides, d. h. in dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheides maßgeblichen Zeitpunkt, noch gar nicht begonnen hatte. Die Beklagte hat den Kläger anlässlich der Verlängerung des Nutzungsrechts an der Wahlgrabstelle für die Zeit vom 17. Februar 2001 bis zum 16. Februar 2025 zu Grabnutzungsgebühren herangezogen, die am 12. April 2000 fällig waren. Diese Gebühren stellen mithin die Gegenleistung für die Nutzung der Wahlgrabstelle während eines Zeitraums dar, der bei Erlass des Widerspruchsbescheides noch gar nicht begonnen hatte. Die Erhebung von Grabnutzungsgebühren für einen erst in der Zukunft beginnenden Zeitraum dürfte jedoch unzulässig sein. Das hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 25. September 2001 (8 L 637/99) festgestellt. Dem steht nicht entgegen, dass die Gebührenschuld bereits mit dem Beginn der tatsächlichen Inanspruchnahme der Grabstelle für die gesamte Grabnutzungszeit entsteht, wenn die Gebührensatzung eine dahingehende ausdrückliche Regelung enthält (Senatsbeschl. v. 6.1.2003 - 8 L 4581/99 -). Im vorliegenden Fall geht es nämlich nicht darum, ob die Gebührenschuld schon mit dem Beginn der tatsächlichen Inanspruchnahme der Grabstelle für die gesamte Grabnutzungszeit zur Entstehung gelangt, sondern allein darum, ob Grabnutzungsgebühren für einen Nutzungszeitraum verlangt werden können, der noch gar nicht begonnen hat. Das dürfte zu verneinen sein. Daher bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, den Gebührenbescheid aufzuheben, soweit er die Grabnutzungsgebühren betrifft.

4

Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) scheidet mangels ausreichender Darlegung des Zulassungsgrundes ebenfalls aus. Die Beklagte hat zwar die Frage, wann eine Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Friedhof anzunehmen ist, als grundsätzlich bedeutsam bezeichnet. Diese Frage wäre in dem von der Beklagten angestrebten Berufungsverfahren jedoch nicht zu klären, weil sie - zumal in dieser Allgemeinheit - nicht entscheidungserheblich wäre.

5

Die Berufung kann auch nicht zugelassen werden, soweit das Verwaltungsgericht die Klage gegen die Erhebung der Gebühren für die Beisetzung des Sarges und die Benutzung der Kapelle abgewiesen hat, weil der vom Kläger geltend gemachte Berufungszulassungsgrund der Versagung rechtlichen Gehörs nicht vorliegt.

6

Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet die Gerichte, nur solche Unterlagen bei Entscheidungen zu verwerten, die in das Verfahren eingeführt worden sind und zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte mit Verfügung vom 29. April 2003 aufgefordert, die für das Jahr 2000 geltende Gebührenkalkulation vorzulegen. Der Kläger, der von dieser Aufforderung Kenntnis erhielt, hatte daher schon vor dem Eingang der Gebührenkalkulation bei Gericht die Möglichkeit, um Einsichtnahme in die Kalkulation nachzusuchen. Hätte er dies getan, hätte er mehr als einen Monat Zeit gehabt, die Gebührenkalkulation unter Hinzuziehung sachkundiger Personen zu überprüfen und zu ihr in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen, weil die vom Verwaltungsgericht angeforderten Unterlagen am 14. Mai 2003 bei Gericht eingingen und die mündliche Verhandlung erst am 18. Juni 2003 stattfand. Daher stand dem Kläger ausreichend Zeit zur Verfügung, sich vor dem Erlass des erstinstanzlichen Urteils zu der Gebührenkalkulation zu äußern. Dass er diese Zeit nicht genutzt hat, geht zu seinen Lasten. Folglich kann von einer Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs keine Rede sein.

7

Abgesehen davon genügt die Darlegung des angeblichen Verfahrensfehlers den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht. Die Gehörsrüge erfordert die substantiierte Darlegung dessen, was bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen worden wäre und inwieweit dieser Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.8.1997 - 7 B 261.97 - m. w. N.). Daher hätte der Kläger zur Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes angeben müssen, was er noch vorgetragen hätte, wenn ihm - wie in der mündlichen Verhandlung beantragt - eine Erklärungsfrist zur Gebührenkalkulation eingeräumt worden wäre, und inwieweit dieser Vortrag zur Klärung des von ihm geltend gemachten Anspruchs auf Aufhebung des Gebührenbescheides hätte beitragen können. Sein Zulassungsantrag enthält dazu jedoch keine ausreichenden Angaben. Der Kläger hat nicht konkret dargetan, was er im erstinstanzlichen Verfahren noch vorgetragen hätte. Außerdem hat er nicht näher erläutert, inwieweit sein Vorbringen rechtlich relevant gewesen wäre. Damit ist die Darlegung des behaupteten Verfahrensmangels unzureichend.