Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.10.2003, Az.: 1 LA 28/03

Bauleitplanung; Empfehlung; Konzentrationsplanung; Küstenlandschaft; Landschaftsbild; Mindestabstand; Orientierungsrahmen; Regionalplanung; Verunstaltung; Vorrangstandort; Windenergie; Windenergienutzung; Windkraftanlage; Windpark

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.10.2003
Aktenzeichen
1 LA 28/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 48602
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 05.12.2002 - AZ: 4 A 3860/00

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Der in dem Runderlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 11. Juli 1996 (Az. 39.1 - 32346/8.4-) über die Festlegung von Vorrangstandorten für Windenergienutzung in der Regionalplanung genannte Abstand von 5 km zwischen Vorrangstandorten für die Windenergienutzung hat nur Empfehlungscharakter. Für die Bauleitplanung bildet diese Empfehlung einen Orientierungsrahmen, von dem im Einzelfall abgewichen werden kann. Selbst in der Küstenlandschaft mit ihren nahezu unbegrenzten Sichtweiten muss unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten im Einzelfall geprüft werden, ob ein Mindestabstand von 5 km zwischen Windparks erforderlich ist.

Gründe

1

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung einer Windenergieanlage. Gegenstand der Bauvoranfrage vom 8. Dezember 1999 ist eine Anlage mit 65 m Nabenhöhe, 70 m Rotordurchmesser und 1.800 kW Nennleistung. Der geplante Anlagenstandort (Flurstück 41/1 der Flur 9 der Gemarkung D.) liegt nordöstlich des Stadtzentrums der Beklagten im Bereich "E." in Hafennähe.

2

Mit dem am 24. März 2000 bekannt gemachten Flächennutzungsplan in der Fassung seiner 13. Änderung stellte die Beklagte an der südwestlichen Stadtgrenze im Bereich "F." eine Sonderbaufläche für Windenergienutzung dar und schloss die Zulässigkeit von Windenergieanlagen im übrigen Stadtgebiet aus. Der Vorhabensstandort liegt außerhalb der Sonderbaufläche.

3

Mit Bescheid vom 3. April 2000 lehnte die Beklagte die Erteilung eines Bauvorbescheides unter Hinweis auf die Änderung des Flächennutzungsplanes ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos.

4

Die Klage hat das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer Ortsbesichtigung mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Flächennutzungsplan in der Fassung seiner 13. Änderung sei wirksam und stehe deshalb dem Vorhaben entgegen. Der Abstand zwischen der dargestellten Sonderbaufläche F. und der Sonderbaufläche "G." auf dem Gebiet der Nachbargemeinde H. unterschreite zwar den als Richtwert in dem Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 11. Juli 1996 genannten Abstand von 5 km zwischen Windparks. Die Ortsbesichtigung habe jedoch ergeben, dass die Abstandsunterschreitung von 1,5 km das Landschaftsbild nicht verunstalte, so dass die Abwägungsentscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden sei. Umstände, die entgegen der Regelaussage in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB geeignet seien, der Klägerin den Weg zur Erteilung des von ihr begehrten Bauvorbescheides zu ebnen, lägen nicht vor.

5

Der Zulassungsantrag, der auf die Zulassungsgründe in § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 4 und 5 VwGO gestützt wird, ist unbegründet.

6

Die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht gegeben. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung liegen nach ständiger Rechtsprechung des Senates (vgl. Beschl. v. 31.7.1998 - 1 L 2696/98 - NVwZ 1999, 431) erst dann vor, wenn für das vom Zulassungsantragsteller favorisierte Entscheidungsergebnis - auf dieses und nicht auf einzelne Begründungselemente kommt es dabei an - die "besseren Gründe" sprechen, d.h. wenn ein Obsiegen in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Die Klägerin macht geltend, es begründe ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteiles, dass das Verwaltungsgericht entgegen der ständigen Rechtsprechung des Senates eine Unterschreitung des Mindestabstandes von 5 km zwischen Windparks nach dem Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 11. Juli 1996 im Rahmen der Flächennutzungsplanänderung der Beklagten als zulässig erachtet habe. Diese Rüge greift nicht durch.

7

Der zitierte Runderlass über die Festlegung von Vorrangstandorten für Windenergienutzung in der Regionalplanung (Erlass des MI vom 11.7.1996 - Az. 39.1 - 32346/8.4 -) empfiehlt Abstände zwischen Vorrangstandorten für Windenergie von mindestens 5 km. Für die Bauleitplanung bilden die Abstandsempfehlungen des genannten Erlasses nur einen Orientierungsrahmen, von dem im Einzelfall abgewichen werden kann. Der Senat hat in seinem Urteil vom 21. Juli 1999 (- 1 L 5203/96 - NVwZ 1999, 1358) den Grundgedanken dieser Regelung darin gesehen, dass angemessene Abstände zwischen Windparks notwendig sind, damit das Landschaftsbild nicht zu sehr beeinträchtigt wird. Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen, dass der in dem genannten Erlass erwähnte Mindestabstand von 5 km zwischen Windparks für die Küstenregion generell verbindlich sein soll. Zwar hat der Senat zu dem in dem Erlass ebenfalls bezeichneten Abstandsradius von 500 m ausgeführt, dass der Erlass nach wie vor "Verbindlichkeit beanspruche". Wie aus den folgenden Sätzen der Entscheidung deutlich wird, sollte damit aber nur zum Ausdruck gebracht werden, dass der Erlass nach wie vor gültig ist, nicht aber, dass er verbindliche Vorgaben für die Bauleitplanung enthält. Der Senat hat nämlich betont, dass die Vorgaben für die Regionalplanung zur Windenergienutzung nur Empfehlungscharakter haben. Soweit es in der zitierten Entscheidung heißt, dass ein Abstand von 5 km zwischen Windparks jedenfalls in der Küstenregion mit den großen Sichtweiten unabdingbar sei, hat der Senat mit dem Zusatz, dass - in jenem Fall - offen bleiben könne, ob der Mindestabstand von 5 km für alle Landschaftstypen Geltung beanspruchen könne, die Empfehlung des Erlasses bereits relativiert. Im Urteil vom 14. September 2000 (- 1 K 5414/98 -, NVwZ 2001, 452) hat der Senat die Ausführungen zum 5 km-Abstand dahingehend erläutert, dass sie auf Eindrücken eines Ortstermines "im Angesicht eines Windparks" beruhten. In den Leitsätzen zu dem zuletzt genannten Urteil wird verdeutlicht, dass der Mindestabstand von 5 km für die Küstenregion mit ihren großen Sichtweiten (nur) ein nachvollziehbarer Orientierungswert ist. Selbst in der Küstenlandschaft mit ihren nahezu unbegrenzten Sichtweiten muss danach unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten im Einzelfall geprüft werden, ob ein Mindestabstand von 5 km als unabdingbar anzusehen ist. Es unterliegt deshalb keinen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht die ministerielle Empfehlung, zwischen Windparks einen Abstand von 5 km einzuhalten, nicht als unüberwindbares Hindernis für die Planung der Beklagten, in Nachbarschaft zu der 3,5 km entfernten Sonderbaufläche G. der Nachbargemeinde H. eine weitere Sonderbaufläche darzustellen, angesehen hat.

8

Unzutreffend ist allerdings die Ansicht des Verwaltungsgerichts, die Abwägungsentscheidung der planenden Gemeinde in Bezug auf die konkrete Auswahl der Sonderbaufläche sei nur dann rechtmäßig, wenn eine eigene nachvollziehende Abwägung der gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässigen Windkraftanlagen und des konkret betroffenen Landschaftsbildes durch das Gericht ergebe, dass die Errichtung von Windenergieanlagen auf der in Aussicht genommenen Sonderbaufläche das Landschaftsbild nicht verunstalte. Einen solchen Prüfungsumfang hat der Senat in seinem Zulassungsbeschluss vom 10. Juni 2002 (- 1 LA 4/02 -, V.n.b.) nicht gefordert.

9

In jenem Verfahren ging es nicht um die Rechtmäßigkeit einer Konzentrationsplanung. Diese Frage hatte das Verwaltungsgericht in dem zugrundeliegenden Urteil vom 8. November 2001 (4 A 4424/99) ausdrücklich offengelassen. Gestritten wurde vielmehr darum, ob dem gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierten Vorhaben der Errichtung von drei Windenergieanlagen zur Erweiterung eines vorhandenen Windparks der öffentliche Belang einer drohenden Verunstaltung des Landschaftsbildes gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegenstand. Das Verwaltungsgericht hatte dies mit der Begründung bejaht, die Unterschreitung des Mindestabstandes von 5 km zwischen den geplanten Anlagen und dem bereits vorhandenen Windpark belege einen groben Eingriff in das Landschaftsbild. Der Senat hat auf den Zulassungsantrag der Vorhabensträgerin mit dem zitierten Beschluss vom 10. Juni 2002 die Berufung mit der Begründung zugelassen, die Feststellung, ob einem privilegierten Vorhaben der öffentliche Belang der Verunstaltung des Landschaftsbildes entgegenstehe, setze eine eigene nachvollziehende Abwägung der widerstreitenden Belange durch das Gericht voraus (vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 13.12.2001 - 4 C 3.01 -, BauR 2002, 751). Eine solche rechtliche Konstellation ist hier nicht gegeben.

10

Der Konzentrationsplanung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, um die es in dem vorliegenden Fall geht, liegt ein anderes Modell zugrunde. Die von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erfassten Vorhaben sind nicht nur dann unzulässig, wenn ihnen öffentliche Belange i.S. des § 35 Abs. 1 BauGB entgegenstehen, sondern auch dann, wenn für sie durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Die gesetzgeberische Privilegierungsentscheidung kommt zwar weiterhin, aber nur mehr nach Maßgabe der gemeindlichen Planungsvorstellungen zum Tragen. Mit der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bekommt die Gemeinde ein Instrument an die Hand, das es ihr ermöglicht, durch eine Kanalisierung der in § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB aufgeführten Vorhaben die städtebauliche Entwicklung in ihrem Gemeindegebiet in geordnete Bahnen zu lenken (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, ZfBR 2003, 370). Im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hängt die Zulassungsfähigkeit ebenfalls davon ab, von welchem Gewicht die Interessen und Belange sind, die sich gegenüberstehen. Im Vergleich zu § 35 Abs. 1 BauGB verschiebt sich allerdings die Perspektive. Welches Interesse überwiegt, ist nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht allein standortbezogen, sondern in erster Linie gemeindegebietsbezogen zu beurteilen. Hieraus folgt, dass es der Gemeinde nicht verwehrt ist, im Rahmen der Konzentrationsplanung den öffentlichen Belang der Verunstaltung des Landschaftsbildes gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB in der Konkurrenz mit der Windenergienutzung als einen Abwägungsposten zu behandeln, der je nachdem, welches Gewicht ihm in der konkreten Planungssituation zukommt, nach den zum Abwägungsgebot entwickelten allgemeinen Grundsätzen überwindbar ist. Dass die Darstellung der Sonderbaufläche für Windenergienutzung F. unter Berücksichtigung dieser Vorgaben an einem Abwägungsfehler leidet, lässt sich nicht feststellen.

11

Die Beklagte hat im Rahmen der Potentialflächenstudie u.a. untersucht, welche Flächen des Stadtgebietes besondere Bedeutung für das Landschaftsbild haben (vgl. Plan 6 zu der Standort-Potentialstudie, Stand: Dezember 1998). Nach der zeichnerischen Darstellung führt die Errichtung von Windenergieanlagen auf der Sonderbaufläche F. weder zu einer weiträumig erkennbaren Beeinträchtigung des Landschaftsbildes noch zu einer nur punktuellen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes. Das Verwaltungsgericht hat danach im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Darstellung der Sonderbaufläche F. unter dem Blickwinkel einer gemeindegebietsbezogenen Untersuchung, ob die Darstellung das Landschaftsbild verunstalten könnte, nicht an Abwägungsfehlern leidet.

12

Die Beklagte hat auch die interkommunale Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 BauGB beachtet. Nach der genannten Vorschrift sind die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. Die Belange der Nachbargemeinde H. hat die Beklagte in die Abwägung eingestellt. Hierzu heißt es auf S. 9 des Erläuterungsberichtes zu der Flächennutzungsplanänderung, dass sich eine Unterschreitung des empfohlenen Abstandes zwischen Windparks von 5 km wegen der naturräumlichen Gegebenheiten - eingeschränkte Sichtbeziehung, keine freie Landschaft, Unterbrechung der Sichtachse durch die Ortslage I. - rechtfertige. Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen seiner standortbezogenen Augenscheinseinnahme festgestellt, dass bei Hinzutritt der Standorte für Windenergieanlagen auf der Sonderbaufläche F. nicht von einer verunstaltenden Wirkung für das Landschaftsbild auszugehen ist. Das erstinstanzliche Gericht hat dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass sich aufgrund der den Windparkstandort F. umgebenden zum Teil alleeartigen Bepflanzung durch höhere Bäume und durch die Straßenrandbebauung von den meistbefahrenen Straßen in der Umgebung der Windfarmen kaum eine freie Sichtachse eröffne, in der beide Windparks gleichzeitig ohne verdeckende Hindernisse in das Blickfeld des Betrachters gerieten. Für diese Einschätzung sei insbesondere bestimmend, dass der Standort F. praktisch durch Wohnbebauung und Baumgruppen sowie Straßenrandbäume umschlossen werde. Der Senat tritt der Auffassung des Verwaltungsgerichts bei, dass bei solchen Besonderheiten, die zu einer spürbaren Unterbrechung und Reduzierung von Sichtachsen führen, eine Unterschreitung des empfohlenen Mindestabstandes möglich ist. Der Landschaftsraum zwischen dem Stadtgebiet der Beklagten und der Nachbargemeinde H. weist die aufgezeigten Besonderheiten auf, die geringere Abstände ohne gravierende Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes erlauben.

13

Die Klägerin rügt weiter vergeblich, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestünden, soweit ihr die erste Instanz nicht in der Ansicht gefolgt sei, die Beklagte hätte den beantragten Bauvorbescheid unabhängig von der Gültigkeit der 13. Änderung des Flächennutzungsplanes jedenfalls deshalb erteilen müssen, weil die Regelvermutung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB im konkreten Fall nicht greife. Nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, a.a.O.) wird mit der Regel-Ausnahme-Formel in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zum Ausdruck gebracht, dass außerhalb der Konzentrationsflächen dem Freihalteinteresse grundsätzlich der Vorrang gebührt. Eine Abweichung im Einzelfall ist zwar möglich, sie steht aber unter dem Vorbehalt, dass die Konzeption, die der Planung zugrunde liegt, als solche nicht infrage gestellt wird. Das mit der Ausweisung an anderer Stelle verfolgte Steuerungsziel darf nicht unterlaufen werden. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe liegt hier ein atypischer Fall nicht vor.

14

Es war ausdrücklicher Planungswille der Beklagten, Einzelanlagen außerhalb der dargestellten Konzentrationsfläche auszuschließen (vgl. S. 1 des Erläuterungsberichts zu der 13. Änderung des Flächennutzungsplanes). Diese Ausschlusswirkung erfasst auch das Vorhaben der Klägerin. Eine Sonderkonstellation kann die Klägerin nicht mit Erfolg damit begründen, dass sich das Vorhaben der Errichtung einer Windenergieanlage im Hafengebiet einfügen würde. Den in Aussicht genommenen Standort hat die Beklagte als Hafenerweiterungsfläche von vornherein aus der Nutzung für Windenergie ausgenommen. Die Flächen im E. besitzen aufgrund ihrer räumlichen Nähe zum Seehafen der Beklagten sowie dem möglichen Anschluss an das Schienennetz einen spezifischen Lagevorteil für einen gewerblichen oder industriellen Nutzungszweck. Bei Zulassung einer Windenergieanlage an dieser Stelle wäre die Plankonzeption der Beklagten, die Flächen im E. für andere städtebauliche Zwecke zur Verfügung zu stellen, gefährdet, so dass es beim Regelfall bleiben muss.

15

Die Zulassungsrüge gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO greift nicht durch. Nach der Rechtsprechung des Senats weist eine Rechtssache dann besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers solche Schwierigkeiten aufwerfen, die sich im Zulassungsverfahren nicht ohne Weiteres beantworten lassen (Beschl. v. 31.8.1998 - 1 L 3914/98 -, NdsVBl 1999, 95). Solche Schwierigkeiten weist die Rechtssache nach den vorstehenden Ausführungen nicht auf.

16

Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen Divergenz zuzulassen. Das Verwaltungsgericht ist weder von dem Urteil des Senats vom 21. Juli 1999 (- 1 L 5203/96 -, a.a.O.) noch von dem Urteil vom 14. September 2000 (- 1 K 5414/98 -) abgewichen. Wie bereits zu dem Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ausgeführt, bietet der Erlass des MI vom 11. Juli 1996 bei der Bauleitplanung nur einen Orientierungsrahmen. Diesen rechtlichen Ansatz gibt das Verwaltungsgericht in seinem Urteil, S. 10 des Urteilsabdruckes, zutreffend wieder. Abgesehen davon arbeitet der Zulassungsantrag nicht heraus, welchen abstrakten, fallübergreifenden Rechts- oder Tatsachensatz das Verwaltungsgericht gebildet und seiner Entscheidung zugrundegelegt hat. Die Begründung des Verwaltungsgerichts, aufgrund der topographischen Besonderheiten - die nach Ansicht der Klägerin tatsächlich nicht bestehen - sei ein Abstand von 3,5 km zwischen den Windenergievorrangflächen ausreichend, enthält eine einzelfallbezogene Wertung und keinen Rechtsgrundsatz.

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Die Verfahrensrüge gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist unbegründet. Die Klägerin rügt eine Verletzung von § 97 Satz 1 VwGO, wonach die Beteiligten das Recht haben, der Beweisaufnahme beizuwohnen. Das Gericht habe Feststellungen zu den "Sichtbarkeiten" der Windenergieanlagen von verschiedenen Standorten in Abwesenheit der Beteiligten getroffen. Mit dieser Rüge ist die Klägerin ausgeschlossen.

18

Das Anwesenheitsrecht gemäß § 97 VwGO ist Ausfluss des in Art. 103 Abs. 1 GG verankerten Anspruchs auf rechtliches Gehör. Durch die Beteiligtenöffentlichkeit soll insbesondere sichergestellt werden, dass die Prozessbeteiligten mit entscheidungserheblichen Fragen zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen können (Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Kommentar zur VwGO, Loseblattsammlung, Stand: Januar 2003, § 97 Rdnr. 4). Ein Verstoß gegen dieses Beteiligungsrecht führt zur Unverwertbarkeit der fehlerhaft gewonnenen Beweisergebnisse, es sei denn, die Beteiligten verzichten auf die Einhaltung des § 97 VwGO nachträglich ausdrücklich oder konkludent durch rügelose Einlassung entsprechend § 295 ZPO (Rudisile, a.a.O., § 97, Rdnr. 29). Eine solche Ausnahme von der Unverwertbarkeit ist hier gegeben. Das Verwaltungsgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 5. Dezember 2002 protokolliert, es teile den Beteiligten mit, dass es auf dem Weg zum Treffpunkt bereits den südlich der beiden Windparks gelegenen Bereich abgefahren habe und insbesondere verschiedene Standorte in einer Karte festgehalten habe, die auszugsweise als Anlage zum Protokoll genommen werde und in der die verschiedenen Standorte S 1 bis S 5 gekennzeichnet seien. Weiter heißt es in dem Protokoll, dass Gericht weise insbesondere darauf hin, dass vom Standort S 5 die im Bereich des Standortes F. im Zeitpunkt der Besichtigung vorhandenen 3 Windkraftanlagen (im Stillstand) fast völlig hinter dem Baumbereich an der K 211 verdeckt seien. Die Klägerin behauptet in ihrem Zulassungsantrag nicht, dass sie gegen dieses Vorgehen des Verwaltungsgerichts Einwände im Termin zur mündlichen Verhandlung erhoben hat. Auch dem Verhandlungsprotokoll des Verwaltungsgerichts lässt sich nicht entnehmen, dass die Klägerin eine Verletzung ihres Beteiligungsrechtes gerügt hat. Es ist danach davon auszugehen, dass die Klägerin auf die Geltendmachung eines Verstoßes gegen § 97 VwGO verzichtet hat mit der Folge, dass der Verfahrensfehler unbeachtlich ist.