Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.07.2017, Az.: 5 ME 24/17

Anforderungsmerkmal; Anforderungsprofil; Auswahlverfahren; fakultativ; konstitutiv; Personalentwicklung; Verwendung; Verwendungsdauer; zwingend

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.07.2017
Aktenzeichen
5 ME 24/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 54099
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 19.01.2017 - AZ: 8 B 39/16

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen eines konstitutiven / zwingenden Anforderungsmerkmals (hier: zwei Verwendungen in unterschiedlichen Bereichen).

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 8. Kammer - vom 19. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 28.225,56 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der C. geborene Antragsteller wurde am D. 2011 zum Polizeioberkommissar (Besoldungsgruppe A 10 BBesO) ernannt. Er besitzt seit dem E. 2008 die Laufbahnbefähigung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst mit unbegrenzter Ämterreichweite. Seit dem F. 2008 hat er bei der Bundespolizeiabteilung G. einen Dienstposten als „Gruppenführer“ (Besoldungsgruppen A 9g bis A 11 BBesO) im Verwendungsbereich gemäß Ziffer 4.1 der Anlage zu Ziffer 9.1.2.3 des Personalentwicklungskonzepts der Antragsgegnerin (PEK) inne. Nach seinem Vortrag hat er von Oktober 2013 bis zum 30. September 2014 die Aufgaben eines stellvertretenden Zugführers aufgrund Erkrankung des Zugführers und Auslandsaufenthalts des stellvertretenden Zugführers wahrgenommen. Vom 1. Oktober 2014 bis zum 30. September 2015 war er schriftlich mit der Tätigkeit eines Zugführers beauftragt (Bl. 142 BA 002), seit dem 1. Oktober 2015 als stellvertretender Zugführer (Bl. 156 BA 002). Nach seinem Vortrag war er bereits seit dem 27. März 2015 mit der Funktion eines stellvertretenden Zugführers beauftragt. Nach dem im Verwaltungsvorgang vorhandenen Personalbogen (Bl. 7 BA 001) übte er diese Tätigkeiten ebenfalls im Verwendungsbereich gemäß der Ziffer 4.1 der Anlage zu Ziffer 9.1.2.3 PEK aus. Mit aktuellem Leistungsnachweis zum Stichtag 1. Oktober 2015 wurde er mit der Gesamtnote „8“ beurteilt.

Der H. geborene Beigeladene wurde am I. 2012 zum Polizeioberkommissar (Besoldungsgruppe A 10 BBesO) ernannt. Er besitzt seit dem J. 2007 die Laufbahnbefähigung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst mit unbegrenzter Ämterreichweite. Seit dem K. 2007 hat er einen Dienstposten als „Gruppenführer“ (Besoldungsgruppen A 9g bis A 11 BBesO) bei der Bundespolizeiabteilung G. im Verwendungsbereich gemäß der Ziffer 4.1 der Anlage zu Ziffer 9.1.2.3 PEK inne. In der Zeit vom 23. November 2013 bis zum 5. Oktober 2014 war er als „Sicherheitsbeamter L.“ und in der Zeit vom 6. Oktober 2014 bis zum 22. September 2015 als „Sicherheitsbeamter M.“ jeweils im Verwendungsbereich gemäß der Ziffer 13 der Anlage zu Ziffer 9.1.2.3 PEK abgeordnet. Seit dem 23. September 2015 ist er im Wege der Abordnung als „Personenschutz Ausland N.“ im Verwendungsbereich gemäß der Ziffer 13 der Anlage zu Ziffer 9.1.2.3 PEK tätig. Mit aktuellem Leistungsnachweis zum Stichtag 1. Oktober 2015 wurde er mit der Gesamtnote „7“ beurteilt.

Im Juli 2016 schrieb die Antragsgegnerin zwei Stellen für stellvertretende Zugführer/-innen (Besoldungsgruppen A 10 bis A 12 BBesO) aus. Das Anforderungsprofil in der Stellen-ausschreibung enthielt drei konstitutive (obligatorische) Kriterien sowie vier weitere nicht konstitutive (fakultative). Zu den drei konstitutiven Merkmalen zählte das Anforderungsmerkmal c):

„Mindestens zwei Verwendungen in unterschiedlichen Bereichen im gehobenen Polizeivollzugsdienst gemäß Ziffer 9.1.2.3 Personalentwicklungskonzept (PEK) und der dazugehörigen Anlage nach Abschluss der laufbahnrechtlichen Probezeit

oder

ein bereits übertragener Dienstposten mit der Endbewertung nach Besoldungsgruppe A 12 BBesO

oder

zum Stichtag 25. März 2014 zwei Verwendungen in der unteren Führungsebene gemäß Ziffer 6.1 ff. der Grundsätze zur Verwendungsplanung gehobener Polizeivollzugsdienst vom 21. April 1998.“

Weiter heißt es im Ausschreibungstext unter „Anmerkungen“:

„Gemäß Ziffer 9.1.2.3 PEK muss eine Verwendung regelmäßig zwei Jahre, eine Verwendung im Ausland mindestens ein Jahr umfassen.“

Zu Beginn des Auswahlverfahrens stellte die Antragsgegnerin fest, dass der Antragsteller dieses Anforderungsprofil nicht erfülle, und schied ihn aus dem weiteren Auswahlverfahren aus.

Aufgrund weiterer Vakanzen konnte die Antragstellerin statt der ausgeschriebenen zwei insgesamt sechs Dienstposten besetzen.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 2016 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass seine Bewerbung keine Berücksichtigung habe finden können. Ferner informierte sie den Antragsteller, dass sechs andere Bewerber, darunter der Beigeladene, ausgewählt worden seien und ihnen die Dienstposten übertragen würden.

Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 26. Oktober 2016 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist. Am selben Tage hat der Antragsteller einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt mit der Begründung, das Anforderungsmerkmal c) sei mit Art. 33 Abs. 2 GG unvereinbar.

Mit Beschluss vom 19. Januar 2017 hat das Verwaltungsgericht der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die bei ihr ausgeschriebenen Dienstposten als „stellvertretende(r) Zugführer/-in, Besoldungsgruppe A 10-12 BBesO in einer Einsatzhundertschaft der Bundespolizeiabteilung G.“ mit einem/einer der ausgewählten Konkurrenten/Konkurrentinnen zu besetzen und ihm/ihr die Ernennungsurkunde auszuhändigen.

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 3. Februar 2017 eingelegten Beschwerde.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, aber unbegründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen eine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung nicht.

1. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass ein Anordnungsgrund vorliegt (vgl. im Einzelnen auch Nds. OVG, Beschluss vom 3.1.2017 - 5 ME 157/16 -, juris Rn. 21ff.).

2. Der Senat folgt im Ergebnis auch der weiteren Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch zusteht.

a) Der Senat vermag jedoch nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts zu teilen, dass das im Ausschreibungstext vorgegebene zwingende Anforderungsmerkmal c) nicht mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar sei.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings ein Auswahlverfahren fehlerhaft, wenn der Dienstherr bei der Vergabe höherwertiger Dienstposten mit Vorwirkung auf die spätere Vergabe des Amts im statusrechtlichen Sinne das Bewerberfeld anhand zwingender Anforderungen des zu besetzenden Dienstpostens einengt und die entsprechende Vorgabe nicht als dienstpostenbezogene Ausnahme im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung gerechtfertigt ist. Sie findet ihren Grund darin, dass Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht die Funktionsbeschreibung eines konkret zu besetzenden Dienstpostens ist, sondern das angestrebte Statusamt. Hiermit ist nicht vereinbar, einen Bewerber vom Auswahlverfahren auszuschließen, nur weil er den besonderen Anforderungen des aktuell zu besetzenden Dienstpostens nicht entspricht. Dies steht mit dem Laufbahnprinzip nicht im Einklang. Denn danach wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls all diejenigen Dienstposten auszufüllen, die dem innegehabten oder dem nächsthöheren Statusamt entsprechen. Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die konkreten, mit diesen Dienstposten verbundenen Aufgaben einzuarbeiten. Ferner verbietet sich grundsätzlich eine Auswahlentscheidung anhand der Anforderungen eines konkreten Dienstpostens auch deshalb, weil die Betrauung des Beamten mit einem bestimmten Dienstposten nicht von Dauer sein muss; auszuwählen ist deswegen grundsätzlich derjenige Bewerber, der für jeden Dienstposten am besten geeignet ist, der für einen Inhaber des angestrebten höheren Statusamtes amtsangemessen ist. Schließlich birgt die Einengung des Bewerberfeldes anhand dienstpostenbezogener Anforderungen die Gefahr einer vom Gesamturteil der dienstlichen Beurteilungen unabhängigen Ämtervergabe (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 28 f.). Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013, a. a. O., Rn. 18, 31).

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem weiteren Beschluss vom 25. Oktober 2011 (- BVerwG 2 VR 4.11 -, juris Rn. 35) vorgegeben, wann die Anforderungsmerkmale den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügen und zur Grundlage einer Beförderungsentscheidung gemacht werden können: Dies ist dann der Fall, wenn die Anforderungsmerkmale grundsätzlich von jedem entsprechend qualifizierten Bediensteten erfüllt werden können, indem die für ein Fortkommen erforderlichen Stellen (Verwendungen) regelmäßig durch - hausinterne - Ausschreibungen vergeben werden. Des Weiteren müssen die erforderlichen Verwendungen in einem Zusammenhang mit der Beförderungsstelle stehen, indem sie entweder den Beamten besser befähigen, das nächsthöhere Statusamt auszufüllen, oder aber geeignet sind, eine zuverlässigere Beurteilung des Leistungsvermögens und eine besser fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu gewährleisten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.10.2011, a. a. O. Rn. 35).

Diese beiden Voraussetzungen sind hier im Hinblick auf das streitige, im Ausschreibungstext ausdrücklich als „konstitutiv (obligatorisch)“ bezeichnete Anforderungsmerkmal c) erfüllt (vgl. zum Ganzen auch OVG NRW, Beschluss vom 23.5.2016 - 1 A 839/15 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 13.5.2015 - 1 B 67/15 -, juris Rn. 22 ff.).

Der Senat teilt die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass das Anforderungsmerkmal c) nicht an den konkret zu besetzenden Dienstposten anknüpft (vgl. auch zu einem ähnlichen Fall Nds. OVG, Beschluss vom 20.12.2013 - 5 ME 260/13 - S. 6 BA). Die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdebegründungsschrift vom 20. Februar 2017 (S. 4) - allerdings überwiegend nur zur ersten Alternative des Anforderungsmerkmals c) - im Einzelnen dargelegt, dass grundsätzlich für jeden entsprechend qualifizierten Beamten des gehobenen Polizeivollzugsdienstes bei der Antragsgegnerin die Möglichkeit besteht, Verwendungsbreite zu erlangen. Das PEK der Antragsgegnerin ist Grundlage der Personalentwicklung und -planung der Antragsgegnerin (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 1 BLV). Es dient als Orientierungshilfe für die eigene Karriereplanung und der dienstlichen Qualifizierung und Führungskräfteentwicklung (vgl. § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 BLV). Gemäß Ziffer 7.4 PEK werden alle freien und besetzbaren Stellen bundesweit ausgeschrieben und bekannt gegeben. Darüber hinaus werden nach dem Vortrag der Antragsgegnerin regelmäßig vorübergehende Funktionen innerhalb einer Behörde und auch bundesweit ausgeschrieben. Für den gehobenen Dienst ist nach Ziffer 9.1.2.2 PEK eine Etablierung im Beruf durch Folgeverwendungen ausdrücklich vorgesehen. Dass diese eingeschränkt würden und nicht jedem entsprechend qualifizierten Polizeivollzugsbeamten des gehobenen Dienstes offen stehen würden, ist nicht ersichtlich.

Die im Anforderungsmerkmal c) geforderten Voraussetzungen stehen zudem in einem gemessen an den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts hinreichenden Zusammenhang mit der ausgeschriebenen Stelle. Die Antragsgegnerin hat dargelegt, dass ohne Absolvierung der gemäß dem PEK geforderten Verwendungen nicht die Gewähr dafür geboten werde, den Anforderungen der mit einer besonderen Verantwortung verbundenen Dienstposten ab der Bewertung nach der Besoldungsgruppe  A 12 BBesO zu genügen. Dienstposten in der Bundespolizei ab dieser Bewertung seien mit einem hohen Maß an Verantwortung verbunden und setzten einen weitreichenden Erfahrungsschatz voraus. In der Regel würden ab der Bewertung nach der Besoldungsgruppe A 12 BBesO folgende Aufgabeninhalte zugeordnet: die Gewährung des Dienstablaufs, die Planung und Durchführung von Maßnahmen der Personalführung einschließlich der Personalentwicklung, die Führung der zugewiesenen Mitarbeiter im täglichen Dienst und im Einsatz, die Zusammenarbeit mit benachbarten Kräften - intern (andere Bundespolizei-Bereiche) wie extern (Staatsanwaltschaften etc.). Bei Führungsfunktionen ab der Bewertung nach der Besoldungsgruppe A 12 BBesO sei die Einschränkung des Bewerberkreises auf solche Bewerber, die ihre Führungsbefähigung bereits unter Beweis gestellt hätten, gerechtfertigt, weil sie als Personalsteuerungsinstrument dazu diene, eine möglichst reibungslose Übernahme des Dienstpostens und damit die Leistungs- und Arbeitsfähigkeit der Behörde sicherzustellen, um dem Auftrag zur Gewährleistung der inneren Sicherheit bestmöglich gerecht zu werden. Die beruflichen Verwendungen des Bewerbers sollten erkennen lassen, dass er breit gefächerte Interessen habe und sich zügig auf im Rahmen der dienstlichen Führungstätigkeit ergebende Veränderungen und neue Fragestellungen, insbesondere in zu führenden Einsatzlagen, einstellen könne.

Hiervon ausgehend durfte das Anforderungsmerkmal mindestens eine zweimalige Verwendung in unterschiedlichen Bereichen des gehobenen Dienstes (erste Alternative) verlangen. Soweit der Antragsteller meint, es sei nicht ersichtlich, dass beispielsweise eine zweite Funktion z. B. als Fachlehrer oder Sachbearbeiter eine bessere Eignung begründen könnte, vermag dies nicht zu überzeugen. Im Hinblick darauf, dass diese Alternative des Anforderungsprofils Tätigkeiten auf Führungsebenen nicht verlangt, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Dienstherr eine weite Verwendungsbreite des Bewerbers von mindestens zwei Verwendungen voraussetzt, um den dargelegten Anforderungen an die Übertragung von Dienstposten mit der Bewertung nach der Besoldungsgruppe A 12 BBesO gerecht zu werden. Im Übrigen hindert der Umstand, dass auch ein anderes Anforderungsprofil möglicherweise ebenfalls mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar wäre, nicht die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Anforderungsprofils (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 20.12.2013 - 5 ME 260/13 -, S. 6 BA).

Auch im Hinblick auf die beiden weiteren Alternativen - ein bereits übertragener Dienstposten mit der Endbewertung nach der Besoldungsgruppe A 12 BBesO (zweiten Alternative) bzw. zwei Verwendungen in der unteren Führungsebene (dritten Alternative) - reichen die vorstehend wiedergegebenen Darlegungen der Antragsgegnerin für die Rechtmäßigkeit des zwingend vorgegebenen Anforderungsmerkmals aus.

Der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, das Anforderungsmerkmal c) dürfe gleichwohl nicht als ein zwingendes Anforderungsmerkmal berücksichtigt werden, weil das Kriterium der Verwendungsbreite nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erst bei im Wesentlichen gleicher Eignung zum Zuge kommen dürfe, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Es trifft zwar zu, dass das Kriterium der Verwendungsbreite nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 25.10.2011, a. a. O., Rn. 16) bei im Wesentlichen gleicher Eignung zum Zuge kommen kann. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass ein den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügendes Anforderungsmerkmal über eine Anzahl von bestimmten Verwendungen auch ein konstitutives Merkmal sein kann, das bereits auf der ersten Stufe eines gestuften Auswahlverfahrens das Bewerberfeld bestimmt.

Den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, es bestünden wegen des Vorbehalts des Gesetzes Bedenken gegenüber dem zwingenden Anforderungsmerkmal c), weil die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen grundsätzlich abschließend im Bundesbeamtengesetz sowie in den jeweiligen Laufbahnverordnungen geregelt seien und dass, wenn ein Beamter die Voraussetzungen für eine bestimmte Laufbahn erfülle, erwartet werde, dass er aufgrund seiner Befähigung regelmäßig geeignet sei, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprächen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet seien, stehen nach Auffassung des Senats die vorherigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts entgegen. Denn dort hatte das Verwaltungsgericht - wie oben dargelegt - bereits festgestellt, dass das Anforderungsmerkmal c) nicht an die Anforderungen eines konkreten Dienstpostens anknüpft, sondern dass es sich um ein allgemeines Merkmal gemäß dem PEK der Antragsgegnerin als Voraussetzung für die Wahrnehmung der Funktionen der mit den Besoldungsgruppen A 10 bis A 12 BBesO bewerteten Dienstposten handelt.

Soweit das Verwaltungsgericht einen sachlichen und mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbaren Zweck der zweiten Alternative des Anforderungsmerkmal c) vermisst, zielt diese Alternative auf den Nachweis der dienstlichen Erfahrung ab und erweist sich damit zugleich als allgemeines Eignungskriterium im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG.

Der Senat geht außerdem davon aus, dass der in der dritten Alternative für die Erfüllung der konstitutiven Kriterien festgelegte Stichtag (25.3.2014) an einen sachlich vertretbaren Grund anknüpft. Die Antragsgegnerin hat hierzu in ihrem Schriftsatz vom 25. Juli 2017 ausgeführt, es handele sich dabei um das Datum des Erlasses des Bundesministeriums des Innern, mit welchem ein neues Personalentwicklungskonzept für die Bundespolizei in Kraft gesetzt worden sei. Der Stichtag sei gewählt, um auch davor liegende Verwendungszeiten im Wege einer sogenannten „Altregelung“ in angemessener Weise berücksichtigen zu können. Zwar hat die Antragsgegnerin dies nicht näher erläutert. Mit Blick auf Ziffer 7 des Erlasses des Bundespolizeipräsidiums vom 18. Dezember 2015, wonach die Verwendungsbereiche für den gehobenen Polizeivollzugsdienst in Ziffer 9.1.2.3 deutlich modifiziert worden seien und durch eine feingliedrige Aufspaltung der bisherigen Verwendungsbereiche die geforderte Verwendungsbreite deutlich leichter erlangt werden könne, geht der Senat jedoch davon aus, dass der ersten Alternative des Anforderungsmerkmals c) betreffend zwei Verwendungen in unterschiedlichen Bereichen offenbar seit dem 25. März 2014 eine größere Bedeutung zukommen soll, weil für die Polizeivollzugsbeamten erweiterte Möglichkeiten geschaffen worden sind, diese Verwendungsbreite zu erlangen. Die dritte Alternative des Anforderungsmerkmals c) betreffend zwei Verwendungen in der unteren Führungsebene soll offenbar auslaufen. Da ab dem 25. März 2014 den Polizeivollzugsbeamten die erweiterte Möglichkeit der Erzielung der Verwendungsbreite offen gestanden hat, sollte die dritte Alternative des Anforderungsmerkmals c) nur noch denjenigen zu Gute kommen, die diese Alternative im Zeitpunkt des 25. März 2014 erfüllten. Diese Vorgehensweise beruht auf an Art. 33 Abs. 2 GG orientierten Erwägungen und ist deshalb von dem Organisationsermessen der Antragsgegnerin gedeckt.

b) Entgegen dem Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin geht der Senat aber davon aus, dass der Antragsteller die dritte Alternative des konstitutiven Anforderungsmerkmals c) „zum Stichtag 25. März 2014 zwei Verwendungen in der unteren Führungsebene gemäß Ziffer 6.1 ff. der Grundsätze zur Verwendungsplanung gehobener Polizeivollzugsdienst vom 21. April 1998“ erfüllt und deshalb in das Auswahlverfahren hätte einbezogen werden müssen.

Zwar ist dem Antragsteller die Funktion als „Zugführer“ bzw. „stellvertretender Zugführer“ erst ab dem 1. Oktober 2014 schriftlich übertragen worden. Es ist aus Gründen der Rechtsklarheit auch grundsätzlich gerechtfertigt, bei der Prüfung dieses Anforderungsmerkmals auf den Zeitpunkt der schriftlichen und damit dokumentierten Übertragung der Funktion abzustellen. Der Antragsteller hat im vorliegenden Einzelfall allerdings vorgetragen, er sei bereits ab Oktober 2013 kommissarisch als stellvertretender Zugführer eingesetzt worden. Dieser Vortrag wird durch die mit den Personalakten vorgelegte Beurteilung des Antragstellers zum Stichtag 1. Oktober 2014 (Bl. 93 BA 003) bestätigt. In dieser Beurteilung ist der Antragsteller bereits sowohl in seiner Funktion als Gruppenführer als auch als Zugführer bzw. stellvertretender Zugführer beurteilt worden. In der Beurteilung heißt es unter der Rubrik „Besondere Bemerkungen“:

„Wegen Abordnungen und anderweitiger Beauftragungen im Bereich der Zugführungen der Hundertschaft wurde POK Nitsche, zunächst ohne schriftliche Beauftragung, in der Zugführung verwendet. In dieser Funktion führte er mit Erfolg zunächst stellvertretend dann verantwortlich den Zug im Einsatz und im Tagesdienst …“

Mithin ist der Antragsteller faktisch bereits vor dem 1. Oktober 2014 in der Funktion eines Zugführers bzw. stellvertretenden Zugführers verwendet worden. Angesichts dessen hätte es der Antragsgegnerin als Beschwerdeführerin oblegen, den Vortrag des Antragstellers substantiiert zu widerlegen. Eine weitere zeitliche Bestimmung dieser Verwendung enthält die dienstliche Beurteilung zwar nicht. Aus dem Verfahren ergeben sich aber keine Anhaltspunkte, dass der Vortrag des Antragstellers, er habe die Funktion bereits ab Oktober 2013 übernommen, unzutreffend wäre. Auf die Verfügung der Berichterstatterin des Senats vom 2. Juni 2017, zum Vortrag des Antragstellers Stellung zu nehmen, hat die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 23. Juni 2017 ausgeführt, soweit der Antragsteller darlege, er habe entsprechende Aufgaben ohne besondere Beauftragung bereits seit Oktober 2013 wahrgenommen, so bedürfe dies keiner weitergehenden Überprüfung, da dies zu keinem anderen Ergebnis führen würde. Dem lässt sich entnehmen, dass die Antragsgegnerin den Vortrag des Antragstellers nicht bestreitet.

Der Senat geht deshalb davon aus, dass der Antragsteller bereits faktisch seit Oktober 2013 als Zugführer bzw. stellvertretender Zugführer verwendet worden ist und mithin bis zum Stichtag 25. März 2014 zwei Verwendungen in der unteren Führungsebene gemäß Ziffer 6.1 ff. der Grundsätze zur Verwendungsplanung gehobener Polizeivollzugsdienst vom 21. April 1998, nämlich als Gruppenführer und als Zugführer bzw. stellvertretender Zugführer, vorweisen kann.

Erfüllte er mithin das konstitutive Anforderungsmerkmal c), durfte er nicht von vornherein aus dem weiteren Auswahlverfahren ausgeschlossen werden.

c) Der Einbeziehung des Antragstellers in das Auswahlverfahren steht nicht entgegen, dass nach den Anmerkungen in der Stellenausschreibung gemäß Ziffer 9.1.2.3 PEK eine Verwendung regelmäßig zwei Jahre umfassen muss.

Die Antragsgegnerin geht in ihrem Schriftsatz vom 23. Juni 2017 davon aus, dass die zwei geforderten Verwendungen im Umfang von jeweils mindestens einjähriger Dauer erbracht sein müssten. Es kann offen bleiben, ob sich die Antragsgegnerin damit auf die genannte Anmerkung bezieht bzw. wie diese Anmerkung zu verstehen ist, also ob eine Verwendung jeweils zwei Jahre oder ob zwei Verwendungen zusammen zwei Jahre dauern sollen.

Denn jedenfalls hat der Antragsteller die ein- bzw. zweijährige Dauer bezüglich seiner weiteren Verwendung auf Führungsebene als Zugführer bzw. stellvertretender Zugführer seit Oktober 2013 bis zum Stichtag 25. März 2014 nicht erfüllt.

Bei dieser „Anmerkung“ handelt es sich jedoch nach Ansicht des Senats nicht um ein konstitutives Anforderungsmerkmal, mit dem ein Bewerber, der dieses Merkmal nicht erfüllt, vor einem Leistungsvergleich aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen werden könnte. Konstitutiv sind nur solche Kriterien, die objektiv überprüfbar, insbesondere ohne die ansonsten gebotene Rücksichtnahme auf Wertungsspielräume des Dienstherrn eindeutig und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber kennzeichnet das fakultative/nicht-konstitutive Anforderungsprofil solche Qualifikationsmerkmale, die entweder ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen, weil sie beispielsweise nur „erwünscht“ sind, oder die ihrer Art nach nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Faktoren - bejahend oder verneinend - festgestellt werden können (Nds. OVG, Beschluss vom 1.12.2016 - 5 ME 153/16 -, juris Rn. 29 m. w. N.). Letzteres ist hier der Fall. Nach dem Ausschreibungstext muss eine Verwendung „regelmäßig“ zwei Jahre umfassen. Diese Formulierung lässt Ausnahmen zu (s. a. Ziffer 9.1.2.3 Abs. 4 Satz 2 PEK). Dieses Anforderungsmerkmal ist demnach nicht objektiv überprüfbar, sondern bedarf einer Auslegung durch den Dienstherrn (vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 8.6.2017 - 5 ME 72/17 -, S. 11 BA). Es ist deshalb lediglich fakultativ. Im Übrigen ist es auch in der Stellenausschreibung anders als das Anforderungsmerkmal c) nicht als konstitutives Merkmal bezeichnet.

Erfüllte der Antragsteller mithin ein nur fakultatives Anforderungsmerkmal nicht, durfte die Antragsgegnerin ihn nicht schon deshalb von vornherein aus dem weiteren Auswahlverfahren ausschließen.

d) Nach alledem bedarf es keiner Entscheidung, ob der Antragsteller die erste Alternative „mindestens zwei Verwendungen in unterschiedlichen Bereichen im gehobenen Polizeivollzugsdienst gemäß Ziffer 9.1.2.3 Personalentwicklungskonzept (PEK) und der dazugehörigen Anlage nach Abschluss der laufbahnrechtlichen Probezeit“ erfüllt. Abgesehen davon, dass er zwei Verwendungen in unterschiedlichen Bereichen im gehobenen Polizeivollzugsdienst nicht vorweisen kann, könnte er sich allerdings voraussichtlich entgegen seiner Ansicht nicht auf das Vorliegen einer Ausnahme berufen. Zwar sind nach Ziffer 9.1.2.3 Abs. 2 PEK die besonderen Anforderungen an die Übertragung von Dienstposten mit der Bewertung nach den Besoldungsgruppen A 10 bis 12 BBesO „in der Regel“ bei mindestens zwei Vorverwendungen in unterschiedlichen Bereichen erfüllt. Das maßgebliche Anforderungsprofil in der Stellenausschreibung sieht aber keine dementsprechende einschränkende Ausnahmemöglichkeit vor.

3. Es lässt sich nicht ausschließen, dass der Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung zum Zuge kommt, eine Auswahl des Antragstellers also jedenfalls möglich erscheint (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 -, juris Rn 11 ff.; BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn 32; Nds. OVG, Beschluss vom 8.9.2011 - 5 ME 234/11 -, juris Rn 27). Der Antragsteller hat in seinem aktuellen Leistungsnachweis zum Stichtag 1. Oktober 2015 eine um eine Note bessere Gesamtnote erhalten als der Beigeladene.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.