Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.05.2000, Az.: 13 K 252/96
Abzug von Aufwendungen für einen Französisch-Intensivkurs eines Verkaufsaußendienstmitarbeiters als Werbungskosten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 17.05.2000
- Aktenzeichen
- 13 K 252/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 21896
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2000:0517.13K252.96.0A
Rechtsgrundlage
- § 12 Nr. 1 S. 2 EStG
Fundstellen
- DStRE 2001, 343-346 (Volltext mit amtl. LS)
- EFG 2001, 487 (red. Leitsatz)
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Abzug von Aufwendungen für einen Französisch-Intensivkurs als Werbungskosten (WK) im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Der Kläger ist Mitarbeiter im Verkaufsaußendienst. Er bearbeitet die Märkte in englisch- und französischsprachigen Ländern teils als Hauptmitarbeiter teils als Vertreter des Hauptmitarbeiters. Als Sonderaufgabe ist ihm die Werbung für englisch- und französischsprachige Märkte zugewiesen. Im Streitjahr 1992 betrug sein Bruttoarbeitslohn 95.579,00 DM.
In seiner Einkommensteuererklärung (ESt - Erklärung) 1992 machte er Aufwendungen für den erwähnten Sprachkurs in Höhe von insgesamt 5.531,00 DM als WK geltend. Nach einer Bescheinigung seines Arbeitgebers erhielt er vom 29. Juni 1992 bis 10. Juli 1992 Bildungsurlaub (Sonderurlaub) zum Besuch eines Sprachkurses in Frankreich. Der Arbeitgeber gewährte danach weder eine Kostenübernahme noch einen Zuschuss. Der Intensiv-Sprachkurs wurde veranstaltet in Südfrankreich. Die Teilnehmer wohnten in einem Hotel 10 km vom Unterrichtsort entfernt. Die Entfernungen vom Unterrichtsort z. B. nach Nîmes und Orange betragen 60 km, die Entfernung nach Avignon 65 km. Nach dem Kursprogramm gibt es einen A-Kurs für Anfänger, einen B-Kurs für Fortgeschrittene mit zwei Jahren Schulfranzösisch. Der Intensivkurs umfasst zwei Wochen mit 60 Stunden à 45 Minuten und erstreckt sich jeweils von Montag bis Freitag von 9.00 Uhr bis 12.15 Uhr und von 18.00 Uhr bis 19.30 Uhr. Hinzu kommt eine große Exkursion am Samstag. Der Schulleiter hat die Kursteilnahme des Klägers bestätigt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Tätigkeit des Klägers bei seinem Arbeitgeber und des Intensiv-Sprachkurses wird auf die von dem Kläger vorgelegten Unterlagen Blatt 36 bis 39 sowie Blatt 62 Einkommensteuerakte Bezug genommen. Hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen nach Art und Höhe wird auf Blatt 40 Einkommensteuerakte verwiesen.
Der Beklagte (Finanzamt - FA -) lehnte den Abzug der Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid (ESt-Bescheid) 1992 vom 27. Februar 1995 ab, weil sie nach dem Gesamtbild der Reise nicht ausschließlich beruflich veranlasst seien.
Dagegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage. Sie wird wie folgt begründet: Die berufliche Position des Klägers erfordere die sichere Beherrschung der Sprachen Englisch und Französisch. Die Teilnahme am Unterricht sowie die notwendige Vor- und Nachbereitung habe keine Zeit für touristische Aktivitäten gelassen. Zu berücksichtigen sei, dass der Unterrichtsort etwa 10 km von der Hotelunterkunft entfernt gelegen habe und die Entfernung zu touristisch attraktiven Orten erheblich gewesen sei. Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Aufwendungen sei von Fahrten zwischen Hotel und Unterrichtsort an 10 Schultagen und von Spesen an 14 Tagen auszugehen.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung des ESt-Bescheids 1992 in der Gestalt des Einspruchsbescheids vom 22. Mai 1996 Aufwendungen für den Fanzösisch-Intensivkurs in Höhe von 5.145,00 DM als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zum Abzug zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen, für den Fall seines Unterliegens die Revision zuzulassen.
Es hält dem Vorbringen entgegen: Das Erlernen einer Fremdsprache sei nur dann als Fortbildung in einem bestimmten Beruf anzusehen, wenn ein konkreter Bezug zur Berufstätigkeit gegeben sei. Die Aufwendungen für den Erwerb von Grundkenntnissen gewisser Standardsprachen wie z. B. Französisch seien grundsätzlich nicht ausschließlich oder fast ausschließlich beruflich bedingt. Sie beinhalteten eine nicht unwesentliche Komponente der privaten Lebensführung. Das Erlernen einer gängigen Fremdsprache in den Grundzügen bedeute eine persönliche Bereicherung und Erweiterung der Bildung. Der Aufbau des Sprachkurses mit 30 Wochenstunden, einer über fünfstündigen Mittagspause und freien Stunden am Wochenende sowie die Vermittlung von Umgangsfranzösisch seien ein Indiz dafür, dass eine private Mitveranlassung nicht unerheblich gewesen sein dürfte. Für die Verkaufstätigkeit des Klägers wäre es beruflich fördernder gewesen, wenn spezielle Kenntnisse im Handelsfranzösisch vermittelt worden wären. Für den Kläger habe auch die Möglichkeit bestanden, die Bevölkerung kennenzulernen und sich mit ihrem sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Umkreis auseinanderzusetzen. Außerdem habe der Kläger nach dem Lehrgang seine Ehefrau abgeholt und einen Urlaub in Südfrankreich verbracht. Unerheblich sei, dass der Kläger Bildungsurlaub erhalten habe. Damit verfolgten Arbeitnehmer regelmäßig auch erhebliche private Interessen. Es lägen daher Aufwendungen i.S.d. § 12 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, der Einkommensteuerakte des Klägers zur Steuernummer ... bei dem beklagten FA und der Sitzungsniederschrift vom 17. Mai 2000 Bezug genommen.
Gründe
Die Klage hat im erkannten Umfang Erfolg.
Die streitigen Aufwendungen für den Intensiv-Sprachkurs in Französisch sind als WK im Rahmen der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen. Denn sie sind beruflich veranlasst.
WK sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen und als solche bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG). Ihr Abzug setzt ebenso wie derjenige von Betriebsausgaben (BA) - § 4 Abs. 4 EStG - voraus, dass sie objektiv durch die besonderen beruflichen Gegebenheiten des Steuerpflichtigen veranlasst sind, subjektiv zur Förderung seines Berufs getätigt werden, und dass es sich nicht um Aufwendungen für die Lebensführung des Steuerpflichtigen handelt (u.a. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. November 1978 GrS 8/77, BStBl II 1979, 213-216 [BFH 27.11.1978 - GrS - 8/77]-mit weiteren Nachweisen).
Nach dem Vortrag des FA im Einspruchsbescheid und im Klageverfahren "dürften" bei den Aufwendungen für den streitigen Sprachkurs eine private Veranlassung nicht unerheblich und die Vermittlung spezieller Kenntnisse im "Handelsfranzösisch" beruflich fördernder gewesen sein. Das FA stellt mithin die objektive berufliche Veranlassung der Aufwendungen und ihre Tätigung zur Förderung des Berufs nicht in Abrede. Es meint, die berufliche Veranlassung reiche nicht aus, um die Aufwendungen als ausschließlich beruflich veranlasst zu qualifizieren, mit der Folge des Eingreifens des für Aufwendungen für die private Lebensführung geltenden Abzugsverbots gemäß § 12 Nr. 1 EStG.
Das Gesetz spricht in § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG von Aufwendungen für die Lebensführung. Danach gehören zu den weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehbaren, für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträgen (§ 12 S. 1 EStG) auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, selbst wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (zur Wortinterpretation und Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung Gorski Deutsche Steuerzeitung - DStZ 1981, 111 - 113 -; Drenseck, Der Betrieb - DB - 1987, 2483 - 2486 - sowie in Festschrift für Offerhaus Seite 497 ff.-499; Heider, DStZ 1937, 633 ff. - 634, 637, 638, 641). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung verbietet diese Bestimmung zur Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen, die sowohl der Lebensführung dienen als auch den Beruf fördern. Durch dieses "Aufteilung- und Abzugsverbot" soll verhindert werden, dass Steuerpflichtige durch eine mehr oder weniger zufällige oder bewusst herbeigeführte Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen Aufwendungen für ihre Lebensführung deshalb zum Teil in einen einkommensteuerlich relevanten Bereich verlagern können, weil sie einen Beruf haben, der ihnen das ermöglicht, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus zu versteuernden Einkünften decken müssen. Das Verbot ist nur dann nicht anzuwenden, wenn und soweit sich der den Beruf (Betrieb) fördernde Teil der Aufwendungen nach objektiven Maßstäben mit Sicherheit zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzen lässt und wenn außerdem der berufliche Nutzungsanteil nicht von untergeordneter Bedeutung ist (BFH-Beschlüsse vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70 und 3/70, BStBl II 1971, 17 und 21 [BFH 19.10.1970 - GrS - 3/70]; 27. November 1978 GrS 8/77).
Aus den erwähnten Formulierungen kann entnommen werden, dass bei der Entscheidung, ob ein Aufwand die Eigenschaft von BA oder WK hat, stets mitzuprüfen ist, ob es sich um Aufwendungen "auch" für die Lebensführung handelt, dass mithin in die§§ 4 Abs. 4 und 9 Abs. 1 Satz 1 EStG der § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG"hineinzulesen" ist (Gorski DStZ 1981 Seite 115; Drenseck DB 1987 Seite 2.484; BFH-Urteile vom 30. Juni 1983 IV R 2/81, BStBl II 1983, 715; 21. November 1986 VI R 137/83, BStBl II 1987, 262).
In diesem Sinne hat die höchstrichterliche Rechtsprechung ausgeführt, für die Entscheidung, ob Kosten eines "im Ausland" durchgeführten Lehrgangs, insbesondere von Fremdsprachen - und sonstigen Studienkursen, als WK oder BA abziehbar seien, komme es darauf an, ob die Aufwendungen objektiv durch besondere berufliche Gegebenheiten veranlasst seien und ob nach dem Anlass der Reise, dem vorgelegten Programm und der tatsächlichen Durchführung die Befriedigung privater Interessen "nahezu" ausgeschlossen sei. Ergebe die Gesamtbeurteilung, dass auch private Reiseinteressen vorgelegen hätten, sei "regelmäßig" die betriebliche (berufliche) Veranlassung der gesamten "Auslandsreise" zu verneinen. Lediglich ein unbedeutendes und nicht ins Gewicht fallendes"Mithineinspielen" der Lebensführung könne unbeachtet bleiben. Reisen, denen "offensichtlich" ein unmittelbarer betrieblicher (beruflicher) Anlass zu Grunde liege - wie etwa das Aufsuchen eines Geschäftsfreundes, das Halten eines Vortrags auf einem Fachkongress oder die Durchführung eines Forschungsauftrags - seien"in aller Regel" ausschließlich der betrieblichen (beruflichen) Sphäre zuzurechnen. Fehle ein unmittelbarer beruflicher Anlass, müßten die Beurteilungsmaßstäbe, die jeweils für eine private oder betriebliche (berufliche) Veranlassung sprechen, gegeneinander abgewogen werden. Die Aufwendungen seien im zweiten Fall "schon" dann nicht abziehbar, wenn bei der Reise zu Informationszwecken oder dem Lehrgang das "Hineinspielen" der Lebensführung ins Gewicht falle und nicht von "ganz" untergeordneter Bedeutung sei. Bei der Beurteilung eines "Auslandssprachkurses" oder ähnlicher Lehrgänge könne auch der Umfang unterrichtsfreier Zeit"einschließlich der Wochenenden" und ferner von Bedeutung sein, ob die Möglichkeit bestehe, "allgemein interessierende Einrichtungen" zu besichtigen und "Besonderheiten des Landes" kennenzulernen (u.a.m. BFH-Urteil vom 31. Januar 1997 VI R 83/96, BFH NV 1997, 647 unter Bezugnahme auf die BFH-Uteile vom 16. Oktober 1986 IV R 138/83, BStBl II 1987, 208; 21. August 1995 VI R 47/95, BStBl II 1996, 10; 14. Juli 1988 IV R 57/87, BStBl II 1989, 19; 30. Juni 1995 VI R 22/91, BFH NV 1996, 30; 25. Juli 1994 VI R 69/93, BFH NV 1995, 26; dazu Drenseck, Festschrift für Offerhaus Seite 497 ff. - 507 ff.).
Danach ist erkannt worden:
Aufwendungen für ein"Steuerberater-Symposion" auf der Ostseefähre Finnjet sind mit Ausnahme der Seminargebühren nicht betrieblich veranlasst (BFH-Urteil IV R 57/87).
Aufwendungen einer Kunstmalerin für eine Reise in ein beliebtes Urlaubsgebiet (= Seychellen) sind als BA abziehbar, wenn die Kunstmalerin die Reise unternommen hat, um wegen des dort vorhandenen landschaftlichen und kulturellen Umfelds in einer ihrem besonderen Malstil entsprechenden Arbeitsweise tätig zu werden und private Motive für die Reise ausscheiden (BFH-Urteil IV R 138/83).
Reist ein Verkäufer für Maschinen zur Herstellung von Schnellimbissmahlzeiten ("fast food") im Rahmen einer Auslandsgruppenreise in die USA und besucht er an verschiedenen Orten Touristenattraktionen, so können die Reiseaufwendungen nicht deshalb als WK berücksichtigt werden, weil an diesen Orten auch die entsprechenden Maschinen in fast-food-Restaurants besichtigt werden (BFH-Urteil VI R 22/91).
Das Erlernen einer Fremdsprache (Englisch) bzw. das Bestreben, bereits vorhandene Sprachkenntnisse aufzufrischen, zu vertiefen bzw. zu erweitern, ist n i c h t stets der privaten Lebensführung zuzuordnen. Denn es ist die berufliche Aufgabe eines Fremdsprachen (Englisch-) lehrers, englisches Fremdsprachenwissen weiter zu vermitteln. Deshalb dienen vertiefende Sprachkurse einem Fremdsprachenlehrer dazu, den Beruf kompetent und optimal ausüben zu können. Wenn allerdings ein solcher Englischlehrer während der Ferien an einer englischen Universität Kurse mit allgemeinbildendem Inhalt besucht, so führen die aufgewandten Kosten nicht zu WK, falls das Kursprogramm ("Kunst, Literatur und Gedankenwelt der romantischen Epoche", "Wege zur Geschichte der Kunst") nicht auf die besonderen Bedürfnisse des Steuerpflichtigen ausgerichtet ist (BFH-Urteil VI R 69/93).
Eine beruflich veranlasste Reise einer Englischlehrerin kann gleichwohl nach den besonderen Umständen in nicht unerheblichem Umfang auch von privaten Motiven beeinflusst sein. Und zwar bei einem zweiwöchigen "Englandkurs" für deutsche Lehrer in Exeter, für den zwar keine Kostenerstattung, aber Dienstbefreiung unter Weiterzahlung der Dienstbezüge gewährt wurde. Der homogene Teilnehmerkreis, die Schulbesuche in Exeter und die eindeutig berufsbezogenen Themen der Seminare verloren die Berufsbezogenheit, weil "neben einem Ausflug am Wochenende drei Nachmittage von Arbeitstagen mit allgemein interessierenden Besichtigungen ausgefüllt waren und der letzte Arbeitstag vor der Abreise dem Besuch Londons diente" (BFH-Urteil VI R 47/95).
Das gleiche Schicksal erlitt der vom 12. bis 25. November 1989 dauernde Studienkurs einer Englischlehrerin in Cheltenham, für den ebenfalls zwar keine Kostenerstattung, jedoch Dienstbefreiung unter Weiterzahlung der Dienstbezüge gewährt worden war. Die Berufsbezogenheit der Schulbesichtigungen und der Vorträge über das englische Schulsystem an Ort und Stelle ging verloren, weil von 12 Tagen nur 6 Tage ausschließlich mit der beruflichen Sphäre zurechenbaren Veranstaltungen ausgefüllt waren und "hinzukam", dass Oxford und Stratford-upon-Avon besucht wurden (BFH-Urteil VI R 83/96; dazu Drenseck, Festschrift für Offerhaus Seite 507 ff.).
Die Aufwendungen einer als Reisegruppenleiterin für Italien vorgesehenen Reiseverkehrskauffrau für einen dreiwöchigen Intensiv-Sprach-Grundkurs in Italienisch in Rom mit 30 wöchentlichen Unterrichtsstunden waren zwar objektiv durch die spezifischen beruflichen Verhältnisse dieser Steuerpflichtigen veranlasst und wurden subjektiv zur Förderung ihres Berufs getätigt. Gleichwohl gingen diese Aufwendungen einschließlich der Kursgebühren ihres Charakters als WK verlustig, weil Italienisch zwar keine Welt-, aber eine gängige Fremdsprache ist, der Lehrgang lediglich 30 Wochenstunden an 5 Wochentagen umfaßte, es allgemeiner Erfahrung entspricht, dass die Freizeit in einer Stadt von ausgeprägter touristischer Attraktivität wie Rom unabhängig von der Jahreszeit auch zur Befriedigung privater Interessen genutzt wird, ein Grundkurs in Italienisch im Inland einen im wesentlichen vergleichbaren Lernerfolg hätte erbringen können, eine größere Effizienz des Lernerfolgs in dem Land, in dem die Sprache gesprochen wird, vornehmlich für Studien von Fortgeschrittenen gilt, die sich mit ihren Besonderheiten und der landesüblichen Aussprache und Betonung vertraut machen wollen und das Erlernen einer gängigen Fremdsprache in den Grundzügen eine persönliche Bereicherung und Erweiterung der Bildung bedeutet (BFH-Urteil vom 22. Juli 1993 VI R 103/92, BStBl II 1993, 787).
"Ausnahmsweise" freilich können Aufwendungen für einen Lehrgang, durch den "Grundkenntnisse in einer gängigen Fremdsprache" erlernt werden, dann als WK abziehbar sein, wenn der Lehrgang "nicht im Ausland" durchgeführt wird und wenn ein konkreter und enger Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht, weil bei einem solchen"Lehrgang im Ausland typisierend anzunehmen ist", dass die zu erwerbenden Grundkenntnisse gleichzeitig während des Auslandsaufenthalts auch im außerberuflichen Bereich von Vorteil sind, während Aufwendungen für "Fremdsprachenunterricht auf Lehrgängen im Inland", durch den Grundkenntnisse und nicht "ein berufsspezifisches Vokabular" erworben werden sollen, dann Fortbildungskosten sein können, wenn ein konkreter und enger Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht. An letzterem fehlte es bei dem Spanischgrundkurs einer Sachgebietsleiterin bei einer - wohl inländischen - Verwaltungsbehörde, weil sich der subjektive Wunsch nach einer beruflichen Veränderung noch nicht durch eine Bewerbung bei einer - wohl ebenfalls inländischen - Oberbehörde hinreichend konkretisiert hatte (BFH-Urteil vom 26. November 1993 VI R 67/91, BStBl II 1994, 248).
Es ist indes auch erkannt worden:
Die Aufwendungen für einen Sprachkurs in England, den ein Assessor mit Rücksicht auf die Erfordernisse des Berufs vor Aufnahme einer Beschäftigung in einer vor allem auf dem Gebiet des Seerechts tätigen Rechtsanwaltskanzlei absolviert, sind - vorweggenommene - WK im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (BFH-Urteil vom 24. August 1962 VI 218/60 U, BStBl III 1962, 467).
Für den branchenspezifischen Beruf einer Hotelsekretärin sind Sprachkenntnisse, wenn auch nicht unbedingt notwendig, so doch erwünscht und nützlich, um erfolgreich in diesem Beruf tätig sein zu können. Wenn es auch von den Anforderungen der jeweiligen Stellung abhängt, welche Sprache eine Hotelsekretärin beherrschen muss, so sind die Aufwendungen für einen Lehrgang in Französisch an der Berlitz-Schule im Hinblick auf eine erstrebte Anstellung für eine Saison in einem französischen Badeort - vorweggenommene - WK im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, weil der Sprachlehrgang dazu diente, den Anforderungen des in Aussicht genommen Arbeitsplatzes zu dienen (BFH-Urteil vom 20. Oktober 1978 VI R 132/76, BStBl II 1979, 114).
Freilich sind die Kosten eines Sprachkurses für Spanisch bei einem kaufmännischen Angestellten, der eine Tätigkeit bei einer Tochterfirma eines deutschen Konzerns in Spanien anstrebt, weder aktuelle noch vorweggenommene WK, letztere deshalb nicht, weil die Ausgaben für den Sprachkurs mit in Spanien zu erzielenden und deshalb steuerfreien oder nicht steuerbaren Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und deshalb gemäß § 3c EStG oder aus dem darin zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken nicht abgezogen werden dürfen (BFH-Urteil vom 24. April 1992 VI R 141/89, BStBl II 1992, 666 unter Bezugnahme auf das andersartige Aufwendungen betreffende BFH-Urteil vom 20. Juli 1973 VI R 198/69, BStBl II 1973, 732).
Der aus Vorstehendem ersichtlichen Abgrenzungskasuistik mangelt es nach Grund und Ergebnis an Folgerichtigkeit und Rücksicht auf die sich wandelnden Erfordernisse des Arbeitsmarkts. Inwiefern etwa der Erwerb von Grundkenntnissen in einer gängigen Fremdsprache auf einem Inlandslehrgang zu WK führen kann, während bei einem solchen Lehrgang im Ausland"typisierend" anzunehmen ist, dass die zu erwerbenden Grundkenntnisse gleichzeitig während des Auslandsaufenthalts auch im außerberuflichen Bereich von Vorteil sind, ist nicht nachvollziehbar. Ebensowenig einsichtig ist u.a., dass der - eingeräumte - größere Lernerfolg in dem Land, in dem die Sprache gesprochen wird, vor allem für Studien von Fortgeschrittenen gilt, die sich mit den Besonderheiten der Sprache und der landesüblichen Aussprache und Betonung vertraut machen wollen, während das Erlernen einer gängigen Fremdsprache in den Grundzügen eine persönliche Bereicherung und Erweiterung der Bildung bedeutet. Man könnte meinen, es sei umgekehrt. Auch den beiden Englischlehrerinnen bei ihren Studienkursen in Exeter und Cheltenham wird schwerlich klarzumachen sein, dass die Berufsbezogenheit ihres Studienaufenthalts deshalb verschwand, weil ein Wochenende mit einem Ausflug, drei Nachmittage mit allgemein interessierenden Besichtigungen und der letzte Arbeitstag mit einem Besuch Londons (Exeter) bzw. weil 6 von 12 Aufenthaltstagen ausschließlich und die übrigen Tage teilweise mit berufsbezogenen Veranstaltungen ausgefüllt waren und Besuche in Oxford und Stratford-upon-Avon "hinzukamen" (Cheltenham). Letzteres möchte als Indiz in gegenteiligem Sinne gewertet werden können.
Zu folgen ist daher der zutreffenden Beurteilung in den BFH-Urteilen vom 18. August 1962 VI 218/60 U, 20. Oktober 1978 VI R 132/76 sowie vom 25. Juli 1994 VI R 69/93 teilweise. Ebenso wie ein Rechtsanwalt in einer auf Seerecht spezialisierten Kanzlei nicht ohne Englisch, eine Hotelsekretärin nicht ohne Französisch ihren Beruf ausüben kann, ist für den Kläger zur Wahrnehmung der ihm übertragenen beruflichen Aufgaben die Beherrschung des Französischen nicht nur erwünscht und nützlich, sondern unabdingbar. Denn der Kläger bearbeitet im Verkaufs-Außendienst einer exportorientierten Konzerngesellschaft u.a. die Länder Belgien, Marokko und Algerien als Hauptmitarbeiter. Dort wird Französisch gesprochen. Er ist außerdem für alle Marktbereiche für die Werbung zuständig. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger glaubhaft versichert, dass er im Alter von 45 Jahren nach Aufgabe einer selbständigen Tätigkeit die gegenwärtige nichtselbständige Arbeit aufgenommen hat. Er führt, wie er ebenfalls glaubhaft dargetan hat, die Verhandlungen einschließlich Korrespondenz mit den französischsprachigen Kunden auf Französisch. Es liegt auf der Hand, dass es zur kompetenten und optimalen Ausübung dieser beruflichen Aufgabe regelmäßiger Auffrischung, Vertiefung und Erweiterung der dazu erforderlichen Sprachkenntnisse bedarf. Bei dem streitigen Sprachkurs handelt es sich auch nicht um einen ebenfalls angebotenen Hauptkurs für solche Teilnehmer, die "neben dem Lernen auch noch viel Zeit für sich haben wollten", sondern um einen auf dem Hauptkurs aufbauenden Intensivkurs mit insgesamt 60 Unterrichtsstunden à 45 Minuten an 10 Werktagen, mithin 6 Unterrichtsstunden pro Werktag, davon 4 am Vormittag und 2 am Abend. Es ist nicht erkennbar, inwiefern bei diesem Zuschnitt des Sprachlehrgangs private Motive eine Rolle spielen sollten. Die "Zentren des Tourismus", die in dieser Gegend in Betracht gezogen werden könnten, nämlich Nîmes, Orange und Avignon, liegen 60 bzw. 65 km von dem Unterrichtsort entfernt. Im Übrigen hat der Kläger, wie er bereits im Vorverfahren betont und in der mündlichen Verhandlung wiederholt hat, im Anschluss an den Sprachkurs mit seiner Ehefrau Urlaub in Frankreich gemacht, nachdem er sie in Deutschland abgeholt hatte. Die "typisierende" Annahme, die erworbenen Sprachkenntnisse seien auch im außerberuflichen Bereich, etwa im Urlaub, von Vorteil, gilt auch für im Inland erworbene Sprachkenntnisse und würde daher neben der Sache liegen. Dass möglicherweise in einem Sprachkurs im Inland ein gleichartiger Lernerfolg erzielt werden könnte, ist nicht erwiesen und, wäre dies der Fall, unerheblich, weil die Unterscheidung zwischen Inland und Ausland in diesem Bezug nicht mehr zeitgemäß ist. Nach allem war die ESt für das Streitjahr 1992 unter Abzug der nach Maßgabe der Einlassung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung unstreitigen Aufwendungen als WK bei den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit wie folgt neu zu berechnen und festzusetzen:
Zu versteuerndes Einkommen laut ESt-Bescheid vom 27. Februar 1995 | 107.607,00 DM | |
---|---|---|
abzüglich WK Ehemann | 5.146,00 DM | |
abzüglich Pauschbetrag Ehemann bisher | 2.000,00 DM | 3.146,00 DM |
zu versteuerndes Einkommen laut Urteil | 104.461,00 DM | |
ESt laut Splittingtabelle | 23.622,00 DM | |
abzüglich § 34f EStG wie bisher | 750,00 DM | |
abzüglich § 34g EStG wie bisher | 116,00 DM | |
festzusetzende ESt | 22.756,00 DM. |
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf§ 151 Abs. 3 FGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Revision war zuzulassen, weil das Urteil u.a. von den Entscheidungen des BFH vom 21. August 1995 VI R 47/95 und 31. Januar 1997 VI R 83/96 abweicht und auf diese Abweichung beruht, sowie wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (Drenseck, Festschrift für Offerhaus Seite 59).