Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 26.05.2014, Az.: 4 LA 198/13

Berechtigung eines alleinerziehenden Elternteils zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Gewährung eines Unterhaltsvorschusses für sein bei ihm lebendes Kind im eigenen Namen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.05.2014
Aktenzeichen
4 LA 198/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 16685
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0526.4LA198.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 26.07.2013 - AZ: 3 A 7063/12

Fundstellen

  • DÖV 2014, 763
  • NJW 2014, 3594
  • NordÖR 2014, 462

Amtlicher Leitsatz

Der alleinerziehende Elternteil, bei dem das Kind lebt, ist gemäß § 9 Abs. 1 UVG berechtigt, den Anspruch auf Gewährung eines Unterhaltsvorschusses für sein Kind im eigenen Namen geltend zu machen.

Tenor:

Auf den Antrag des Beklagten wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichterin der 3. Kammer - vom 26. Juli 2013 zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht den Beklagten auch für den Zeitraum nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2012 bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 26. Juli 2013 zur Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für die Tochter der Klägerin verpflichtet hat.

Im Übrigen wird der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichterin der 3. Kammer - vom 26. Juli 2013 abgelehnt

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungszulassungsverfahrens, soweit der Zulassungsantrag abgelehnt worden ist. Gerichtskosten werden insoweit nicht erhoben.

Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten.

Das Antragsverfahren wird als Berufungsverfahren unter dem neuen Aktenzeichen

4 LB 138/14

fortgesetzt, soweit die Berufung zugelassen worden ist. Der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, Uelzener Straße 40, 21335 Lüneburg, einzureichen.

Gründe

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil hat Erfolg, soweit das Verwaltungsgericht den Beklagten auch für den Zeitraum nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2012 bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 26. Juli 2013 zur Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für die Tochter der Klägerin verpflichtet hat. Denn hinsichtlich der von dem Beklagten zur Begründung seines Zulassungsantrags sinngemäß aufgeworfenen Frage des Prüfungszeitraums bei Streitigkeiten nach dem Unterhaltsvorschussgesetz hat die Rechtssache insoweit grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Zwar ist bei Verpflichtungsklagen der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage regelmäßig der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rn. 217 m.w.N.) und erstreckt sich der Prüfungszeitraum bei Streitigkeiten über laufende Leistungen dementsprechend in der Regel von der Antragstellung bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Von diesem Grundsatz ist aber im Sozialhilferecht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (u. a. Urteil vom 30.11.1966 - V C 29.66 -, BVerwGE 25, 307) eine Ausnahme zu machen. Nach dieser Rechtsprechung ist lediglich der Zeitraum bis zum Erlass der letzten Behördenentscheidung in die gerichtliche Prüfung einzubeziehen. Es stellt sich daher die Frage, ob diese vom Bundesverwaltungsgericht wegen der Besonderheiten des Sozialhilferechts entwickelte Ausnahme auch auf Streitigkeiten nach dem Unterhaltsvorschussgesetz auszudehnen bzw. auch für diese eine entsprechende Ausnahme von dem oben dargestellten Grundsatz zu eröffnen ist (vgl. hierzu OVG Bremen, Beschluss vom 11.4.2013 - 2 A 181/12 -). Diese Frage bedarf der Klärung in einem Berufungsverfahren. Folglich ist die Rechtssache grundsätzlich bedeutsam, soweit sie den Zeitraum vom Erlass des Widerspruchsbescheides bis zur gerichtlichen Entscheidung betrifft.

Zur Klarstellung ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht entgegen der Behauptung des Beklagten keine Leistungsverpflichtung "bis in die unbegrenzte Zukunft" ausgesprochen hat. Aus dem Wortlaut des Urteilstenors - "der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für ihre am 12.09.2001 geborene Tochter C. Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ab November 2011 zu gewähren" - ergibt sich lediglich, dass der Beklagte zur Gewährung des Unterhaltsvorschusses für die Zeit ab November 2011 bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 26. Juli 2013 verpflichtet ist, da das Verwaltungsgericht weder das Ende des Verpflichtungszeitraums auf einen Zeitpunkt vor seiner Entscheidung datiert noch eine Verpflichtung des Beklagten über den Zeitpunkt seiner Entscheidung hinaus ausgesprochen hat. Dies stimmt auch mit den bei der Auslegung des Urteilstenors zu berücksichtigenden Entscheidungsgründen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 117 Rn. 10, § 121 Rn. 18 m.w.N.) überein, soweit das Verwaltungsgericht darin ausgeführt hat, "erfüllt die Tochter der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Voraussetzungen für die Bewilligung von UVG-Leistungen, so muss das Gericht eine entsprechende Verpflichtung des Beklagten aussprechen."

Die Rechtssache wirft daher nur insoweit eine sich auch im Berufungsverfahren stellende Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung auf, als das Verwaltungsgericht den Beklagten für den Zeitraum nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2012 bis zu seiner Entscheidung am 26. Juli 2013 zur Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für die Tochter der Klägerin verpflichtet hat.

Im Übrigen, d. h. soweit das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet hat, der Klägerin für ihre Tochter Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für die Zeit ab November 2011 bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2012 zu gewähren, und den dieser Verpflichtung entgegen stehenden Bescheid des Beklagten vom 16. Januar 2012 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 21. November 2012 aufgehoben hat, hat der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil keinen Erfolg. Denn die von dem Beklagten insoweit geltend gemachten Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3, 4 und 5 VwGO liegen nicht vor bzw. sind nicht hinreichend dargelegt worden.

Es bestehen insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die Klägerin gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt ist, weil sie berechtigt ist, den Anspruch auf Gewährung eines Unterhaltsvorschusses für ihre Tochter im eigenen Namen geltend zu machen, und die Ablehnung der Gewährung eines Unterhaltsvorschusses durch den Bescheid des Beklagten vom 16. Januar 2012 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 21. November 2012 sie daher in ihren Rechten verletzen kann.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zur Klagebefugnis des alleinerziehenden Elternteils, bei dem das Kind lebt, in seinem Beschluss vom 20. Januar 2014 (12 C 13.2488) im Anschluss an die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.9.1999 - 16 A 461/99 -) und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 16.3.2011 - 5 D 181/10 -) Folgendes ausgeführt:

"Zwar begegnet es im Grundsatz keinen rechtlichen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht die Klagebefugnis des im eigenen Namen auftretenden alleinerziehenden Elternteils bejaht hat, obwohl der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss gemäß § 1 Abs. 1 UVG nur dem Kind selbst zusteht. Denn das eigenständige Klagerecht des Elternteils, in dessen Obhut das Kind lebt, kann aus § 9 Abs. 1 UVG abgeleitet werden, der diesem Elternteil sowie dem gesetzlichen Vertreter des Kindes ein eigenständiges Antragsrecht im Hinblick auf die Leistungen nach UVG gibt. Ein solches Antragsrecht bedeutet zwar nicht notwendig eine eigenständige materiell-rechtliche Rechtsposition im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO, stellt jedoch ein Indiz hierfür dar (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 42 Rn. 72 m.w.N.). Der Senat schließt sich unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (B.v. 30.7.2007, 12 C 07.673; B.v. 6.7.2010, 12 C 10.1063, <[...]>) der Rechtsauffassung des OVG Nordrhein-Westfalen (U.v. 23.9.1999, 16 A 461/99 - <[...]>, Rn. 7 ff. m.w.N.) und des Sächsischen OVG (U.v. 16.3.2011, 5 D 181/10 - <[...]>, Rn. 8) an, wonach die Vorschrift des § 9 Abs. 1 UVG die Berechtigung des alleinerziehenden Elternteils begründet, den Anspruch des Kindes auf Unterhaltsvorschussleistungen im eigenen Namen geltend zu machen. Die Regelung dient der Sicherstellung, dass ein Anspruch auf Unterhaltsleistung auch dann durchgesetzt werden kann, wenn das Sorgerecht beiden Eltern gemeinsam zusteht, derjenige, bei dem das Kind nicht lebt, jedoch mit einer Verfolgung des Anspruchs nicht einverstanden ist (SächsOVG, U.v. 16.3.2011, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 27.8.2012, 6 M 111.12 - <[...]>, Rn. 5 m.w.N.). Zwar könnte die Norm auch dahingehend verstanden werden, dass sie lediglich eine besondere Vertretungsregelung des alleinerziehenden Elternteils enthält, ohne für diesen eine eigenständige Klagebefugnis zu normieren (insoweit offen: OVG Berlin-Bgb, B.v. 27.8.2012, a.a.O). Dieser Auffassung steht jedoch entgegen, dass bei einer nur gewollten Vertretungsregelung die Festlegung, dass der Antrag auch durch den gesetzlichen Vertreter gestellt werden kann, überflüssig wäre (vgl. SächsOVG, U.v. 16.3.2011, a.a.O.). Darüber hinaus sprechen auch die berührten wirtschaftlichen Interessen des alleinerziehenden Elternteils dafür, dessen Klagebefugnis zu bejahen (OVG NW, U.v. 23.9.1999, a.a.O. - <[...]>, Rn. 11 f. unter Verweis auf Sodan/Ziekow, Loseblatt-Kommentar zur VwGO, § 42 Rn. 412, wonach im Einzelfall auch das elterliche Erziehungsrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG taugliche Grundlage eines elterlichen Klagerechts in Angelegenheiten ihrer Kinder sein kann). Der Umstand, dass das materiell-rechtlich anspruchsberechtigte Kind (bei ordnungsgemäßer Vertretung nach §§ 1626, 1629 BGB, §§ 1773 ff. BGB) daneben selbst klagebefugt ist, schließt ein eigenständiges Klagerecht des alleinerziehenden Elternteils nicht aus (VG Würzburg, U.v. 14.6.2011, W 3 K 11.341; U.v. 7.7.2011, W 3 K 11.170 - <[...]>)."

Der Senat schließt sich dem an. Hervorzuheben ist, dass der Gesetzgeber nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 UVG hat sicherstellen wollen, dass der alleinerziehende Elternteil, bei dem das Kind lebt, den Anspruch auf Gewährung eines Unterhaltsvorschusses für das nach § 1 Abs. 1 UVG berechtigte Kind auch dann im eigenen Namen geltend machen kann, wenn das Sorgerecht beiden Elternteilen gemeinsam zusteht und derjenige Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, mit der Geltendmachung des Anspruchs nicht einverstanden ist. Der Anspruch soll auch gegen den Willen des anderen (unterhaltsverpflichteten) Elternteils durchgesetzt werden können. Nach dem Wortlaut der Norm handelt es sich auch nicht um eine bloße Vertretungsregelung, die im Hinblick auf den in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten gesetzlichen Vertreter ohnehin überflüssig wäre, sondern die Begründung einer eigenständigen Befugnis des betreffenden Elternteils sowie des gesetzlichen Vertreters.

Ist die Klägerin demnach gemäß § 9 Abs. 1 UVG berechtigt, den Anspruch auf Gewährung eines Unterhaltsvorschusses im eigenen Namen und nicht lediglich als gesetzliche Vertreterin ihrer Tochter geltend zu machen, kann sie entgegen der Meinung des Beklagten auch selbst die Gewährung des Unterhaltsvorschusses für ihre nach § 1 Abs. 1 UVG berechtigte Tochter und nicht lediglich die Auszahlung des Unterhaltsvorschusses an ihre Tochter verlangen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das der Beklagte verpflichtet worden ist, der Klägerin für ihre Tochter Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ab November 2011 zu gewähren, begegnet deshalb auch unter diesem Gesichtspunkt keinen ernstlichen Zweifel an dessen Richtigkeit.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts ergeben sich auch nicht aus dem Einwand des Beklagten, dass "materiell kein Anspruch auf Leistungen nach dem UVG" bestehe.

Entgegen der Ansicht des Beklagten, nach der der Monat Dezember 2011 "offensichtlich die gesamte Betreuungssituation veranschaulichen" soll, hat das Verwaltungsgericht die "Betreuungssituation" im Monat Dezember 2011 zutreffend nicht als ausschlaggebend angesehen für die Beantwortung der Frage, ob das Kind in dem entscheidungserheblichen Zeitraum im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG bei der Klägerin gelebt hat. Denn die Klägerin hat diesbezüglich in ihrem Widerspruchschreiben vom 10. Juli 2012 angegeben, dass "im Dezember 2011 Besuche an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden" stattgefunden haben, "so dass es zu einigen Mehrbetreuungstagen kam, diese sind allerdings nicht die Regel", maßgeblich könne daher "nicht die Betreuungssituation allein im Dezember 2011 sein, vielmehr die regelmäßige Betreuung, welche sich ... auf die Betreuung einmal wöchentlich und an allen zwei Wochenenden beläuft." Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben der Klägerin unzutreffend sind. Es trifft deshalb nicht zu, dass die "Betreuungssituation" im Dezember 2011 die im entscheidungserheblichen Zeitraum "tatsächlich gelebte Betreuungssituation" abbildet.

Auch hat der Beklagte nicht hinreichend dargelegt, dass die weiteren Feststellungen des Verwaltungsgerichts, dass kein "Wechselmodell" vereinbart worden sei, keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass das Kind regelmäßig auch bei seinem Vater gelebt habe, und dass trotz der intensiveren Betreuung des Kindes durch seinen Vater im Monat Dezember 2011 die Voraussetzung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG, dass das Kind bei einem seiner Elternteile lebt, im entscheidungserheblichen Zeitraum erfüllt sei, weil das Kind in diesem Zeitraum bei der Klägerin im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG gelebt habe, unzutreffend sind, da er sich mit den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht konkret auseinandergesetzt hat. Aus den Ausführungen des Beklagten zur Begründung des Zulassungsantrags ergeben sich daher keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts, soweit dieses wegen der ganz überwiegenden Betreuung des Kindes durch die Klägerin das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG bejaht hat. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob auch die vom Verwaltungsgericht zusätzlich herangezogenen Gesichtspunkte - Selbstverpflichtung des Kindesvaters zum Unterhalt, Kindergeldbezug durch die Klägerin - dafür sprechen, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG hier erfüllt sind.

Entgegen der Meinung des Beklagten ist die Beantwortung der hier entscheidungserheblichen Fragen nicht mit besonderen, d.h. überdurchschnittlichen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten verbunden, so dass die Berufung auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen werden kann.

Soweit das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet hat, der Klägerin für ihre Tochter Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für die Zeit ab November 2011 bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2012 zu gewähren, und den dieser Verpflichtung entgegen stehenden Bescheid des Beklagten vom 16. Januar 2012 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 21. November 2012 aufgehoben hat, kommt auch keine Zulassung der Berufung wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) in Betracht.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine höchstrichterlich oder obergerichtlich noch nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine obergerichtlich bislang ungeklärte Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich im Rechtsmittelverfahren stellen würde und im Interesse der Einheit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung durch das Berufungsgericht bedarf (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7.4.2011 - 4 LA 98/10 -, 8.10.2009 - 4 LA 234/09 - und 24.2.2009 - 4 LA 798/07 -; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 124 Rn. 30 ff. m.w.N.). Daher ist die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nur dann im Sinne des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum diese Frage im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 124 a Rn. 103 ff. m.w.N.).

Die von dem Beklagten neben der die Zulassung der Berufung in dem oben bezeichneten Umfang begründenden Frage des Prüfungszeitraums bei Streitigkeiten nach dem Unterhaltsvorschussgesetz angeführte weitere Frage, "ob ein Leistungsbescheid nach dem UVG einen Dauer-Verwaltungsakt darstellt", ist nach dem oben Gesagten unter keinem Gesichtspunkt entscheidungserheblich und rechtfertigt deshalb keine Zulassung der Berufung wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.

Zu der ferner von dem Beklagten "vor dem Hintergrund widersprüchlicher obergerichtlicher Entscheidungen" bezeichneten "Frage der Klagebefugnis" des Elternteils, bei dem das Kind lebt, gibt es - wie oben dargestellt - keine uneinheitliche obergerichtliche Rechtsprechung mehr (das OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.8.2012 - OVG 6 M 111.12 -, hat diese Frage offen gelassen). Nach dieser Rechtsprechung, der sich nach dem oben Gesagten auch der Senat anschließt, kann diese Frage ohne weiteres bereits im Berufungszulassungsverfahren dahingehend beantwortet werden, dass die Klagebefugnis des alleinerziehenden Elternteils, bei dem das Kind lebt, bei Klagen auf die Gewährung eines Unterhaltsvorschusses nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zu bejahen ist. Die Durchführung eines Berufungsverfahrens ist daher zur Klärung dieser Frage nicht erforderlich.

Die Berufung ist des Weiteren nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen.

Der Zulassungsgrund der Divergenz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist nur dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht seinem Urteil einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit einem in einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten, dieselbe Rechtsfrage betreffenden und die Entscheidung tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt. Dabei muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied deutlich werden, weil die bloße unrichtige oder unterbliebene Anwendung eines obergerichtlich oder höchstrichterlich aufgestellten Rechtssatzes den Zulassungsgrund der Divergenz nicht erfüllt. Die Darlegung der Divergenz, die § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO verlangt, erfordert daher u. a. die Angabe des obergerichtlich oder höchstrichterlich entwickelten Rechtssatzes, die Bezeichnung des Rechtssatzes, mit dem das Verwaltungsgericht von dem obergerichtlich oder höchstrichterlich gebildeten Rechtssatz abgewichen sein soll, und Erläuterungen dazu, worin die Abweichung konkret besteht (Senatsbeschluss vom 11.7.2012 - 4 LA 54/11 - m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Beklagten in keiner Weise. Er hat zur Begründung dieses Zulassungsgrundes nämlich lediglich behauptet, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von dem Beschluss des Senats vom 13. August 2012 (4 PA 198/12) abweiche, jedoch keinen Rechtssatz bezeichnet, den das Verwaltungsgericht aufgestellt haben und mit dem es von einem vom Senat gebildeten Rechtssatz abgewichen sein soll. Eine solche Divergenz ist im Übrigen auch nicht ersichtlich. Denn die Entscheidung des Verwaltungsgerichts enthält keinen Rechtssatz, der von einem in dem genannten Beschluss des Senats aufgestellten Rechtssatz abweicht. In diesem Beschluss über eine Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren hatte der Senat die Klage mangels Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO als unzulässig angesehen, weil die Klägerin in dem angefochtenen Bescheid als gesetzliche Vertreterin ihres Kindes nur als Zustellungsadressatin aufgeführt worden war, der Bescheid inhaltlich ausschließlich ihr minderjähriges Kind betraf und dementsprechend der zuviel gezahlte Unterhaltsvorschuss von dem Kind der Klägerin als Anspruchsberechtigtem nach § 1 Abs. 1 UVG zurückgefordert wurde, wie dies § 5 Abs. 2 UVG auch vorsieht. Dieser Sachverhalt ist unter keinem Gesichtspunkt mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar. Auch hat der Senat in diesem Beschluss keinen Rechtssatz aufgestellt, der von dem Rechtssatz, dass der alleinerziehende Elternteil, bei dem das Kind lebt, den Anspruch auf Gewährung eines Unterhaltsvorschusses für das bei ihm lebende Kind gestützt auf § 9 Abs. 1 UVG im eigenen Namen geltend machen kann, abweicht.

Schließlich ergeben sich aus dem Vorbringen des Beklagten zur Begründung des Zulassungsantrags auch keine Anhaltspunkte dafür, dass ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann, vorliegt (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Dass die nach der Behauptung des Beklagten fehlende Aktivlegitimation der Klägerin vom Verwaltungsgericht nicht bzw. nicht zutreffend berücksichtigt worden sein soll, könnte, sofern die Auffassung des Beklagten zuträfe, allenfalls ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, nicht jedoch einen Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO begründen. Im Übrigen ist die Auffassung des Beklagten, dass die Klägerin nicht klagebefugt bzw. nicht aktivlegitimiert sei, nach dem oben Gesagten unzutreffend.

Die Kostenentscheidung betreffend die Ablehnung des Zulassungsantrags beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 VwGO.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.