Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.05.2014, Az.: 7 LC 16/13
Klagebefugnis eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens für die Anfechtung einer Freistellungsverfügung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 28.05.2014
- Aktenzeichen
- 7 LC 16/13
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 21350
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2014:0528.7LC16.13.0A
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 2 S. 1 AEG
- § 23 Abs. 1 AEG
Amtlicher Leitsatz
Ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen, dessen Eisenbahninfrastruktur an die von einem Antrag auf Freistellung von Bahnbetriebszwecken betroffene stillgelegte Eisenbahninfrastruktur anschließt, besitzt allein deswegen noch keine Klagebefugnis für die Anfechtung der Freistellungsverfügung.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage nur als unzulässig abgewiesen wird.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens ein-schließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2), aber mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) und zu 3), die nicht erstattungsfähig sind.
Das Berufungsurteil ist wegen der Kosten vorläufig voll-streckbar.
Die Klägerin kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des auf Grund des Berufungsur-teils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt nach erfolglosem Widerspruchsverfahren die Aufhebung eines Bescheids des Eisenbahn-Bundesamtes, durch den auf Antrag der Beigeladenen zu 1) in deren Gemeindegebiet liegende Grundstücke der Beigeladenen zu 2), über die Teile der seit 1996 stillgelegten einspurigen Eisenbahnstrecke Nr. 1963 zwischen Uelzen und Dannenberg/West verlaufen, von Eisenbahnbetriebszwecken freigestellt wurden.
Die Klägerin ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen, das unter anderem die an die umstrittene Strecke anschließende Strecke Nr. 6905 zwischen Lüchow und Dannenberg/Ost ("Jeetzeltalbahn") betreibt (vgl. Bl. 106 der Gerichtsakte - GA -), indem es diese Strecke anderen entgeltlich für den Eisenbahnbetrieb zur Verfügung stellt, sodass dort gelegentlich ein Personenverkehr stattfindet. Eigene Eisenbahnverkehrsleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 AEG) erbringt die Klägerin allerdings nicht. Die "Jeetzeltalbahn" ist ihrerseits nur über die von Dannenberg/Ost nach Lüneburg führende "Wendlandbahn" (Strecke Nr. 1151) der Beigeladenen zu 2) an deren Streckennetz angeschlossen. Die "Wendlandbahn" war bis zu dem Ergehen der angefochtenen Freistellung nicht mit digitalem GSM-R Zugfunk ausgerüstet, was die Möglichkeiten einschränkte, auf ihr einen Gütertransport durchzuführen.
Der Personenverkehr auf der umstrittenen Strecke Uelzen - Dannenberg/West wurde bereits am 30. Mai 1975 beendet, der fahrplanmäßige Güterverkehr im Frühjahr 1993. Mit Genehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes vom 26. März 1996 stellte die Beigeladene zu 2. mit Wirkung vom 1. Juni 1996 schließlich den Gesamtbetrieb auf dieser Strecke dauerhaft ein (Bl. 119 ff. GA).
Die Beigeladene zu 1) beantragte am 13. Dezember 2007 bei dem Eisenbahn-Bundesamt, im Einzelnen benannte Flurstücke auf ihrem Gemeindegebiet, die dem Betrieb der Strecke Uelzen - Dannenberg/West dienten, von Bahn- und Betriebszwecken freizustellen. Die Beigeladene zu 2) teilte hierzu im Juni 2008 und nach Abschluss einer internen Prüfung mit, die Voraussetzungen für die begehrte Freistellung von Bahnbetriebszwecken seien gegeben.
Im Hinblick auf Kaufverhandlungen mehrerer Interessenten mit der hierbei durch die DB Services Immobilien GmbH vertretenen Beigeladenen zu 2) über den Erwerb der Strecke Uelzen - Dannenberg/West wurde das Freistellungsverfahren zeitweilig nicht fortgeführt. Die in den Jahren 2009 und 2010 speziell zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2) über diese Strecke geführten Kaufverhandlungen sind daran gescheitert, dass sich die Preisvorstellungen der Beigeladenen zu 2) infolge der Stilllegung der Strecke bereits am Bodenwert orientierten, während die Klägerin wegen der noch fortbestehenden Zweckbindung der Grundstücke nur einen am Ertragswert orientierten Preis zu zahlen bereit war (vgl. Bl. 178 der Beiakte - BA - A).
Die Beigeladene zu 3) ist an der beantragten Freistellung interessiert, weil sie eine marode Brücke, welche die Landesstraße 252 über die Strecke Nr. 1963 führt, durch einen Straßendamm ersetzen möchte. Im Zusammenhang mit diesen Planungen nahm das Eisenbahn-Bundesamt das Freistellungsverfahren wieder auf und machte die beantragte Freistellung der Strecke von Bahnbetriebszwecken im Gebiet der Beigeladenen zu 1) am 7. Februar 2011 im elektronischen Bundesanzeiger bekannt (Bl. 129 f. BA A). Die betroffenen Stellen forderte es zur Stellungnahme binnen eines Monats auf.
In ihrer Stellungnahme vom 16. Februar 2011 (Bl. 142 ff. BA A) wandte sich die Klägerin gegen die Freistellung, da sie ein besonderes Interesse daran habe, die Strecke Uelzen - Dannenberg zu erhalten und kurzfristig wieder in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Sie stehe vor der Schwierigkeit, dass sie ihre eigene "Jeetzeltalbahn" über das aktive Bestandsnetz derzeit nicht im regelmäßigen Güterverkehr erreichen könne, weil die "Wendlandbahn" aufgrund von Einschränkungen bei der Infrastruktur und der Zugsicherung neben dem bestehenden Schülerpersonennahverkehr keine weiteren Kapazitäten für einen zusätzlichen Güterzug aufweise und eine Anmeldung von "Bedarfstrassen" im Rahmen eines Jahresfahrplans infolge der langen Voranmeldefrist den Güterkunden nicht zu vermitteln sei. Kommunen und potenzielle Güterkunden hätten sich für den Erhalt der Strecke Uelzen - Dannenberg ausgesprochen und würden diesen unterstützen. Im regionalen Raumordnungsplan für den Landkreis Lüchow-Dannenberg sei ein entsprechendes Ziel enthalten. Unter dem 11. März 2011 (Bl. 212 f. BA A) vertiefte die Klägerin ihr Vorbringen.
Mit Bescheid vom 15. März 2011 - der Klägerin zugestellt am 17. März 2011 - stellte das Eisenbahn-Bundesamt die im Einzelnen aufgeführten Flurstücke der Strecke Uelzen-Dannenberg (Nr. 1963) im Gebiet der Beigeladenen zu 1) zum 15. März 2011 von Bahnbetriebszwecken frei. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Beigeladene zu 1) sei antragsbefugt, das erforderliche Beteiligungsverfahren durchgeführt und für die genannten Flurstücke bestehe weder ein Verkehrsbedürfnis noch sei die Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung zu erwarten. Ein Interesse der Klägerin an einer ernsthaft dauerhaften Übernahme der Strecke sei nicht hinreichend deutlich geworden. Abgesehen von der Vorlage grundsätzlicher Interessebekundungen von Gemeinden und von Firmen hätte eine ernsthafte Konzeption der Klägerin, welche die Herrichtung der Strecke für den Betrieb und den erneuten Betrieb durch die Klägerin glaubhaft mache, nicht vorgelegen. Eine Insellage ihrer eigenen Strecke Dannenberg-Lüchow (Nr. 6905) bestehe nicht, weil diese über die Strecke Lüneburg-Dannenberg angebunden sei. Die Durchbindung von Güterzügen über die Strecke Lüneburg-Dannenberg sei möglich. Ab September 2011 stünden auf dieser Strecke Kapazitäten zur Verfügung und es könnten Verkehre angemeldet werden. Die baldige Freistellung sei unter Berücksichtigung der vorangeschrittenen Planungen der Landesstraßenbauverwaltung zum Abriss der Brücke im Zuge der Landesstraße 252 über die Eisenbahnstrecke im Gemeindebereich und zum Neubau auf der Dammaufschüttung geboten, weil anderenfalls mit erhöhtem Aufwand aus Steuergeldern eine Brückensanierung über die möglicherweise jahrelang brachliegende Eisenbahnstrecke erfolgen müsste.
Zur Begründung ihres dagegen gerichteten Widerspruchs vom 4. April 2011 machte die Klägerin geltend, dass unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahme vom 16. Februar 2011 ein Verkehrsbedürfnis gegeben sei. Die vorgelegten Erklärungen der betroffenen Kommunen und Gewerbetreibenden seien unzutreffend und pauschal als bloße Interessensbekundungen angesehen worden. Es seien zahlreiche sich überlagernde Verkehrspotenziale gegeben und es sei verkannt worden, dass eine konkrete Bereitschaft zur Übernahme der Bahnlagen für den Nachweis der Ernsthaftigkeit eines Nutzungsinteresses nicht erforderlich sei. Dass die Beigeladene zu 2) den ihr gebotenen Ertragswert grundsätzlich nicht akzeptiere, lasse nicht auf ein mangelndes Kaufinteresse schließen. Eine Pflicht, vorab Reaktivierungskonzeptionen aufzustellen oder der Freistellungsbehörde vorzulegen, bestehe nicht.
Das Eisenbahn-Bundesamt wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2011 - zugestellt am 11. Juni 2011 - zurück und führte zur Begründung unter anderem aus, auch im Hinblick auf den Güterverkehr sei eine langfristig positive Nutzungsprognose nicht gegeben. Eine Schienenverbindung für das Hafenindustriegebiet der Stadt Uelzen bestehe auch ohne die Strecke. Güterverkehr von dort nach Lüchow könne wirtschaftlicher über Lüneburg und die "Wendlandbahn" (Strecke Nr. 1151) abgewickelt werden, weil das keine weiteren Investitionen erfordere. Die Nutzungsprognose sei im Hinblick auf das öffentliche Interesse an einem attraktiven Verkehrsangebot auf der Schiene anzustellen, nicht im Interesse öffentlicher Stellen oder privater Unternehmen. Insgesamt sei nicht ersichtlich, dass aus Gemeinwohlgründen eine Freistellung versagt werden müsste. Das Straßenbauvorhaben der Landesstraßenbauverwaltung habe keinen Einfluss auf den Inhalt der Freistellungsentscheidung gehabt.
Am Montag, den 11. Juli 2011, hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie hat geltend gemacht:
Es fehle bereits an dem erforderlichen wirksamen Antrag zur Freistellung. Von einem mangelnden Verkehrsbedürfnis könne nicht ausgegangen werden. Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen trotz des angemeldeten Interesses von betroffenen Gemeinden, des zuständigen Trägers der Landes- und Regionalplanung sowie der Infrastrukturunternehmen ein Bedürfnis an eisenbahnspezifischer Nutzung der Strecke verneint worden sei.
Die Klägerin hat beantragt,
den Freistellungsbescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 15. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2011 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ausführungen des angefochtenen Bescheides und des Widerspruchsbescheides vertieft. Die von der Klägerin genannten Interessenten äußerten lediglich Wünsche nach einem zusätzlichen Transportweg. Einzelinteressen seien aber nicht maßgeblich und könnten ein Verkehrsbedürfnis nicht begründen. Bei der Strecke sei ein faktischer Neubau wegen der vorhandenen Schäden notwendig.
Die Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt.
Die Beigeladene zu 2) hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung auf die Ausführungen der Beklagten bezogen.
Die Beigeladene zu 3) hat ebenfalls keinen Antrag gestellt.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil vom 6. Februar 2013 selbständig tragend als mangels Klagebefugnis unzulässig und wegen der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Nach § 42 Abs. 2 VwGO sei die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend mache, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine Verletzung eigener Rechte im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO werde geltend gemacht, wenn bei Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes Rechtsvorschriften hätten beachtet werden müssen, die (auch) im Interesse des Klägers ergangen seien. Sei eine Klägerin - wie hier - nicht (unmittelbare) Adressatin eines Verwaltungsakts, müsse geprüft werden, ob subjektive eigene Rechte oder zumindest anderweitig geschützte Interessen verletzt sein könnten. Das sei hier nicht der Fall. Eine besondere Berücksichtigung der Interessen des Eisenbahninfrastrukturunternehmens, dessen Eisenbahninfrastruktur an die vom Antrag betroffene Eisenbahninfrastruktur anschließe, sei im Rahmen der Freistellungsentscheidung nach § 23 Abs. 1 AEG nicht geboten. Komme es aber bei der Freistellungsentscheidung maßgeblich [nur] auf den Wegfall der öffentlichen Belange an, fehle es einem privaten Dritten, der ein materielles, aktuelles oder künftiges Interesse an der Aufrechterhaltung des planungsrechtlichen Status habe, an der nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen geschützten Rechtsposition. Der § 23 AEG (a. F.) enthalte keine dem § 11 Abs. 1a AEG vergleichbare Regelung, die auch die Chancen für die Übernahme von Schienenstrecken und anderen Infrastruktureinrichtungen verbessern solle und interessierten Dritten das Recht zur Angebotsaufforderung einräume. Eine geschützte Rechtsposition ergebe sich insbesondere nicht aus dem Stellungnahmeverfahren nach § 23 Abs. 2 Satz 1 AEG (a. F.). Dessen Funktion sei die Information und die Einholung von Stellungnahmen, die für die Entscheidung für die Freistellung bedeutsam sein könnten. Der Schutz und die Wahrung eigener Rechte der in § 23 Abs. 2 Satz 1 AEG (a. F.) genannten Unternehmen, Behörden oder sonstigen Stellen sei mit der Regelung nicht bezweckt. Das Zustellungserfordernis in § 23 Abs. 3 AEG lasse keinen anderen Schluss zu. Es sei nur für die nach § 23 Abs. 1 AEG antragsbefugten Stellen vorgesehen, weil [nur] diese durch die Freistellungsentscheidung in ihren Rechten betroffen würden, sodass die förmliche Zustellung angezeigt sei. Eine Verletzung ihres Eigentumsrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG durch den Freistellungsbescheid könne die Klägerin ebenfalls nicht geltend machen. Sie habe bisher keine Rechte an der von der Freistellung betroffenen Strecke. Die Eigentumsgarantie schütze den konkreten Bestand an vermögenswerten Gütern vor ungerechtfertigten Eingriffen durch die öffentliche Gewalt und erfasse nur Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustünden, nicht aber in der Zukunft liegende Chancen und Verdienstmöglichkeiten. Unter dem Blickwinkel des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb könne ein Vorbringen jedenfalls nur dann Erfolg haben, wenn eine ernsthafte und konkrete Gefahr für den Bestand des Gewerbebetriebes begründet werde. Eine solche liege nur dann vor, wenn der befürchtete Schaden in absehbarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. Eine lediglich nicht auszuschließende Möglichkeit des Schadenseintritts reiche zur Annahme einer konkreten Gefahr oder eines ernstlichen Risikos nicht aus. Hinreichende Anhaltspunkte für die Gefahr eines Existenzverlustes oder die Gefährdung der Existenz der Klägerin wegen der Freistellungsverfügung vom 15. März 2011 seien von ihr weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Die Klage sei im Übrigen aus folgenden - selbstständig tragenden - Gründen auch nicht begründet. Der Freistellungsbescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 15. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Eisenbahn-Bundesamtes vom 9. Juni 2011 sei rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 VwGO). ... [wird ausgeführt] Die Berufung sei gemäß § 124a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Frage, ob ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen, dessen Eisenbahninfrastruktur an die von dem Antrag auf Freistellung betroffene Eisenbahninfrastruktur anschließe, nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt sei, habe grundsätzliche Bedeutung und sei obergerichtlich nicht geklärt.
Nach Zustellung des angefochtenen Urteils am 6. März 2013 hat die Klägerin am 5. April 2013 Berufung eingelegt und dieses Rechtsmittel nach mehrfacher Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 24. Juni 2013 an diesem Tage begründet. Sie macht unter anderem Folgendes geltend:
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die Beklagte und die Klägerin ersichtlich von einer Klagebefugnis gemäß § 23 Abs. 2 AEG ausgegangen. Die Vorinstanz lasse bei ihren Überlegungen vollständig außer Acht, dass sie, die Klägerin, als Adressatin eines Verwaltungsbescheides klagebefugt sei. Ihr gegenüber sei der mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Feststellungsbescheid erlassen worden. Wenn die Beklagte ihr gegenüber etwas feststelle, dann müsse sie auch die Möglichkeit haben, sich gegen diese Feststellung zur Wehr zu setzen. Umfasse die Feststellung auch ihre Interessen, so ergebe sich bereits daraus die Klagebefugnis. Im vorliegenden Falle bestehe ein Eisenbahnnachbarrechtsverhältnis, in dem sie, die Klägerin, durch den Freistellungbescheid nachteilig betroffen werde. Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht davon aus, dass in § 23 AEG eine dem § 11 Abs. 1a AEG vergleichbare Regelung fehle. Wenn bereits § 11 Abs. 1a AEG eine Verbesserung der Chancen auf Übernahme darstellen solle, so müsse dies erst recht für § 23 Abs. 2 AEG in Bezug auf die Betreiberin der Nachbareisenbahnstrecke gelten. Eine unterschiedliche Behandlung beider Regelungen hätte keinen Sinn. Dies insbesondere deshalb, weil die Vorschrift des § 23 Abs. 2 AEG als ein spezielles, die allgemeine Anhörungsregelung in § 28 VwVfG ergänzendes Stellungnahmeverfahren betrachtet werde. Gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG sei eine Beteiligte anzuhören, bevor in ihre Rechte eingegriffen werde. Werde also das Stellungnahmeverfahren gemäß § 23 Abs. 2 AEG als spezialisiertes Anhörungsverfahren verstanden, sei damit hinlänglich klargestellt, dass in ihre, der Klägerin, Rechte eingegriffen werden solle. Denn ohne einen solchen Eingriff erfolgte keine Anhörung. Jedenfalls ergebe sich die Klagebefugnis einer angrenzenden Gleisbetreiberin aus dem Zusammenspiel der Regelungen des § 23 Abs. 1 AEG mit derjenigen des § 23 Abs. 2 AEG. Denn wenn in der Stellungnahme (§ 23 Abs. 2 AEG) des nachbarlichen Eisenbahninfrastrukturunternehmens nachgewiesen werde, dass ein Verkehrsbedürfnis bestehe und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur zu erwarten sei, so müsse die Planfeststellungsbehörde den Antrag auf Freistellung von Bahnbetriebszwecken zwingend ablehnen (§ 23 Abs. 1 AEG). Deshalb sei die Stellungnahme weit mehr als eine "Interessensbekundung" oder Information zur besseren Entscheidungsfindung der Beklagten. Dementsprechend müsse sie, die Klägerin, in der Lage sein, ihre Betriebsplanung (gerichtlich) zu verteidigen. Dies insbesondere deshalb, weil sie als Nachbarunternehmen erst nach Ablehnung der Freistellung sinnhaft in der Lage sei, einen Antrag nach § 6 AEG zu stellen. In der amtlichen Begründung zu § 23 Abs. 2 AEG sei zwar eine Klagebefugnis des nachbarlichen Eisenbahnunternehmens nicht positiv niedergelegt. Das Gegenteil finde sich dort aber auch nicht. Dagegen würde die gesetzgeberische Grundentscheidung zugunsten einer grundsätzlichen Beibehaltung von Eisenbahninfrastrukturen vollständig ausgehöhlt werden, wenn nicht das nachbarliche Eisenbahninfrastrukturunternehmen eine eigene Klagebefugnis hätte. Denn sofern sich die Planfeststellungsbehörde und die Beigeladene zu 2) "einig wären", könnte ansonsten jede von der Beigeladenen zu 2) vernachlässigte Eisenbahnstrecke zwecks Grundstücksvermarktung von Eisenbahnbetriebszwecken freigestellt werden, ohne dass Dritte daran etwas zu ändern vermöchten. Selbst wenn sie, die Klägerin, nicht klagebefugt wäre, müsste die Kostenentscheidung des verwaltungsgerichtlichen Urteils aufgehoben werden. Denn dann hätte nicht sie, sondern die Beklagte die Veranlassung zu dem Klageverfahren gegeben, und zwar durch den Erlass eines Bescheides nebst dem Verweis auf die ihr, der Klägerin, zustehenden Rechtsbehelfe.
Die Klägerin regt an, im Wege eines Zwischenurteils die Zulässigkeit der Klage festzustellen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 5. Kammer - vom 6. Februar 2013 abzuändern und den Freistellungsbescheid des Eisenbahn-Bundesamts vom 15. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheids des Eisenbahn-Bundesamts vom 9. Juni 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert unter anderem: Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur mangelnden Klagebefugnis seien überzeugend. Wenn ein nachbarschaftliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen das einklagbare Recht hätte, trotz äußerst unsicherer oder negativer Prognose über zukünftige auskömmliche Verkehre auf der Strecke eine Infrastruktur zum Ertragswert zu übernehmen, würde dies massiv in die Eigentumsrechte des bisherigen Infrastrukturbetreibers eingreifen, der nach einer Freistellung die freigestellten Flächen zu marktgerechten Preisen verkaufen könnte. Dies könne insbesondere im Hinblick darauf nicht richtig sein, dass das nachbarschaftliche Eisenbahninfrastrukturunternehmen die übernommene Eisenbahninfrastruktur möglicherweise zeitnah wieder aufgeben müsste, dann aber die Flächen [nach deren Freistellung] selbst vermarkten und einen willkommenen Gewinn erzielen könnte. Ein Güterzugverkehr über die "Wendlandbahn" (Strecke 1151) von Lüneburg nach Dannenberg/Ost zur Erschließung der "Jeetzeltalbahn" der Klägerin von Dannenberg/Ost nach Lüchow sei möglich. Mit einer zeitlichen Verzögerung von rund drei Monaten gegenüber der Prognose des Widerspruchsbescheids sei seit dem 11. Dezember 2011 auf der Strecke 1151 zwischen Lüneburg und Dannenberg/Ost der GSM-R-Zugfunk in Betrieb gegangen, sodass diese Strecke nun zuverlässig sowohl nachts als auch tagsüber für Güterzugfahrten genutzt werden könne. Trassen für die Fahrten müssten sich lediglich an den Fahrzeiten des Personenverkehrs ausrichten. So könnte seit dem 11. Dezember 2011 auf der "Wendlandbahn" ein Güterzug dem regulären Personenzug hinterherfahren. Außerdem könnte im Bahnhof Dahlenburg eine Zugkreuzung erfolgen, falls ein Güterzug dem regulären Personenzug entgegenführe. Darüber hinaus wäre ein Güterzugverkehr in der nächtlichen Pause des Reiseverkehrs zwischen 21.48 Uhr (samstags bereits 18.48 Uhr) und 6.11 Uhr (sonntags erst 10.11 Uhr) möglich. Die Möglichkeiten, nachts zu fahren, hätten auch schon vor der Inbetriebnahme des GSM-R-Zugfunks bestanden. Mit Blick auf denkbare Güterzugfahrten tagsüber wäre jedoch zu befürchten gewesen, dass das Eisenbahn-Bundesamt - wie zwischenzeitlich schon einmal 1995/96 - erneut eine Verfügung erlassen hätte, nach der sicherzustellen gewesen wäre, dass sich jeweils nur ein Zug auf der Strecke befunden hätte. Fahrten auf Eisenbahnstrecken bedürften immer einer vorherigen Trassenanmeldung bei dem Infrastrukturbetreiber, hier also der Beigeladenen zu 2). Dementsprechend müsste ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, das über die "Wendlandbahn" und dann weiter zur "Jeetzeltalbahn" der Klägerin fahren wolle, eine "Bedarfstrasse" anmelden. Für fahrplanmäßige Verkehre sei mit einer Frist von etwa 9 Monaten zu rechnen. Für Gelegenheitsverkehre seien jedoch auch kurzfristige Trassenanmeldungen möglich. Zwar sei in dem Widerspruchsbescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 9. Juni 2011 die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs, und damit die Widerspruchsbefugnis der Klägerin, angenommen worden. Es sei aber lediglich ein Entgegenkommen der Freistellungsbehörde gewesen, der Klägerin auf deren Anfrage zuzusagen, auch ihr den Freistellungsbescheid zuzustellen, um ihr die Möglichkeit zu geben, die Entscheidung ggf. gerichtlich überprüfen zu lassen. Hieraus lasse sich keinesfalls konstruieren, dass sie, die Beklagte, die Klägerin in eine Klage "getrieben" habe und deshalb nunmehr für die Kosten aufkommen müsse.
Die Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag.
Die Beigeladene zu 2) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie entgegnet dem Rechtsmittel unter anderem: Für die Frage der Klagebefugnis sei es ohne Belang, ob die Hauptbeteiligten bis zur erstinstanzlich durchgeführten mündlichen Verhandlung eine Klagebefugnis der Klägerin angenommen hätten. Auch der Umstand, dass der Freistellungsbescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung aufweise, sei nicht geeignet, eine Klagebefugnis der Klägerin zu begründen. Auf die zutreffenden Erwägungen der Entscheidungsgründe des verwaltungsgerichtlichen Urteils zur fehlenden Klagebefugnis werde verwiesen. Der § 23 Abs. 2 AEG stelle lediglich die Berücksichtigung der von der Entscheidung berührten Belange durch die Freistellungsbehörde sicher, weise jedoch nicht darauf hin, dass der Gesetzgeber dem angrenzenden Eisenbahninfrastrukturunternehmen ein subjektives Recht oder eine Klagebefugnis habe einräumen wollen. Wäre dies gewollt gewesen, so wäre es ausdrücklich geschehen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 11 Abs. 1a AEG; denn dort gehe es nicht um Eisenbahninfrastrukturunternehmen mit einer an die stillzulegende Strecke angrenzenden Eisenbahninfrastruktur. Da die Strecke 1151 ("Wendlandbahn") vor Dezember 2011 weder mit einem Streckenblock (Sicherung der Zugfahrten auf der Strecke) noch mit Zugfunk ausgerüstet gewesen sei, sei ihr, der Beigeladenen zu 2), durch das Eisenbahn-Bundesamt zur Auflage gemacht worden, dass sich jeweils nur ein Zug auf der Strecke habe befinden dürfen. Damit sei der Verkehr eines zusätzlichen [Güter-] Zuges am Tage - obwohl Fahrplanfenster vorhanden gewesen seien - nicht möglich gewesen. Alle zusätzlichen Züge hätten außerhalb der Verkehrszeit von Reisezügen, also zur Nachtzeit, verkehren müssen. Der Verkehr von Sonderzügen außerhalb der veröffentlichten Streckenöffnungszeiten hätte allerdings zusätzliche Kosten für das Vorhalten von Betriebspersonal mit sich gebracht, die durch das Eisenbahnverkehrsunternehmen, das einen Verkehr zu diesen Zeiten wünsche, zu tragen gewesen wären. Außerdem wäre es erforderlich gewesen, in der Regel 14 Tage vor dem Verkehrstage eine Trasse anzumelden, da die Verlängerung der Arbeitszeit des Betriebspersonals der Zustimmung des Betriebsrates bedurft hätte. Seit der im Dezember 2011 erfolgten Inbetriebnahme des digitalen Zugfunks auf der Strecke 1151 könnten zusätzliche [Güter-] Züge die vorhandenen Fahrplanfenster am Tage nutzen.
Die Beigeladenen zu 3) stellt ebenfalls keinen Antrag.
Der Senat hat mit Beschluss vom 29. April 2014 gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 280 Abs. 1 ZPO angeordnet, dass eine mündliche Verhandlung stattfindet, in der abgesondert über die Zulässigkeit der Berufung und nur insoweit über deren Begründetheit verhandelt wird, als es die Zulässigkeit der Klage betrifft.
Der Berichterstatter zweiter Instanz hat unter dem 6. Mai 2014 Aufklärungsverfügungen erlassen, die sich auf die Inbetriebnahme von GSM-R-Zugfunk auf der "Wendlandbahn", die Möglichkeiten der Klägerin, eine Durchbindung von Güterzügen auf der Strecke von Lüneburg über die "Wendlandbahn" und ihre eigene "Jeetzeltalbahn" bis nach Lüchow zu erreichen, sowie darauf bezogen, in welchem zeitlichen Ausmaß die "Jeetzeltalbahn" von Streckensperrungen betroffen war und damit ihrerseits überhaupt für einen etwaigen Eisenbahn(güter)verkehr zur Verfügung gestanden hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (BA A - C) verwiesen. Diese Unterlagen sind - ihrem unter Berücksichtigung des Beschlusses vom 29. April 2014 hier wesentlichen Inhalt nach - Gegenstand der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz und der Beratung im Senat gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet (A.), jedoch mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage lediglich als unzulässig abgewiesen wird (B.).
A. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, weil das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Klägerin nicht
- wie gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderlich - klagebefugt ist. Sie macht nicht im Sinne dieser Vorschrift geltend, durch den angefochtenen Freistellungsbescheid vom 15. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 9. Juni 2011 in ihren Rechten verletzt zu sein; denn eine solche Rechtsverletzung erscheint objektiv nicht als möglich, sondern scheidet offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 8. 2. 1997 - BVerwG 1 C 29.95 -, BVerwGE 104, 115 [118]).
Für die Annahme einer möglichen Rechtsverletzung reicht es nicht aus, dass die Klägerin eine Verletzung in eigenen Rechten behauptet, dass beide Hauptbeteiligten bis zur mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug eine solche Rechtsverletzung für möglich hielten und dass das Eisenbahn-Bundesamt meinte, der Klägerin durch die Zustellung des Freistellungsbescheids die gerichtliche Überprüfung der objektiven Rechtmäßigkeit der Freistellungsverfügung im Wege eines "Entgegenkommens" ermöglichen zu können (I.). Die Klägerin ist zudem weder als Adressatin der angefochtenen Freistellungsverfügung (II.) noch als vom Drittschutz einer Rechtsnorm Begünstigte (III.) klagebefugt.
I. Das Erfordernis einer Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) bezweckt die Vermeidung von Popularklagen, mit denen sich ein Kläger zum prozessualen Sachverwalter von Rechten und Interessen der Allgemeinheit aufwirft. Aufgrund dieser Zielsetzung kann es für die Bejahung einer Klagebefugnis - anders als für die aktive Prozessführungsbefugnis im Zivilprozessrecht - nicht ausreichen, dass eine Klägerin die Verletzung ihrer subjektiven Rechte behauptet (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 42 Rnrn. 60 und 65, m. w. N.). Die Klagebefugnis dient zwar auch dem Schutz einer Beklagten vor unnötiger Inanspruchnahme (Kopp/Schenke, a. a. O., § 42 Rnrn. 59). Sie ist aber gleichwohl keine für die Hauptbeteiligten eines Prozesses disponible Sachurteilsvoraussetzung. Sieht man sie in ihrem inneren Zusammenhang mit den Vorschriften des § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO, wird vielmehr deutlich, dass sie eine zwingende Begrenzung der Kontrollfunktion der Judikative enthält, deren einschränkende Wirkung einerseits eine sachliche Bedingung und Rechtfertigung für die durch die Generalklausel des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO begründete nicht lediglich enumerative Zuständigkeit ist (Happ, in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 42 Rn. 72) und andererseits der Rechtssicherheit derjenigen dient, die - wie im vorliegenden Falle die Beigeladenen zu 2) und zu 3) - von dem Inhalt und dem Eintritt der Bestandskraft eines Verwaltungsakts begünstigt werden, der ihren Rechtskreis erweitert. Dementsprechend rechtfertigt weder die zeitweilige Übereinstimmung der Hauptbeteiligten in Bezug auf die Annahme einer Rechtsbehelfsbefugnis der Klägerin noch die Bereitschaft des Eisenbahn-Bundesamtes, der Klägerin durch die förmliche Zustellung des Ausgangsbescheids im Wege eines "Entgegenkommens" die gerichtliche Überprüfung der objektiven Rechtmäßigkeit seines Verwaltungsakts zuzugestehen, den Erlass eines Sachurteils. Die förmliche Zustellung ist außerdem ihrerseits nur ein verfahrensrechtliches Mittel der Sicherung des Nachweises von Zeit und Art der Übergabe eines Schriftstücks. Entfaltet dieses Schriftstück seinem Inhalt nach gegenüber dem Empfänger der Sendung keine Rechtswirkungen, die diesem eine Klagebefugnis verleihen, so vermag auch die förmliche Zustellung des Schriftstücks dies nicht zu bewirken (vgl. BVerwG, Urt. v. 11. 5. 1979 - BVerwG 6 C 70.78 -, BVerwGE 58, 100 [106]).
II. Entgegen ihrer Auffassung ist die Klägerin nicht als Adressatin eines feststellenden Verwaltungsakts klagebefugt. Soweit ein Kläger Adressat eines Verwaltungsakts ist, der ihm ein Handeln, Unterlassen oder Dulden gebietet, ergibt sich zwar aus dem zumindest durch das Auffanggrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG begründeten umfassenden Schutz seiner Freiheitssphäre, dass hier stets die Möglichkeit einer Rechtsverletzung zu bejahen ist (Kopp/Schenke, a. a. O., § 42 Rn. 69). Es reicht hiernach aber gerade nicht bereits die formale Adressierung eines Bescheids aus, sondern der Kläger muss materieller Adressat einer entsprechenden ihn belastenden Regelung im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG sein. Entgegen der Annahme der Klägerin ist dies hier nicht der Fall. Der angefochtene Freistellungsbescheid gibt ihr kein Handeln, Unterlassen oder Dulden innerhalb ihres eigenen Rechtskreises auf. Er trifft ihr gegenüber auch keine sie in ihrem Rechtskreis belastende Feststellung, dass sie zu einem Handeln, Unterlassen oder Dulden verpflichtet sei. Denn die Freistellungsverfügung ist trotz des Gesetzeswortlauts des § 23 Abs. 1 Satz 1 AEG a. F. (d. h. des Paragrafen in seiner hier anzuwendenden Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 27. April. 2005 (BGBl. I, 1138 [1145]), "Die ... Planfeststellungsbehörde stellt ... für Grundstücke ... die Freistellung fest, ...", ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt, der für ein Grundstück die Rechtswirkungen der Planfeststellung und der Widmung zu Eisenbahnbetriebszwecken beseitigt und den rechtlichen Zustand wiederaufleben lässt, in dem sich das Grundstück vor der Belastung mit dem Fachplanungsvorbehalt des § 38 BauGB befunden hat (BVerwG, Beschl. v. 21. 4. 2014
- BVerwG 6 B 55.13 -, juris, Langtext Rn. 13, und Beschl. v. 21. 4. 2010 - BVerwG 7 B 39.09 -, NVwZ 2010, 1159 f., hier zitiert nach juris, Langtext Rn. 18). Mit ihr wird daher keine Feststellung gegenüber der Klägerin als Rechtssubjekt getroffen, sondern allenfalls eine "objektbezogene Feststellung" in dem Sinne, dass die Verfügung als "actus contrarius" zur Widmung die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer (unbeweglichen) Sache (vgl. § 35 Satz 2 Fall 2 VwVfG) betrifft (vgl. Kramer, "§ 11 und § 23 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes [AEG] im Kontext des Projektes ‚Stuttgart 21‘", VerwArch 2013, 26 ff. [31] sowie Kramer, in: Kunz [Hrsg.], Eisenbahnrecht, Stand: 11/2013, Erl. § 23 AEG Rn. 11), indem sie den Wegfall eben dieser Eigenschaft festschreibt.
III. Die Klägerin ist nicht als vom Drittschutz einer Rechtsnorm Begünstigte klagebefugt. Erforderlich hierfür wäre unter anderem, dass (1.) für die rechtliche Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs auf Aufhebung der Freistellungsverfügung die Anwendung von Rechtssätzen des öffentlichen Rechts in Betracht kommt, die zumindest auch dem Schutz der Interessen von Personen zu dienen bestimmt sind, die sich in der rechtlichen Situation der Klägerin befinden (Schutznormen). Erforderlich wäre des Weiteren, dass (2.) die Klägerin von der in Streit stehenden Freistellungsverfügung unmittelbar-tatsächlich in der geschützten Rechtsposition betroffen ist oder jedenfalls die Möglichkeit einer solchen tatsächlichen Betroffenheit nach Lage der Dinge nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., § 42 Rn. 71).
1. Ob eine Norm nach ihrem Entscheidungsprogramm auch den Interessen derjenigen zu dienen bestimmt ist, die nicht Adressaten eines auf der Grundlage dieser Bestimmung erlassenen Verwaltungsaktes sind, hängt davon ab, ob sich aus individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein einschlägiger Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet. Aus dem im Wege der Auslegung zu ermittelnden Schutzzweck der Bestimmung muss sich [zudem] ergeben, dass sie unmittelbar (auch) den rechtlichen Interessen dieses Personenkreises zu dienen bestimmt ist und nicht nur tatsächlich, also reflexartig, seine Rechte berührt (BVerwG, Urt. v. 11. 12. 2013 - BVerwG 6 C 24.12 -, juris, Langtext Rn. 30).
a) Die Antragstellerin ist zu Unrecht der Auffassung, § 23 AEG (a. F.) erfülle zugunsten der dort genannten Eisenbahninfrastrukturunternehmen, deren Infrastruktur an die von dem Freistellungsantrag betroffene Infrastruktur anschließt, die Voraussetzungen einer Schutznorm. Denn aus dem im Wege der Auslegung ermittelten Zweck des § 23 AEG (a. F.) ergibt sich nicht, dass diese Bestimmung unmittelbar (auch) den rechtlichen Interessen dieser Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu dienen bestimmt ist.
Ausweislich des § 23 Abs. 1 AEG (a. F.) sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen, deren eigene Infrastruktur an eine fremde Infrastruktur anschließt, nicht befugt für diese fremde Infrastruktur einen Freistellungsantrag zu stellen. Um die Vorschrift gleichwohl als eine zu ihren Gunsten wirkende Schutznorm anzusehen, wäre daher erforderlich, dass § 23 AEG (a. F.) zumindest auch den Schutz solcher Dritter bezweckt, die - wie vorliegend die Klägerin - weder (materielle) Adressaten des Freistellungsbescheids noch Antragsberechtigte im Freistellungsverfahren sind. Ein in diesem Sinn drittschützender Charakter der Vorschrift lässt sich aber weder aufgrund der Tatbestandsvoraussetzungen für eine Freistellung (§ 23 Abs. 1 AEG a. F.) noch aufgrund der Verfahrensvorschriften (§ 23 Abs. 2 und 3 AEG a. F.) feststellen (Bay. VGH, Urt. v. 9. 7. 2013 - 22 B 13.475 -, GewArch 2014, 44 ff., hier zitiert nach juris, Langtext Rn. 20). Der amtlichen Begründung (BT-Drucks. 15/4419 v. 1. 12. 2004, S. 18, zu Nummer 11) nach bezweckte der Bundesgesetzgeber bei der Einfügung des neuen § 23 AEG durch das Dritte Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 27. April 2005 (BGBl. I S. 1138), anknüpfend an die Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur "Entwidmung" von Bahnanlagen (BVerwG, U. v. 16. 12. 1988 - BVerwG 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111) die bislang nicht kodifizierten Voraussetzungen für eine konkrete eindeutige Festlegung des Zeitpunkts, in dem Bahngrundstücke vom Fachplanungsvorbehalt in die kommunale Planungshoheit übergehen, sowie auch das hierfür durchzuführende Verfahren gesetzlich zu regeln. Die Entscheidung des hierfür zuständigen Eisenbahn-Bundesamts ergeht nach dem Willen des Gesetzgebers als gebundene Entscheidung ("... ist die Freistellung festzustellen") und im Allgemeininteresse (Hermes, in: Beck'scher AEG-Kommentar, 1. Aufl. 2006, § 23 Rnrn. 23 und 53). Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, § 23 AEG (a. F.) habe über den Kreis der Antragsberechtigten nach § 23 Abs. 1 AEG (a. F.) hinaus drittschützende Wirkung. Für die Annahme einer solchen drittschützenden Wirkung reicht es insbesondere nicht hin, dass § 23 Abs. 2 AEG (a. F.) die Behörde verpflichtet, auch diejenigen Eisenbahninfrastrukturunternehmen, deren Infrastruktur an die von dem Freistellungsantrag betroffene Infrastruktur anschließt, zur Stellungnahme aufzufordern. Denn die Vorschrift hat nicht die Wahrung der Rechte der zu Beteiligenden als Ziel, sondern dient dazu, eine möglichst umfassende Grundlage für die Beurteilung zu schaffen, ob ein Interesse an einer eisenbahnspezifischen Nutzung aktuell fehlt und auch langfristig nicht zu erwarten ist (BVerwG, Beschl. v. 21. 4. 2010 - BVerwG 7 B 39.09 -, a. a. O., juris, Langtext Rn. 19, unter Hinweis auf BT-Drucks. 15/4419 v. 1. 12. 2004, S. 19; Bay. VGH, Urt. v. 9. 7. 2013 - 22 B 13.475 -, a. a. O.; Hermes, a. a. O., § 23 Rn. 35; Kramer, a. a. O., VerwArch 2013, 26 [60]). Zu Unrecht macht demgegenüber die Klägerin geltend, eine unter dem Blickwinkel des Drittschutzes unterschiedliche Einordnung der Regelungen des § 11 Abs. 1a AEG und des § 23 Abs. 2 AEG (a. F.) hätte keinen Sinn, und meint, unter dem Blickwinkel einer "Verbesserung der Chancen auf Übernahme" im Verhältnis beider Vorschriften einen Erst-Recht-Schluss ziehen zu können. Zwar kommt es in Betracht der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 2 AEG i. V. m. § 11 Abs. 1a AEG drittschützenden Gehalt beizumessen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19. 9. 2013 - 7 KS 209/11 - NuR 2014, 213 f., hier zitiert nach juris, Langtext Rn. 71, m. w. N.). Hieran anknüpfende Schlussfolgerungen zugunsten eines drittschützenden Gehalts des § 23 Abs. 2 AEG (a. F.) sind aber nicht gerechtfertigt. Denn bereits mit der Stilllegung einer Eisenbahninfrastruktureinrichtung ist der nach § 13 AEG gewährte Schutz für ein angrenzendes Eisenbahninfrastrukturunternehmen erloschen (Kramer, in: Kunz, a. a. O., Erl. § 23 AEG Rn. 34). Auch gemäß § 14 AEG und nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2001/14/EG bestehen Zugangsrechte nur gegenüber Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Betreibern von Schienenwegen, die den Betrieb der jeweiligen Infrastruktureinrichtung nicht bereits in zulässiger Weise eingestellt haben (BVerwG, Beschl. v. 21. 3. 2014 - BVerwG 6 B 55.13 -, juris, Langtext Rnrn. 14 und 16). Nach den gesetzgeberischen Intentionen soll eine Freistellung überdies erst dann erfolgen, wenn die Eisenbahninfrastruktur bereits stillgelegt ist (BT-Drucks. 15/4419 v. 1. 12. 2004, S. 18, zu Nummer 11). Dies alles erhellt, dass sich eine Eisenbahninfrastruktur, für die eine Freistellung ansteht, in einem Stadium des (potentiellen) "Endes" als Infrastruktureinrichtung (Kramer, a. a. O., VerwArch 2013, 26 [60]) befindet, das sich wesentlich von demjenigen vor ihrer Stilllegung unterscheidet und in dem für die Anerkennung eines speziell auf die Übernahme der Infrastruktureinrichtung abzielenden Schutzzwecks des § 23 AEG (a. F.) kein Raum mehr ist. Der Umstand, dass das Stellungnahmeverfahren des § 23 Abs. 2 (a. F.) das Anhörungsverfahren des § 28 Abs. 1 VwVfG ergänzt oder ggf. verdrängt, rechtfertigt nicht den Schluss, das erstere Verfahren finde nur unter denselben Voraussetzungen wie das letztere statt, sodass deshalb anzunehmen sei, eine Freistellung von (stillgelegten) Infrastrukturen greife in die Rechte eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens ein, dessen Infrastruktur an die von dem Freistellungsantrag betroffene Infrastruktur anschließe. Die zutreffende Annahme, dass der Freistellungsantrag zwingend abgelehnt werden müsste, wenn ein solches Eisenbahninfrastrukturunternehmen den Nachweis führte, dass die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 AEG (a. F.) nicht vorliegen, besagt nichts über die Klagebefugnis eines derartigen Unternehmens. Denn die zuständige Planfeststellungsbehörde ist sogar verpflichtet, (erhebliche) Aspekte zu berücksichtigen, die von Dritten vorgetragen werden, die nicht in § 23 Abs. 2 AEG (a. F.) genannt sind (Kramer, a. a. O., VerwArch 2013, 26 [60]). Es ist aber offensichtlich, dass nicht jeder klagebefugt sein kann, wenn ihm und weil ihm (vermeintlich) der Nachweis eines Verkehrsbedürfnisses gelingt. Ob es für die Klägerin erst dann sinnvoll wäre, zur Wiederaufnahme des Betriebs der von dem Freistellungsantrag betroffenen Infrastruktur einen Antrag Erteilung einer Betriebsgenehmigung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AEG zu stellen, wenn der Freistellungsantrag abgelehnt ist, spielt für die Frage ihrer Klagebefugnis ebenfalls keine Rolle. Denn allein aus der Möglichkeit, den Antrag nach § 6 AEG zu stellen, ergibt sich - selbstverständlich - kein Recht darauf, den Fortbestand von Verhältnissen einzuklagen, unter denen dieser Antrag sinnvoll wäre. Im Übrigen spricht einiges dafür, dass die Klägerin die Sinnhaftigkeit einer frühzeitigen Antragstellung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AEG für solche Fälle unrichtig beurteilt, in denen sie zwar meint, eine Strecke rentabel betreiben zu können, sich aber mit der Beigeladenen zu 2) über die Konditionen der Übernahme dieser Strecke nicht einigen kann (vgl. Kramer, "Anmerkung zum Urteil des OVG Koblenz vom 18. Dezember 2013 - 8 A 10050/13", N&R 2014, 111 ff. [116 unter III.]). Die Überlegung der Klägerin, ohne die Annahme einer Klagebefugnis der hier in Rede stehenden Eisenbahninfrastrukturunternehmen könnten die Beigeladene zu 2) und die Planfeststellungsbehörde durch ein fragwürdiges Zusammenwirken Freistellungen herbeiführen, durch welche die Grundentscheidung des Gesetzgebers zugunsten einer grundsätzlichen Beibehaltung von Eisenbahninfrastrukturen ausgehöhlt werde, ohne dass Dritte hiergegen etwas zu unternehmen vermöchten, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme einer Klagebefugnis. Diese Gedankenführung zielt nämlich darauf ab, interessierten Privaten eine Art "Wächteramt" hinsichtlich der Wahrung des objektiven Rechts seitens der zur Entscheidung berufenen Behörde zu verschaffen. Mit dem Erfordernis der Klagebefugnis soll aber gerade verhindert werden, dass sich ein interessierter Dritter ohne entsprechende subjektivrechtliche Grundlage im Klagewege zum Anwalt des Allgemeinwohls aufwerfen kann. Sollten sich tatsächlich fragwürdige Fälle einer unrechtmäßigen Freistellung abzeichnen, besteht für den interessierten Bürger die Möglichkeit, die der Planfeststellungsbehörde übergeordnete Fach- und Rechtsaufsichtsbehörde von dem Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und ein Einschreiten anzuregen. Dies ist in einem funktionierenden Rechtsstaat ausreichend. Gegen die Annahme einer drittschützenden Wirkung des § 23 AEG (a. F.) spricht schließlich die Zustellungsregelung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 AEG (a. F.). Hätte nämlich der Bundesgesetzgeber einen Drittschutz der in § 23 Abs. 2 AEG (a. F.) genannten Beteiligten gewollt, so wäre anzunehmen, dass er aus Gründen der Rechtssicherheit auch eine förmliche und damit nachweisbare Zustellung zumindest an diejenigen Beteiligten vorgeschrieben hätte, die fristgerecht eine Stellungnahme nach § 23 Abs. 2 AEG (a. F.) abgegeben haben (Bay. VGH, Urt. v. 9. 7. 2013 - 22 B 13.475 -, a. a. O.).
2. Zwar ist davon auszugehen, dass die Schutznormen des Art. 14 Abs. 1 GG (i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG) und des Art. 3 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nds. Verf. i. V. m. Art. 14 Abs. 1 GG (und Art. 19 Abs. 3 GG) auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb erfassen. Für die Bejahung einer Klagebefugnis unter diesem Blickwinkel fehlt es aber bereits an der Möglichkeit einer unmittelbar-tatsächlich Betroffenheit der Klägerin in dieser geschützten Rechtsposition durch die in Streit stehende Freistellungsverfügung. Denn die Möglichkeit einer solchen Betroffenheit erscheint hier nach Lage der Dinge als von vornherein ausgeschlossen.
a) Ein Gewerbebetrieb genießt den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG (i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG) nur insoweit, als die Unternehmerin Inhaberin einer Rechtsstellung ist, d. h. soweit sie gegen Beeinträchtigungen ihres eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs rechtlich abgesichert ist (BVerwG Urt. v. 11. 11. 1983 - BVerwG 4 C 82.80 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 55, hier zitiert nach juris, Langtext Rn. 17). Bloße Umsatz- und Gewinnchancen und tatsächliche Gegebenheiten sind zwar für ein Unternehmen von Bedeutung. Sie werden aber nicht dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Bestand des einzelnen Unternehmens zugeordnet (Bay. VGH, Urt. v. 9. 7. 2013 - 22 B 13.475 -, a. a. O., juris, Langtext Rn. 28). Die Eigentumsgarantie schützt das Erworbene, hat also die Ergebnisse geleisteter Arbeit zum Gegenstand. Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juni 2011 ein Interesse daran bekundet hatte, die Strecke Nr. 1963 zwischen Uelzen und Dannenberg/West wieder in Betrieb zu nehmen, um sie Eisenbahnverkehrsunternehmen für den Personen- und insbesondere den Güterverkehr zur Verfügung zu stellen. "Ausgeübt und eingerichtet" im Sinn eines verfassungsrechtlich geschützten konkreten Bestands an Rechten und Gütern war dieser Betrieb bis dahin jedoch gerade nicht. Die Klägerin hatte vielmehr lediglich eine Chance auf die Übernahme der von der Freistellung betroffenen Strecke, zu deren Verwirklichung es unter anderem aufgrund einer fehlenden Vereinbarung mit der Beigeladenen zu 2) nicht gekommen ist.
b) Die Behauptung der Klägerin, in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb beeinträchtigt zu sein, kann auch nicht in Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Bedeutung von Verschlechterungen der verkehrlichen Erschließung eines Betriebes im Rahmen von Planfeststellungsverfahren (vgl. etwa: BVerwG, Urt. v. 25. 10. 1967 - BVerwG IV C 148.65 -, Buchholz 407.4 § 1 FStrG Nr. 1, hier zitiert nach juris, Langtext Rn. 10) zur Bejahung einer Klagebefugnis führen. Denn die Freistellungsentscheidung ist - wie bereits oben unter B. III. 2. a) ausgeführt - keine Entscheidung mit behördlichem Planungsermessen, sondern eine gebundene Entscheidung. Es besteht daher kein Raum für die Herleitung einer Klagebefugnis aus dem - hier unanwendbaren - planerischen Abwägungsgebot, das seinerseits (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19. 9. 2013 - 7 KS 209/11 -, a. a. O., juris, Langtext Rn. 58, m. w. N.) drittschützenden Charakter bereits hinsichtlich solcher privaten Belange hat, die für die Abwägung erheblich sind. Im Übrigen unterscheiden sich Fälle, in denen es darum geht, ob eine bestimmte vorteilhafte verkehrliche Verbindung, die bislang vielfach benutzt wurde, entfallen soll (vgl. etwa: BVerwG Urt. v. 11. 11. 1983 - BVerwG
4 C 82.80 -, a. a. O., juris, Langtext Rnrn. 1 und 17), auch dadurch von der vorliegenden Konstellation, dass eine bereits stillgelegte Strecke - wie hier die umstrittene Strecke Nr. 1963 - nicht benutzt wird und daher keine verkehrliche Verbindung gewährleistet, auf deren Fortbestand eine Unternehmerin vertraut und sich in schutzwürdiger Weise eingestellt haben kann.
Auch Art. 14 Abs. 1 GG verschafft der Klägerin hiernach kein Recht, ihre einseitigen "Betriebsplanungen" gegenüber der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) "gerichtlich zu verteidigen", indem sie die Freistellung anfechtet.
c) Bereits das Verwaltungsgericht hat schließlich zu Recht hervorgehoben, dass unter dem Blickwinkel des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein Vorbringen jedenfalls nur dann Erfolg haben könne, wenn eine ernsthafte und konkrete Gefahr für den Bestand des Gewerbebetriebes begründet werde (BVerwG, Urt. v. 22. 4. 1994 - BVerwG 8 C 29.92 - BVerwGE 95, 341 [349 f.]). Hinreichende Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Existenz der Klägerin wegen der Freistellungsverfügung vom 15. März 2011 sind aber nicht ersichtlich. Vielmehr ist dem überzeugenden Vortrag der Beklagten im Berufungsverfahren zu entnehmen, dass die Klägerin für die Nachtzeit und jedenfalls seit der Inbetriebnahme von GSM-R-Zugfunk auf der "Wendlandbahn" auch tagsüber nicht gehindert war und ist, unter zumutbarer Inanspruchnahme dieser Eisenbahnstrecke als "Zubringer" für ihre "Jeetzeltalbahn" diese letztgenannte eigene Strecke auch für die Durchführung von Güterverkehr zu vermarkten. Die - wenn auch verzögerte - tatsächliche Inbetriebnahme des Zugfunks indiziert (vgl. BVerwG, Urt. v. 7. 7. 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u. a. -, BVerwGE 56, 110 [122]) die grundsätzliche Richtigkeit der entsprechenden Prognose des Eisenbahn-Bundesamtes zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung. Auf einen Anschluss an das Streckennetz der Beigeladenen zu 2) gerade über die umstrittene Eisenbahnstrecke Nr. 1963 war und ist die Klägerin für ihre betriebliche Zukunftsperspektive nicht angewiesen.
B. Die Berufung ist mit der Maßgabe (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 16. 12. 2008 - 6 A 670/06 -, juris) zurückzuweisen, dass die Klage lediglich als unzulässig abgewiesen wird. Denn dem Verwaltungsgericht ist ein Verfahrensfehler unterlaufen, indem es die Klage nicht nur als unzulässig, sondern zudem und ebenfalls tragend als unbegründet abgewiesen hat. Wegen der Verschiedenheit der Rechtskraftwirkung einer Prozess- und einer Sachabweisung darf eine Klage grundsätzlich nicht zugleich aus prozessrechtlichen und aus sachlich-rechtlichen Gründen abgewiesen werden (BVerwG, Beschl. v. 2. 11. 2011 - BVerwG 3 B 54.11 -, NVwZ-RR 2012, 86 f., hier zitiert nach juris, Langtext Rn. 6; Nds. OVG, Beschl. v. 13. 1. 2012 - 7 LA 138/11 -, juris, Langtext Rn. 21). Es kann dahinstehen, ob dies auch dann gilt, wenn eine Anfechtungsklage abgewiesen wird, indem das Gericht unter demselben materiell-rechtlichen Blickwinkel einerseits bereits die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) und andererseits die Verletzung des Klägers in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verneint. Im vorliegenden Falle hat das Verwaltungsgericht die Klage nämlich deshalb als unbegründet abgewiesen, weil der Freistellungsbescheid vom 15. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2011 rechtmäßig sei. Ein Sachurteil dieses Inhalts entfaltet jedoch eine Rechtskraftwirkung dahin, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig ist (Kilian, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], 3. Aufl. 2010, § 121 Rn. 70). Es ist offenkundig, dass diese Rechtskraftwirkung einen deutlich anderen Inhalt hat, als die Verneinung lediglich der Klagebefugnis.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 und 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat betrachtet die gebotene (OVG NRW, Beschl. v. 16. 12. 2008 - 6 A 670/06 -, juris, Langtext Rn. 15) Umwandlung der erstinstanzlichen Entscheidung in ein Prozessurteil nicht als einen Teilerfolg des Rechtsmittels (ebenso: OVG NRW, Beschl. v. 16. 12. 2008 - 6 A 670/06 -, juris, Langtext Rn. 22; BVerwG, Urt. v. 11. 12. 2013 - BVerwG 6 C 24.12 -, juris, Langtext, Rnrn. 14, 24 und 27 sowie 93 [insoweit bei juris nicht abgedruckt]; a. A. BVerwG Beschl. v. 2. 11. 2011 - BVerwG 3 B 54.11 -, a. a. O., juris, Langtext, Rn. 8 [insoweit bei juris nicht abgedruckt]). Diese Einordnung kann jedoch letztlich offen bleiben, weil der Senat auch dann, wenn er einen Teilerfolg des Rechtsmittels unterstellt, auf der Grundlage des § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO zum selben Kostenausspruch gelangt. Denn wesentlich für die Klägerin ist, dass ihre Klage abgewiesen wurde und die angefochtene Freistellungsverfügung bestandskräftig wird. Daran ändert sich mit der Umwandlung der erstinstanzlichen Entscheidung in ein reines Prozessurteil nichts. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin die Möglichkeit besäße, den Mangel der hier fehlenden Sachurteilsvoraussetzung kurzfristig zu beseitigen und mit demselben Ziel erneut zu klagen.
Die seitens der Klägerin begehrte Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung in eine solche zu Lasten der Beklagten kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Klägerin hat keine Erledigungserklärung abgegeben oder ihre Klage zurückgenommen, als sie spätestens in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erkennen konnte, dass ihre Klage unzulässig ist, sondern beantragt sogar im Berufungsverfahren weiter die Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts. Eine etwaige Ursächlichkeit der Rechtsmittelbelehrung des Widerspruchsbescheids für die Klagerhebung ist damit durch den Entschluss, den Prozess streitig fortzuführen, überholt, sodass § 155 Abs. 4 VwGO nicht zur Anwendung gelangen kann.
D. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10 Satz 1 sowie 709 Satz 2, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.
E. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Die Frage, ob ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen, dessen Eisenbahninfrastruktur an die von dem Antrag auf Freistellung betroffene Eisenbahninfrastruktur anschließt, (schon deshalb) im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO befugt ist, gegen eine Freistellung nach § 23 Abs. 1 AEG zu klagen, lässt sich bereits auf der Grundlage der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung verneinen.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 40.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1 und 52 Abs. 1 GKG. Sie entspricht der Streitwertangabe (§ 61 GKG) der Klägerin in der Klageschrift. Diese Angabe orientiert sich am erwarteten Jahresmindestgewinn der Klägerin aus dem angestrebten eigenen Betrieb der umstrittenen Strecke Nr. 1963 (vgl. Bl. 4 GA).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).