Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.05.2014, Az.: 1 KN 102/11

Zulässigkeit einer ebenenübergreifenden (vertikalen) Zusammenarbeit von Landkreisen und Gemeinden im Rahmen eines Zweckverbandes

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
08.05.2014
Aktenzeichen
1 KN 102/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 16683
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0508.1KN102.11.0A

Fundstellen

  • BauR 2014, 2071-2074
  • BauR 2015, 544
  • DVBl 2014, 1006-1011
  • DÖV 2014, 761
  • GK 2014, 282-286
  • Gemeindehaushalt 2014, 239
  • KommJur 2014, 421-427
  • NordÖR 2014, 393-398

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Eine ebenenübergreifende (vertikale) Zusammenarbeit von Landkreisen und Gemeinden im Rahmen eines Zweckverbandes nach dem Niedersächsischen Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit (NKomZG) ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 NKomZG im Fall der Übertragung von Aufgaben unzulässig.

  2. 2.

    Das vorgenannte Verbot wird weder von § 7 Abs. 1 Satz 2 NKomVG noch von § 7 Abs. 3 NKomZG durchbrochen.

  3. 3.

    Eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (§§ 165 ff. BauGB) kommt nur in Betracht, wenn das Entwicklungsziel mit den Mitteln des allgemeinen Städtebaurechts nicht zu erreichen ist (im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 3.7.1998 4 C 2.97 , [...] Rn. 11 = BVerwGE 107, 123 = BRS 60 Nr. 225; Beschl. v. 27.9.2012 4 BN 20.12 , [...] Rn. 6 und 12 = BauR 2013, 66 = BRS 79 Nr. 222). Das schließt Maßnahmen der Bodenordnung und Enteignung ein.

  4. 4.

    Steht das Gebiet einer geplanten städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme im Eigentum nur weniger privater Eigentümer, verlangt § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, dass den Eigentümern ein Erwerb ihrer Grundstücke zum entwicklungsunbeeinflussten Preis tatsächlich angeboten worden ist.

Tenor:

Die von der Verbandsversammlung des Antragsgegners am 1. November 2010 beschlossene Entwicklungssatzung zur städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme JadeWeserPark wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich gegen die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme JadeWeserPark des Antragsgegners, weil er eine Enteignung seines Grundeigentums befürchtet.

Der Antragsteller ist Eigentümer verschiedener Flurstücke der Flur 23, Gemarkung E., mit einer Gesamtfläche von rund 6,4 ha. Die Flurstücke werden zurzeit landwirtschaftlich genutzt. Sie liegen in unmittelbarer Nähe zur Autobahn 29 nordöstlich des Wilhelmshavener Kreuzes. Die Entfernung zu dem im Jahr 2012 eröffneten Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port beträgt weniger als 10 km. Südöstlich schließt sich auf dem ehemaligen Gelände des Büromaschinenherstellers Olympia das Gewerbegebiet Roffhausen ("Technologiezentrum Nordwest") an.

Der Antragsgegner ist ein im September 2005 gegründeter, aus den Gemeinden Bockhorn, Friedeburg, Sande, Wangerland, Zetel, den Städten Jever, Schortens, Varel, Wilhelmshaven und Wittmund sowie den Landkreisen Friesland und Wittmund bestehender Zweckverband nach dem Niedersächsischen Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit (NKomZG). Sein Zweck besteht darin, das interkommunale Gewerbegebiet "JadeWeserPark" zu entwickeln, um die von dem Jade-Weser-Port ausgehenden Entwicklungschancen zu nutzen und eine Ansiedlungskonkurrenz zwischen den anliegenden Städten und Gemeinden zu verhindern. Zu diesem Zweck sind dem Antragsgegner die Bauleitplanung, die Erschließung und Unterhaltung der Anlagen, die Förderung der Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben durch Bodenordnungsmaßnahmen, durch Geländebeschaffung und durch geeignete sonstige Verwaltungshilfe, die Beauftragung Dritter zur Organisation der Ausgleichsflächen sowie die Vermarktung und Verwertung der Zweckverbandsflächen übertragen. Aufwand und Erträge sollen zwischen den Verbandsmitgliedern geteilt werden.

Das 168 ha umfassende Verbandsgebiet besteht aus einer von der Autobahn 29 im Nordwesten, der Bundesstraße 210 im Südwesten, der Roffhausener Landstraße im Südosten und dem Accumer Tief bzw. der Stadtgrenze zu Wilhelmshaven im Nordosten begrenzten und annähernd trapezförmigen Fläche; diese liegt vollständig auf dem Gebiet der Stadt Schortens. Sie stellt sich nach einer Untersuchung des Landkreises Friesland aus dem Jahr 2002, die verschiedene mögliche Gewerbestandorte im Landkreis vor allem im Hinblick auf ihre Verkehrsanbindung, mögliche Restriktionen der Nutzbarkeit und ihre städtebauliche Verträglichkeit betrachtet, als zur Gewerbe- und Industrieansiedlung am besten geeignet dar. Hier soll ein einschließlich einer Optionsfläche maximal 125,8 ha Bruttobauland umfassendes interkommunales Gewerbegebiet entstehen; hier liegen auch die Flächen des Antragstellers. Im Flächennutzungsplan ist das Verbandsgebiet - soweit dort eine Industrie- und Gewerbeansiedlung stattfinden soll - bereits als gewerbliche Baufläche dargestellt. Für einen ersten, rund 49 ha großen Teil im Südwesten des Verbandsgebiets mit rund 35,5 ha Bruttobauland besteht seit dem Jahr 2007 ein Bebauungsplan; die entsprechenden Flächen hatte der Antragsgegner zuvor zu einem erheblichen Teil freihändig erworben. Rund 2,2 ha davon belegt ein international tätiges Logistikunternehmen; die Erschließungsanlagen sind fertiggestellt. Weitere Ansiedlungen gibt es entgegen den Prognosen des Antragsgegners bis heute nicht.

Nachdem sich der Antragsgegner erfolglos um einen Erwerb der weiteren in Aussicht genommenen Bauflächen zu - aus seiner Sicht - von der Planung unbeeinflussten Preisen bemüht hatte, entschloss er sich dazu, eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme einzuleiten, um die zu den angebotenen Konditionen nicht verkaufsbereiten Grundstückseigentümer erforderlichenfalls enteignen zu können.

Am 20. April 2009 beschloss die Verbandsversammlung des Antragsgegners die Durchführung vorbereitender Untersuchungen. Die Untersuchungen ergaben eine erhebliche Strukturschwäche der Region bei insgesamt vergleichsweise hoher Arbeitslosigkeit. Zugleich bestand die Erwartung, die Eröffnung des Jade-Weser-Ports werde zum Entstehen von rund 1.600 neuen Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2015 und von rund 4.700 neuen Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2030 führen. Daraus leitete der Antragsgegner einen Bedarf von 42,2 ha Bruttobauland bis zum Jahr 2015 und von 123,5 ha bis zum Jahr 2030 ab. Dieser Bedarf sei hafennah nicht zu decken. Trotz des bis zum Jahr 2030 gestreckten Bedarfs sei es im Sinne einer angebotsorientierten Umsetzung der Planung erforderlich, die gesamten Flächen sofort zu erwerben und für die zu erwartende Nachfrage vorzuhalten. Die Möglichkeit, potenziellen Investoren geeignete Flächen ohne Zeitverzug bereitstellen zu können, sei im Wettbewerb mit anderen Standorten entscheidend. Hinzu komme, dass die voraussichtlich besonders begehrten Industrieflächen entlang der Autobahn 29 sowie die Erschließung quer zu dem bisherigen Zuschnitt der Flurstücke verliefen, sodass schon zu einem frühen Stadium der Entwicklung zahlreiche Eigentümer betroffen seien. Zugleich fragte der Antragsgegner erneut die Verkaufsbereitschaft der Eigentümer ab. Die Abfrage ergab, dass eine Verkaufsbereitschaft zwar grundsätzlich bestand, jedoch nicht zu der Preisvorstellung des Antragsgegners von maximal 5,45 EUR/qm.

Die Verbandsversammlung des Antragsgegners nahm den Entwurf zur vorbereitenden Untersuchung in seiner Sitzung am 1. Februar 2010 zur Kenntnis und beschloss die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange sowie der Öffentlichkeit. In der Zeit vom 8. März 2010 bis zum 8. April 2010 lag der Plan öffentlich aus.

Der Antragsteller, der gemeinsam mit anderen Eigentümern eine Interessengemeinschaft gegründet hatte, erhob mit Schreiben vom 13. März 2010 Einwendungen. Darin verwies er insbesondere auf die - bei Zahlung eines angemessenen Preises - fortbestehende Kooperationsbereitschaft der Eigentümer sowie darauf, dass er eine Erforderlichkeit der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme nicht erkennen könne. Dem freihändigen Grunderwerb komme der Vorrang zu. Dazu legte er ein Gutachten des Sachverständigen Dr. Gütter vom 1. April 2010 vor, das einen entwicklungsunbeeinflussten Grundstückswert von 8,25 EUR/qm ermittelt.

In seiner Sitzung am 6. August 2010 beschloss die Verbandsversammlung den Bericht zu der vorbereitenden Untersuchung und beauftragte die Geschäftsführung mit der Erarbeitung der Entwicklungssatzung.

In ihrer Sitzung vom 1. November 2010 beschloss die Verbandsversammlung des Antragsgegners die Entwicklungssatzung; zugleich wies sie die eingegangenen Einwendungen, die den Bodenwert und die Möglichkeit der Enteignung zum Gegenstand hatten, zurück. Die Satzung wurde in der Ausgabe des Amtsblattes für den Landkreis Friesland vom 31. Januar 2011 bekannt gemacht.

Der Antragsteller hat am 26. Mai 2011 Normenkontrollantrag gestellt, zu dessen Begründung er binnen Jahresfrist nach Bekanntmachung insbesondere vorträgt: Es sei zweifelhaft, ob der Antragsgegner als solcher rechtswirksam entstanden sei. Das gelte insbesondere im Hinblick auf die Mitglieder des Verbands. Diesem gehörten sowohl "unbeteiligte" Städte und Gemeinden als auch die Landkreise an. Einem solchen Verband dürfte die Stadt Schortens ihre Planungshoheit auch nicht ausschnittsweise übertragen. Die Satzung sei materiell rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme nicht vorlägen. Weder habe der Antragsgegner geprüft, ob er seine Ziele nicht mit dem herkömmlichen städtebaurechtlichen Instrumentarium verfolgen könne, noch gebe es tatsächlich einen erhöhten Bedarf an Arbeitsstätten. Für die hier betriebene und zudem nur auf Mutmaßungen beruhende Angebotsplanung mit dem Ziel, eine Nachfrage nach Gewerbeflächen erst zu schaffen, stehe die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme nicht zur Verfügung. Der Antragsgegner habe keine ausreichenden Versuche zum freihändigen Erwerb der benötigten Grundstücke unternommen. Der gebotene Kaufpreis liege in seinem Fall mit
5,- EUR/qm erheblich unter dem Preis von 8,25 EUR/qm, der für das hier vorliegende Bauerwartungsland zu zahlen gewesen wäre. Schließlich sei die Finanzierung der Maßnahme nicht gesichert.

Der Antragsteller beantragt,

die von der Verbandsversammlung des Antragsgegners am 1. November 2010 beschlossene Entwicklungssatzung zur städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme JadeWeserPark für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er verweist auf die besondere Rolle des Jade-Weser-Ports, der als einziger Tiefwasserhafen in Deutschland einen Umschlag von 4,2 Mio. Containern im Jahr bewältigen könne. Damit erreiche er rund die Hälfte der Kapazität des Hamburger Hafens und ziehe einen Bedarf an zusätzlichen Kapazitäten für Logistik, Dienstleistungen und Produktion nach sich, die zwar in räumlicher Nähe zum Hafen, nicht aber unmittelbar am Hafenkai befriedigt werden müssten. Dem wolle der Antragsgegner mit dem JadeWeserPark Rechnung tragen. Der Antragsgegner sei wirksam entstanden; die Beteiligung der Landkreise Friesland und Wittmund sei nicht zu beanstanden. Die Gemeinden hätten eine deutliche Stimmenmehrheit. Der Landkreis als Träger der Regionalplanung sei ein zulässiges nichtgemeindliches Mitglied auch im Hinblick auf Entscheidungen im Bereich der gemeindlichen Planungshoheit. § 7 Abs. 1 Satz 2 NKomVG lasse es schließlich genügen, dass ein Zweckverband eine gemeinsame Aufgabe aller Mitglieder - hier die Aufgabe der Wirtschaftsförderung - wahrnehme. Die Voraussetzungen für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme lägen vor. Es gebe prognostisch einen erheblichen Bedarf an Gewerbeflächen bei Eröffnung des Jade-Weser-Ports. Alternative städtebauliche Instrumente gebe es angesichts der fehlenden Verkaufsbereitschaft der Eigentümer zu dem von der Entwicklungsmaßnahme unbeeinflussten Preis nicht. Das Bemühen um einen freihändigen Erwerb sei ausreichend; der Gutachterausschuss für Grundstückswerte habe den maßgeblichen entwicklungsunbeeinflussten Wert mit 5,- EUR/qm bemessen. Zu diesem Preis seien verschiedene Eigentümer nicht verkaufsbereit; insofern liege die klassische Situation vor, der das Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme Rechnung trage. Die Finanzierung sei gesichert. Dass diese auf dem Verkauf von Gewerbeflächen beruhe, sei rechtlich unschädlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der zulässige Normenkontrollantrag ist begründet.

Die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme weist zumindest in dreifacher Hinsicht Rechtsfehler auf, die zu ihrer Unwirksamkeit führen. Erstens ist der Antragsgegner als Zweckverband nicht wirksam entstanden (dazu unter I.). Zweitens lagen die Voraussetzungen für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme nicht vor, weil die Entwicklungsziele auch mit den Mitteln des allgemeinen Städtebaurechts hätten erreicht werden können (dazu unter II.). Drittens waren entweder die Bemühungen des Antragsgegners um einen freihändigen Grunderwerb unzureichend oder aber weist die Finanzierungsplanung eine Unterdeckung in einer Höhe auf, die die zügige Durchführung der Maßnahme in Frage stellt (dazu unter III.).

I. Der Antragsgegner ist als Zweckverband nicht wirksam gebildet worden. Seine Zusammensetzung entspricht nicht den Anforderungen des Niedersächsischen Gesetzes über die kommunale Zusammenarbeit (NKomZG), und zwar unabhängig davon, ob man auf die Fassung des Gesetzes bei Gründung des Zweckverbandes im Jahr 2005 vom 19. Februar 2004 (Nds. GVBl. S. 63 - NKomZG 2004 -) oder aber auf die zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses geltende Fassung des Änderungsgesetzes vom 13. Mai 2009 (Nds. GVBl. S. 191 - NKomZG 2009 -) abstellt. Dieser Mangel führt zur Unwirksamkeit des erlassenen Satzungsrechts.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 NKomZG 2004 konnten sich kommunale Körperschaften - das sind Gemeinden, Samtgemeinden und Landkreise (§ 1 Abs. 1 NKomZG 2004) - zu einem Zweckverband zusammenschließen, der bestimmte ihnen gemeinsam obliegende Aufgaben erfüllt. Ein Zusammenschluss zu einem Zweckverband war nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut damit ausschließlich zur Wahrnehmung gemeinsamer Aufgaben möglich. Erforderlich war mit anderen Worten, dass jedes Zweckverbandsmitglied für die durch den Zweckverband erfüllte Aufgabe gleichermaßen verantwortlich war. Eine solchermaßen gemeinsame Aufgabe lag nicht schon vor, wenn die Aufgabe lediglich im gemeinsamen ideellen Interesse stand; vielmehr war eine darüber hinausgehende, regelmäßig rechtlich gemeinsame Aufgabe zu fordern (vgl. zu der Vorgängerfassung des § 13 NdsZweckVerbG Nds. OVG, Urt. v. 10.1.1989 - 9 A 53/87 - NVwR-RR 1989, 383 <384>). Eine Übertragung von Aufgaben auf einen Zweckverband konnte deshalb nur im Sinne einer "horizontalen" Zusammenarbeit zwischen gleichermaßen zuständigen kommunalen Körperschaften, also auf einer Verwaltungsebene, erfolgen. Eine vertikale Zusammenarbeit von Landkreisen und kreisangehörigen Gemeinden war grundsätzlich unzulässig, wenn nicht die dem Zweckverband übertragenen Aufgabe(n) ausnahmsweise in gleicher Weise den Landkreisen wie auch bestimmten Gemeinden, etwa den großen selbstständigen Städten, zugewiesen war(en) (vgl. Nordholtz, Das Niedersächsische Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit, 2008, S. 63 ff. mit umfangreichen Nachweisen; ebenso NStGH, Urt. v. 6.12.2007 - StGH 1/06 -, [...] Rn. 81 = NdsVBl 2008, 37). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Jedenfalls die Aufgabe der Bauleitplanung ist im Einklang mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ausschließlich den Gemeinden, nicht aber den Landkreisen zugewiesen (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Ohne Erfolg verweist der Antragsgegner in diesem Zusammenhang auf die Aufgabe der Landkreise als Träger der Regionalplanung (§ 20 Abs. 1 NROG). Weder ist dem Antragsgegner die Regionalplanung übertragen, noch stellt diese eine gemeinsame Aufgabe aller seiner Mitglieder dar. In Betracht kommt eine Zusammenarbeit von Gemeinden und Landkreisen als sonstigen öffentlichen Planungsträgern unter Berücksichtigung ihrer regionalplanerischen Aufgabe zwar möglicherweise im Rahmen von Planungsverbänden i. S. von § 205 Abs. 1 BauGB (vgl. Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 205 Rn. 16 <Stand der Bearbeitung: September 2001>). Um einen solchen Planungsverband handelt es sich bei dem Antragsgegner jedoch nicht.

An der vorstehend beschriebenen Rechtslage hat die Neufassung des § 7 Abs. 1 Satz 1 NKomZG 2009 für den hier maßgeblichen Fall einer echten Aufgabenübertragung auf einen Zweckverband nichts geändert. Nunmehr können sich kommunale Körperschaften - seit 2011 als Kommunen bezeichnet (Gesetz vom 21.12.2011, Nds. GVBl. S. 493) - zu einem Zweckverband zusammenschließen, der bestimmte Aufgaben der Beteiligten übernimmt oder für diese durchführt. Diese Vorschrift ist zwar gegenüber der Vorgängerfassung offener formuliert. Dass eine Übertragung von Aufgaben, mit der die Erfüllungsverantwortung gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 NKomZG auf den Zweckverband übergeht, weiterhin ausschließlich bei gemeinsamen Aufgaben aller kommunalen Mitglieder in Betracht kommt, ergibt sich nunmehr aber schon aus § 2 Abs. 2 Satz 2 NKomZG. Die Vorschrift bestimmt, dass die Übertragung einer Aufgabe auf einen Zweckverband nur zulässig ist, wenn sie den an dem Zweckverband beteiligten Kommunen obliegt. In dieser Formulierung kommt zum Ausdruck, dass es sich weiterhin um eine gemeinsame Aufgabe aller Mitglieder handeln muss (vgl. LT-Drs. 16/785, S. 19 f. und 42; Franke, in: KVR Nds., § 1 NKomZG Rn. 16 und § 2 NKomZG Rn. 22 ff. <Stand der Bearbeitungen: Oktober 2012>; Thiele, NKomZG, 2. Aufl. 2013, § 2 Nr. 3). Lediglich für die Fälle der bloßen Durchführung von Aufgaben bei fortbestehender Verantwortlichkeit des ursprünglichen Aufgabenträgers (§ 2 Abs. 4 Satz 2 und 3 NKomZG) ist eine vertikale Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Verwaltungsebenen seit der Neufassung der Vorschriften im Jahr 2009 möglich. Für die Übertragung von Aufgaben hat die Änderung des § 7 Abs. 1 Satz 1 NKomZG und der Wegfall des Begriffs der "ihnen gemeinsam obliegende(n) Aufgaben" deshalb nur redaktionelle Bedeutung. Da sich das Erfordernis der den Mitgliedern gemeinsam obliegenden Aufgabe(n) schon aus dem neu gefassten § 2 Abs. 2 Satz 2 NKomZG ergibt, bedarf es keiner wiederholten Erwähnung in § 7 Abs. 1 NKomZG (vgl. LT-Drs. 16/785, S. 44).

Ist demzufolge eine ebenenübergreifende "vertikale" Zusammenarbeit von Landkreisen und Städten bzw. Gemeinden im Rahmen eines Zweckverbands grundsätzlich unzulässig, kann sich der Antragsgegner auch nicht auf gesetzlich vorgesehene Ausnahmeregelungen berufen.

Aus mehreren Gründen nicht einschlägig ist zunächst § 7 Abs. 1 Satz 2 NKomZG. Nach dieser seit dem Jahr 2004 unveränderten Vorschrift kann ein Zweckverband "daneben", also neben Aufgaben nach § 7 Abs. 1 Satz 1 NKomZG auch Aufgaben für einzelne Verbandsmitglieder übernehmen. Sie erlaubt damit eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass einem Zweckverband die ihm obliegenden Aufgaben von allen Mitgliedern gleichermaßen übertragen werden müssen. Der Zweckverband kann danach Aufgaben auch nur für einzelne Mitglieder wahrnehmen, solange ihm mindestens eine gemeinsame Aufgabe übertragen ist, die er für alle Mitgliedskommunen gleichermaßen erfüllt (vgl. Franke, in: KVR Nds., § 7 NKomZG Rn. 8 <Stand der Bearbeitung: Juli 2013>). Sie ermöglicht gewissermaßen eine Aufgabenübertragung "à la carte".

§ 7 Abs. 1 Satz 2 NKomZG wäre damit tatbestandlich nur dann einschlägig, wenn dem Antragsgegner mindestens eine Aufgabe übertragen wäre, die allen Mitgliedern, also den Gemeinden, den Städten und den Landkreisen gleichermaßen obliegt und die er für alle Mitglieder wahrnimmt. Bereits das ist nicht der Fall. Der Senat unterstellt dabei zugunsten des Antragsgegners, dass die von ihm in Bezug genommene Aufgabe der Wirtschaftsförderung eine Aufgabe sowohl der Städte und Gemeinden als auch - im Rahmen ihrer Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion (vgl. § 3 Abs. 2 NKomVG) - der Landkreise darstellt. Diese Aufgabe ist dem Antragsgegner indes nicht übertragen. § 3 Abs. 1 der Zweckverbandsordnung nennt als in eigener Zuständigkeit zu erfüllende Aufgaben lediglich die Bauleitplanung für das Verbandsgebiet, die Erschließung und die Unterhaltung der entsprechenden Erschließungsanlagen, die Förderung der Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben durch Bodenordnungsmaßnahmen, durch Geländebeschaffung und durch geeignete sonstige Verwaltungshilfe, die Beauftragung Dritter zur Organisation der Ausgleichsflächen sowie die Vermarktung und Verwertung der Zweckverbandsflächen einschließlich Werbung/Marketing. Aufgabe des Antragsgegners ist mithin allein die Entwicklung und Vermarktung des interkommunalen Gewerbegebiets JadeWeserPark in einem umfassenden Sinne. Das aber sind Aufgaben, mit denen die Landkreise Friesland und Wittmund nichts zu tun haben. Es handelt sich - auch im Hinblick auf die Förderung der Unternehmensansiedlung und die Vermarktung der Verbandsflächen - nicht um allgemeine Aufgaben der Wirtschaftsförderung, sondern um Annexaufgaben im Zusammenhang mit der bauplanungsrechtlichen Entwicklung eines Gewerbegebietes. Diese Aufgaben obliegen allein den Städten und Gemeinden; sie sind den Landkreisen auch vor dem Hintergrund ihrer Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion nicht zugewiesen.

Hinzu kommt, dass § 7 Abs. 1 Satz 2 NKomZG es nicht gestattet, die Landkreise an einem Zweckverband zu beteiligen, der - auch - gemeindliche Aufgaben wahrnimmt. Die Vorschrift durchbricht - wie die Systematik der Neufassung aus dem Jahr 2009 deutlich zeigt - lediglich den in § 7 Abs. 1 Satz 1 NKomZG 2004/2009 niedergelegten Grundsatz der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung für alle Mitglieder, nicht aber das zuvor in § 7 Abs. 1 Satz 1 NKomZG 2004 und nunmehr in § 2 Abs. 2 Satz 2 NKomZG 2009 statuierte Verbot der vertikalen Kooperation. Das ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut: § 7 Abs. 1 Satz 2 NKomZG modifiziert nicht die erforderliche Aufgabenqualität, sondern betrifft allein die Frage, ob alle den Mitgliedern gemeinsam obliegenden Aufgaben, die der Zweckverband wahrnimmt, tatsächlich auch von allen Mitgliedern auf den Zweckverband übertragen werden müssen.

Die Gesetzesbegründung bestätigt diese Auslegung. Danach eröffnet § 7 Abs. 1 Satz 2 NKomZG die Möglichkeit, dass der Zweckverband weitere Aufgaben übernehmen kann, die ihm nicht von allen Zweckverbandsmitgliedern übertragen werden. Weiter heißt es, Zweckverbände mit mehreren Aufgaben gebe es auch heute schon. Bislang sei aufgrund der bestehenden Rechtslage gefordert worden, dass in solchen Fällen dem Verband von den Mitgliedern die Aufgaben einheitlich übertragen sein mussten, was vor allem bei großflächig tätigen Zweckverbänden die Übernahme zusätzlicher Aufgaben erschwert oder verhindert habe, da insbesondere zur Weiternutzung von Ressourcen Mitglieder an der Abgabe einer weiteren Aufgabe ein unterschiedliches Interesse haben könnten. Die Vorschrift solle daher insbesondere die Nutzung von Synergien bei der Trinkwasserversorgung und der Abwasserbeseitigung erleichtern (vgl. LT-Drs. 15/340, S. 26 f.). Daraus folgt, dass der Gesetzgeber davon ausging, alle dem Zweckverband übertragenen Aufgaben müssten weiterhin gemeinsame Aufgaben aller Mitglieder sein, also zumindest potenziell von allen Mitgliedern auf den Zweckverband übertragen werden können. Nur die Frage, ob alle Mitglieder von der rechtlich bestehenden Möglichkeit der Aufgabenübertragung in allen Fällen tatsächlich Gebrauch machen, wird im Sinne eines Optionsmodells neu geregelt.

Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass § 7 Abs. 1 Satz 2 NKomZG eine Zusammenarbeit, bei der nur eine gemeinsame Aufgabe vorliegt und die weiteren Aufgaben allein den Städten und Gemeinden, nicht aber den Landkreisen obliegen, schon im Ausgangspunkt nicht gestattet. Die Vorschrift ermöglicht es nicht, mittels einer "Aufgabenklammer" die unterschiedlichen Ebenen im Rahmen eines Zweckverbands in Bereichen kooperieren zu lassen, wo das Gesetz eine Zusammenarbeit - wie zwischen Gemeinden und Landkreisen - grundsätzlich verbietet.

Selbst wenn man schließlich den vorstehenden Ausführungen nicht folgen und die Möglichkeit einer Verklammerung von Aufgaben für zulässig erachten wollte, könnte sich der Antragsgegner nicht auf § 7 Abs. 1 Satz 2 NKomZG berufen. Um eine Umgehung des vertikalen Kooperationsverbots zu vermeiden, wäre für diesen Fall jedenfalls zu fordern, dass die "Aufgabenklammer" die bzw. zumindest eine Kernaufgabe des Zweckverbands darstellt. Das ist hier nicht der Fall. Kernaufgabe des Antragsgegners ist die Bauleitplanung einschließlich der Erschließung. Die eng begrenzten Aufgaben, die der Antragsgegner als Wirtschaftsförderung verstanden wissen möchte, stellen allenfalls Annexaufgaben dar. Sie haben nicht das Gewicht, um als - hält man entgegen der Auffassung des Senats eine solche rechtlich für möglich - "Aufgabenklammer" zu dienen.

Eine Mitgliedschaft der Landkreise ist auch nicht nach § 7 Abs. 3 NKomZG zulässig. Die Vorschrift regelt nur die Mitgliedschaft sonstiger natürlicher und juristischer Personen "neben Kommunen". Das schließt schon dem Wortlaut nach eine Anwendung auf kommunale Gebietskörperschaften aus (vgl. Franke, in: KVR Nds., § 7 NKomZG Rn. 14 <Stand der Bearbeitung: Juli 2013>). Die Vorschrift ist nicht analogiefähig; angesichts des grundsätzlichen Verbots der vertikalen Kooperation liegt weder eine Regelungslücke vor, noch besteht in einem solchen Fall eine Vergleichbarkeit der Interessenlagen (vgl. zur gesetzgeberischen Zielsetzung LT-Drs. 15/340, S. 27).

Diese Rechtslage, die - wie ausgeführt - seit Gründung des Antragsgegners unverändert ist, hat Folgen für die Zulässigkeit der Mitgliedschaft der Landkreise Wittmund und Friesland. Beide Landkreise, denen die Aufgabe der Bauleitplanung nicht zukommt, beteiligen sich hier "vertikal" an einem Zweckverband, der der Erfüllung allein gemeindlicher Aufgaben dient. Eine solche Beteiligung ist unzulässig.

Die unzulässige Beteiligung der Landkreise Friesland und Wittmund an dem Antragsgegner hat die Nichtigkeit des Errichtungsaktes in Gestalt der Verbandsordnung zur Folge. Fehlt es an einem wirksamen Errichtungsakt (vgl. § 9 Abs. 1 und 6 NKomZG), sind die Rechtshandlungen des Antragsgegners - hier in Form der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme - unwirksam. Dass sämtliche Beschlüsse einstimmig getroffen wurden, ist rechtlich ohne Belang.

Auf die weiteren Einwände gegen die Wirksamkeit der Zweckverbandsgründung kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr an.

II. Die Voraussetzungen für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme liegen nicht vor, weil es dem Antragsgegner möglich gewesen wäre, sein Entwicklungsziel mit den Mitteln des allgemeinen Städtebaurechts zu verfolgen.

Gemäß § 165 Abs. 1 BauGB muss die einheitliche Vorbereitung und zügige Durchführung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme im öffentlichen Interesse liegen. Mit städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen sollen Ortsteile und andere Teile des Gemeindegebiets entsprechend ihrer besonderen Bedeutung für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung der Gemeinde oder entsprechend der angestrebten Entwicklung des Landesgebiets oder der Region erstmalig entwickelt oder im Rahmen einer städtebaulichen Neuordnung einer neuen Entwicklung zugeführt werden (§ 165 Abs. 2 BauGB). Das Wohl der Allgemeinheit muss die Durchführung der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme erfordern, und zwar insbesondere zur Deckung eines erhöhten Bedarfs an Wohn- und Arbeitsstätten, zur Errichtung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen oder zur Wiedernutzung brachliegender Flächen (§ 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB).

Aus den vorgenannten Vorschriften sowie aus ihrer Stellung im zweiten Kapitel "Besonderes Städtebaurecht" des Baugesetzbuchs folgt nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass das Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme zur Lösung von besonderen städtebaulichen Problemen bestimmt ist. Die Entwicklungsmaßnahme setzt einen qualifizierten städtebaulichen Handlungsbedarf voraus, der aus Gründen des öffentlichen Interesses ein planmäßiges und aufeinander abgestimmtes Vorgehen erfordert. Das städtebauliche Vorhaben muss insbesondere den Charakter einer Gesamtmaßnahme haben, die darauf angelegt ist, für einen bestimmten Bereich ein Geflecht mehrerer Einzelmaßnahmen über einen längeren Zeitraum koordiniert und aufeinander abgestimmt vorzubereiten und durchzuführen. Es muss sich also um ein koordiniertes Maßnahmenbündel handeln, das durch eine "flächendeckende und zeitlich geschlossene Planungskonzeption für ein exakt umgrenztes Gebiet" verwirklicht werden soll. Das die Gesamtmaßnahme darstellende "Maßnahmenbündel" muss nach Art und Umfang so beschaffen sein, dass Vorbereitung und Durchführung auf das besondere Recht der §§ 165 ff. BauGB angewiesen sind. Das in § 165 Abs. 1 BauGB vorausgesetzte öffentliche Interesse an der einheitlichen Vorbereitung und zügigen Durchführung der städtebaulichen Maßnahmen muss nämlich vor dem Hintergrund bewertet werden, dass der Gesetzgeber der Gemeinde damit zugleich das Enteignungsrecht zum Erwerb grundsätzlich aller Grundstücke im Entwicklungsbereich vor Aufstellung verbindlicher Bebauungspläne verleiht (§ 169 Abs. 3 BauGB). Das Gesetz schließt es damit aus, das Instrument der Entwicklungssatzung, weil es kraft Gesetzes auch enteignungsrechtliche (Vor-)Wirkung hat, für städtebauliche Maßnahmen einzusetzen, die mit dem allgemeinen Städtebaurecht bewältigt werden können. Das Ziel der Finanzierung der für die angestrebte Entwicklung erforderlichen öffentlichen Infrastrukturinvestitionen aus der Bodenwertsteigerung allein rechtfertigt nicht den Einsatz eines Instrumentariums, das nach der gesetzlichen Ausgestaltung auf eine (Durchgangs-)Enteignung gerichtet ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.7.1998 - 4 C 2.97 -, [...] Rn. 11 = BVerwGE 107, 123 = BRS 60 Nr. 225; ebenso Urt. v. 12.12.2002 - 4 CN 7.01 -, [...] Rn. 17 = BVerwGE 117, 248 = BRS 65 Nr. 230; Beschl. v. 27.9.2012 - 4 BN 20.12 -, [...] Rn. 6 und 12 = BauR 2013, 66 = BRS 79 Nr. 222).

Der Senat lässt offen, ob die Entwicklung des JadeWeserParks als eines - zugegebenermaßen großen und aus besonderem Anlass zu realisierenden - Gewerbe- und Industriegebietes den Anforderungen entspricht, die in rechtlicher Hinsicht an eine Gesamtmaßnahme zu stellen sind. Jedenfalls war der Antragsgegner nicht auf das - angesichts seiner enteignungsrechtlichen Vorwirkung subsidiäre und mit besonderer Zurückhaltung zu handhabende - Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme angewiesen, um seine Entwicklungsziele zu erreichen. Das allgemeine Städtebaurecht bot und bietet eine ausreichende Handhabe.

Festzuhalten ist im Ausgangspunkt, dass die zu beurteilende städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (lediglich) auf die Entwicklung eines interkommunalen Industrie- und Gewerbegebietes mitsamt den erforderlichen Erschließungs- und Ausgleichsmaßnahmen abzielt. Dies ist - für sich betrachtet - keine Zielsetzung, die typischerweise auf das Instrument einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme angewiesen ist. Im Gegenteil werden interkommunale Industrie- und Gewerbegebiete vielfach allein mit dem Mitteln des allgemeinen Städtebaurechts entwickelt (vgl. die Zusammenstellung des Instituts für Landes- und Stadtentwicklungsforschung GmbH, Interkommunale Gewerbegebiete in Deutschland, 2011, S. 73 ff.). Vor diesem Hintergrund bedarf es angesichts der - in § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB nur unvollkommen zum Ausdruck kommenden - Subsidiarität der städtebauliche Entwicklungsmaßnahme besonderer Umstände, um den Rückgriff auf die Möglichkeiten der §§ 165 ff. BauGB gleichwohl zu rechtfertigen.

Auf Befragen des Senats in der mündlichen Verhandlung hat der Antragsgegner die Umstände benannt, die den JadeWeserPark aus seiner Sicht von einem mit den herkömmlichen Instrumenten zu entwickelnden Industrie- und Gewerbegebiet unterscheiden: Maßgeblich seien die Größe und das städtebauliche Gewicht des zu entwickelnden Gebietes, die Fülle der zu berücksichtigenden öffentlichen und privaten Belange, die zeitliche Stauchung und die Notwendigkeit, zur Eröffnung des Jade-Weser-Ports ein Flächenangebot bereitstellen zu können, dazu die Planung, Finanzierung und Entwicklung des Gebiets aus einer Hand. Diese Umstände sind nicht geeignet, die Erforderlichkeit einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme zu belegen.

Keine ausschlaggebende Bedeutung kommt zunächst der Größe des Gebietes zu. Das allgemeine Städtebaurecht ist keineswegs auf die Entwicklung nur kleiner Gebiete beschränkt. Richtig ist allerdings, dass mit zunehmender Größe des Gebiets ein steigendes Risiko einhergeht, dass nicht kooperationsbereite Eigentümer die Planungsziele jedenfalls in Teilbereichen vereiteln. Für diesen Fall stellt jedoch bereits das allgemeine Städtebaurecht mit den Instrumenten der Bodenordnung und notfalls der Enteignung Möglichkeiten zur Planverwirklichung bereit, die der Antragsgegner - soweit das der Begründung zu entnehmen ist - nicht einmal in Erwägung gezogen hat. Insbesondere der angesichts des Verlaufs der Erschließungsanlagen ungünstige Zuschnitt der Flächen hätte mittels einer Umlegung (§§ 45 ff. BauGB) bereinigt werden können. Zur Herstellung der Erschließungsanlagen hätte erforderlichenfalls enteignet werden können (§§ 85 ff. BauGB); über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen (§§ 127 ff. BauGB) hätte zudem ein erheblicher Druck auf die Eigentümer ausgeübt werden können, die Flächen plankonform auszunutzen. Das allgemeine Städtebaurecht bietet mithin weitaus mehr Steuerungsmöglichkeiten, als der Antragsgegner offenbar meint.

Zudem waren im vorliegenden Fall lediglich 20 private Grundeigentümer betroffen; einige hatten sich darüber hinaus in einer Eigentümergemeinschaft zusammengeschlossen und gegenüber dem Antragsgegner einen einheitlichen Ansprechpartner benannt. Die Zahl der Personen, mit denen Verhandlungen zu führen waren, war mithin - anders als in dem der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juli 1998 (- 4 C 5.97 -, a. a. O., Rn. 50) zugrunde liegenden Fall mit 221 (mindestens) teilweise kooperationsunwilligen Eigentümern - sehr begrenzt. Zudem zeigten sich sämtliche Eigentümer im Entwicklungsgebiet kooperativ und waren bereit, ihre Grundstücke für die Zwecke der Planung zur Verfügung zu stellen und entweder an den Antragsgegner oder aber an potenzielle Investoren zu veräußern. Einer vertraglichen Vereinbarung stand einzig im Wege, dass die Eigentümer den entwicklungsunbeeinflussten Wert ihrer Grundstücke anders einschätzten bzw. einen (geringen) Teil des Planungsgewinns selbst einstreichen wollten, während der Antragsgegner diesen Gewinn vollständig zur Finanzierung der erforderlichen Infrastrukturinvestitionen einzusetzen beabsichtigte. Das allein ist kein legitimer Grund für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.9.2012, a. a. O., Rn. 12 f.).

Daran anknüpfend stellen weder die zeitliche Stauchung noch die Notwendigkeit, zur Eröffnung des Jade-Weser-Ports ein Flächenangebot bereitstellen zu können, eine Zielverwirklichung mittels des allgemeinen Städtebaurechts in Frage. Die nachvollziehbare Absicht des Antragsgegners, der im Zusammenhang mit der Eröffnung des Jade-Weser-Ports erwarteten Investorennachfrage unverzüglich mit geeigneten Flächenangeboten begegnen zu können, stellt zwar erhöhte Anforderungen an die Flächenverfügbarkeit und begrenzt die Möglichkeit, Verhandlungen mit den verschiedenen Eigentümern erstmals dann zu führen, wenn ein Investor anfragt. Angesichts des Kooperationswillens der Eigentümer hätte jedoch auch diesem zeitlichen Moment ohne eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme auf vertraglicher Basis Rechnung getragen werden können. Sofern nicht ein sofortiger freihändiger Erwerb zu Preisen von 8,- bis 10,- EUR/qm zu erwägen gewesen wäre (dazu sogleich unter III.), hätte das von den Beteiligten diskutierte Modell eines dem Antragsgegner einzuräumenden Optionsrechts verbunden mit einem über die Jahre steigenden Grundstückspreis im Falle eines verzögerten Erwerbs eine Möglichkeit dargestellt. Die von dem Antragsgegner aus nachvollziehbaren Gründen gewünschte Planung, Finanzierung und Entwicklung/Vermarktung des Gebiets aus einer Hand wäre damit sichergestellt gewesen.

Das städtebauliche Gewicht rechtfertigt die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme schließlich ebenso wenig wie die Fülle der zu berücksichtigenden öffentlichen und privaten Belange. Die besondere Bedeutung eines Gebietes für die planende(n) Gemeinde(n) und die Komplexität der Planung entbinden schon im Ausgangspunkt nicht von der Notwendigkeit, sich zunächst der Instrumente des allgemeinen Städtebaurechts zu bedienen.

III. Die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme verstößt zudem entweder gegen § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 oder aber gegen § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB. Entweder waren die Bemühungen des Antragsgegners um einen freihändigen Grunderwerb unzureichend oder aber weist die Finanzierungsplanung eine Unterdeckung in einer Höhe auf, die die zügige Durchführung der Maßnahme in Frage stellt.

§ 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verlangt, dass die mit der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme angestrebten Ziele und Zwecke durch städtebauliche Verträge nicht erreicht werden können oder Eigentümer der von der Maßnahme betroffenen Grundstücke unter entsprechender Berücksichtigung des § 166 Abs. 3 BauGB nicht bereit sind, ihre Grundstücke an die Gemeinde oder den von ihr beauftragten Entwicklungsträger zu dem Wert zu veräußern, der sich in Anwendung des § 169 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 4 BauGB ergibt. Sind sämtliche Eigentümer - wie hier - grundsätzlich verkaufsbereit, muss eine Übernahme der Grundstücke zum entwicklungsunbeeinflussten Grundstückswert tatsächlich angeboten werden. Angeboten hat der Antragsgegner einen Betrag von 5,- bis 5,45 EUR pro qm. Dieser Betrag beruht auf einem Gutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte Oldenburg vom 5. August 2009. Ihm liegt zugrunde, dass im Landkreis Friesland bei 16 Verkäufen seit dem Jahr 2000 für bereits im Flächennutzungsplan als gewerbliche Baufläche dargestelltes Bauerwartungsland Kaufpreise in Höhe von durchschnittlich 33 Prozent des Preises von erschließungsbeitragsfreiem baureifem Gewerbeland erzielt wurden. Diese Annahme steht nicht in Zweifel, sodass es maßgeblich darauf ankommt, mit welchem Wert erschließungsbeitragsfreies Gewerbebauland zu veranschlagen ist.

Der Gutachterausschuss hat sich mangels einer ausreichenden Anzahl aktueller Verkäufe im näheren Umfeld an dem Bodenrichtwert in Höhe von 15,- EUR/qm für das benachbarte Gewerbegebiet Roffhausen zum Stichtag 1. Januar 2009 orientiert (vgl. das Gutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte Oldenburg vom 5. August 2009, S. 11 f.). Ob dies jedoch einen zulässigen Orientierungswert darstellt, ist ernstlich zweifelhaft. Der Bodenrichtwert entsprach nach den Ausführungen des in der mündlichen Verhandlung angehörten Sachverständigen Dr. F. weder der Marktlage noch den eigenen Annahmen des Antragsgegners in der Satzungsbegründung; dort wird ein durchschnittlicher Verkaufspreis von 25,- EUR/qm für erschließungsbeitragsfreies Gewerbebauland zugrunde gelegt (Begründung, S. 75 f.). Der Antragsgegner selbst ging mithin bereits zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses davon aus, im Durchschnitt einen Verkaufspreis zu erzielen, der um zwei Drittel über der Berechnungsgrundlage für das Angebot an die Grundeigentümer liegt. Diese Annahme eines Verkaufspreises von 25,- EUR/qm hat sich nach den Ausführungen des Antragsgegners sowie ausweislich der Bodenrichtwertkarte zum Stand 31. Dezember 2013 wiederum für das benachbarte Gewerbegebiet Roffhausen in der Folgezeit bestätigt.

Dem Antragsgegner ist es trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats nicht gelungen, diesem offenkundigen Plausibilitätsdefizit wirksam entgegenzutreten. Soweit die Planbegründung zu der Entwicklungssatzung (S. 78) ausführt, der Betrag von 25,- EUR beziehe sich auf Nettobauland, während der Betrag von 15,- EUR auf Bruttobauland abstelle, trifft das nicht zu. Aus dem Gutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte Oldenburg ergibt sich vielmehr, dass dieses ebenfalls von einem bereits erschlossenen "baureifen" Gewerbegrundstück, mithin also von Nettobauland ausgeht (S. 11).

Sprechen demzufolge gute Gründe dafür, dass der auch aus Sicht des Antragsgegners maßgebliche entwicklungsunbeeinflusste Wert der Grundstücke bei 33 Prozent von 25,- EUR/qm, mithin bei 8,33 EUR/qm lag, hätten auf dieser Grundlage Verhandlungen mit den Eigentümern geführt werden müssen. Angesichts der insofern nur noch geringen Differenz zu der schriftlich geäußerten ersten Preisvorstellung der Eigentümer von 10,- EUR/qm kann der Senat für diesen Fall von der in § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB geforderten fehlenden Verkaufsbereitschaft zu einem angemessenen Preis nicht ausgehen.

Wenn hingegen ein Wertansatz von 15,- EUR/qm für ein erschließungsbeitragsfreies Gewerbegrundstück - und damit ein Angebot an die Eigentümer von rund 5,- EUR/qm - zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses gleichwohl zutreffend gewesen sein sollte, wäre die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme ebenfalls rechtswidrig. In diesem Fall wäre die zügige Durchführung der Maßnahme innerhalb eines absehbaren Zeitraums nicht gewährleistet gewesen (§ 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB), weil dann für die baureifen Grundstücke im JadeWeserPark ein Ansatz in gleicher Höhe hätte gewählt werden müssen. Da die gesamte Finanzierungsplanung ausweislich der Planbegründung (S. 76) auf einem zu erzielenden Kaufpreis von 25,- EUR/qm aufbaut, ergäbe sich eine Finanzierungslücke von rund 11,65 Mio. EUR (116,5 ha verkaufte Grundstücksfläche bis 2025 x 25,- EUR/qm - 116,5 ha x 15 EUR/qm) bei geschätzten Gesamtkosten von rund 31,14 Mio. EUR. Das ist ein Fehlbetrag, der nicht bloß die zügige Durchführung der Maßnahme, sondern die Realisierbarkeit insgesamt in Frage stellt. Auf Frage, welcher Durchführungszeitraum in diesem Einzelfall angemessen wäre, kommt es daher nicht an (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 3.7.1998 - 4 CN 5.97 -, [...] Rn. 57 = NVwZ 1999, 407 = BRS 60 Nr. 229; Beschl. v. 27.5.2004 - 4 BN 7.04 -, [...] Rn. 19 = BauR 2004, 1584 = BRS 67 Nr. 229).