Landgericht Osnabrück
Urt. v. 30.10.2006, Az.: 8 O 1373/06
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 30.10.2006
- Aktenzeichen
- 8 O 1373/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 43663
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2006:1030.8O1373.06.0A
In dem Rechtsstreit
.........
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück auf die mündliche Verhandlung vom 02.10.2006 durch die Richterin am Landgericht Wieseler-Sandbaumhüter als Einzelrichterin
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die 17.970,22 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.02.2005 zu Leasingsvertragsnr. 2795068 Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs VW Golf Cabrio Trendline 1,9 TDI, Fahrzeug-Identifikationsnummer WVWZZZ1EZ2K006065, zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Am 28.07.2003 bestellte die Klägerin bei der XXX ein Fahrzeug der Marke Golf Cabriolet Trendline 1,9 TDI (Bl. 67 d. A.). Die XXX bestätigte mit Schreiben vom 14.08.2003 (Bl. 7 bis 11 d. A.) die Bestellung der Klägerin.
In Ziffer XIII 1. der allgemeinen Geschäftsbedingungen der XXX heißt es unter anderem: "Dies vorausgeschickt tritt hiermit der Leasing-Geber sämtliche Ansprüche und Rechte aus dem Kaufvertrag einschließlich der Garantieansprüche gegen Hersteller/Importeur/Dritte wegen der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs an den Leasing-Nehmer ab. Der Leasing-Nehmer nimmt die Abtretung an. Er ist berechtigt und verpflichtet, die Ansprüche und Rechte im eigenen Namen mit der Maßgabe geltend zu machen, dass im Falle des Rücktritts und der Kaufpreisminderung etwaige Zahlungen des Lieferanten direkt an den Leasing-Geber zu leisten sind."
Die XXX erwarb das von der Klägerin bestellte Neufahrzeug bei der XXX Beklagten. Der Kaufpreis betrug 20.941,39 € netto. Außerdem erteilte die XXX der Beklagten eine Provisionsgutschrift über 1. 594 € einschließlich Fahrzeugbriefgebühr von 5,11 € (Bl. 45 d. A.).
Das Fahrzeug wurde der Klägerin am 06.08.2003 übergeben. Im Fahrzeugschein wurde als Tag der ersten Zulassung der 06.08.2003 eingetragen (Bl. 12 d. A.).
Bei einer Inspektion, die die Klägerin im September 2004 in Köln hat durchführen lassen, erfuhr sie, dass das Baujahr des Fahrzeugs nicht mit dem Jahr der Erstzulassung übereinstimmte. Ein Mitarbeiter der Beklagten, der Zeuge übermittelte der Beklagten per Telefax am 04.02.2005 eine so genannte NEWADA-Anzeige, in der als Produktionszeitraum 2002/50, also die erste Dezemberwoche 2002, angegeben ist (Bl. 13 d. A.).
Tatsächlich hergestellt worden war das Fahrzeug aber bereits am 26.09.2001. Die Produktion der Baureihe war im September 2001 eingestellt worden.
Das Produktionsdatum des Fahrzeugs hatte auf Bitten der Klägerin das Audi-Zentrum in Köln in Erfahrung gebracht. Die Klägerin wandte sich mit Schreiben der XXX, vom 14.02.2005 an die Beklagte und bat sie um Bestätigung des Produktionsdatums.
Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 16.02.2005 mit, dass sie durch den Zeugen XXX vor Abschluss des Leasingvertrages in Kenntnis gesetzt
worden sei, dass das Fahrzeug seit Frühjahr 2003 nicht mehr gebaut werde. Außerdem bestätigte die Beklagte, dass es richtig sei, dass das Auto 50/02 produziert und "wohl dann im Januar 2003 bei dem o.a. Händler im Norden angeliefert wurde." Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 19 d. A. Bezug genommen.
Im Auftrag der Klägerin überprüfte das Sachverständigenbüro XXX das Produktionsdatum des Fahrzeugs. In dem Kurzgutachten vom 23.05.2006 (Bl. 15 bis 17 d. A.) gelangte das Sachverständigenbüro zu dem Ergebnis, dass das Fahrzeug am 26.09.2001 produziert wurde.
Mit Schreiben der Rechtsanwälte XXX vom 18.02.2005 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte auf, das Fahrzeug zurückzunehmen und bis 25.02.2005 ihre Bereitschaft zur Durchführung der Rückabwicklung zu erklären.
Die Beklagte lehnte das ab.
In der Zeit von der Übergabe bis zum 01.10.2006 wurde mit dem Fahrzeug eine Laufleistung von 38.842 Kilometer zurückgelegt.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass das Fahrzeug einen Mangel aufweise, da es zum Zeitpunkt der Auslieferung bereits 22 Monate alt gewesen sei.
Sie habe ein Neufahrzeug leasen wollen. Die Beklagte habe das von ihr gewünschte Fahrzeug aber nicht vorrätig gehabt. Der Zeuge XXX habe ihr angeboten, zu versuchen, das Fahrzeug bei einem anderen Händler zu besorgen. Das Fahrzeug sei bei einem Autohändler im Norden verfügbar gewesen. Der Zeuge XXX habe ihr erklärt, dass das Fahrzeug dort einige Zeit gestanden habe. Auf Nachfrage habe er diesen Zeitraum auf 12 bis 14 Wochen konkretisiert. Ihr sei nicht bekannt gewesen, dass die Herstellung der Baureihe bereits im September 2001 eingestellt worden sei.
Sie beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 24. 292 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2003 abzüglich 6.184,88 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs VW Golf Cabrio Trendline 1,9 TDI, Fahrzeug-Identifikationsnr. WVWZZZ1EZ2K006065, zu zahlen (zahlbar an die Leasing Vertragsnr. 2795068).
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ende Juli 2003 sei die Klägerin erschienen und habe den Wunsch geäußert, einen Pkw der Marke VW Golf Cabrio TDI möglichst dunkler Farbe zu erwerben. Der Klägerin sei bekannt gewesen, dass das Fahrzeug seit langem nicht mehr produziert wurde und habe deshalb den Zeugen XXX gefragt, ob ein Fahrzeug dieser Art beschafft werden könne. Über das Produktionsdatum des Fahrzeugs sowie den Auslauf der Produktion sei nicht gesprochen worden, weil bekannt gewesen sei, dass die Produktion des Fahrzeugs schon seit längerem eingestellt worden war.
Das Fahrzeug sei nicht mangelhaft, weil die Klägerin ein im letzten Monat der Golf -Cabrio - Produktion hergestelltes Fahrzeug erworben habe und auch kein jüngeres Fahrzeug hätte leasen können.
Außerdem seien die Ansprüche der Klägerin verjährt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 02.10.2006 (Bl. 62 d. A. ff d. A.) Bezug genommen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich gezogener Gebrauchsvorteile an die XXX Zug um Zug gegen Rückgabe des an sie am 03.08 2003 gelieferten Fahrzeugs VW Golf Cabrio Trendline aus §§ 433, 434 Abs. 1 Satz 1, 437 Ziffer 2, 323,346 ff, 398 BGB.
Das Fahrzeug ist mangelhaft.
Nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Das an die Klägerin am 03.08.2003 übergebene Fahrzeug weist nicht die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit auf.
Die Klägerin hat einen Neuwagen bestellt. Im Verkauf eines Neuwagens durch einen Kfz.-Händler liegt in der Regel die konkludente Zusicherung, dass das Fahrzeug fabrikneu ist (BGH, NJW 2004, 160).
Das VW Cabrio kann nicht als fabrikneu angesehen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH NJW 2004, 160 f; BGH NJW 2003, 2824 f) ist ein unbenutztes Kraftfahrzeug in der Regel noch fabrikneu, wenn und so lange das Modell dieses Fahrzeugs unverändert weiter gebaut wird, wenn es keine durch längere Standzeit bedingte Mängel aufweist und wenn zwischen Herstellung des Fahrzeugs und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als 12 Monate liegen.
Produziert wurde das Fahrzeug am 26.09.2001. Erworben wurde das Fahrzeug im August 2003.
Die Lagerzeit von nahezu 22 Monaten führt dazu, dass dem Fahrzeug die zugesicherte Eigenschaft als fabrikneu bei Übergabe gefehlt hat.
Gegen das Vorliegen eines Mangels könnte zwar sprechen, wenn der Klägerin bei Abschluss des Vertrages bekannt war, dass das Fahrzeug seit längerer Zeit nicht mehr gebaut wurde und ihr daher bekannt sein musste, dass das Fahrzeug schon mehrere Wochen bzw. Monate auf Lager gestanden hatte. Ihre diesbezügliche Behauptung, hat die Beklagte jedoch nicht zu beweisen vermocht.
Zwar hat der Zeuge XXX im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt, dass er die Klägerin im Rahmen der Vertragsverhandlungen darauf hingewiesen habe, dass das Fahrzeug nicht mehr gebaut wurde. Für diesen Hinweis habe er sich zum einen deshalb veranlasst gesehen, um zu dokumentieren, wie schwierig es war, das Fahrzeug zu beschaffen und zum anderen, weil er es als seine Verpflichtung als Automobilverkäufer angesehen habe. Die Klägerin habe nach seinem Hinweis erklärt, dass ihr bekannt sei, dass das Fahrzeug seit längerer Zeit nicht mehr gebaut würde.
Allein aufgrund der Angaben des Zeugen XXX lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin wusste, dass das Fahrzeug seit längerer Zeit nicht mehr gebaut wurde und auf Lager gestanden haben muss.
Zwar ist der Zeuge XXX seinen Angaben zufolge bei der Beklagten nicht auf Provisionsbasis beschäftigt. Allerdings ergeben sich aus der von der Klägerin unterzeichneten Geschäftsfahrzeug - Leasing-Bestellung vom 28.07.2003 keine Anhaltspunkte dafür, dass sie auf den Umstand hingewiesen wurde, dass das Fahrzeug nicht mehr gebaut wird.
Da weitere Umstände, die darauf hindeuten, dass der Klägerin der Umstand der Produktionseinstellung bekannt war, nicht vorliegen, vermochte das Gericht allein aufgrund der Angaben des Zeugen XXX nicht zu der Überzeugung zu gelangen, dass der Klägerin ein entsprechender Hinweis von diesem erteilt wurde.
Die Beklagte ist daher zur Rückabwicklung des Kaufvertrages und damit zur Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der von der Klägerin gezogenen Gebrauchsvorteile Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verpflichtet (§346 BGB).
Die Klägerin hat mit dem Fahrzeugs bis zum 01.10. 38.842 km zurückgelegt. Die Gebrauchsvorteile sind mit 0,67 % des Bruttokaufpreises je gefahrene 1000 Kilometer und daher mit 6.321,78 € in Ansatz zu bringen.
Die Klägerin hat durch die Fortsetzung des Gebrauchs des Fahrzeugs ihre Gewährleistungsrechte nicht verwirkt, da sich die Weiterbenutzung des Fahrzeugs im Rahmen des Üblichen hält (BGH NJW 2004, 1.60, 161).
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1 Ziff. 3, 288 Abs. 2 BGB. Zinsen kann die Klägerin erst ab den 25.02.2005 beanspruchen, da sie die Beklagte mit Schreiben der Rechtsanwälte XXX , vom 18.02.2005 aufgefordert hat, bis zum 25.02.2005 ihre Bereitschaft zur Durchführung der Rückabwicklung zu erklären.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die von der Klägerin geltend gemachten Gewährleistungsansprüche auch nicht verjährt. Durch die Ausübung des Rücktrittsrechts wird der Vertrag in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt. Für den Gläubiger entsteht ein neuer Anspruch, für den die Regelverjährung von 3 Jahren gilt. Der erst durch den Rücktritt entstehende Anspruch wird von § 438 BGB nicht erfasst (Palandt - Heinrichts, § 218 Rnr. 7).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.