Landgericht Osnabrück
Urt. v. 18.12.2006, Az.: 2 O 1128/06
Abhebungen und Aushändigungen von Geldbeträgen; Verfügung über ein Girokonto
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 18.12.2006
- Aktenzeichen
- 2 O 1128/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 38283
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2006:1218.2O1128.06.0A
Rechtsgrundlage
- § 812 Abs. 1 BGB
In dem Rechtsstreit
...
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück
auf die mündliche Verhandlung vom 27.11.2006
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Rickers als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 17.400,00 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 31.08.2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 24 % und der Beklagte zu 76 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und zwar für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist die Tochter des Beklagten. Der Beklagte ist Tunesier.
Mit der Klage fordert die Klägerin Rückzahlung von Geldbeträgen, die sie nach ihrer Darlegung dem Beklagten ausgehändigt hat. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Geldbeträge darlehensweise zur Verfügung gestellt wurden.
Im Einzelnen trägt sie dazu vor, der Beklagte habe am 07.10.2003 von ihr den Betrag in Höhe von 7.000,00 ? erhalten, am 26.01.2004 einen weiteren Betrag von 5.000,00 ? und schließlich am 27.01.2004 den Betrag von 5.400,00 ?.
Überdies habe sie dem Beklagten im Zeitraum vom 15.08.2001 bis zum 15.07.2004 per Dauerauftrag monatlich weitere 153,39 ? (= 5.522,04 ?) überwiesen. Diese Überweisungen habe sie vorgenommen, weil der Beklagte ihr vorgespiegelt habe, er müsse Kindergeldleistungen in diesem Umfang zurückzahlen, weil er diese zu Unrecht für die Klägerin erhalten habe.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihr 22.922,04 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.04.2006 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bestreitet, von der Klägerin irgendwelche Darlehen erhalten zu haben. Mit der Klageerwiderung hat er allerdings eingeräumt, dass er von der Klägerin zwischen Oktober 2003 und Januar 2004 insgesamt 17.400,00 ? erhalten hat. Dazu führt er aus, dass diese Gelder den tunesischen Gepflogenheiten entsprechend für sehr umfangreiche Hochzeitsfeierlichkeiten der Klägerin ausgegeben worden seien. Dies sei im Einzelnen mit der Klägerin so besprochen und vereinbart worden. Die Klägerin habe alsdann auch am 03.01.2004 in Tunesien geheiratet. Im Rahmen dieser Hochzeit seien mehrere Feiern in Tunesien durchgeführt worden. Der Beklagte beziffert die Kosten für die Hochzeitsfeiern auf 16.450,00 ? und führt weiter aus, dass von seinem Telefonanschluss in Osnabrück aus teilweise stundenlange Telefongespräche nach Tunesien geführt worden seien, wofür sich Gesamtaufwendungen von 4.827,73 ? ergeben hätten.
Bezüglich der Überweisungsbeträge behauptet der Beklagte, dass es sich insoweit um Kostgeld handele, das die Klägerin geleistet habe. Dies sei im Einzelnen mit der Klägerin so abgesprochen worden. Die Klägerin habe seinerzeit kein eigenes Einkommen gehabt und es sei mit ihr abgesprochen worden, dass sie sich zumindest in Höhe der bisherigen Kindergeldzahlungen an den Haushaltskosten beteiligen müsse. Die Klägerin habe in dem Zeitraum, in dem die Leistungen erbracht worden seien, im Haushalt des Beklagten und seiner Ehefrau gelebt und sei dort unterhalten worden.
Demgegenüber trägt die Klägerin vor, dass die Hochzeitsfeiern von ihrem Ehemann und ihrem Schwiegervater bezahlt worden seien.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Der Einzelrichter hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin gem. § 812 Abs. 1 BGB den Betrag von 17.400,00 ? zurückzuzahlen, dieser Betrag ist dem Beklagten infolge von Abhebungen vom Konto der Klägerin zugeflossen. Insoweit wurden am 07.10.2003 7.000,00 ? am 26.01.2004 5.000,00 ? und am 27.01.2004 5.400,00 ? abgehoben. Das Geld stammte aus Einkünften der Klägerin aus ihrem Arbeitsverhältnis. Dabei wurde es seitens des Beklagten und seiner Ehefrau, der Zeugin ..., der Mutter der Klägerin, so gehandhabt, dass die Klägerin zwar ein Konto unterhielt, auf das die Einkünfte aus dem Arbeitsverhältnisüberwiesen wurden. Die Kontokarte für dieses Konto hatte aber nicht die Klägerin, sondern diese war im Besitz der Mutter. Die Einkünfte aus dem Arbeitsverhältnis wurden alsdann auf ein normales Sparkonto - ohne Kontokarte - überwiesen. Auch dieses Sparbuch war im Besitz der Eltern der Klägerin. Überdies hatte die Klägerin, obwohl sie bereits volljährig war, ihren Pass nicht im Besitz. Dieser Pass war im Besitz ihrer Eltern.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2006 im Prozesskostenhilfeverfahren seinerseits eingeräumt, dass die Hochzeit einer Tochter normalerweise dem tunesischen Landesbrauch entsprechend durch die Eltern ausgerichtet wird, die auch die Kosten der Feier entsprechend begleichen. Der Beklagte hat dann weiter ausgeführt, hier sei es aber so gewesen, dass er nicht eingesehen habe, dass sie dieses Geld behielt, zumal dieses dann an ihren Mann gegangen wäre. Deswegen habe er verlangt, dass sie die Hochzeit bezahlt. Damit bestätigt sich ganz eindeutig, dass insoweit Druck auf die Klägerin ausgeübt worden ist. Bestätigt wird damit aber auch die Angabe der Klägerin in der Verhandlung vom 28.08.2006, dass sie gar nicht nach Tunesien gekommen wäre, weil sie den Pass nicht in Händen hatte, wenn sie nicht dem Verlangen nach den Geldbeträgen nachgekommen wäre. Hinzu kommt, dass die Klägerin - was letztlich vom Beklagten bestätigt wurde - von ihrem selbst verdienten Geld monatlich zunächst lediglich 50,00 DM und später 30,00 ? bekam, selbst an ihr Konto aber nicht herankonnte, weil sie keine Bankkarte hatte und sich auch nicht ausweisen konnte.
Dies wird letztlich auch durch die Mutter der Klägerin bestätigt, die ausdrücklich bekundete, sie habe ihre Tochter nie allein etwas abheben lassen.
Letztlich hat auch die Zeugin ... bestätigt, dass das Geld der Tochter ausgegeben werden sollte, damit es nicht an ihren Ehemann fließen sollte. Auf Vorhalt einer entsprechenden Angabe des Beklagten im Termin vom 28.08.2006 hat die Zeugin nämlich bekundet, dies sei auch richtig, ihr Schwiegersohn habe kein Geld bekommen sollen.
Unabhängig von der Verwendung des Geldes geht der Einzelrichter deshalb davon aus, dass der Beklagte durch die genannten Abhebungen und die Aushändigungen dieser Geldbeträge rechtsgrundlos bereichert worden ist. Er hat die Geldbeträge unter dem schon dargelegtenäußeren Druck, unter dem die Klägerin stand, an sich gebracht. Der Einzelrichter geht davon aus, dass die Beträge nicht geleistet worden sind, um damit die Hochzeitsfeierlichkeiten zu finanzieren. Angesichts der konkreten Umstände, unter denen die Abhebungen erfolgten und der Handhabung des Kontos und des Sparbuches ist jedenfalls davon auszugehen, dass der Beklagte seinerseits beweisen müsste, dass die ihm ausgehändigten Gelder im Einverständnis mit seiner Tochter für die Hochzeitsfeierlichkeiten verwandt werden sollten. Dieser Beweis ist aber keinesfalls erbracht worden. Der Zeuge ..., der Ehemann der Klägerin, konnte zu den Vereinbarungen zwischen Vater und Tochter keine konkreten Angaben machen. Immerhin hat er eine Situation mitbekommen, die sich nach den Feierlichkeiten bereits wieder in Deutschland abgespielt hat. Auf das Verlangen seiner Frau, dass sie das Geld, das ihr Vater von ihr habe, zurückhaben möchte, habe dieser erklärt, er habe kein Geld von ihr und sie könne machen was sie wolle, sie bekomme kein Geld. Im Weiteren hat dieser Zeuge bekundet, dass die große Hochzeitsfeier im Übrigen von seinem Vater bezahlt worden sei. Letztlich kann dies dahingestellt bleiben, da der Beklagte ohnehin nicht bewiesen hat, dass seine Tochter mit der Verwendung ihrer Gelder für die Hochzeit einverstanden war. Als der Beklagte imÜbrigen während der Vernehmung des Ehemannes der Klägerin noch einmal zu der Hingabe des Geldes durch seine Tochter befragt wurde, hat er seinerseits geäußert, er habe zu keinem Zeitpunkt von seiner Tochter gehört, er könne das Geld, das er sozusagen für sie in Verwahrung hatte, für die Hochzeit ausgeben. Das sei von seiner Tochter mit ihrer Mutter besprochen worden. Der Zeuge ..., der Bruder der Klägerin meinte zwar, bei den oben geschilderten Abhebungen sei es um die Finanzierung der Hochzeit gegangen. Aus eigener Kenntnis konnte er dazu jedoch keine konkreten Angaben machen. Zum Teil beruhten seine Angaben auf Schlussfolgerungen wie z.B., der Koch müsse ja das Geld bekommen haben, da er ja irgendwie bezahlt worden sein müsse oder er erklärte, sein Vater habe die Hochzeitsfeiern bezahlt. Auf die Frage, ob diese Feiern vor oder nach der Hochzeit bezahlt worden seien, erklärte der Zeuge, er müsse sie ja vorher bezahlt haben. Auf weitere Frage des Gerichts erklärte der Zeuge dann plötzlich, dass er dabei gewesen sei, als das Geld bezahlt worden sei. Abschließend erklärte der Zeuge dann allerdings, er könne nicht bestätigen, dass seine Schwester zu irgendeinem konkreten Zeitpunkt ihrem Vater erklärt habe, du kannst das Geld, was du von mir hast, für meine Hochzeit verwenden.
Die Zeugin ... hat zwar bekundet, dass die Abhebungen für die Hochzeit verwendet werden sollten und dass ihre Tochter damit einverstanden gewesen sei. Gleichwohl bestehen im Bezug auf ihre Aussage erhebliche Bedenken. Einmal sind schon die Zeitpunkte der Abhebungen im Bezug auf die Hochzeitsfeierlichkeiten nicht unbedingt nachvollziehbar. Das gilt insbesondere für die Abhebungen im Januar 2004, zumal die eigentliche große Hochzeitsfeier dann erst im Sommer 2004 stattfand. Nicht anders ist es aber bei der Abhebung vom 07.10.2003, wenn man bedenkt, dass die standesamtliche Hochzeit im Januar 2004 stattfand. Die Zeugin konnte auch keine Angaben dazu machen, warum es an zwei Tagen hintereinander zu größeren Abhebungen gekommen war, nämlich am 26.01.2004 und am 27.01.2004. Auf Frage des Gerichts hat sie alsdann in Bezug auf die Abhebung vom 07.10.2003 bekundet, sie hätten das Geld zu Hause verwahrt, und zwar bis sie im Dezember nach Tunesien geflogen seien. Als die Zeugin seitens des Gerichts befragt wurde, wie es konkret zu der Vereinbarung über die Verwendung des Geldes gekommen sei und wann dieses Gespräch stattgefunden habe, konnte die Zeugin dazu keine plausible Antwort geben. Nach Erörterung der verschiedenen Hochzeitstermine meinte sie dann, das Gespräch habe vor dem 07.10.2003 stattgefunden. Weiter hat sie bekundet, bei diesem Gespräch seien ihr Ehemann, die Klägerin und sie selbst zugegen gewesen. Auf die Frage, wie das Gespräch im Einzelnen verlaufen sei, erklärte die Zeugin, dazu könne sie nichts Näheres angeben. Als die Zeugin dann befragt wurde, wie das Einverständnis der Tochter erklärt worden sei, erklärte die Zeugin, dieses Einverständnis habe vorher schon festgestanden. Als sie weiter befragt wurde, wie denn dieses Einverständnis zustande gekommen sei, erklärte die Zeugin, dazu könne sie nichts Näheres sagen. Geht man einmal von dem Gespräch aus, das die Zeugin auf einen Zeitpunkt vor dem 07.10.2003 legte, bei dem dann ihr Ehemann, die Klägerin und sie selbst zugeben waren, so ergibt sich ein eindeutiger Widerspruch zu der Angabe des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.11.2006. Wie oben schon dargelegt wurde, hat der Beklagte während der Vernehmung des Ehemannes der Klägerin erklärt, dass er selbst zu keinem Zeitpunkt von seiner Tochter gehört habe, dass sie einverstanden sei, dass er das für sie verwahrte Geld für die Hochzeit ausgebe. Soweit die Zeugin ... im Termin vom 27.11.2006 alsdann weiter bekundete, das Einverständnis mit ihrer Tochter sei immer erzielt worden bevor sie zur Bank ging, um Geld abzuholen, es habe ja festgestanden, dass das Geld für die Hochzeit sein sollte, vermag diese Bekundung angesichts der vorherigen Erklärungen und der Gesamtumstände (Ausweis, EC-Karte usw.) nicht zu überzeugen. Es mag sein, dass die Mutter der Klägerin subjektiv ohne nähereÜberlegung davon ausgegangen ist, ihre Tochter sei einverstanden oder besser gesagt, habe einverstanden zu sein, dies reicht jedoch nicht aus, um ein Einverständnis der Tochter mit der Verwendung des Geldes zu beweisen.
Soweit der Beklagte mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 06.12.2006 geltend macht, er sei nicht passiv legitimiert, vermag der Einzelrichter dem nicht zu folgen. Die Passivlegitimation ergibt sich durchaus aus den oben dargelegten Ausführungen. Insbesondere waren jedenfalls bei den hier entscheidenden Bekundungen in Bezug auf die Verwahrung des Geldes keinerlei Sprachschwierigkeiten des Beklagten ersichtlich. Er hat insoweit eindeutig davon gesprochen, dass er dies in die Hand genommen hat. Im Übrigen hat auch seine Ehefrau als Zeugin nicht etwa von "ich" gesprochen. Sie hat nämlich ausgeführt (S. 7 des Protokolls), das Geld haben wir dann zu Hause verwahrt. Weiter hat sie auf der selben Seite ausgeführt, die 7.000,00 ? haben wir in bar mit nach Tunesien genommen. Demzufolge kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass der Beklagte, anders als er es selbst erklärt hat, mit der Angelegenheit nichts zu tun hatte.
Soweit die Klägerin auch die Rückzahlung der Beträge verlangt, die sie per Überweisung an den Beklagten geleistet hat, erscheint es durchaus nachvollziehbar, dass diese Beträge mit Rechtsgrund, nämlich in Bezug auf den Unterhalt der Klägerin geleistet wurden. Jedenfalls vermag der Einzelrichter insoweit nicht nachzuvollziehen, dass der Beklagte diesbezüglich ungerechtfertigt bereichert ist. Auch ist nicht bewiesen, dass er sich diese Leistungen durch Täuschen erschlichen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf§§ 709, 712 ZPO.