Landgericht Osnabrück
Urt. v. 13.10.2006, Az.: 12 S 779/04

Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für den Bau eines Brunnens; Mangelnde Wasserzuführung in den Bereich eines Brunnenschachtes aufgrund chemischer Reaktionen als mangelhafte Werkleistung; Hinweispflicht des Brunnenherstellers auf eine mögliche "Verockerung"

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
13.10.2006
Aktenzeichen
12 S 779/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 32093
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2006:1013.12S779.04.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Bersenbrück - 04.11.2004 - AZ: 4 C 773/04 (VIII)

Fundstelle

  • IBR 2007, 244 (Volltext mit red. LS u. Anm.)

In dem Rechtsstreit
hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück
auf die mündliche Verhandlung vom 29.09.2006
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Meckelnborg,
die Richterin am Landgericht Müter und
den Richter am Landgericht Holling
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Bersenbrück vom 4.11.2006 (1)- 4 C 773/04 (VIII) - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Ersatz von Aufwendungen für den Bau eines neuen Brunnens.

2

Im Herbst 1999 beauftragte die Klägerin den Beklagten mit der Errichtung eines Brunnens für die Hauswasserversorgung auf ihrem Grundstück in Bramsche-Hesepe. Der Beklagte bohrte daraufhin einen 22 m tiefen Brunnen. In den folgenden Jahren erfolgte die Hauswasserversorgung über diesen Brunnen. Im November 2003 teilte die Klägerin dem Beklagten dann mit, dass der Brunnen trocken sei und forderte ihn unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung auf. Dies lehnte der Beklagte ab. Die Beklagte ließ daraufhin noch im Jahre 2003 wenige Meter neben dem von dem Beklagten errichteten Brunnen einen neueren, tieferen Brunnen bohren, der bis heute die Wasserversorgung auf dem Grundstück sicherstellt.

3

Die Klägerin hat behauptet, die vom Beklagten für den Brunnenbau ausgewählte Stelle sei ungeeignet. Von Anfang an sei die Herstellung eines dauerhaften Brunnens an dieser Stelle nicht möglich gewesen. Darüber hinaus hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass in der Nachbarschaft des fraglichen Grundstückes sämtliche langjährig vorhandenen Brunnen teilweise nicht so tief gebohrt und nach wie vor wasserführend seien. Sie hat die Auffassung vertreten, dass einzig ein Fehler des Beklagten bei der Bohrung als Ursache für das Trockenfallen des Brunnens in Betracht käme.

4

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 4.942,76 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2004 zu zahlen.

5

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Er hat behauptet, dass der Brunnen vier Jahre ausreichend Wasser geführt habe. Bei der Erprobung des Brunnens kurz nach der Erstellung hätte dieser 1000 Liter Wasser pro Stunde gefördert. Der Grund dafür, dass der Brunnen nunmehr kein Wasser mehr führe, liege vielmehr daran, dass sich der Grundwasserstand im Laufe der Jahre verändert habe. Dies sei durch ihn nicht beeinflussbar und auch nicht vorhersehbar gewesen.

7

Das Amtsgericht Bersenbrück hat die Klage mit Urteil vom 4.11.2004 abgewiesen und auf folgendes hingewiesen: Soweit der Besteller zur Herstellung eines Werkes einen Stoff zu liefern hätte, sei er mit Gewährleistungsansprüchen ausgeschlossen, wenn der Mangel allein auf Eigenschaften des Stoffes beruhe und den Unternehmer, der seine Hinweispflichten beachtet hätte, kein Verschulden träfe. Die Klägerin hätte als Stoff i.S. des Gesetzes hier ein Grundstück geliefert, auf dem nach Grundwasser gebohrt worden sei. Die Ursache für das Trockenfallen des Brunnens läge auch auf dem Grundstück, da die Klägerin einen Mangel der Pumpanlage letztlich selber ausschlösse. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte an einer falschen Stelle gebohrt hätte, da der neue Brunnen wenige Meter neben dem alten Brunnen ausreichend Wasser führe. Auch sei der Brunnen tief genug gebohrt gewesen, er sei unstreitig von der Klägerin abgenommen worden und hätte bis zum November 2003 ausreichend Wasser geführt. Der Beklagte sei gehalten gewesen, so tief zu bohren, bis er Wasser in ausreichender Menge gefunden hätte. Aus Kostengründen hätte er nicht tiefer bohren brauchen. Der Grund für die Trockenheit läge folglich in einer Veränderung des Grundwasserspiegels, für die der Beklagte nicht verantwortlich gemacht werden könnte.

8

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin fristgemäß Berufung eingelegt und nunmehr ausgeführt, dass die Ursache für das Trockenlaufen des Brunnens nicht am Grundstück zu suchen sei, sondern an der Erstellung des Brunnens in der konkreten Tiefe und an der konkreten Stelle. Dies unterfalle dem Verantwortungsbereich des Beklagten, zumal der Auftrag an diesen mit der Maßgabe erfolgt sei, dass dieser selber einen geeigneten Standort für den Brunnen bestimmen sollte.

9

Die Klägerin beantragt nunmehr,

das Urteil des Amtsgerichts Bersenbrück vom 4.11.04 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie 4.942,67 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2004 zu zahlen.

10

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

11

Das Gericht hat nunmehr Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß gerichtlichem Beweisbeschluss vom 13.1.2005. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen vom 21.7.2006 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

13

Das Amtsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass in den Fällen, in denen der Besteller einen Stoff zur Herstellung eines Werkes zu liefern hat, dieser mit Gewährleistungsansprüchen ausgeschlossen ist, wenn der Mangel allein auf Eigenschaften des Stoffes beruht und den Unternehmer, der seine Hinweispflichten beachtet hat, ansonsten kein Verschulden trifft.

14

Der Sachverständige hat bei seinen Pumpversuchen festgestellt, dass der Grundwasserzustrom zu dem ursprünglich vom Beklagten gebauten Brunnen sich um ca. 90% reduziert hat. Als Ursache hierfür hat er mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einen mangelhaften Grundwasserzufluss festgestellt, weil sich die ehemals wasserführenden Spalten in dem umliegenden Ton- und Sandstein als Grundwasserleiter durch eine sogenannte "Verockerung" zugesetzt haben. Dabei handelt es sich um einen chemischen Vorgang, bei dem sich bei sauerstoffreichem, kohlensäurehaltigem Grundwasser die Eisenverbindungen des umgebenden Gesteins als Eisenbikarbonate auflösen und sich mit Luftsauerstoff zu unlöslichem Eisenoxydhydrat umformen. Das so ausgefällte Eisen setzt sich als gelb brauner Schlamm ab und verengt die wasserführenden Hohlräume bis hin zu ihrem völligen Verschluss. Der Sachverständige hat zur Begründung dieser Schlussfolgerung darauf hingewiesen, dass das Grundwasser, das aus dem Brunnen gefördert wurde, laut einem Untersuchungsbericht einen relativ hohen Gehalt an aggressiver Kohlensäure (ca. 48 mg/l) aufweise und mit einem pH-Wert von 5,8 im schwach sauren Bereich liegt. Schließlich hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass der neue Brunnen mit einem Abstand von lediglich 6 m zu dem alten Brunnen bis zu einer Tiefe von ca. 26 m gebohrt worden sei, so dass abzuwarten bleibe, über welchen Zeitraum dieser neue Brunnen seine anfängliche bzw. bisherige Wasserförderleistung erbringen könnte.

15

Das Gericht hat keine Zweifel sich den nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Feststellungen des Sachverständigen anzuschließen. Ursächlich dafür, dass der seitens des Beklagten gebohrte Brunnen nunmehr kein Wasser führt, ist folglich nicht eine mangelhafte Werkleistung des Beklagten, sondern allein der Umstand, dass durch chemische Reaktionen das wasserführende Gestein nunmehr nicht mehr in der Lage ist, Wasser in den Bereich des Brunnenschachtes in ausreichender Menge zuzuführen. Hierfür kann aber der Beklagte nicht verantwortlich gemacht werden. Entgegen der klägerischen Ansicht traf ihn keine Hinweispflicht auf eine solche mögliche "Verockerung". Hierfür wäre es erforderlich gewesen, umfangreiche Bodenproben zu entnehmen. Dies kann aber nur Gegenstand einer besonderen Beauftragung sein, da dadurch erhebliche Kosten entstehen. Eine solche Auftragslage bestand zwischen den Parteien gerade nicht. Das Risiko, dass der Brunnen unter den hier vorliegenden Gegebenheiten trocken fällt, liegt folglich auf Seiten der Klägerin, was zur Abweisung ihres klageweise geltend gemachten Anspruches führt.

16

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO.

Meckelnborg
Müter
Holling

(1) Amtl. Anm.:

Anmerkung der Dokumentation: Datum laut Original. Aus Volltext geht 04.11.2004 als korrektes Datum hervor.