Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 26.03.1997, Az.: 2 U 16/97

Grob fahrlässige Herbeiführung eines Unfalls; Befahren einer durch Überleitungstafeln und Warnbaken (Leitbaken) vollgesperrten Fahrbahn auf der Autobahn

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
26.03.1997
Aktenzeichen
2 U 16/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 21709
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1997:0326.2U16.97.0A

Verfahrensgang

vorgehend
NULL

Amtlicher Leitsatz

Fahrzeugversicherung: Grob fahrlässige Herbeiführung eines Unfalls bei Befahren einer durch Überleitungstafeln und Warnbaken vollgesperrten Autobahnfahrbahn bei Dunkelheiten.

Gründe

1

Dem Kläger steht kein Anspruch aus der bei der Beklagten unterhaltenen Fahrzeugversicherung zu. Die Beklagte ist leistungsfrei, weil der Kläger den Unfall vom 13.07.1995 auf der vollgesperrten Richtungsfahrbahn R der BAB 10 in Höhe von km 100 grob fahrlässig herbeigeführt hat (§ 61 VVG), indem er bei Dunkelheit in eine abgesperrte, durch Überleitungstafeln (§ 43 StVO Zeichen 500) und Warnbaken (§ 43 StVO Zeichen 605) hinreichend gekennzeichnete Baustelle eingefahren und dort nach Durchfahren einer Strecke von etwa 1 km mit seinem Fahrzeug gegen einen Schotterhaufen geprallt ist.

2

Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Der Tatrichter kann dabei im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO vom äußeren Geschehensablauf oder vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit schließen (BGH r + s 1989, 209).

3

Wie der Senat im Urteil vom 23.11.1994 (r + s 1995, 42, 43) zum Ausdruck gebracht hat, stellt das Überfahren eines Verkehrszeichens (seinerzeit: eines Stoppschildes, § 41 StVO Zeichen 206) in der Regel einen objektiv schweren Verstoß gegen die im konkreten Fall gebotene Sorgfalt dar, der über einen normalen Verkehrsverstoß deutlich hinausgeht. Nichts anderes kann für die Nichtbeachtung von Leitbaken (Warnbaken) gelten, durch die ein Teil der Autobahn wegen einer Baustelle gesperrt worden ist. Vorliegend kommt hinzu, dass der Kläger die Baken nicht etwa infolge momentaner Unaufmerksamkeit übersehen hat, sondern angesichts des Abstandes der einzelnen Baken voneinander deren Funktion nicht erkannt haben will. Damit kann er jedenfalls nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht gehört werden. Die Polizeibeamten S und P, die den Unfall aufgenommen haben, haben übereinstimmend bekundet: Es sei durch entsprechende Verkehrszeichen auf die bevorstehende Fahrbahnverengung und den Fahrbahnwechsel hingewiesen worden. Vor der Baustelle seien sodann - gestaffelt von rechts nach links - Warnbaken aufgestellt gewesen. Es seien - so die Zeugin S - auf jeden Fall mehr als drei Baken gewesen, man habe - so der Zeuge P - über den Grünstreifen zwischen den Richtungsfahrbahnen hinweg- oder zwischen zwei Baken hindurchfahren müssen, um in den Baustellenbereich zu gelangen.

4

Von dieser Situationsschilderung geht der Senat aus (wird ausgeführt).

5

Mangels entlastender besonderer persönlicher Umstände ist auf Grund des objektiv äußerst schwer wiegenden Verkehrsverstoßes der Schluss gerechtfertigt, dass der Kläger auch subjektiv unentschuldbar handelte, als er durch die Absperrung in den Baustellenbereich einfuhr. Ihn entlastet insbesondere nicht, dass der Abstand der Baken es möglich machte, mit dem PKW zwischen zwei Zeichen hindurchzufahren. Die über die gesamte Fahrbahnbreite verteilten Baken signalisierten unmissverständlich die Sperrung der Richtungsfahrbahn.