Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 12.03.1997, Az.: 2 U 1/97

Ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung als Leistungsausschluss in der Privathaftpflichtversicherung bei Hausfriedensbruch und einfachem Diebstahl durch Arbeitnehmer in Kfz-Werkstatt

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
12.03.1997
Aktenzeichen
2 U 1/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 21734
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1997:0312.2U1.97.0A

Fundstellen

  • VersR 1998, 446-447 (Volltext mit amtl. LS)
  • VersR 1998, 447
  • zfs 1997, 382 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung als Leistungsausschluss in der Privathaftpflichtversicherung, verneint bei Hausfriedensbruch und einfachem Diebstahl durch Arbeitnehmer in Kfz-Werkstatt.

Gründe

1

...

2

Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger aus der bei ihr unterhaltenen Privathaftpflichtversicherung wegen der entstandenen Schäden Deckungsschutz zu gewähren (§ 1 AHB). Sie kann insbesondere den Versicherungsschutz nicht deshalb verweigern, weil sich im vorliegenden Fall die Gefahren einer "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung" i. S. von Nr. 1 der "Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Privathaftpflichtversicherung" (im Folgenden: BBR) verwirklicht hätten, wie das Landgericht angenommen hat.

3

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Voraussetzungen dieser Ausschlussklausel nicht bereits dann erfüllt, wenn sich die die Haftpflicht auslösende Handlung selbst - hier das Umfüllen des Benzins - als ungewöhnlich und gefährlich darstellt. Die Geltung der Klausel ist vielmehr auf die seltenen Ausnahmefälle beschränkt, in denen die schadensstiftende Handlung im Rahmen einer allgemeinen Betätigung des Versicherten vorgenommen worden ist, die ihrerseits "ungewöhnlich und gefährlich" ist und deshalb in erhöhtem Maß die Gefahr der Vornahme schadensstiftender Handlungen in sich birgt. Lässt sich die schadens- stiftende Handlung nicht in den Kreis einer allgemeinen Betätigung einordnen, greift die Klausel nicht ein (BGH VersR 1996, 495, m.w.N.).

4

Im vorliegenden Fall kann eine von der schadensstiftenden Handlung zu unterscheidende allgemeine Betätigung allenfalls darin gefunden werden, dass der Kläger mit seinem Freund und Berufskollegen die Räume der Firma aufgesucht hat, um dort Benzin zu "besorgen". Dabei kann dahinstehen, ob das Betreten der Räume der Firma einen Hausfriedensbruch i. S. von §123 StGB und die ins Auge gefasste Entnahme von Benzin einen Diebstahl i. S. von § 242 StGB darstellten. Zwar mag in einem Einbruchdiebstahl im Allgemeinen eine ungewöhnliche und gefährliche Betätigung zu sehen sein. Die Tätigkeit eines Einbrechers ist gewöhnlich mit besonderen Gefahrenmomenten belastet, die darin bestehen, dass sich der Täter in einem ihm unbekannten und ungewohnten räumlichen Bereich aufhält und zusätzlich noch dadurch behindert wird, dass er seine Entdeckung besorgen muss und deshalb u. U. kein Licht machen kann oder in Eile ist. Erfahrungsgemäß verursacht der Einbrecher des Öfteren auch Schäden, die über die mit dem Einbruch notwendig verbundenen Folgen hinausgehen (OLG Hamm VersR 1982, 565, 566). So oder ähnlich liegt der Fall hier jedoch nicht.

5

Dem Kläger und ... waren die Räumlichkeiten bekannt; denn sie arbeiten beide bei der geschädigten Firma. Zudem besaß der Kläger die Schlüssel zu den Betriebsräumen, und es war ihm auch gestattet, diese nach Feierabend und an Wochenenden zu betreten, um an seinem Motorrad Arbeiten auszuführen. Das Betreten der Räume als solches und der Aufenthalt darin stellten sich daher - auch in psychologischer Hinsicht - nicht als Verhaltensweise im Rahmen einer Ausnahmesituation dar, die mit besonderen Gefahrenmomenten belastet war. Eine solche konnte ferner nicht dadurch begründet werden, dass der Kläger die Räume nicht zu den ihm erlaubten Zwecken betrat, sondern in einer anderen Absicht, nämlich um Benzin zu "besorgen", womit sein Arbeitgeber - was unterstellt wird - nicht einverstanden war. Eine derartige - innere - Willensrichtung vermag eine allgemein gewöhnliche Betätigung nicht zu einer "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung" i. S. von Nr. 1 BBR zu machen. Es ist jedenfalls vorliegend nichts dafür dargetan oder ersichtlich, dass sich durch diese Willensrichtung die von der allgemeinen (Rahmen-) Betätigung ausgehende Gefahrenlage in irgendeiner Weise erhöht haben könnte.