Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.03.2018, Az.: 2 NB 860/17

außeruniversitär; Kapazität; Lenglern; Physikum; Studienplatz

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.03.2018
Aktenzeichen
2 NB 860/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 74112
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 02.05.2017 - AZ: 8 C 77/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Kapazitätsermittlung im Studiengang Humanmedizin im Sommersemester 2017.

Tenor:

Die Beschwerden der Antragsteller gegen die sie betreffenden Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Göttingen - 8. Kammer - vom 2. Mai 2017 werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten ihres jeweiligen Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für die Beschwerdeverfahren jeweils auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Durch Beschlüsse vom 2. Mai 2017, auf die wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der Begründung Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht u.a. die Anträge der Antragsteller abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester auf einem Voll- und hilfsweise auf einem Teilstudienplatz nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2017 zuzulassen.

Dabei ist das Verwaltungsgericht für das 1. Fachsemester von einer Aufnahmekapazität von 143 Voll- und 58 Teilstudienplätzen ausgegangen; dies entspricht den Festsetzungen in der ZZ-VO 2016/2017 vom 23. Juni 2016 (Nds. GVBl. 2016 S. 117). Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass bei der Antragsgegnerin 143 Vollstudienplätze besetzt würden. Außerdem habe die Antragsgegnerin versichert, mindestens 58 Teilstudienplätze zu besetzen, so dass für das erste Fachsemester insgesamt keine Studienplätze zu vergeben seien. Die Antragsteller verfolgen ihr Ziel der vorläufigen Zulassung ihren erstinstanzlichen Anträgen entsprechend mit ihren Beschwerden weiter.

Die Beschwerden der Antragsteller sind unbegründet. Unter Berücksichtigung der von ihnen innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang bestimmen, sind im 1. Fachsemester im Studiengang Humanmedizin im Sommersemester 2017 weder weitere Vollstudienplätze noch weitere Teilstudienplätze vorhanden.

A. Dem Beschwerdevorbringen der Antragsteller sind keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass bei der Antragsgegnerin im Sommersemester 2017 die Aufnahmekapazität für Vollstudienplätze im 1. Fachsemester die festgesetzte Anzahl von 143 Vollstudienplätzen überstieg (dazu unter I.); diese Anzahl an Studienplätzen hat die Antragsgegnerin besetzt (dazu unter II.).

I. Die Einwände der Antragsteller gegen die Ermittlung der Vollstudienplatzkapazität greifen nicht durch.

1. Erfolglos machen die Antragsteller geltend, es stünden zusätzliche Vollstudienplatzkapazitäten zur Verfügung, weil ein bloßer „Tausch“ der Studienplatzkapazitäten aus der (eingestellten) Kooperation mit dem Krankenhaus H. gegen die Kapazitäten, die sich aus aktuellen, nach dem neuen Lehrkrankenhauskonzept geschlossenen Kooperationsvereinbarungen ergäben, rechtlichen Bedenken unterliege. Sie tragen zusammengefasst vor, die Kapazität der Antragsgegnerin habe offenbar ausgereicht, über zehn Jahre lang 26 zusätzliche Studierende auszubilden, obwohl die Kooperation mit dem Krankenhaus H. gar nicht mehr bestanden habe. Daraus sei zu schließen, dass die Antragsgegnerin ohne weiteres dazu in der Lage sei, diese zusätzlichen Studienplatzkapazitäten selbst aufzubringen. Diese Plätze dürften daher nicht mit Blick darauf gestrichen werden, dass nun weitere außeruniversitäre Kooperationsverträge mit anderen Krankenhäusern geschlossen worden seien. Abgesehen davon fehle es bezogen auf den Wegfall dieser „H. -Studienplätze“ nach wie vor an einer hinreichenden Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin.

Das Verwaltungsgericht hat sich in dem angefochtenen Beschluss eingehend mit dem von den Antragstellern beanstandeten „Tausch“ und den sich hieraus ergebenden Folgen für die Vollstudienplatzkapazität befasst. Es hat ausgeführt:

„Das Berechnungsergebnis von 259,2280 Studienplätzen hat die Antragsgegnerin - gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 3 KapVO und rechnerisch zutreffend - um 27,1760 auf 286,4040 Studienplätze erhöht. Sie hat dazu mit Wirkung ab dem Beginn des Wintersemesters 2016/17 auf der Grundlage eines vom Fakultätsrat am 21.03.2016 und vom Vorstand am 29.03.2016 beschlossenen Lehrkrankenhauskonzepts Kooperationsverträge mit Krankenhäusern in I., J., K., L., M. und N. sowie 3 D. Lehrarztpraxen geschlossen, wodurch Blockpraktika vorwiegend als Unterricht am Krankenbett in den Ausbildungsgebieten Innere Medizin, Chirurgie, Pädiatrie und Frauenheilkunde ausgelagert werden. Durch weitere Verträge wurden Teile des patientenbezogenen Unterrichts in den Fächern Psychiatrie und Psychosomatik an Fachkliniken in O., P., Q., R., S. und T. ausgelagert. Diese Verträge sind nach den vorgelegten Unterlagen jedenfalls zwischen dem Abschluss der Kapazitätsermittlung (Übermittlung per Mail an das Nds. MWK am 03.03.2016) und dem Beginn des Berechnungszeitraums (01.10.2016) von den zuständigen Gremien der Antragsgegnerin bestätigt worden und daher als wesentliche Änderungen der Daten gemäß § 5 Abs. 2 KapVO kapazitätswirksam.

Gleichzeitig stellt die Antragsgegnerin 26 Studienplätze nicht mehr in die Kapazitätsberechnung ein, welche bis zur einvernehmlichen vertraglichen Aufhebung im Juli 2007 vom Krankenhaus H. übernommen worden waren. Fakultätsrat (Protokoll vom 21.03.2016, TOP 8, S. 1) und Vorstand (Protokoll vom 29.03.2016, TOP 8.1, S. 2) begründen dies mit der vollständigen Kompensation durch die 27,1760 Studienplätze, die durch die Kooperationsverträge begründet worden sind.

Mit Rücksicht auf die weiteren Ausführungen und Unterlagen der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 14.10.2016 ist dies im Ergebnis eine rechtlich tragfähige Begründung. Die 26 Studienplätze aus der früheren Kooperation mit dem Krankenhaus H. waren seit ihrer Schaffung zwingend nach § 17 Abs. 1 Nr. 3 KapVO bei der Kapazitätsberechnung zu berücksichtigen. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer und des Nds. OVG waren sie auch über den Zeitpunkt der einvernehmlichen Auflösung der Kooperationsvereinbarung hinaus in die Kapazitätsberechnung einzubeziehen, weil die einvernehmliche vertragliche Aufhebung im Juli 2007 nicht von einer Abwägung der Belange aller von dieser Maßnahme Betroffenen getragen und eine solche Abwägung bisher nicht nachgeholt worden war (vgl. VG Göttingen, Beschluss vom 07.11.2008 - 6 C 601/08 u.a. -, S. 27ff). Die zusätzliche Ausbildungskapazität von 27,1760 klinischen Studienplätzen wurde durch neu abgeschlossene Kooperationsverträge bis zum Wintersemester 2016/17 erstmals geschaffen. Es gibt zwar keinen Hinweis darauf, dass es dem gemeinsamen Willen der jeweiligen vertragsschließenden Parteien entsprach, mit der neu gewonnenen den Verlust der bestehenden externen Ausbildungskapazität zu kompensieren. Allerdings hat die Antraggegnerin Unterlagen vorgelegt, aus denen hinreichend deutlich herzuleiten ist, dass der Vorstand der UMG spätestens seit Ende 2008 nicht mehr beabsichtigte, die 26 H. -Plätze kapazitätsrechtlich aufzugeben.

Die einvernehmliche Beendigung der Kooperation der UMG mit dem Krankenhaus H. vom Juli 2007 bedurfte zwar nicht zu ihrer zivilrechtlichen, wohl aber zu ihrer kapazitätsrechtlichen Wirksamkeit einer Abwägungsentscheidung. Das verfassungsrechtliche Gebot erschöpfender Kapazitätsauslastung setzt sowohl dem Normgeber als auch der Hochschulverwaltung Schranken, soweit sie kapazitätsrelevante Maßnahmen treffen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts haben bei Strukturveränderungen, die Kapazitätseinbußen zur Folge haben, Normgeber und Wissenschaftsverwaltung besonders sorgfältig zu beachten, dass Zulassungsbeschränkungen nur statthaft sind, soweit sie zum Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsguts - etwa die Funktionsfähigkeit der Hochschule in Wahrnehmung ihrer Aufgaben in Forschung und Lehre - und in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen, mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungskapazitäten angeordnet werden. Dieses Gebot schließt die Pflicht ein, die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten verfassungskonform in kapazitätsfreundlichem Sinne zu nutzen und die Unvermeidbarkeit gleichwohl eintretender Kapazitätsverluste unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgeschriebenen Berichtspflichten nachprüfbar zu begründen (BVerfG, Beschluss vom 08.02.1984 - 1 BvR 580/83 u. a. -, juris, Rn 58 f. m.w.N.).

Hieraus leitet das Nds. OVG (Beschluss vom 27.02.2009 - 2 NB 154/08 u.a. -, S. 13f; vgl. auch Beschluss vom 12.08.2011 - 2 NB 439/10 u.a. -, S., 10) im Hinblick auf das Gebot der erschöpfenden Kapazitätsauslastung die Verpflichtung der Hochschulverwaltung ab, für kapazitätsreduzierende Maßnahmen sachliche Gründe darzulegen und eine sorgfältige Planung mit einer Abwägung der Aufgaben der Hochschule in Forschung, Lehre und Studium einerseits sowie der Rechte der Studienbewerber andererseits nachzuweisen. Die Grenzen des Ermessens der Verwaltung sind danach so gezogen, dass sie von einer planerischen Abwägung nicht absehen darf, dass willkürfrei auf der Grundlage eines vollständigen Sachverhalts abzuwägen ist und dass die Belange der Studienbewerber nicht in einer Weise gewichtet werden dürfen, die den erforderlichen Interessenausgleich zum Nachteil der Studienbewerber verfehlt. Die kapazitätsvermindernde Maßnahme ist mithin fehlerhaft und daher kapazitätsrechtlich unwirksam (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.1989 - 7 C 15.88 -, NVwZ-RR 1990, 349/352), wenn eine Abwägung - wie im vorliegenden Fall - gar nicht stattgefunden hat. Die Kammer teilt diese Auffassung des 2. Senats.

Es wäre rechtlich zulässig, eine fehlende Abwägungsentscheidung - auch mit einem zeitlichen Abstand von mehr als 8 Jahren - nachzuholen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 27.02.2009, aaO., S. 15). Zwar kann eine unzureichend abgewogene Maßnahme der Kapazitätsverminderung nicht mit Wirkung für die Vergangenheit mit einer ausreichenden Abwägung „unterlegt“ werden, mit Wirkung nur für die Zukunft ist dies jedoch möglich. Da die Antragsgegnerin sich seit dem Wintersemester 2008/09 so behandeln lassen muss, als ob die einvernehmliche Aufhebung der Kooperation mit dem Krankenhaus H. nicht erfolgt sei, stellt sich ihre kapazitätsrechtlich rechtswidrige Entscheidung quasi als eine solche „mit Dauerwirkung“ dar. Ebenso wie die Antragsgegnerin eine Entscheidung mit neuer Abwägung neu vornehmen könnte, dürfte sie eine Kooperation mit einer ausreichenden Abwägung für die Zukunft kapazitätsrechtlich wirksam beenden. Da für die rechtliche Beurteilung von Entscheidungen „mit Dauerwirkung“ grundsätzlich die jeweils aktuelle Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, müssen sich Studienplatzbewerber ohnehin auf zukunftsbezogene Veränderungen einstellen (vgl. Beschluss der Kammer vom 30.10.2013 - 8 C 499/13 u.a. -, S. 8ff; insoweit rechtskräftig, Nds. OVG, Beschluss vom 03.02.2014 - 2 NB 388/13 -, OVG-Rechtsprechungsdatenbank). Allerdings ist eine nachträgliche Wiedergabe von in der Vergangenheit erfolgten Entscheidungsprozessen im Hinblick auf die Missbrauchsmöglichkeiten und insbesondere wegen der Gefahr, dass etwas "nachgeschoben" wird, was früher tatsächlich gar nicht oder nicht in dem dargestellten Umfang stattgefunden hat, kritisch zu hinterfragen.

In den Protokollen des Fakultätsrats vom 21.03.2016 (TOP 8) und des Vorstands vom 29.03.2016 (TOP 8.1) wurde übereinstimmend festgehalten, dass sich die beiden Organe von Fakultät und Stiftung dafür entschieden hätten, statt der vom Verwaltungsgericht geforderten Abwägung die nicht mehr gelebte und tatsächlich vom Krankenhaus T. nicht mehr erfüllbare Vereinbarung über die 26 Studienplätze ohne kapazitären Verlust durch neue Kooperationsbeziehungen zu ersetzen. Hierdurch würden die Interessen der Studienbewerber nicht tangiert. Ferner wird in den Protokollen ausgeführt, selbst wenn eine Interessenabwägung erforderlich wäre, würde das Interesse an der Beendigung einer vom externen Krankenhaus nicht mehr gewollten und nicht mehr realisierbaren klinischen Lehre bei Weitem das grundrechtlich geschützte Interesse der Studienbewerber überwiegen. Nach diesen Unterlagen haben Fakultätsrat und Vorstand ausdrücklich keine Abwägungsentscheidung zu der im Juli 2007 erfolgten Maßnahme einer einvernehmlichen Beendigung der Ausbildungskooperation nachholen wollen. Die hilfsweise dargestellten Überlegungen über die widerstreitenden Interessen sind bereits deshalb ungeeignet, weil sie sich nicht auf eine Wiedergabe der im Jahr 2007 maßgeblichen Gründe beschränken, sondern das aktuelle Lehrkrankenauskonzept, welches seinerzeit nicht einmal in Ansätzen bestand, maßgeblich in die Abwägung einbeziehen.

Anstatt die fehlende Abwägungsentscheidung zur ersatzlosen Streichung der 26 U. -Plätze mit Wirkung für die Zukunft nachzuholen, haben sich die zuständigen Organe von Fakultät und UMG entschieden, die 26 externen Ausbildungsstellen nach und nach durch andere Kooperationen zu ersetzen und auf diese Weise die Kapazität insgesamt unverändert zu erhalten. Die Antragsgegnerin hat durch die mit Schriftsatz vom 14.10.2016 vorgelegten Unterlagen hinreichend dokumentiert, dass spätestens seit Ende 2008 - als Reaktion auf den bereits zitierten Beschluss der Kammer vom 07.11.2008 - erhebliche Anstrengungen unternommen und verschiedene Modelle erprobt wurden, um diese 26 externen Plätze an andere Krankenhäuser zu verlagern und sie so kapazitätsrechtlich für die Antragsgegnerin zu erhalten. Im Gegensatz zu der von der Antragsgegnerin vertretenen Auffassung erblickt die Kammer darin aber nicht eine Alternative zu einer Abwägungsentscheidung. Vielmehr hat der Vorstand Ende 2008 eine solche zugunsten der Studierendenschaft getroffen, weil er die Anzahl der Teilstudienplätze nicht weiter ansteigen lassen wollte und zu diesem Zweck in Kauf nahm, Vollstudienplätze, deren Ausbildungskapazität tatsächlich nicht mehr vorhanden war, so lange nominell fortzuführen, bis sie durch andere Kooperationen als die gescheiterte vollständig ersetzt werden könnten. Dies ist nunmehr zum Wintersemester 2016/17 realisiert worden, womit die Ende 2008 ausschließlich zu Gunsten der Studierenden getroffene Abwägungsentscheidung vollständig umgesetzt wurde.“

Das Vorbringen der Antragsteller ist nicht geeignet, diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Frage zu stellen. Weder befassen sie sich argumentativ mit der Frage, warum die Entscheidungen der Antragsgegnerin inhaltlich zu beanstanden sein sollen, noch ergeben sich aus ihren Ausführungen Bedenken gegen die konkrete Berechnung der außeruniversitären Studienplatzkapazität. Die Antragsgegnerin hat eine ausführliche Berechnung vorgelegt, die auch den Antragstellern zugänglich war. Substantiierte Einwände haben sie hiergegen nicht erhoben, der bloße Hinweis auf eine in Entscheidungen des Bayerischen VGH zugrunde gelegte abweichende Berechnung (Berücksichtigung der tagesbelegten Betten, vgl. Beschl. v. 28.7.2014 - 7 CE 14.10052 - u. v. 9.2.2017 - 7 CE 16.10317 -, beide in juris) reicht schon im Ansatz nicht aus, die von der Antragsgegnerin angewandte und vom Verwaltungsgericht gebilligte Methodik in Frage zu stellen (vgl. zu dieser Rechtsprechung des Bayerischen VGH auch Sächsisches OVG, Beschl. v. 19.5.2017 - 2 B 65/17.NC -, juris).

Die Argumentation der Antragsteller, wonach die Antragsgegnerin über Jahre hinweg 26 Studierende als freiwillige Überlast zusätzlich ausgebildet habe und das ein Zeichen für ungenutzte Kapazitäten sei, greift nicht durch. Hierzu hat die Antragsgegnerin dargelegt, dass sie in der Zeit, in der sie sich um eine valide Neuaufstellung und Teilersetzung der Kooperation mit H. bemüht habe, eine wesentlich reduzierte Unterstützung durch das Krankenhaus T. und durch Erprobungsverhältnisse mit anderen Klinikbetreibern erfahren habe. Im Übrigen habe sie zur Ermöglichung ihrer - im angefochtenen Beschluss näher beleuchteten - Planung, die 26 Studienplätze während der Phase der Neuorientierung und Schaffung einer neuen Grundlage für außeruniversitäre Kooperation zu erhalten, temporäre eigene Überlasten in Kauf genommen. Angesichts dessen bestehen keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass bei der Antragsgegnerin ungenutzte Kapazitäten bestehen.

Warum die Antragsteller ein berechtigtes Interesse haben sollten, die einzelnen Kooperationsvereinbarungen mit den neu angeworbenen Lehrkrankenhäuser einzusehen, erschließt sich nicht.

2. Das Vorbringen der Antragsteller, es „könnte“ Anlass zu der Überprüfung bestehen, ob die Antragsgegnerin verpflichtet sei, zusätzliche Lehrkrankenhäuser für die Ausbildung der Studierenden einzuwerben, da bei der Antragsgegnerin die personelle Kapazität die patientenbezogene Kapazität „bei weitem“ übersteige, ist schon zu wenig substantiiert, um dem im Beschwerdeverfahren weiter nachzugehen (vgl. zu dieser Problematik - betreffend eine andere Hochschule - bereits Senatsbeschl. v. 21.12.2006 - 2 NB 347/06 -, juris). Die Berechtigung einer solchen pauschalen Forderung erschließt sich ohne nähere Erläuterung auch mit Blick auf die von den Antragstellern zitierte Rechtsprechung des Sächsischen OVG (Beschl. v. 18.5.2015 - 2 B 314/14.NC - u. v. 27.4.2016 - 2 B 59/16.NC -, beide in juris) nicht, zumal auch dort hervorgehoben wird, dass Studienplatzbewerber grundsätzlich nur einen Anspruch darauf haben, dass die vorhandenen Ausbildungskapazitäten der Hochschulen vollständig ausgeschöpft werden, regelmäßig jedoch kein Anspruch darauf besteht, dass zusätzliche Ausbildungskapazitäten geschaffen werden müssen.

II. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdeerwiderung unter Vorlage einer den Anforderungen des Senats entsprechenden Belegungsliste (vgl. zuletzt Urt. v. 7.4.2016 - 2 LB 60/15 - juris) dargelegt, dass im 1. Fachsemester 144 Vollstudienplätze besetzt waren. Die Liste weist 149 Eintragungen aus. Die Exmatrikulationsfälle der lfd. Nr. 64 (Matrikelnummer 11732509), 67 (Matrikelnummer 11732578), 78 (Matrikelnummer 11732739), 85 (Matrikelnummer 11731819) und 104 (Matrikelnummer 11731887) hat die Antragsgegnerin nicht mitgezählt. Die Antragsgegnerin hat - auf das Beschwerdevorbringen der Antragsteller eingehend - erklärt, dass in diesen Listen keine Beurlaubten kapazitätsdeckend mitgezählt worden seien, da sie sich inzwischen aus Vereinfachungsgründen dazu entschieden habe, Beurlaubte im Semester ihrer Beurlaubung nicht mitzuzählen.

B. Freie Teilstudienplätze stehen für die Antragsteller ebenfalls nicht zur Verfügung.

I. Erfolglos wenden sich die Antragsteller gegen die Streichung von zwei E-13-Stellen. Das Verwaltungsgericht hat sich in dem angefochtenen Beschluss ausführlich mit dieser Frage befasst und die von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen gewürdigt. Es ist zu der Einschätzung gelangt, die Entscheidung des Vorstands, dass die strukturellen Interessen der Antragsgegnerin und die Sparzwänge zur Konsolidierung und Mittelumsteuerung auch angesichts der kompensatorischen Maßnahmen die Interessen der Studienbewerber an einer unverminderten Teilstudienplatzkapazität bei Weitem überwiegen, sei (im Ergebnis) nicht zu beanstanden. Der Senat teilt diese Auffassung. Das Vorbringen der Antragsteller im Beschwerdeverfahren, das sich im Wesentlichen darauf beschränkt, pauschal auf überlange Wartezeiten im Studienfach Medizin zu verweisen, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Die Antragsgegnerin hat die geplanten strukturellen Änderungen umfassend und schlüssig dargelegt; hieraus ergibt sich im Übrigen, dass sich diese keineswegs lediglich in der Planungsphase befinden, da zeitgleich beschlossen worden ist, zwei Institute aufzulösen. Hervorzuheben ist außerdem, dass der Senat das Anliegen der Antragsgegnerin, Teilstudienplätze zugunsten von Studienplätzen abzuschmelzen, die den Erwerb eines Abschlusses ermöglichen, im Grundsatz für nachvollziehbar hält (so bereits zum Masterstudiengang Cardiovascular Science Senatsbeschl. v. v. 14.9.2016 - 2 NB 303/15 -, juris). Entsprechendes gilt für die hier angestellte Erwägung, Teilstudienplätze mit dem Ziel abzubauen, zusätzliche Vollstudienplatzkapazitäten zu schaffen.

II. Soweit die Antragsteller die Vorlage einer Berechnung der personalbezogenen Ausbildungskapazität für die klinische Lehreinheit fordern und geltend machen, die Antragsgegnerin überschreite im Studiengang Humanmedizin den Gesamtcurricularnormwert von 8,2, wobei dies (jedenfalls auch) darauf zurückzuführen sei, dass der Curricularanteil der Vorklinik überhöht sei, verweist der Senat auf seine Ausführungen in den Beschlüssen vom 18. November 2014 - 2 NB 391/13 -, vom 25. Februar 2015 - 2 NB 171/14 -, vom 9. September 2015 - 2 NB 368/14 -, vom 10.3.2016 - 2 NB 150/15 - und vom 25. August 2017 - 2 NB 247/16 -, sowie auf seine Urteile vom 7. April 2016 - 2 LB 60/15 u. 324/15 -, sämtl. in juris. Hieran wird auch angesichts des Beschwerdevorbringens festgehalten, das keine durchgreifenden neuen Gesichtspunkte enthält.

III. Ohne Erfolg tragen die Antragsteller vor, dass freie vorklinische Kapazitäten bestünden, soweit auf Vollstudienplätzen des ersten Fachsemesters Studierende geführt würden, die bereits das Physikum absolviert hätten. Mit den damit im Zusammenhang stehenden Fragen hat sich der Senat bereits in verschiedenen Entscheidungen befasst (vgl. nur Urt. v. 7.4.2016 - 2 LB 60/15 -, juris). Er hat in dem vorgenannten Urteil insbesondere ausgeführt:

„An dieser Schlussfolgerung hält der Senat aufgrund der zwischenzeitlich gewonnenen Erkenntnisse nicht mehr fest. Zunächst hat sich herausgestellt, dass zahlreiche Konstellationen von nicht zu vernachlässigendem Gewicht denkbar sind, in denen Lehrleistungen von den Studierenden, die bereits das Physikum erworben haben, (gleichwohl) in Anspruch genommen werden, also keine Nachfrageentlastung eintritt. In verschiedenen Fällen haben Studierende, die ihr Physikum bereits vor einem längeren Zeitraum bei der Beklagten absolviert hatten, einen Vollstudienplatz erhalten. In diesem Fall liegt es nahe, dass die Studierenden von ihrem Recht Gebrauch machen, aufgrund ihrer Zulassung im ersten Fachsemester durch die Stiftung für Hochschulzulassung Lehrleistungen der Vorklinik zur Auffrischung ihres Wissens in Anspruch zu nehmen. Gleiches gilt, wenn das Physikum aufgrund eines fremdsprachigen Studiums im Ausland oder an einer anderen Universität (Teilstudienplatz an der Universität Marburg oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung an einer anderen Universität) erworben wird. Die Beklagte hat ferner zu Recht darauf hingewiesen, es sei ohnehin in dem Fall, dass ein Studierender aufgrund fehlender Kapazität im ersten klinischen Semester nicht hochgestuft werden könne, jedenfalls nicht fernliegend, dass er die Wartezeit mit einem Besuch der Lehrveranstaltungen überbrücke. Des Weiteren hat die Beklagte nicht in sämtlichen Fällen die Möglichkeit festzustellen, dass ein zugelassener Studierender bereits über das Physikum verfügt. Hat er diese Prüfung nicht aufgrund eines bei ihr absolvierten Studiums abgelegt, ist sie darauf angewiesen, dass ihr dieser Sachverhalt von dem Studierenden, etwa anlässlich eines Hochstufungsantrags, mitgeteilt wird. Selbst wenn man in diesen Fällen von einer relevanten Nachfrageentlastung ausginge, wäre diese also nicht ohne Anschauung der konkreten Studienwirklichkeit stets und ohne weiteres erkennbar. Auch die Schlussfolgerung, dass es sich regelmäßig nicht um bloße freie „Semesterplätze“ handele, wenn ein Studierender, der auf einem Teilstudienplatz das Physikum bereits bestanden habe, sodann einen Vollstudienplatz für das erste Semester erhalte, lässt sich so nicht aufrecht erhalten. Ist es nämlich Ziel des Studierenden, sein Studium im 1. klinischen Semester fortzusetzen, wird er seine Hochstufung beantragen bzw. sich an anderen Hochschulen für dieses Semester bewerben. Es liegt nahe, dass auf diese Weise eine Reihe von Studienplätzen im Laufe des vorklinischen Studiums frei werden - mit der Folge, dass der Studierende die Vorklinik eben nicht ein weiteres Mal komplett durchläuft, ohne Lehrleistungen in Anspruch zu nehmen, sondern sich der von den Studienplatzbewerbern beanstandete Sachverhalt des Blockierens eines Vollstudienplatzes bei Nichtinanspruchnahme von Lehrleistungen vorher erledigt. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat bei den hier problematisierten Fällen nicht mehr die Parallele zu den vom Bundesverwaltungsgericht in seinem o.g. Urteil entschiedenen Fällen der Doppelstudenten, sondern allenfalls zu den Fällen der Zweitstudenten. Insoweit ist aber darauf hinzuweisen, dass es das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil zur kapazitären Berücksichtigung der Zweitstudenten (v. 23.12.1985 - 7 B 104.85 -, Buchholz 421.21 Hochschulzulassungsrecht Nr. 26) für zweifelhaft gehalten hat, ob Verfassungsrecht fordere, bei der Kapazitätsermittlung eine Verminderung des Ausbildungsaufwandes für Zweitstudenten zu berücksichtigen. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg (Beschl. v. 18.10.1999 - 3 Nc 110/99 -, juris) hat eine verfassungsrechtliche Verpflichtung der kapazitären Berücksichtigung von Zweitstudierenden ausdrücklich verneint. Hinzu treten folgende Gesichtspunkte: Der Verordnungsgeber hat für den vorgenannten Sachverhalt nicht nur keinen denkbaren Anknüpfungspunkt in der Kapazitätsberechnung geschaffen (bei den Doppel- und Zweitstudenten wäre dies die anzusetzende Studierendenzahl bei der Berechnung des Dienstleistungsexports), sondern rechtliche Regelungen vorgesehen, die diese Problematik zwar aufwerfen, aber nicht auflösen. Er hat mit anderen Worten offenbar in Kauf genommen, dass Studierende, die bereits auf einem Teilstudienplatz weitgehend Leistungsnachweise oder sogar das Physikum erworben haben, ein weiteres Mal Studienplatzkapazitäten der Vorklinik im gleichen Maße wie ein erstmals zugelassener Studierender verbrauchen. Nach der Systematik der VergabeVO Stiftung kann (und soll) sich derjenige, der einen Teilstudienplatz erhält, weiter im Wege erneuter Bewerbungen bei Hochschulstart um einen Vollstudienplatz für das 1. Semester bemühen. Denn das Teilstudium gilt im Vergleich zum Vollstudium als aliud, wie die Regelungen der §§ 22 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2, 4 Abs. 3 Satz 1 VergabeVO Stiftung zeigen. Außerdem wird - nach Auskunft von Hochschulstart unter www.hochschulstart.de/index.php?id=hilfe230, abgerufen am 22. April 2016 - entgegen § 14 Abs. 6 VergabeVO Stiftung die Absolvierung eines Teilstudiums als Wartezeit auf das Vollstudium angerechnet. Die Hochschule hat es - kommt es zu einer Zulassung eines solchen Bewerbers auf einem Vollstudienplatz des ersten Semesters - nicht in der Hand, solche Studierenden ohne Vorliegen der weiteren Voraussetzungen (Antrag auf Höherstufung, Nachweis der fachlichen Voraussetzungen und vorhandene Kapazität im gewünschten Semester) hochzustufen (vgl. hierzu auch bereits Senatsbeschl. v. 25.2.2015 - 2 NB 171/14 -, juris). In § 6 Abs. 1 NHZG war dem Sachverhalt, dass sich Studierende in höhere Semester der Beklagten bewerben, die bereits zuvor einen Teilstudienplatz bei ihr eingenommen hatten, zudem bis zum 1. Januar 2016 keine besondere Priorität eingeräumt; nunmehr sieht § 6 Abs. 1 Nr. 2 a) NHZG vor, dass Studierende, die im gleichen Studiengang im zentralen Vergabeverfahren für einen Vollstudienplatz zugelassen sind und bereits an dieser Hochschule für einen Teilstudienplatz eingeschrieben sind oder waren, in zweiter Priorität berücksichtigt werden.“

Mit dieser Argumentation setzen sich die Antragsteller nicht hinreichend auseinander, sondern greifen nur Nebenaspekte heraus, wenn sie etwa ausführen, die Antragsgegnerin sei nach Maßgabe ihrer Immatrikulationsordnung durchaus dazu in der Lage zu erfahren, welche Studienplatzbewerber bereits über das Physikum verfügten.

IV. Die Antragsgegnerin hat ausweislich der vorgelegten, den Anforderungen des Senats entsprechenden Belegungsliste 62 Teilstudienplätze besetzt. Durchgreifende Einwände gegen diese Belegungsliste sind nicht erhoben worden und auch nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für den zweiten Rechtszug beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).