Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 07.10.2010, Az.: 2 ME 368/09
Beamtenrechtlicher Status als Grundlage für eine sich aus § 4 Abs. 2 Nr. 2 Lehrverpflichtungsverordnung Niedersachsen (LVVO Nds) ergebende Lehrverpflichtung eines akademischen Oberrates; Auswirkung einer Verleihung des Titels "außerplanmäßiger Professor" an einen akademischen Oberrat auf den Umfang seiner Lehrverpflichtung; Maßgeblichkeit der dienstrechtlichen Regelungen eines hauptberuflich beamteten Hochschulbediensteten auch bei seiner korporationsrechtlichen Einordnung in die Gruppe der Hochschulprofessoren
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 07.10.2010
- Aktenzeichen
- 2 ME 368/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 25760
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2010:1007.2ME368.09.0A
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- DÖV 2011, 40
- NdsVBl 2011, 27-29
- ZBR 2011, 287-288
Amtlicher Leitsatz
Die Lehrverpflichtung eines akademischen Oberrats, dem der Titel eines "außerplanmäßigen Professors" verliehen wurde, bemisst sich, auch wenn er korporationsrechtlich der Gruppe der Professoren zuzuordnen sein sollte, nach seinem beamtenrechtlichen Status und ist aus § 4 Abs. 2 Nr. 2 LVVO abzuleiten.
Gründe
Der 1948 geborene Antragsteller ist als Mitglied der Antragsgegnerin am Seminar für Politikwissenschaft ihrer Sozialwissenschaftlichen Fakultät tätig. Nach einem erfolgreich durchgeführten Habilitationsverfahren wurde ihm am 15. Februar 1989 der Grad eines habilitierten Doktors der Sozialwissenschaften sowie die venia legendi für das Fach Politikwissenschaften verliehen. Am 10. März 1994 erteilte ihm die Antragsgegnerin die Befugnis, den Titel "außerplanmäßiger Professor" zu führen. Während jener Zeit war der Antragsteller als Hochschuldozent in ein bis zum 31. März 1998 befristetes Beamtenverhältnis auf Zeit berufen und in eine Stelle der Besoldungsgruppe C 2 BBesO eingewiesen. Nach Beendigung des Zeitbeamtenverhältnisses wurde der Antragsteller mit Wirkung vom 1. April 1998 zum akademischen Rat z. A., ein Jahr später unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum akademischen Rat sowie mit Wirkung vom 14. September 2005 zum akademischen Oberrat ernannt und zuletzt in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 BBesO eingewiesen. Nach Neufassung der Lehrverpflichtungsverordnung vom 2. August 2007 kam es zwischen den Beteiligten zu unterschiedlichen Auffassungen über die Höhe der von dem Antragsteller zu leistenden Lehrverpflichtung. In diesem Zusammenhang teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 13. September 2007 mit, dass auf ihn als einen im Dauerdienstverhältnis stehenden wissenschaftlichen Mitarbeiter ein Lehrdeputat von zehn LVS entfalle, und ordnete, nachdem der Antragsteller gegen diese Feststellung Klage erhoben hatte, die sofortige Vollziehung der vorausgegangenen Verfügung an. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 12. Oktober 2009 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage wieder her. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Entgegen der Annahme des Antragstellers steht der Zulässigkeit der am 28. Oktober 2009 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Beschwerde der Antragsgegnerin nicht die Rechtshängigkeit der bereits zuvor am 23. Oktober 2009 durch den Präsidenten der Antragsgegnerin erhobenen Beschwerde entgegen. Richtig ist allerdings, dass mit dem Eingang des Rechtsmittels vom 23. Oktober 2009 das Beschwerdeverfahren entsprechend § 90 Abs. 1 VwGO anhängig wurde, und zwar ungeachtet der Frage, ob die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen des Rechtsmittels gegeben waren. Daher war es für die Annahme der Rechtshängigkeit ohne Belang, dass die am 23. Oktober 2009 eingegangene Beschwerde in Ermangelung der Postulationsfähigkeit des Präsidenten der Antragsgegnerin gemäß § 67 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 VwGO schon allein im Hinblick auf die Prozesshandlung selbst, also die Einlegung des Rechtsmittels, unzulässig war. Folge der Rechtshängigkeit war, dass während ihrer Dauer ein neues oder weiteres Rechtsmittel gleichen Inhalts, vorliegend die den Anforderungen des § 67 Abs. 4 VwGO entsprechende und innerhalb der Frist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO erhobene, am 28. Oktober 2009 bei dem Verwaltungsgericht eingegangene Beschwerde gemäß §§ 173 VwGO, 17 Abs. 1 Satz 2 GVG zunächst unzulässig war.
Das änderte sich jedoch mit der Rücknahme der Beschwerde vom 23. Oktober 2009 durch die ordnungsgemäß geltend gemachte Prozesserklärung der Antragsgegnerin vom 12. November 2009, eingegangen am 16. November 2009, und den Folgen, die mit dieser Rücknahme verbunden waren und sind. Durch die Rücknahme eines Rechtsmittels entfällt seine Rechtshängigkeit ex tunc. Mit der Wirksamkeit der entsprechenden Prozesserklärung ist der Rechtsstreit nach §§ 173 VwGO, 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO als nicht anhängig geworden anzusehen. Die prozessualen Folgen des Rechtsmittels entfallen somit rückwirkend, und die prozessuale Situation ist so zu würdigen, als hätte der Rechtsmittelführer ein Rechtsmittel nicht erhoben (vgl. dazu Ortloff/Riese, in: Schoch/Schmidt-Assmann/ Pietzner, VwGO, Stand: November 2009, § 90 Rnr. 6; Schmid, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 90 Rnr. 6; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 68. Aufl., § 269 Rnr. 32). Das bedeutet, dass die Rechtshängigkeit der früher erhobenen Beschwerde mit ihrer Rücknahme der Zulässigkeit der nachfolgenden, fristgemäß eingelegten und den Anforderungen des § 67 Abs. 4 VwGO genügenden Beschwerde vom 28. Oktober 2009 nicht länger entgegengehalten werden kann.
Die Beschwerde ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte dem Aussetzungsantrag des Antragstellers nicht entsprechen dürfen, weil sich der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. September 2007 bei summarischer Prüfung der gegenwärtig erkennbaren Sach- und Rechtslage eher als rechtmäßig als als rechtswidrig erweisen dürfte, so dass dem öffentlichen Interesse an der Vollziehung des Bescheides ein größeres Gewicht beizumessen ist als dem privaten Interesse des Antragstellers an der vorläufigen Beibehaltung des bisherigen Zustands.
Die mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. September 2007 an den Antragsteller gerichtete Aufforderung, ab dem 1. Oktober 2007 einer Lehrverpflichtung von zehn Lehrverpflichtungsstunden (LVS) nachzukommen, findet ihre Rechtsgrundlage in § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung - LVVO -) vom 2. August 2007 (NdsGVBl. 2007, 408). Danach beträgt die Höchstlehrverpflichtung für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zehn LVS. Die genannte Norm bestimmt ebenso wie die weiteren Regelungen des § 4 LVVO den Umfang der Lehrverpflichtung des beamteten wissenschaftlichen und künstlerischen Hochschulpersonals und findet ihre Ermächtigung in § 21 Abs. 2 Satz 1 NHG, wonach der durchschnittliche Umfang der Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals im Beamtenverhältnis, die Gewichtung der Lehrveranstaltungsarten sowie besondere Betreuungspflichten durch Verordnung geregelt werden können. Während dem im Angestelltenverhältnis beschäftigten Personal entsprechende Verpflichtungen durch Vertrag aufzuerlegen sind (§ 21 Abs. 2 Satz 2 NHG), werden die das beamtete wissenschaftliche und künstlerische Personal betreffenden und auf den Umfang der Lehre bezogenen Dienstpflichten durch § 4 LVVO geregelt; danach legt diese Vorschrift die beamten- oder dienstrechtlich geschuldete Lehrverpflichtung der einzelnen Mitglieder des Lehrpersonals einer Hochschule gesetzlich fest.
Folglich bestimmt sich auch die Lehrverpflichtung des Antragstellers nach seinem dienstrechtlichen Status, mithin nach seiner derzeitigen beamtenrechtlichen Stellung eines akademischen Oberrats, zu dem er durch Urkunde vom 29. August 2005 mit Wirkung vom 14. September 2005 ernannt worden ist. Als solcher gehört er dienstrechtlich zum Personal der wissenschaftlichen Mitarbeiter, deren Lehrverpflichtung sich - wie oben ausgeführt - nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 LVVO mit zehn LVS bemisst.
An der Maßgeblichkeit dieser für wissenschaftliche Mitarbeiter dienstrechtlich festgesetzten Höchstlehrverpflichtung ändert sich auch nichts dadurch, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller ungeachtet seines beamtenrechtlichen Status als akademischer Oberrat im Hinblick auf seine Beteiligung an der akademischen Selbstverwaltung korporationsrechtlich bisher der Gruppe der Hochschullehrer zugeordnet hat. Zwar deuten Ausführungen in der Beschwerde darauf hin, dass die Antragsgegnerin an dieser mitgliedschaftsrechtlichen Zuordnung des Antragstellers nicht länger festzuhalten gedenkt; weitere Erörterungen können in diesem Zusammenhang indes auf sich beruhen, da auch die korporationsrechtliche Zugehörigkeit des Antragstellers zur Gruppe der Hochschullehrer, die das Verwaltungsgericht mit durchaus nicht unbeachtlichen Gründen gewürdigt hat, seine beamtenrechtlichen Aufgaben oder statusrechtlichen Dienstpflichten im Hinblick auf die Höhe des vorliegend streitbefangenen Lehrdeputats - anders als die Vorinstanz meint - nicht überlagern würde. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Die vom Verwaltungsgericht zugunsten des Antragstellers angenommene mitgliedschaftsrechtliche Zuordnung zur Gruppe der Hochschullehrer folgt aus dem vom Bundesverfassungsgericht entwickelten "materiellen Hochschullehrerbegriff". Danach ist als Hochschullehrer, unabhängig von seiner dienstrechtlichen Stellung, der akademische Forscher und Lehrer zu verstehen, der aufgrund einer Habilitation oder eines sonstigen gleichbewerteten Qualifikationsbeweises mit der selbständigen Vertretung eines wissenschaftlichen Faches in Forschung und Lehre betraut ist. Wer als hauptamtlicher Bediensteter einer Hochschule diese Voraussetzungen erfüllt, hat einen aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG abzuleitenden Anspruch darauf, der Gruppe der Hochschullehrer und nicht einer anderen Gruppe zugeordnet zu werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11.2.1981 - 1 BvR 303/78 -, BVerfGE 56, 192, 208 ff [BVerfG 11.02.1981 - 1 BvR 303/7]; Beschl. v. 26.2.1997 - 1 BvR 864/94 u.a. -, BVerfGE 95, 193, 209 ff [BVerfG 26.02.1997 - 1 BvR 1102/95]; ferner BVerwG, Urt. v. 13.12.1995 - 6 C 7.94 -, BVerwGE 100, 160, 164 ff; Nds. OVG, Beschl. v. 23.8.2002 - 10 ME 118/02 -; Ipsen, NdsVBl. 2006, 185 ff). Nach dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt mit dem Begriff der "Betrauung mit der selbständigen Vertretung eines wissenschaftlichen Faches in Forschung und Lehre" zum Ausdruck, dass das Merkmal des "Betrauens" gerade keine der materiellen Stellung als Hochschullehrer entsprechende förmliche beamtenrechtliche Berufung in das Amt eines Hochschullehrers voraussetzt. Mit dem Begriff der "Betrauung" ist allerdings nicht eine bloße faktische, geduldete oder gar usurpierte Übernahme von Funktionen aus eigener Machtvollkommenheit eines Hochschulbediensteten gemeint, sondern es wird eine ausdrückliche Einräumung einer Rechtsstellung bzw. Befugnis durch die zuständigen Organe im Hinblick auf die selbständige Wahrnehmung von Forschung und Lehre gefordert. Ist danach maßgeblich auf die tatsächliche Wahrnehmung von Professorenaufgaben abzustellen, kann in der beamtenrechtlichen Rechtsstellung eines hauptamtlichen wissenschaftlichen Mitarbeiters gerade kein Hindernis für seine Qualifizierung als Hochschullehrer im materiellen Sinne gesehen werden.
Das bedeutet indes für den oder die der Gruppe der Professoren zuzuordnenden wissenschaftlichen Mitarbeiter nicht, dass die mit der dienstrechtlichen Stellung - wie hier eines akademischen Oberrats - verbundenen Pflichten obsolet würden. Die dem hauptberuflich beamteten Hochschulbediensteten obliegenden Aufgaben bleiben durch die korporationsrechtliche Zuordnung in eine andere Gruppe prinzipiell vielmehr unberührt (vgl. BVerwG, a.a.O., S. 169; ferner auch Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Rnr. 88; Ipsen, a.a.O., S. 188 f.). Soweit allerdings die einem wissenschaftlichen Mitarbeiter für das von ihm vertretene Fach verliehene Lehrbefugnis reicht, drängt die damit verbundene umfassende Selbständigkeit in Forschung und Lehre die prinzipielle Weisungsgebundenheit als wissenschaftlicher Mitarbeiter, hier als akademischer Oberrat zurück (so ausdrücklich BVerwG, a.a.O.). Insoweit überlagert also die Befugnis zur selbständigen Forschung und Lehre die sich aus dem Dienstrechtsverhältnis ergebende Weisungsgebundenheit. Weitere, im Statusamt wurzelnde dienstrechtliche Pflichten bleiben von dieser Überlagerung unberührt. Zu diesen Pflichten zählen auch die gesetzlich näher ausgestalteten Regelungen über den Zeitumfang der Dienstleistung, wie vorliegend den Umfang der Lehrverpflichtung, die ein hauptamtlich tätiger Hochschulbediensteter, sei er auch weisungsunabhängig, zu erfüllen hat (ebenso OVG NRW, Beschl. v. 13.11.2007 - 6 A 1588/06 -, [...], Rnr. 7). Danach bleiben für den Antragsteller die eingangs gewürdigten Regelungen der LVVO, die für in ein Beamtenverhältnis berufene wissenschaftliche Mitarbeiter ein Lehrdeputat von zehn LVS vorsehen, auch in Anbetracht der von ihm in Anspruch genommenen korporationsrechtlichen Zugehörigkeit zur Gruppe der Hochschullehrer maßgebend. Von der vorstehend angesprochenen Überlagerung ausgenommen bliebe im Übrigen auch - ohne dass dies zwischen den Beteiligten im Streit steht - der Besoldungsanspruch des Antragstellers, der sich auch in Anbetracht einer zu seinen Gunsten angenommenen Weisungsungebundenheit in Forschung und Lehre weiterhin nach seinem Status als akademischer Oberrat und damit nach der Besoldungsgruppe A 14 BBesO richtet.
Begegnet danach die dienstrechtliche Festlegung des Lehrdeputats durch die Antragsgegnerin voraussichtlich keinen durchgreifenden Zweifeln, konnte diese, ohne dass dies rechtlichen Bedenken unterliegt, auch mit einer gesonderten Verfügung vom 8. April 2009 die sofortige Vollziehung ihrer Maßnahme anordnen. Dem steht zunächst nicht entgegen, dass sie sich zur Anordnung des Sofortvollzuges erst ca. eineinhalb Jahre nach Feststellung der streitbefangenen, mit zehn LVS bemessenen Lehrverpflichtung des Antragstellers veranlasst gesehen hat. Denn mit Blick auf den Zeitpunkt eines solchen Ausspruchs ist die Behörde grundsätzlich befugt, die sofortige Vollziehung der von ihr veranlassten Maßnahme in jedem Stadium des verwaltungs- oder gerichtlichen Verfahrens bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts anzuordnen, es sei denn, besondere Umstände des Einzelfalls stehen der Annahme eines öffentlichen Vollzugsinteresses entgegen (vgl. Külpmann in: Finkelnburg/Dombart/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren, 5. Aufl., Rnr. 731 m. w. Nachw.). Ein solcher Umstand kann hier nicht darin gesehen werden, dass der Antragsteller während der Dauer des Verfahrens in der Hauptsache freiwillig der ihm abverlangten erhöhten Lehrverpflichtung nachkommen könnte. Er sieht sich vielmehr - wie aus dem Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 23. November 2009 hervorgeht - lediglich verpflichtet, ein Lehrdeputat von wöchentlich acht LVS zu erbringen. Für diese Annahme kann er sich bis zu einer anderslautenden Entscheidung des Beschwerdegerichts zwar auf den Ausspruch des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss berufen; Anhaltspunkte, für eine darüber hinausgehende Bereitschaft, aus freien Stücken für die Dauer des Klageverfahrens Lehrveranstaltungen mit einem Deputat von zehn LVS zu erbringen, sind indes weder dem bereits erwähnten Schreiben vom 23. November 2009 noch der mit dem Studiendekan der Sozialwissenschaftlichen Fakultät geführten E-Mail-Korrespondenz vom 5. November 2009 zu entnehmen.
Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller auch keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, demzufolge er davon ausgehen konnte, die Antragsgegnerin werde die Auswirkungen seiner Auffassung, lediglich zu einem Lehrdeputat von wöchentlich acht LVS verpflichtet zu sein, für die Dauer des Verwaltungsstreitverfahrens dulden oder hinnehmen. Nachdem es nach der Änderung der Lehrverpflichtungsverordnung mit Wirkung vom 1. September 2007 zwischen den Beteiligten zu unterschiedlichen Auffassungen über die Höhe der Lehrverpflichtung des Antragstellers gekommen war, hat die Antragsgegnerin stets darauf bestanden, dass dieser Lehre in Höhe von zehn LVS zu leisten habe. Mit Blick auf die leitende Tätigkeit des Antragstellers in dem Institut für Regionalforschung e. V. versuchten die Beteiligten zunächst lediglich, die Lehrverpflichtung über eine Ermäßigung nach § 15 LVVO um zwei LVS zu reduzieren. Dem entsprechenden Antrag widersprach indes die Sozialwissenschaftliche Fakultät mit ihrer Stellungnahme vom 3. Juni 2008, und mit seiner wenig später erhobenen Klage vom 4. September 2008 verdeutlichte der Antragsteller, dass ihm an einer verwaltungsgerichtlichen Klärung über den Umfang der von ihm abverlangten Lehrverpflichtung gelegen sei, mit der weiteren Konsequenz, dass die unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten über die Lehrverpflichtung des Antragstellers nun wieder deutlich zutage traten und für die Annahme, die Antragsgegnerin werde die gegebene Situation eines tatsächlichen Lehrangebots von acht LVS bis zum Abschluss des Klageverfahrens hinnehmen, keine durchgreifenden Anhaltspunkte vorlagen.
Die umstrittene Anordnung des Sofortvollzuges genügt im Übrigen auch den Anforderungen, die § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO stellt. Das Erfordernis einer gesonderten schriftlichen Begründung soll der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, das besondere, ausnahmsweise überwiegende öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung aus den Umständen des Einzelfalls besonders zu rechtfertigen. Dieses muss in der Regel über jenes hinausgehen, das den Erlass des für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsaktes rechtfertigt. Die Behörde darf sich deshalb nicht auf formelhafte Wendungen beschränken, sondern muss darlegen, weshalb gerade in diesem Fall ausnahmsweise ein Interesse daran besteht, vom Regelfall des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO abzusehen, wonach Widerspruch und die diesem nachfolgende Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung entfalten. Hieran gemessen hat die Antragsgegnerin das besondere Vollzugsinteresse ihrer dienstrechtlichen Anordnung rechtsfehlerfrei in der Gefahr der Verschärfung einer Unterdeckung des Lehrangebots in dem Seminar für Politikwissenschaften der Sozialwissenschaftlichen Fakultät gesehen und ausgeführt, dass von dem für das Studienjahr errechneten Lehrangebot von mindestens 132 LVS ohnehin lediglich 112 LVS (einschließlich eines für den Antragsteller anzunehmenden Lehrdeputats von zehn LVS) gedeckt seien und zusätzliche Lehrveranstaltungen bereits teilweise schon durch entgeltliche Lehraufträge sichergestellt werden müssten. Darüber hinaus ergebe sich für die Folgesemester ein zusätzlicher Bedarf für eine Betreuung der Studierenden, weil ein Teil von diesen in den auslaufenden Studiengängen die Abschlussprüfungen absolvierten (letztmalig im Wintersemester 2011/12), während die erste Kohorte des Masterstudiengangs Politikwissenschaften das Studium bereits zum Wintersemester 2009/10 aufnehmen werde. Das danach zum Ausdruck gebrachte Bemühen der Antragsgegnerin, das Soll des Lehrangebots durch eine vollständige Inanspruchnahme des hierzu berufenen Lehrpersonals sicherzustellen, begründet ein besonderes Vollzugsinteresse, hinter dem das Interesse des Antragstellers, bis zum rechtskräftigen Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Streitverfahrens von den Wirkungen der angeordneten Maßnahme, Lehre in Höhe von zehn LVS wöchentlich zu leisten, zurückzutreten hat.