Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 29.10.2002, Az.: 203-VgK-23/2002
Nachprüfung eines Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer; Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften; Vergabe von Leistungen an einen Nachunternehmer; Mitteilung von Unklarheiten in den Vergabeunterlagen an den Auftraggeber; Ausschluss von Unternehmen mit einem höheren Anteil an Nachunternehmerleistungen vom Vergabeverfahren
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 29.10.2002
- Aktenzeichen
- 203-VgK-23/2002
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 28423
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 25 VOB/A
- § 4 Nr. 8 VOB/B
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 107 Abs. 2 GWB
- § 114 Abs. 1 S. 1 GWB
Verfahrensgegenstand
VOB-Vergabeverfahren Werkzaun xxxxxxx, Fahrwege, Gleisüberquerungen und Maschendrahtzaun
In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Conrad
auf die mündliche Verhandlung vom 24.10.2002
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
- 3.
Die Kosten werden auf 2.500 Euro festgesetzt.
- 4.
Die Antragstellerin hat der Auftraggeberin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, wenn sie dies beantragt.
Begründung
I.
Die Auftraggeberin hat mit Datum vom 20.02.2002 die Errichtung des Werkzaunes mit Toren (Los 1), Neubau eines einbahnigen Betriebsweges (Los 2) und eines Maschendrahtzaunes für Rolltore (Los 3) im offenen Verfahren europaweit ausgeschrieben. Der Bekanntmachung war zu entnehmen, dass Bieter sich sowohl um die 3 Einzellose bewerben können als auch Angebote für sämtliche Lose einreichen können.
Nebenangebote waren in Verbindung mit dem Hauptangebot zugelassen, jedoch keine Varianten.
Mindestbedingungen, die der Bieter zum Nachweis seiner Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit erfüllen musste, waren in der Bekanntmachung im Einzelnen aufgeführt.
Der Zuschlag sollte auf das annehmbarste Angebot nach folgenden Kriterien erfolgen: Preis, sonstige Kriterien, Fristen, Qualität, Wirtschaftlichkeit.
Auf dem Angebotsumschlag der Antragstellerin waren alle drei Lose genannt worden. Auf Seite 3 des Angebotes war unter 6.1a "Hauptangebot, keine Vergaben nach Losen" 1.486.245,63 EUR eingetragen. Unter 6.1b "Hauptangebot, bei vorbehaltener losweiser Vergabe" waren keine Summen eingetragen. Ferner war bei der Anzahl der Nebenangebote "zwei" eingetragen. Das Angebot war unterschrieben.
Auf dem Angebotsumschlag der Beigeladenen waren ebenfalls alle drei Lose genannt worden. Auf Seite 3 des Angebotes war unter 6.1a "Hauptangebot, keine Vergaben nach Losen" keine Summe eingetragen, wohl aber der Preisnachlass ohne Bedingung in Höhe von 2,5 %. Unter 6.1b "Hauptangebot, bei vorbehaltener losweiser Vergabe" waren keine Summen eingetragen. Ferner waren bei der Anzahl der Nebenangebote keine Eintragungen vorgenommen worden. Das Angebot war unterschrieben.
In der Eröffnungsniederschrift über die jetzt angefochtene Vergabe vom 16.04.2002 wurde festgestellt, dass insgesamt 4 Angebote vorlagen und von den Bietern Vertreter der Firmen der Antragstellerin und der Beigeladenen anwesend waren. In der als Anlage beigefügten Liste der submittierten Angebote und der Vorprüfung der eingereichten Angebotsunterlagen wurde festgestellt, dass das Angebot der Antragstellerin für das Los 1 = 1.135.589,73 EUR, für das Los 2 = 340.749,50 EUR und für Los 3 = 9.906,40 EUR beträgt. Ferner wurde vermerkt, dass 2 Nebenangebote abgegeben wurden. In der Spalte "Vorprüfung" wurde vermerkt, dass ein Muster abgegeben wurde.
Das Angebot der Beigeladenen belief sich - laut Liste - auf 877.720,74 EUR für Los 1, für die Lose 2 und 3 waren keine Summen eingetragen worden. Ferner wurde vermerkt, dass die Beigeladene noch 2,5 % Nachlass gewährt und 1 Nebenangebot abgegeben habe.
In der Spalte "Vorprüfung" wurde vermerkt, dass Angebotssumme und Nebenangebot im Angebotsschreiben nicht eingetragen waren. Ferner war die Teilsumme für das Los 1 durchgestrichen. Es wurden die Beträge 632.834,96 EUR für das Los 1, 236.347,01 EUR für Los 2 und 8.538,76 EUR für Los 3 eingetragen. Dazu wurde vermerkt "Siehe gesondertes Schreiben an die Bieter".
Mit Schreiben vom selben Tage (16.04.2002) informierte die Auftraggeberin die Bieter, dass sie das Ergebnis des Eröffnungstermins nachträglich korrigiert habe, da sich das Angebot der Beigeladenen nicht nur auf das Los 1 bezog, sondern auf alle drei Lose. Dies sei jedoch bei der Submission von ihr nicht sofort erkannt worden. Ferner waren darunter die neuen Teilsummen der einzelnen Lose und die Bemerkungen hinsichtlich der Nebenangebote und etwaiger Preisnachlässe eingetragen.
Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 22.04.2002 das Vorgehen der Auftraggeberin in dieser Angelegenheit und führte aus, dass das Angebot der Beigeladenen zum Zeitpunkt der Eröffnung nicht den Vorgaben entsprach und daher gem. § 25 VOB/A auszuschließen sei. Zu dieser Rüge nahm das von der Auftraggeberin beauftragte Ingenieurbüro Stellung und teilte dies der Antragstellerin mit.
Mit Schreiben vom 18.05.2002 überreichte dass beauftragte Ingenieurbüro den mit der Auftraggeberin abgestimmten und überarbeiteten Vergabevermerk.
In einem dem Vergabevermerk vorgehefteten Anschreiben des beauftragten Ingenieurbüros vom 18.06.2002 weist diese darauf hin, dass sie nach einer nochmaligen Abstimmung mit ihren Juristen bestätigen möchte, dass ihres Erachtens das Angebot der Firma der Beigeladenen, wie bereits in der zuletzt vorgelegten Fassung des Vergabevermerks beschrieben, zu werten ist. Der Hinweis auf die nicht überwiegende Ausführung von Leistungen im eigenen Betrieb könnte nach Auffassung des beauftragten Ingenieurbüros kein Ausschlussgrund sein, zumal der Verweis auf die VOB/B ihrer Meinung nach nicht zutreffend sei, da die Vergabe ausschließlich in der VOB/A geregelt sei. Das Ingenieurbüro verweist hierzu auf Kapitel 6 ihres Vergabevermerks.
Eine Aufhebung der Ausschreibung kommt demnach ihrer Meinung nach nicht in Betracht, da zumindest zwei wertbare Angebote vorlägen, wobei im Falle der Firma der Antragstellerin auch ein unangemessen hoher Angebotspreis unterstellt werden könnte. Da ein annehmbares Angebot der Firma der Beigeladenen vorläge, ist ihres Erachtens ein Ausschluss des Angebotes nicht mehr zwingend.
Die Angebotsauswertung selbst vom 18.06.2002 enthält u.a. zum Angebot der Antragstellerin bei der Formellen Angebotsprüfung den Vermerk, dass die Vordrucke EFB - 1a und 1b nicht ausgefüllt wurden und nachgereicht werden, ebenso die Geräteliste. Zum Angebot der Firma der Beigeladenen wurde vermerkt, dass alles in Ordnung ist und die Bescheinigung über die Steuern und Sozialabgaben gesondert eingereicht werden. Zum Punkt Inhaltliche Vollständigkeit wurde vermerkt, dass die Antragstellerin ein Alternativangebot zum ausgeschriebenen Zaun vorgelegt habe, das Einsparungen nach sich zieht. Zum Angebot der Beigeladenen wurde vermerkt, dass in einigen Positionen falsche Mengenangaben vor der Auswertung korrigiert wurden. Die Bieterin habe in ihrem Angebot die Mengenansätze für einige Positionen nicht korrekt wiedergegeben. Zur Vergleichbarkeit der Angebote untereinander wurden bei der rechnerischen Prüfung der Angebote die im Leistungsverzeichnis ausgeschriebenen Vordersätze eingesetzt. Dadurch verringere sich die Angebotssumme geringfügig. Ferner wurde vermerkt, dass ein Preisnachlass in Höhe von 2,5 % gewährt wurde und ein Nebenangebot zur Einsparung über 27.237,83 EUR nach sich ziehen würde. Zum Thema Nebenangebote wurde vermerkt:
Soweit Nebenangebote vorgelegt wurden, beinhalten sie leichtere Zaunausführungen in marktüblichen Standards, die in der Ausführung preiswerter sind. Da die Standards für die Einzäunung jedoch eindeutig festgelegt worden sind, konnten die Nebenangebote letztendlich nicht gewertet werden.
In der Zusammenfassung der Angebotswertung wird zum Angebot der Antragstellerin ausgeführt, dass sie ein Angebot über die Gesamtleistung abgegeben habe. Aufgrund des hohen Gesamtpreises im Vergleich zur Firma der Beigeladenen könnte es unter Berücksichtigung einer sparsamen Wirtschaftsführung nicht in die engere Wahl kommen. Zum Angebot der Beigeladenen wurde ausgeführt, dass auch sie ein Angebot über die Gesamtleistung abgegeben habe. Für das Los 1 Zaunbau wurde ein Subunternehmer angegeben. Der überwiegende Leistungsteil für das Los 1, nämlich die Lieferung und Errichtung der Zaunanlage, werde demnach nicht im eigenen Betrieb durchgeführt. Trotzdem kann nach Auffassung des beauftragten Ingenieurbüros das Angebot gewertet werden. Die Durchführung des überwiegenden Anteils der abgefragten Leistungen im eigenen Betrieb sei ein Indiz für die Eignung des Bieters. Im vorliegenden Fall habe die Beigeladene jedoch einen Nachunternehmer benannt, der eine einwandfreie Ausführung der Leistungen erwarten lässt, d. h. dem Einsatz des als qualifiziert einzustufenden Nachunternehmers sei die Durchführung mit eigenem Personal gleichzusetzen. Insofern spricht die Vergabe von größeren Teilleistungen an den Nachunternehmer nicht gegen die Eignung der Beigeladenen und damit auch nicht gegen die Vergabekriterien.
Im Übrigen werden die Leistungen des Loses 2 überwiegend von der Beigeladenen ausgeführt. Die Angebotspreise seien auskömmlich und das Angebot als annehmbar zu bezeichnen. Das beauftragte Ingenieurbüro empfiehlt auf der Grundlage ihrer zuvor genannten Ausführungen, den Zuschlag auf die Firma der Beigeladenen zu erteilen, da sie das annehmbarste Angebot abgegeben habe. Die Beauftragung sei auf die Lose 1 - 3 zu erteilen.
Der Verwaltungsausschuss der Auftraggeberin erteilte der Vergabestelle am 24.09.2002 die Zustimmung zur beabsichtigten Vergabe der Arbeiten an die Beigeladenen. Die Auftraggeberin teilte am 25.09.2002 der Antragstellerin mit, dass im Ergebnis festgehalten werde, dass ihrer Meinung nach keine Verletzung von Verfahrensvorschriften erkennbar gewesen seien. Ferner informierte sie die drei nicht berücksichtigten Bieter, dass auf ihr Angebot kein Zuschlag erteilt werden konnte. Wer den Zuschlag erhalten sollte, war ebenso wenig genannt worden wie der Grund der Nichtberücksichtigung.
Mit Schreiben vom 27.09.2002, eingegangen bei der Vergabekammer per Telefax am selben Tage, beantragte die Antragstellerin die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens.
Die Antragstellerin führt in Ihrem Nachprüfungsantrag aus, dass die Wertung des Angebotes der Beigeladenen fehlerhaft sei. Entgegen der Auffassung der Auftraggeberin bezog sich das Angebot der Beigeladenen ihrer Meinung nach ausschließlich auf Los 1. Zwar sei es zulässig gewesen, dass Angebote nur für die Gesamtleistung über alle 3 Lose abgegeben werden durften, diesen Vorgaben entsprach jedoch das Angebot der Beigeladenen zum Zeitpunkt der Eröffnung nicht. Beim Eröffnungstermin seien die Angebote detailliert behandelt und losweise überprüft worden.
Im Übrigen sei die Beigeladene als reine Baufirma nicht in der Lage, den überwiegenden Teil der erforderlichen Arbeiten selbst durchzuführen.
Ferner sei ihrer Meinung nach das Angebot der Beigeladenen nicht auskömmlich.
Nach der erfolgten Akteneinsicht am 16.10.2002 führte die Antragstellerin ferner aus, dass die Beigeladene für die zu vergebende Arbeit persönlich nicht geeignet sei und die überwiegenden Leistungen des Loses 1 nicht im eigenen Betrieb durchgeführt werden. Unabhängig von der Frage der Leistungsfähigkeit des Subunternehmers sei dessen Leistungsfähigkeit kein Indiz für die Leistungsfähigkeit der Beigeladenen. Die Auftraggeberin habe es ihrer Meinung nach versäumt, die Frage der Leistungsfähigkeit, bezogen auf den gewählten Subunternehmer, besonders zu prüfen und festzustellen.
Hinsichtlich der Auskömmlichkeit des Angebotspreises der Beigeladenen vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass sie im Gegensatz zu den anderen Bietern zu den Positionen Gestellung des Sicherheitsbeauftragten, Zaunpfosten und Geflecht und Drehflügeltore konkrete Angebote und Nachweise eingeholt und geliefert habe.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
die Vergabestelle nach näherer Maßgabe der Vergabekammer dazu zu verpflichten, die Zuschlagserteilung zu Gunsten der Beigeladenen zu unterlassen,
- 2.
die Vergabestelle nach näherer Maßgabe der Vergabekammer anzuweisen, den Zuschlag an die Antragstellerin zu erteilen.
Die Auftraggeberin beantragt,
den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus, dass in ihrem Formularschreiben "Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes" nochmals erklärt wurde, dass eine losweise Vergabe vorgesehen sei und die Bieter die Möglichkeit hätten, Angebote nicht nur für ein oder mehrere Lose, sondern für die Gesamtleistung abzugeben.
Die Beigeladene habe ihr Angebot auf die Gesamtleistung bezogen, mithin für alle Lose abgegeben. Von Seiten der Vergabestelle habe man sich bei dem Eröffnungstermin versehen und das Angebot der Beigeladenen irrtümlich als Angebot für das Los 1 verlesen und so in die Verhandlungsniederschrift protokolliert. Bei der Prüfung der Angebote unmittelbar im Anschluss an den Eröffnungstermin habe man bemerkt, dass sich die verlesene Angebotssumme nicht auf das Los 1, sondern auf sämtliche in den Losen 1 bis 3 beschriebenen Leistungen bezog. Dies sei den Bietern auch unverzüglich am 16.04.2002 mitgeteilt worden.
Soweit die Antragstellerin moniere, dass die Beigeladene nicht den überwiegenden Teil der Leistungen, nämlich für das Los 1, selbst erbringen könne, vertritt die Auftraggeberin die Auffassung, dass das von der Beigeladenen vorgesehenen Nachunternehmen als qualifiziert anzusehen sei, das eine einwandfreie Ausführung der Leistungen erwarten ließe. Dies spräche nach Überzeugung der Auftraggeberin nicht gegen eine Eignung der Beigeladenen als Hauptauftragnehmer, zumal die Beigeladene alle im Zusammenhang mit dem Zaunbau stehenden Tiefbauarbeiten selbst ausführen wolle.
Im Übrigen sei ihrer Meinung nach das Angebot der Beigeladenen keinesfalls unauskömmlich. Bei einem Vergleich der Angebotspreise aller Bieter sei festzustellen, dass - auch unter Berücksichtigung der teilweise unvollständigen Angebote der beiden anderen Bieter - die Preise ein etwa einheitliches Niveau zeigen, lediglich der Gesamtpreis der Antragstellerin liege deutlich darüber.
Die Beigeladene beantragt,
den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen und ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Zur Begründung weist sie nach erfolgter Akteneinsicht am 21.10.2002 zunächst vorsorglich darauf hin, dass als Vertreterin ihrer Firma eine Auszubildende beim Eröffnungstermin anwesend gewesen sei, die lediglich die Aufgabe hatte, die Ergebnisse der Mitbewerber zu notieren. Kenntnisse vom eigenen Angebot habe sie nicht gehabt. Sie konnte demzufolge auch der verlesenen Angebotssumme zum Los 1 nicht widersprechen.
Ferner führt die Beigeladene zur Begründung ihres Antrages aus, dass sie selbstverständlich in der Lage sei, die angebotenen Arbeiten auszuführen. Sie werde sich aber für die speziellen Zaunbauarbeiten eines geeigneten Nachunternehmers bedienen. Sämtliche Leistungen, die dem Baubereich zuzuordnen sind, werde die Beigeladene selbst ausführen. Im Übrigen läge ihr Eigenanteil der Leistungen bei über 50 %. Auf eine bestimmte Prozentzahl käme es ohnehin nicht an, eine Beschränkung wäre zudem auch unter Beachtung des Landesvergabegesetzes unzulässig.
Soweit die Antragstellerin der Auffassung sei, dass ihr Angebot unzulässig sei, weist die Beigeladene darauf hin, dass ihrer Meinung nach eher das Angebot der Antragstellerin unangemessen hoch sei. Sie verweist dazu auf das Los 1, in dem sie einen Betrag in Höhe von 545.547,80 EUR und die übrigen Bieter Beträge in Höhe von 518.221,30 EUR bzw. 403.809,92 EUR angeboten hätten. Für dieses Los falle das Angebot der Antragstellerin völlig aus dem Rahmen mit einem Preis in Höhe von 1.135.589,73 EUR.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 24.10.2002 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht in ihren Rechten im Sinne des § 97 Abs. 7, 107 Abs. 2, 114 Abs. 1 Satz 1 GWB verletzt. Die Beigeladene, auf deren Hauptangebot die Auftraggeberin aufgrund der von ihr durchgeführten Angebotswertung den Zuschlag erteilen möchte, hat entgegen der Auffassung der Antragstellerin ein wirksames Angebot über die Gesamtheit aller drei streitbefangenen Lose abgegeben. Die Auftraggeberin hatte auch keinen Anlass, das Angebot der Beigeladenen wegen fehlender Eignung der Beigeladenen gem. § 25 Nr. 2 VOB/A oder eines unangemessen niedrigen Angebotspreises gem. § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A von der Wertung auszuschließen.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um Bauleistungen im Sinne des § 1 VOB/A und damit um einen Bauauftrag. Für Bauaufträge gilt gem. § 2 Nr. 4 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 5 Millionen Euro. Die hier streitbefangenen Lose sind Teil einer Gesamtbaumaßnahme, die diesen Schwellenwert deutlich überschreitet. Werden Bauaufträge, wie im vorliegenden Fall, losweise ausgeschrieben, so gilt gem. § 2 Nr. 7 VgV ein Schwellenwert von 1 Million Euro oder bei Losen unterhalb 1 Million Euro deren addierter Wert ab 20 % des Gesamtwertes aller Lose. Im Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung erreicht der Gesamtwert der ausgeschriebenen Lose 1 bis 3 zwar nicht den Schwellenwert von 5 Millionen Euro, überschreitet aber den Wert von 1 Million Euro deutlich. Zudem hat die Auftraggeberin die streitbefangenen Lose EU-weit ausgeschrieben und als Nachprüfstelle die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg angegeben. Durch diese im Rahmen der EU-weiten Ausschreibung erfolgte Benennung der Vergabekammer als Nachprüfstelle hat die Auftraggeberin den rechtlichen Rahmen (§§ 102 ff. GWB) für die Nachprüfung festgelegt. Die Wirkung dieser Festlegung besteht in einer Selbstbindung der Auftraggeberin, dass sie keines der verfahrensgegenständlichen Lose dem 20%-Kontingent nach § 2 Nr. 7 VgV zuordnet, für welches das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet wäre (vgl. BayObLG, Beschluss v. 20.08.2001, Az.: Verg 9/01; BGH NJW 1988, 3636 ff., 3638). Das Vergabeverfahren ist damit einer Nachprüfung durch die Vergabekammer zugänglich. Die Antragstellerin ist auch hinsichtlich der Lose 1 bis 3 gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, die Auftraggeberin dürfe das von ihr favorisierte Angebot der Beigeladenen mangels Eignung der Beigeladenen und wegen eines unangemessen niedrigen Angebotspreises nicht berücksichtigen.
Die Antragstellerin hat die von ihr geltend gemachten Verstöße gegen das Vergaberecht im streitbefangenen Vergabeverfahren bereits mit Schreiben vom 22.04.2002 unverzüglich i.S.d. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gerügt. Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin daraufhin mit Schreiben vom 25.09.2002 mitgeteilt, dass ihrer Meinung nach keine Verletzungen von Verfahrensvorschriften erkennbar gewesen seien und informierte die nicht berücksichtigten Bieter gem. § 13 VgV, dass auf ihr Angebot kein Zuschlag erteilt werden könne, woraufhin die Antragstellerin mit Telefax vom 27.09.2002 die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens beantragt hat.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Die Antragstellerin ist durch die Berücksichtigung des von der Auftraggeberin für den Zuschlag favorisierten Angebotes der Beigeladenen nicht im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Die Beigeladene hat entgegen der Auffassung der Antragstellerin ein Hauptangebot über alle drei ausgeschriebenen Lose abgegeben und nicht nur über das Los 1. Die Beigeladene hat ferner keine unzulässigen Änderungen an den Verdingungsunterlagen im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A vorgenommen, indem sie auf Lieferengpässe hinsichtlich des gemäß Leistungsbeschreibung zu verwendenden Zaunmaterials hingewiesen hat. Die Auftraggeberin hatte ferner keinen Anlass, die Beigeladene wegen fehlender Eignung gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A bei der Wertung auszuschließen. Insbesondere führt die Tatsache, dass die Beigeladene insbesondere die Lose 1 und 3 gemäß ihrem Angebot im Wesentlichen durch den Einsatz namentlich benannter Nachunternehmer ausführen will, nicht zum Verstoß gegen die Verpflichtung des Auftragnehmers gem. § 4 Nr. 8 Abs. 1 VOB/B, die Leistung im eigenen Betrieb auszuführen. Ferner hatte die Auftraggeberin keinen Anlass, das Angebot der Beigeladenen wegen unangemessen niedrigen Angebotspreises gem. § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A zu überprüfen oder gar gem. § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A unberücksichtigt zu lassen.
a)
Die Beigeladene hat entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht lediglich ein Angebot für Los 1, sondern ein Hauptangebot über die Summe aller Lose 1 bis 3 sowie ein Nebenangebot zum Titel 1.3 des Loses 1 "Werkzaun xxxxxxx" abgegeben. Dabei ist unstreitig, dass der Verhandlungsleiter im Submissionstermin 16.04.2002 das Angebot der Beigeladenen vom 16.04.2002 dahingehend verlesen hat, dass lediglich ein Hauptangebot für das Los 1 zum Preis von 877.720,74 EUR brutto sowie ein Nebenangebot bezüglich Los 1 abgegeben wurden. Noch am gleichen Tage, mit Schreiben vom 16.04.2002, wies die Auftraggeberin die Bieter dann jedoch darauf hin, dass das Ergebnis des Eröffnungstermins von ihr nachträglich korrigiert worden sei, da sich das Angebot der Firma xxxxxxx (Beigeladene) nicht nur auf Los 1, sondern auf alle 3 Lose beziehe. Dies sei jedoch bei der Submission nicht sofort erkannt worden. In der mündlichen Verhandlung hat sich die Auftraggeberin dahingehend geäußert, dass sie sich nicht erklären könne, warum der Verhandlungsleiter diesem Irrtum über das Angebot der Beigeladenen erlegen ist. Es mag nach Auffassung der Vergabekammer daran gelegen haben, dass das Angebotsschreiben der Beigeladenen vom 16.04.2002 auf Seite 1 einen Hinweis zum Los 1 enthält. Dort heißt es:
"Zu dem Gewerk 1, Werkzaun xxxxxxx, bemerken wir, dass die im Angebot beschriebenen Materialien a) Zaunpfahl, b) Drahtzaun von den einschlägigen Herstellerfirmen aus dem Lieferprogramm genommen worden sind. Wir haben Ihnen deshalb ein Nebenangebot ausgearbeitet, das unter Wahrung der geforderten Qualität auf die am Markt dafür verfügbaren Materialien aufbaut."
Seite 2 des Angebotsschreibens enthält ebenfalls lediglich die Angebotssumme netto und brutto. Den von der Auftraggeberin mit den Verdingungsunterlagen zur Verfügung gestellten Angebotsvordruck hatte die Auftraggeberin dagegen nicht ausgefüllt, sondern lediglich per Unterschrift und Firmenstempel anerkannt und dem Angebot beigefügt. Damit war auch die auf der letzten Seite vorgesehene Gesamtzusammenstellung hinsichtlich der Gewerke 1, 2 und 3 zwar rechtsverbindlich unterschrieben, aber nicht ausgefüllt, was insgesamt den Irrtum des Verhandlungsleiters erklären kann. Die Beigeladene hatte stattdessen ihre Angebotsaufschlüsselung auf einem eigenen Computervordruck vorgenommen, der auf insgesamt 9 Seiten sämtliche Lose, Positionen, Unterpositionen und Einheitspreise auflistete und auch die erforderliche Zusammenstellung der Titel am Ende dieses Ausdrucks enthielt. Die Verwendung eines eigenen Computerausdrucks statt des mit den Verdingungsunterlagen zur Verfügung gestellten Vordrucks "O Leistungsverzeichnis Kurztext/Preisverzeichnis Los 1, 2, 3, Preiszusammenstellung" ist nicht zu beanstanden, da die Beigeladene diese Vordrucke beigefügt hat und sämtliche Vorgaben durch rechtsverbindliche Unterschrift an den dafür vorgesehenen Stellen anerkannt hat.
Die Vergabekammer hat auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass hier etwa Unterlagen im Nachhinein ergänzt wurden. Sämtliche Angebote wie auch die zwei Blatt umfassende, in der Vergabeakte enthaltene Eröffnungsniederschrift vom 16.04.02 weisen eine einheitliche Lochung auf, die sich auch auf die Umschläge der Angebote erstreckt. Die Auftraggeberin hat dies mit Schriftsatz vom 24.10.2002 damit erläutert, dass im Eröffnungstermin die Angebote vom Verhandlungsleiter geöffnet, in allen wesentlichen Teilen gem. § 22 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A gekennzeichnet und sodann verlesen worden seien. Die Kennzeichnung erfolgte durch den Stempelaufdruck "Stadt xxxxxxx - Stadtplanungsamt - Submissionsstelle, Datumsangabe" und die Unterschrift des Verhandlungsleiters an den wesentlichen Teilen der Angebotsunterlagen (z.B. auf Seite 3 des Angebotsschreibens). Unmittelbar nach dieser Kennzeichnung und dem Verlesen der Angebote seien die Angebotsunterlagen zusätzlich an Ort und Stelle gelocht worden. Während des Lochens seien aber nur noch drei eigene Verwaltungsangestellte zugegen gewesen. Die im Submissionstermin anwesenden Vertreter der Bieterfirmen xxxxxxx (Beigeladene) und xxxxxxx (Antragstellerin) hätten bereits nach Kennzeichnung und dem Verlesen der Angebote den Eröffnungstermin verlassen, ohne gegen das Eröffnungsverfahren Einwendungen erhoben zu haben. Nach dem Lochen der Angebotsunterlagen sei der Eröffnungstermin dann vom Verhandlungsleiter um 9.28 Uhr geschlossen worden. Die Vergabekammer hält diese Darstellung der Auftraggeberin für nachvollziehbar und glaubhaft, zumal nicht nur die Angebote inkl. Umschläge, sondern auch die Eröffnungsniederschrift selbst die einheitliche Lochung aufweisen. Die Beigeladene hat damit ein Hauptangebot über alle 3 Lose abgegeben.
Dieses Angebot der Beigeladenen war von der Auftraggeberin entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht wegen unzulässiger Änderungen an den Verdingungsunterlagen gem. §§ 21 Nr. 1 Abs. 2, 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A von der Wertung auszuschließen. § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A soll sicherstellen, dass das Angebot den ausgeschriebenen Leistungen und den sonstigen Verdingungsunterlagen entspricht. Derartige Änderungen können sich sowohl auf den technischen Inhalt (Abänderung der zu erbringenden Leistung) als auch auf die vertraglichen Regelungen (z.B. Ausführungsfristen, Gewährleistungsfristen, Sicherheitsleistungen, Zahlungsweise) beziehen (vgl. Prieß in Beck'scher VOB-Kommentar, A § 21, Rdn. 39). Zweck des Änderungsverbotes ist der Schutz des durch die Ausschreibung eröffneten Wettbewerbs. Dieser wiederum kann nur gewährleistet werden, wenn Änderungen an den Verdingungsunterlagen unterbunden werden, weil andernfalls die Vergleichbarkeit der Angebote leidet (vgl. BGH, BauR 1998, S. 1249). Anders verhält es sich jedoch, wenn der Bieter bei der Sichtung der Verdingungsunterlagen oder bei der Fassung seines Angebotes auf Unklarheiten in den Verdingungsunterlagen stößt. Hält ein Bieter Aussagen in den Verdingungsunterlagen für unklar oder auslegungsbedürftig, so sollte er dies unverzüglich dem Auftraggeber mitteilen. Regelmäßig enthalten die Bewerbungsbedingungen öffentlicher Auftraggeber sogar eine entsprechende Verpflichtung. In den Bewerbungsbedingungen für die Vergabe von Bauleistungen [EVM (B) BwB/E 212] des Vergabehandbuchs für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen (VHB) heißt es in Nr. 1:
"Mitteilung von Unklarheiten in den Vergabeunterlagen
Enthalten die Vergabeunterlagen nach Auffassung des Bieters Unklarheiten, so hat der Bieter unverzüglich den Auftraggeber vor Angebotsabgabe schriftlich, fernschriftlich oder telegrafisch darauf hinzuweisen."
Das Gleiche gilt für den Fall, dass die Verdingungsunterlagen nicht erfüllbare Forderungen enthalten. Ist z.B. vorgesehen, dass ein nicht auf dem Markt befindliches Fabrikat zu liefern ist, so darf der Bieter nicht von sich aus ein anderes Fabrikat in das Leistungsverzeichnis einsetzen. Er ist vielmehr gehalten, den Auftraggeber auf diesen Umstand hinzuweisen und eine entsprechende Änderung der Verdingungsunterlagen zu erwirken (vgl. Heiermann/Rusam, VOB, 9. Auflage, A § 21, Rdn. 14). Ähnlich verhält es sich im vorliegenden Fall. Die Beigeladene hat in ihrem Angebotsschreiben vom 16.04.2002 die Auftraggeberin darauf hingewiesen, dass die im Gewerk 1, Werkzaun xxxxxxx beschriebenen Materialien für Zaunpfahl und Drahtzaun von den einschlägigen Firmen aus dem Lieferprogramm genommen worden seien und damit auf entsprechende Lieferengpässe hingewiesen. Gefordert hatte die Auftraggeberin unter Pos. 1.3.10 (Seite 15 des Langtextes der Verdingungsunterlagen) einen Maschengeflechtzaun in folgender Ausführung:
"Maschengeflechtzaun mit Zaunpfosten aus Stahlbetonfertigteilen, bewehrt, in der Güte B 35 gemäß DIN 1045, Sichtbeton mit sauberen, geraden Kanten, mit starken Montageflanschen aus Metall für alle nachstehenden Bauteile ausgerüstet, herstellen, liefern und mit den entsprechenden Fundamenten nach Angaben des Herstellers einbauen. Zaunsystem und Montageelemente zum BeispielFabrikat elcosta ... angebotenes Fabrikat: ..."
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass zumindest das ausgeschriebene Beispielsfabrikat am Markt kaum noch erhältlich ist. Auch die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass ihres Wissens nur noch ein Lieferant dieses Produkt anbieten könne. Sie hat mit Schriftsatz vom 29.10.2002 den ihr zur Verfügung stehenden Lieferanten für das Drahtgeflecht benannt und die Vergabekammer darum gebeten, diese Information Mitbewerbern nicht zugänglich zu machen. Angesichts dieser unstreitigen Lieferengpässe war die Beigeladene verpflichtet, die Auftraggeberin auf diese Schwierigkeiten hinzuweisen, zumal sie diesen Hinweis mit einem Nebenangebot verbunden hat, das allerdings nicht zum Zuge gekommen ist. Gleichwohl hat die Beigeladene in ihrem Hauptangebot die Pos. 1.3.10 wie auch die übrigen Positionen angeboten. Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie bzw. der von ihr eingesetzte Subunternehmer, die Firma xxxxxxx, werde sich die geforderten Materialien und insbesondere das Drahtgeflecht in der verlangten und beschriebenen Ausführung und Qualität am Markt beschaffen. Angesichts dieser Sachlage besteht für die Auftraggeberin keine Veranlassung, das Hauptangebot der Beigeladenen gem. §§ 21 Nr. 1 Abs. 2, 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A von der Wertung auszuschließen. Die Auftraggeberin hätte den Hinweis der Beigeladenen allenfalls zum Anlass nehmen können, mit der Beigeladenen ein Aufklärungsgespräch gem. § 24 VOB/A zu führen, um aufzuklären, welches Fabrikat, das die geforderte Beschaffenheit und Qualität aufweist, die Beigeladene konkret verwenden will. Sie sah jedoch keinen Anlass, ein solches Aufklärungsgespräch zu führen.
b)
Die Auftraggeberin hatte auch keine Veranlassung, die Beigeladene wegen fehlender Eignung gem. Nr. 2 Abs. 1 VOB/A im Vergabeverfahren auszuschließen. Die Beigeladene hat in ihrem Angebot unter Verwendung des von der Auftraggeberin zur Verfügung gestellten Vordrucks (Seite 40 der Verdingungsunterlagen) an vorgesehener Stelle in der Liste der für die Ausführung von Teilleistungen vorgesehenen Nachunternehmer ausdrücklich erklärt, für welche Arbeiten sie welche Nachunternehmer einzusetzen beabsichtigt, nämlich für die Leistung Gleisbau die Firma xxxxxxx, für den Gussasphalt die Firma xxxxxxx und für den Zaunbau die Firma xxxxxxx. Daraus ergibt sich im konkreten Fall nicht, dass sich die Beigeladene durch den Nachunternehmereinsatz im Widerspruch zu der von ihr mit dem Angebot einzureichenden Erklärung des Bieters zur Ausführung der Leistungen im eigenen Betrieb gesetzt hätte (Seite 42 der Verdingungsunterlagen). Nach dieser Vorgabe der Verdingungsunterlagen durften durchaus Leistungen an Nachunternehmer vergeben werden. Sie standen lediglich unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Auftraggebers. Ferner hatten die Bieter zu versichern, dass die dem Auftraggeber benannten Nachunternehmer ihren gesetzlichen Verpflichtungen zur Zahlung von Steuern und Sozialabgaben nachkommen und die gewerblichen Voraussetzungen erfüllen, was die Beigeladene durch rechtsverbindliche Unterschrift auch versichert hat. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass die Beigeladene als reine Baufirma überhaupt nicht in der Lage sei, die angebotenen Arbeiten überhaupt durchzuführen, jedenfalls nicht unter Beschränkung auf einen angemessenen Subunternehmereinsatz. Konkret beabsichtige die Beigeladene nach Auffassung der Antragstellerin, weniger als 50 % des streitbefangenen Auftrags im eigenen Betrieb durchzuführen.
Die Forderung nach einem mindestens 50-prozentigen Eigenanteil zur Konkretisierung der Regelung des § 4 Nr. 8 VOB/B, nach dem Leistungen grundsätzlich im eigenen Betrieb auszuführen sind, sind in der Praxis üblich. Diese 50%-Regelung stammt aus einem niedersächsischen Runderlass zum Öffentlichen Auftragswesen und ist ausschließlich zu VOB-Vergaben ergangen. Bei reinen Bauleistungen ist die diesbezügliche Abgrenzungsproblematik relativ einfach zu handhaben. Bei Mischleistungen kann dies im Einzelfall problematisch werden. Diese Erwägungen haben u.a. dazu geführt, dass auch die im Entwurf des Vergabegesetzes des Landes Niedersachsen in der ursprünglichen Fassung ursprünglich enthaltenen Forderung über einen vorgeschriebenen Eigenleistungsanteil von mindestens 50 % in der vom Landtag letztlich verabschiedeten und am 01.01.2003 in Kraft tretenden Fassung wieder entfallen ist. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die Forderung nach einem Eigenanteil von 50 % der auszuführenden Leistung nicht nur praktische Schwierigkeiten mitbringt, sondern gegen einen generellen Ausschluss von Generalunternehmern und Unternehmen mit einem höheren Anteil an Nachunternehmerleistungen rechtliche Bedenken im Hinblick auf die Berufsausübungsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG bestehen (vgl. § 4 des Entwurfs des Landesvergabegesetzes i.d.F. vom 15.11.2001 = Landtagsdrucksache 14/2893 und S. 6, 7 des schriftlichen Berichts zum Entwurf eines Landesvergabegesetzes vom 28.08.2002 = Landtagsdrucksache 14/3628 sowie die vom Nieders. Landtag schließlich beschlossene Endfassung = Nds. GVBl. S. 370 - VORIS 72080 - vom 02.09.2002).
Der Eigenanteil von 50 % bildet daher bislang und auch künftig einen tauglichen Orientierungswert, um zu definieren, wann ein Bieter die Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 8 Abs. 1 VOB/B im eigenen Betrieb ausführt. Sie entbindet den Auftraggeber aber nicht davon, den jeweiligen Besonderheiten eines ausgeschriebenen Gesamtauftrages Rechnung zu tragen. Wird der Wert des Gesamtauftrages, wie im vorliegenden Fall, nicht fast ausschließlich durch Bauleistungen, sondern zu einem hohen Anteil an Lieferleistungen bestimmt, führt dies nicht automatisch zu einem Ausschluss einer reinen Baufirma vom Wettbewerb.
c)
Das Angebot der Beigeladenen war entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht wegen fehlender Angemessenheit des Angebotspreises von 877.720,74 EUR brutto gem. § 20 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A von der Wertung auszuschließen. Gemäß § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A darf auf ein Angebot mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis der Zuschlag nicht erteilt werden. Erscheint einem Auftraggeber ein Angebotspreis unangemessen niedrig, so hat er gem. § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A die Angemessenheit dieses Preises unter Beteiligung des entsprechenden Bieters zu prüfen. Zur Beachtung dieser Vorgabe ist in Niedersachsen durch den Gemeinsamen Erlass des MW und des MI vom 27.09.2002 - 32-32573/2/25 - (Nds. MBl. S. 685) geregelt, dass bei einer Abweichung von 10 % zum nächsthöheren Angebot sich der Auftraggeber als Vergabestelle zwingend mit der Kalkulation des billigsten Angebotes auseinander setzen muss. Dem Bieter ist aufzugeben, die ordnungsgemäße Kalkulation seines Angebotes schlüssig nachzuweisen. Ein Ausschluss des Angebotes ist danach erst grundsätzlich vorzunehmen, wenn der Bieter seiner Nachweispflicht nicht nachgekommen ist. Von einem Missverhältnis zwischen Preis und Leistung ist allerdings nur dann auszugehen, wenn der Preis von den Erfahrungswerten wettbewerblicher Preisbildung so grob abweicht, dass dies sofort ins Auge fällt. Ein beträchtlicher Preisabstand zwischen dem niedrigsten und den nachfolgenden Angeboten allein ist für sich genommen noch kein hinreichendes Merkmal dafür, dass der niedrige Preis auch im Verhältnis zur zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig ist. Hinzu kommen müssen vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass der Niedrigpreis wettbewerblich nicht begründet ist (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., A § 25, Rdn. 45 ff.; Kulartz, VOL/A, 5. Auflage, § 25 Rdn. 40 ff., m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bieter mangels verbindlicher Kalkulationsregeln grundsätzlich in seiner Preisgestaltung frei bleibt. Deshalb ist für die Prüfung der Auskömmlichkeit des Angebotes nicht auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, sondern auch auf den Gesamtpreis, die Endsumme des Angebotes, abzustellen. Auch ist ein öffentlicher Auftraggeber nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote zu berücksichtigen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 08.11.2001, Az.: 13 Verg 12/01, m.w.N.). Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Wettbewerb erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeiten keine Zweifel bestehen.
Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden, von der Rechtsprechung entwickelten Maßstabs hat die Auftraggeberin keinen Anlass, die Angemessenheit des Angebotspreises der Beigeladenen in Zweifel zu ziehen und das Angebot der Beigeladenen einer entsprechenden Plausibilitätsprüfung zu unterziehen. Das Angebot der Beigeladenen unterschreitet mit einer Angebotssumme von 877.720,74 EUR brutto über die Summe aller Lose zwar das Gesamtangebot der Antragstellerin in Höhe von 1.486.245,63 EUR brutto deutlich. Das Angebot der Beigeladenen korrespondiert jedoch mit den Angeboten der beiden übrigen Bieter im streitbefangenen Vergabeverfahren, den Firmen xxxxxxx und xxxxxxx. Die Firma Zukic hatte lediglich ein Angebot für das Los 1 in Höhe von 518.221,30 EUR brutto abgegeben. Die Firma xxxxxxx hatte Angebote für die Lose 1 in Höhe von 403.809,92 EUR und für das Los 3 in Höhe von 6.032,-- EUR abgegeben. Die Angebote dieser beiden Bieter unterschritten hinsichtlich Los 1 damit sogar noch das Angebot der Beigeladenen für Los 1 in Höhe von 632.834,96 EUR brutto deutlich. Das Angebot der Firma xxxxxxx für Los 3 mit 6.032,-- EUR unterschritt auch das Angebot der Beigeladenen für Los 3 mit 8.538,76 EUR. Die Angebote der Firmen xxxxxxx und xxxxxxx wurden jedoch von der Auftraggeberin aufgrund der in der Vergabeakte enthaltenen Angebotsauswertung vom 18.06.2002 wegen Unvollständigkeit, Änderungen an den Verdingungsunterlagen im Sinne des § 21 Nr. 2 VOB/A bzw. im Falle der Firma xxxxxxx wegen fehlenden Nachweises der Fachkunde und Zuverlässigkeit gem. § 25 VOB/A von der weiteren Wertung ausgeschlossen. Deutlich wird jedoch bei der Gegenüberstellung der Angebotspreise für sämtliche Lose, dass das Angebot der Antragstellerin insbesondere hinsichtlich des Loses 1 mit 1.135.589,73 EUR brutto das Angebot sämtlicher drei Mitbewerber bei weitem übersteigt - teilweise sogar über hundert Prozent. Die Auftraggeberin hatte und hat daher keinen Anlass, an der Angemessenheit des Angebotes der Beigeladenen zu zweifeln. Vielmehr kann das Angebot der Antragstellerin wegen des deutlich höheren Preises im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht zum Zuge kommen und daher den Zuschlag nicht erhalten.
d)
Schließlich hat sich im Nachprüfungsverfahren auch nicht der Vorwurf der Antragstellerin bestätigt, die Auftraggeberin habe in ihren Verdingungsunterlagen die Leistung nicht eindeutig und so erschöpfend beschrieben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können und damit gegen § 9 Nr. 1 VOB/A verstoßen. Die Antragstellerin hat ihren diesbezüglichen Vortrag insbesondere auf die Leistungsposition 1.3.20 bezogen. Dort heißt es:
"Die Fundamente liegen dicht neben bzw. auf den Kabeltrassen. Für jedes Zaunpfostenfundament ist eine händische Vorschachtung zur Erkundung der genauen Lage und Tiefe der Kabel und des Kabelzugrohres notwendig. Die Kabel dürfen nicht beschädigt werden."
Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 24.10.2002 und noch einmal mit Schriftsatz vom 29.10.2002 erklärt, dass die vergleichsweise hohen Kosten für das Los 1 gerade auf dieser Vorgabe beruhen sowie auf der Tatsache, dass das streitbefangene Los 1 die Zaunerrichtung zwischen den Gleisprofilen vorsehe. Erschwerend komme hinzu, dass der Gleisbetrieb zumindest bezüglich eines Gleises nach den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses während der Errichtung aufrechterhalten werden soll, was die Arbeiten insofern verkompliziere. Der Vertreter des von der Auftraggeberin mit der Durchführung der Ausschreibung beauftragten Ingenieurbüros hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die Beigeladene und insbesondere das von ihr vorgesehene Subunternehmen xxxxxxx einen Vorteil habe, da dieses Unternehmen gerade die besagten Leitungen seinerzeit dort im Jahre 2001 selbst ausgeführt habe. Die Beigeladene mag daher Vorteile hinsichtlich der Feststellung der genauen Lage und Tiefe der Kabel und des Kabelzugrohres gemäß Leistungsposition 1.3.20 haben. Diese Mutmaßungen ändern indessen nichts daran, dass das Angebot der Beigeladenen keine Anhaltspunkte dafür bietet, dass sie entgegen der eindeutigen Vorgabe der Leistungsposition 1.3.20 keine händische, sondern eine wie auch immer geartete maschinelle Vorschachtung für die Zaunpfostenfundamente beabsichtigt.
Der Nachprüfungsantrag war daher als unbegründet zurückzuweisen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro - Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, sodass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw. in Ausnahmefällen 50.000 Euro beträgt.
Es wird die gesetzliche Mindestgebühr in Höhe von 2.500 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zugrunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 756.655,81 EUR (netto). Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem niedrigsten Angebot der Beigeladenen (Hauptangebot über alle Lose).
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999. Hiernach wird der Mindestgebühr von 5.000 DM (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 2 Mio. DM (Schwellenwert von 1 Mio. EURO; ca. 2 Mio. DM) zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 DM (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 300 Mio. DM (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer Angebotssumme von 756.655,81 EUR netto ergibt sich die Mindestgebühr von 2.500 EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten der Auftraggeberin, die dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von 2.500 EUR unter Angabe des Kassenzeichens xxxxxxxxxxxxxx auf folgendes Konto zu überweisen: xxx.
Schulte
Conrad