Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.05.2001, Az.: 1 K 389/00
Ausgleich; Bebauungsplan; Eingriff; Kleinsiedlungsgebiet; Landwirtschaft; Mastbetrieb; Maststall; Natur; Normenkontrollantrag; Normenkontrolle; Normenkontrollverfahren; Rüge; Verfahrensfehler
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 30.05.2001
- Aktenzeichen
- 1 K 389/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 40481
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs 5 Nr 2 BauGB
- § 1 Abs 5 Nr 8 BauGB
- § 1 Abs 6 BauGB
- § 214 Abs 1 Nr 2 BauGB
- § 215 Abs 1 Nr 1 BauGB
- § 8a BNatSchG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Eine Ergänzung oder inhaltliche Überarbeitung der dem Bebauungsplan beizufügenden Begründung nach dem Satzungsbeschluss ist unzulässig. Ein solcher Fehler wird jedenfalls infolge Rügeverlustes nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich.
2. Zu den Anforderungen an eine Rüge nach § 215 Abs. 1 BauGB.
3. Die Schutzwürdigkeit eines Kleinsiedlungsgebietes gegenüber Immissionen der Massentierhaltung ist niedriger einzustufen als die eines allgemeinen Wohngebietes.
4. Zur Berücksichtigung von Erweiterungsabsichten eines Landwirts hinsichtlich der Tierhaltung.
5. Die Festsetzung eines Kleinsiedlungsgebietes als"weicher Übergang" zwischen landwirtschaftlichen Betrieben und Wohngebiet stellt einen Etikettenschwindel dar, wenn es der Gemeinde um die Planung von Einfamilienhäusern geht.
Tatbestand:
Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 90 der Antragsgegnerin, mit dem diese im Anschluss an die landwirtschaftlich genutzten Flächen des Antragstellers Kleinsiedlungs- (WS) und allgemeines Wohngebiet (WA) festsetzt, weil er eine Einschränkung seiner landwirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten befürchtet.
Der Antragsteller ist Eigentümer des im Außenbereich der Antragsgegnerin gelegenen Flurstücks X mit einer Größe von 50.780 qm, das sich von der Straße Am Kanal in südöstlicher Richtung erstreckt und mit Ausnahme eines Teilstücks im Bereich der Straße Am Kanal unmittelbar im Südwesten an den Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans angrenzt. Auf der 6.640 qm großen Hofstelle, die im nordwestlichen Teil des langgestreckten Flurstücks liegt, führt der Sohn des Antragstellers einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb mit Produktionsschwerpunkten Rinder- und Schweinemasthaltung. Zu dem Betrieb gehören weiterhin die Ländereien der nordöstlich benachbarten Hofstelle, die der Antragsteller im Jahre 1997 erworben hat.
Der Normenkontrollantrag hatte in wesentlichen Erfolg.
Entscheidungsgründe
II. Die Normenkontrolle ist begründet, soweit der angegriffene Bebauungsplan Kleinsiedlungsgebiet festsetzt. Insoweit ist der Plan nichtig. Darüber hinaus ist der angegriffene Bebauungsplan bis zur Behebung des Ausfertigungsfehlers und bis zur rechtlichen Absicherung der naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen für unwirksam zu erklären. Der weitergehende Antrag wird abgewiesen.
1. a) In formeller Hinsicht begegnet es allerdings nicht Bedenken, dass der Verwaltungsausschuss des Rates der Antragsgegnerin den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans gefasst hat. § 40 Abs. 1 Nr. 5 NGO in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 1. April 1996 (NdsGVBl. S. 82), in Kraft getreten am 1. November 1996, behält dem Rat einer Gemeinde nur die abschließende Entscheidung bei Bauleitplanverfahren, nicht also den Planaufstellungsbeschluss vor (Urt. d. Sen. v. 15.3.2001 -- 1 K 2440/00 --). Diesen hat nach dem gesetzlichen Regelfall der Verwaltungsausschuss zu fassen.
b) Der Antragsgegnerin ist zwar ein Verfahrensfehler unterlaufen, soweit sie nach dem Satzungsbeschluss die Begründung des Bebauungsplans in wesentlichen Punkten überarbeitet hat. Dieser Mangel ist aber als unbeachtlich einzustufen. Gemäß § 9 Abs. 8 Satz 1 BauGB ist dem Bebauungsplan eine Begründung beizufügen. Die Begründung ist nicht Bestandteil des normativen Inhalts der Satzung, da sie lediglich dem Plan beizufügen ist (BVerwG, Beschl. v. 21.2.1986 -- 4 N 1.85 --, BVerwGE 74, 47 = BRS 46, Nr. 12). Sie ist jedoch wesentliches Erfordernis der Aufstellung eines Bebauungsplanes (Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Loseblattsammlung, Stand: November 2000, § 9, Anm. 193). "Beigefügt" ist eine Begründung, wenn ihre Endfassung der endgültigen Beschlussfassung des Rates über die Satzung zugrunde lag und der Rat sie durch ausdrückliche Beschlussfassung oder mindestens zustimmende Kenntnisnahme in seinen Willen aufgenommen hat. Ein Nachschieben der Begründung oder ihre nachträgliche Ergänzung ist nicht zulässig (Bielenberg, a.a.O., § 9, Anm. 193; Wolfgang Schrödter, in: Schrödter, BauGB, 6. Aufl., 1998, § 9, Anm. 185; Lemmel, DVBl. 1981, 318, 321). Die Verfahrensweise der Antragsgegnerin genügt nicht den Anforderungen gemäß § 9 Abs. 8 BauGB.
Die Antragsgegnerin hat nach dem Satzungsbeschluss am 15. Dezember 1998 die Begründung in wesentlichen Teilen überarbeitet. Unter dem Stichwort "Abwägungsentscheidung der Gemeinde" ist das Ergebnis der Ausbreitungsberechnung der Landwirtschaftskammer vom 11. November 1998 eingearbeitet worden. Ferner ist die Bilanzierung unter dem Stichwort "Belange von Natur und Landschaft" um den Nachweis über die erforderlichen Ersatzflächen in Anlage 3 ergänzt worden. Hierbei handelt es sich nicht um redaktionelle Änderungen. Solche sind nur zulässig, wenn sie dem Ratswillen entsprechen oder die Begründung dadurch nicht inhaltlich verändert wird (z.B. Schreibkorrekturen). Die dargestellten Änderungen gehen über eine redaktionelle Überarbeitung hinaus. Sie berühren zentrale Gesichtspunkte der Abwägung, die allein dem Rat und nicht der Verwaltung vorbehalten ist. Ob dieser Mangel dem beachtlichen Fehlen einer Begründung gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbs. BauGB oder eher der unbeachtlichen Unvollständigkeit einer Begründung gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 2 2. Halbs. BauGB zuzuordnen ist, kann hier auf sich beruhen. Denn der vorliegende Begründungsmangel ist nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich, weil er nicht innerhalb der Jahresfrist gegenüber der Antragsgegnerin gerügt worden ist.
Der Antragsteller hat zwar binnen Jahresfrist nach Bekanntmachung des Beschlusses über die Satzung am 13. Februar 1999 die Normenkontrolle eingeleitet. Mit der am 3. Februar 2000 beim Normenkontrollgericht eingegangenen Antragsbegründung wird der Begründungsmangel aber nicht gerügt. Erst die am 2. Oktober 2000 bei Gericht eingegangene ergänzende Antragsbegründung vom 29. September 2000 nimmt hierzu verspätet Stellung. Die allumfassende Anfechtung des Bebauungsplanes aus allen in Betracht kommenden formellen Gründen (Seite 4 oben der Antragsschrift vom 2. Februar 2000) genügt nicht den Anforderungen, die § 215 Abs. 1 2. Halbs. BauGB an die Rüge stellt. Danach ist der Sachverhalt, der die Verletzung oder den Mangel begründen soll, darzulegen. Unzureichend ist somit die pauschale Rüge, die keinerlei Erkenntniswert besitzt und deshalb die Gemeinde auch nicht anhalten kann, den Fehler zu beheben (vgl. Schmaltz, in: Schrödter, BauGB, 6. Aufl., 1998, § 215, Anm. 14; vgl. a. BVerwG, Beschl. v. 2.1.2001 -- 4 BN 13.00 --; BW VGH, Urt. v. 20.5.1998 -- 3 S 2784/96 --, BRS 60 Nr. 56; OVG Schleswig, Urt. v. 16.3.1994 -- 1 K 23/91 --).
Der Einwand des Antragstellers, der Begründungsmangel sei aus der dem Bebauungsplan beigefügten Fassung der Begründung nicht erkennbar gewesen, so dass die Einjahresfrist des § 215 Abs. 1 BauGB nicht in Gang gesetzt worden sei, greift nicht durch. Die Fristen des § 215 Abs. 1 BauGB beginnen mit der Bekanntmachung. Sie sind geeignet, Präklusionswirkung für die Rüge der in § 215 Abs. 1 BauGB bezeichneten Mängel nach Ablauf der gesetzlich bestimmten Frist zu erzeugen. Dies gilt selbst dann, wenn z.B. ein Ausfertigungsmangel zur Wiederholung der Bekanntmachung zwingt. In diesem Fall beginnt die Frist mit der ordnungsgemäßen ersten Bekanntmachung (BVerwG, Beschl. v. 25.2.1997 -- 4 NB 40.96 --, NVwZ 1997, 893).
c) Der Bebauungsplan ist für unwirksam zu erklären, weil er an einem Ausfertigungsfehler leidet. Der Bürgermeister der Antragsgegnerin hat den Plan erst nach der Bekanntmachung am 13. Februar 1999 unter dem 20. April 1999 ausgefertigt. Durch die Ausfertigung soll sichergestellt werden, dass der Inhalt des als Satzung beschlossenen Bebauungsplanes mit dem Willen des gemeindlichen Beschlussorgans übereinstimmt (BVerwG, Beschl. v. 9.5.1996 -- 4 B 60.96 --, BRS 58, Nr. 41). Deshalb muss die Ausfertigung der ortsüblichen Bekanntmachung (§ 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB) vorausgehen (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 1 NGO). Der vorliegende Ausfertigungsfehler ist gemäß § 215 a Abs. 1 BauGB behebbar, so dass bis zur erneuten Ausfertigung und Bekanntmachung der Bebauungsplan für unwirksam zu erklären ist.
2. In materieller Hinsicht ist der angegriffene Bebauungsplan in mehrfacher Hinsicht mit Abwägungsmängeln behaftet. Unzureichend ist die Abwägung hinsichtlich des Immissionskonflikts zwischen Landwirtschaft und Wohnen. Dieser Mangel ist auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen (a). Die Festsetzung eines Kleinsiedlungsgebietes in Hofnähe entspricht nicht dem wahren Planungswillen der Antragsgegnerin. Dieser Fehler führt zur Teilnichtigkeit der Planung (b). Die Antragsgegnerin hat schließlich die Probleme mit den naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen nicht hinreichend bewältigt. Der Plan ist deshalb bis zur Behebung (auch) dieses Fehlers gemäß § 215 a BauGB für unwirksam zu erklären (c).
a) Die von dem Hof des Antragstellers ausgehenden Geruchsemissionen hat die Antragsgegnerin in unzureichender Weise abgewogen. Gemäß § 1 Abs. 6 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und die privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Die maßgeblichen Gesichtspunkte für die Abwägung ergeben sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1969 (-- IV C 105.66 --, BVerwGE 34, 301, 309). Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen: Eine sachgerechte Abwägung muss überhaupt stattfinden. In diese muss eingestellt werden, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Dabei darf die Bedeutung der betroffenen privaten Belange nicht verkannt und muss der Ausgleich zwischen den von der Planung betroffenen öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen werden, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange im Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Diesen Anforderungen genügt die Planung der Antragsgegnerin nicht.
Die Antragsgegnerin hat zwar im Aufstellungsverfahren erkannt, dass bei ihrer Abwägung neben den Wohnbedürfnissen der Bevölkerung (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BauGB) auch die Belange der Landwirtschaft (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 8 BauG) zu berücksichtigen sind. Landwirtschaftliche Betriebe, die auf Tierhaltung ausgerichtet sind, sind zwangsläufig mit Gerüchen und sonstigen Belästigungen verbunden. Rückt Wohnbebauung an einen solchen landwirtschaftlichen Betrieb heran, sind Konflikte zwischen diesen potentiell unverträglichen Nutzungen unausweichlich. Die Wohnnutzung kann durch angrenzende landwirtschaftliche Betriebe einer Belästigung und Störung insbesondere durch Gerüche ausgesetzt werden, die mit der Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit dieser Nutzung nicht vereinbar ist. Das kann auch der Fall sein, wenn die Wohnnutzung in einem Kleinsiedlungsgebiet gegenüber der landwirtschaftlichen Nutzung nur einen geminderten Schutzanspruch hat. Selbst diese geminderten Schutzansprüche können dazu führen, dass der Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebs dem Risiko ausgesetzt ist, mit immissionsschutzrechtlichen Auflagen überzogen zu werden, die aufgrund der bisherigen Verhältnisse nicht drohten. Es ist deshalb sachgerecht, dass die Antragsgegnerin zur Einschätzung der von dem landwirtschaftlichen Betrieb des Antragstellers ausgehenden Geruchsbelastung im Aufstellungsverfahren eine Sonderbeurteilung der Landwirtschaftskammer eingeholt hat. Eine solche Begutachtung im Einzelfall ist nach der VDI-Richtlinie 3471 -- Tierhaltung Schweine -- bei Schweinehaltung des landwirtschaftlichen Betriebes angezeigt. Nach Ziff. 3.2.3.3 der VDI-Richtlinie 3471, die eine brauchbare und im Allgemeinen unverzichtbare Entscheidungshilfe für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsbelastungen aus der Schweinehaltung darstellt (BVerwG, Urt. v. 14.1.1993 -- 4 C 19.90 --, DVBl. 1993, 652; Urt. d. Sen. v. 11.4.1997 -- 1 C 7648/95 --, AgrarR 1999, 187), bedarf es hinsichtlich der einzuhaltenden Abstände zwischen Tierhaltung und einem Kleinsiedlungsgebiet einer Sonderbeurteilung. Der Sohn des Antragstellers betreibt auf der Hofstelle Schweinehaltung, so dass die Sonderbeurteilung erforderlich ist. Ob eine solche Einzelfallbetrachtung auch bei (alleiniger) Rinderhaltung nach dem von dem Verein deutscher Ingenieure zurückgezogenen Entwurf der VDI-Richtlinie 3473 -- Tierhaltung Rinder -- erforderlich ist, kann dahinstehen.
Das vorläufige Ergebnis der eingeholten Sonderbeurteilung hat die Antragsgegnerin nicht in einer den Anforderungen nach § 1 Abs. 6 BauGB genügenden Weise in ihre Planungsentscheidung einfließen lassen. Ausweislich der Begründung zu dem Bebauungsplan mit dem Stand Oktober 1998, die, wie die Antragsgegnerin selbst einräumt, Gegenstand der Beratung in den Ausschüssen und im Rat gewesen ist, hat das Ergebnis der Sonderbeurteilung der Landwirtschaftskammer vom 11. November 1998 keinen Eingang in die Abwägungsentscheidung gefunden. Die Begründung zu dem Bebauungsplan bezieht sich noch auf frühere Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer vom 9. Februar 1998 und 6. August 1998 und weist am Ende der "Abwägungsentscheidung der Gemeinde" darauf hin, dass im Rahmen der Realisierung des Kleinsiedlungsgebietes eine Sonderbeurteilung eingeholt werde. Auch den weiteren Unterlagen, insbesondere den Protokollen zu den Ausschusssitzungen und zu der maßgeblichen Ratssitzung vom 15. Dezember 1998 lässt sich nicht entnehmen, dass die Sonderbeurteilung Gegenstand der Beratung und Beschlussfassung über die Satzung gewesen ist. Damit hat die Antragsgegnerin den Abwägungsvorgang in unzulässiger Weise verkürzt. Angesichts der zentralen Bedeutung des Immissionskonflikts zwischen der geplanten Wohnbebauung und dem landwirtschaftlichen Betrieb durfte sich die Antragsgegnerin im Zuge ihrer Planungsentscheidung nicht darauf zurückziehen, sie werde bei Verwirklichung der Bauvorhaben im Kleinsiedlungsgebiet die Interessen des landwirtschaftlichen Betriebes angemessen berücksichtigen.
Der vorbezeichnete Mangel hat sich jedoch nicht auf das Abwägungsergebnis ausgewirkt. Gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind, An der Offensichtlichkeit des Abwägungsmangels bestehen nach der dokumentierten Begründung zu dem Bebauungsplan, Stand Oktober 1998, keine Zweifel. Dieser offensichtliche Mangel ist nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Hierzu ist erforderlich, dass nach den Umständen des Einzelfalles die konkrete Möglichkeit eines solchen Einflusses besteht, was etwa dann der Fall sein kann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände ergibt, dass sich ohne den Fehler im Abwägungsvorgang ein anderes Abwägungsergebnis abgezeichnet hätte (BVerwG, Beschl. v. 29.1.1992 -- 4 NB 22.90 --, BRS 54, Nr. 15; Urt. v. 21.8.1981 -- 4 C 57.80 --, BRS 38, Nr. 37). Nach der gutachterlichen Einschätzung der Landwirtschaftskammer in der Vorabmitteilung vom 11. November 1998 und der die vorläufige Mitteilung bestätigenden endgültigen Fassung des Immissionsschutzgutachtens vom 24. März 1999 liegt die Festsetzung des allgemeinen Wohngebietes außerhalb des Bereichs, in dem die Geruchsschwelle von 1 GE/m3 an 3 % der Jahresstunden überschritten wird, und die Festsetzung Kleinsiedlungsgebiet außerhalb des von der Isoplethe mit der Grenzziehung 1 GE/m3 an 5 % der Jahresstunden überdeckten Gebietes. Bei Einbeziehung dieser fachgutachterlichen Stellungnahmen wäre die Antragsgegnerin nicht zu einer anderen Abwägungsentscheidung gelangt.
Es unterliegt namentlich keinen Bedenken, die Schutzwürdigkeit eines Kleinsiedlungsgebietes wegen der gebietstypischen Geruchseinwirkungen durch Kleintierhaltung gegenüber einem allgemeinen Wohngebiet in der dargelegten Art und Weise zu reduzieren. Das Gutachten der Landwirtschaftskammer nimmt an, dass in einem allgemeinen Wohngebiet keine erheblichen Belästigungen durch Gerüche vorliegen, wenn die Geruchswahrnehmungsschwelle (1 GE/m3) in 97 % der Jahresstunden nicht überschritten wird. Diese Annahme entspricht den fachlichen Beurteilungsgrundsätzen, die in der Praxis der Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit Anerkennung gefunden haben (Urt. d. Sen. v. 11.4.1997 -- 1 L 7648/95 --,a.a.O.; Sächs.OVG, Beschl. v. 15.7.1998 -- 1 S 257/98 --, SächsVBl. 1998, 292; vgl. auch den inzwischen im Hinblick auf die Geruchsimmissions-Richtlinie (Girl) formell aufgehobenen, gleichwohl als Richtschnur weiterhin grundsätzlich geeigneten Durchführungserlass zur TA Luft des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14.10.1986, MinBl. NW 1986, 1658). Auch die weitere Annahme des Gutachtens, im Kleinsiedlungsgebiet sei die Erhöhung der zeitlichen Grenze zumutbarer Einwirkungen von 3 % auf 5 % der Jahresstunden immissionsschutzrechtlich vertretbar, unterliegt keinen Bedenken. Im Rahmen einer abwägenden Beurteilung kann die Gemeinde diesen höheren Grenzwert bei der Planung eines WS-Gebietes zugrundelegen (vgl. Urt. d. Sen. v. 19.1.1995 -- 1 L 166/90 --, AgrarR 1995, 283 = BRS 57 Nr. 106). Dies entspricht den Erwartungen, welche die Bewohner eines WS-Gebietes an ihre Umgebung richten dürfen. Auch bei kleinsiedlerischer Nutzung treten wegen der zulässigen Haltung von Kleintieren bis hin zu Schweinen (vgl. Stock, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, § 2, Anm. 16) Tiergerüche auf, die von den Bewohnern eines Kleinsiedlungsgebietes hinzunehmen sind.
Die Angriffe des Antragstellers gegen die Verwertbarkeit der Begutachtung der Landwirtschaftskammer sind unbegründet. Die Berechnungsmodalitäten werden zwar nicht in der Vorabmitteilung vom 11. November 1998, sondern erst in der endgültigen Fassung des Gutachtens vom 24. März 1999 offengelegt. Bei Kenntnis dieser Einzelheiten hätte der Rat der Antragsgegnerin aber nicht anders entschieden. Der Immissionsschwerpunkt des landwirtschaftlichen Betriebes liegt entgegen der Annahme des Antragstellers weder an der Grenze des Hofgrundstückes noch an den Ventilationsauslässen der einzelnen Ställe. Die Tierhaltung des Sohnes des Antragstellers verteilt sich auf zwei Hofstellen und verschiedene Stallgebäude. Die geruchsintensivere Schweinemast wird zudem ausschließlich auf der im Jahre 1997 hinzuerworbenen Hofstelle betrieben, die etwas weiter von dem Plangebiet entfernt liegt als die Baulichkeiten auf dem Flurstück 150/1. Besteht eine Anlage aus mehreren Betriebsgebäuden, in denen unterschiedliche Tierzahlen oder -arten gehalten werden, ist der Emissionsschwerpunkt nach einer rechnerischen Methode zu ermitteln (vgl. zu den Einzelheiten: Schirz, Herausgeber, Handhabung der VDI-Richtlinie 3471 Schweine und 3472 Hühner, KTBL-Arbeitspapier 126, S. 39 ff.). Hierzu wird der Abstand eines jeden Stalles einer Anlage in Abhängigkeit von der erreichbaren Punktezahl und der Bestandsgröße in GV für die Mittelwertbildung herangezogen. Mit Hilfe dieser Informationen lässt sich anhand eines Koordinatensystems der Emissionsmittelpunkt zeichnerisch darstellen. Nach den Berechnungen der Landwirtschaftskammer Weser-Ems liegt der Emissionsschwerpunkt E in dem landwirtschaftlichen Betrieb des Antragstellers an einem Standort zwischen dem größten Rinderstall (K 6) und dem Schweinemaststall (B 3).
Die Landwirtschaftskammer war auch nicht gehalten, die Gülleausbringung auf der Grünlandfläche des Flurstücks 150/1 bei der Geruchsprognose zu berücksichtigen. Solche Immissionen, die mit landwirtschaftlicher Nutzung typischerweise verbunden und durch zumutbaren Aufwand nicht verhindert oder verringert werden können, sind von der umliegenden Wohnbevölkerung hinzunehmen, auch wenn diese -- wie im Fall der Ausbringung von Gülle -- kurzfristig erheblich belästigen können. Im Übrigen hat der Landwirt aus Gründen des Immissionsschutzes die für die Ausbringung von Gülle geltenden Bestimmungen und technischen Regeln einzuhalten. Die Antragsgegnerin war deshalb auch nicht verpflichtet, diesem Gesichtspunkt im Rahmen ihrer Abwägungsentscheidung weiter nachzugehen. Der Senat musste deshalb auch nicht dem auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisantrag entsprechen. Ob die Ausbringung von Gülle und Festmist auf dem dem Plangebiet benachbarten Grünland des Antragstellers eine ganz erhebliche Vorbelastung mit sich bringt und dadurch eine Geruchswahrnehmung im Plangebiet (1 GE je m3 Luft) in mehr als 3 % der Jahresstunden entsteht, ist nicht entscheidungserheblich. Die Bewohner eines Plangebietes in unmittelbarer Nachbarschaft zu landwirtschaftlichen Flächen müssen zusätzlich zu den Tiergerüchen aus landwirtschaftlichen Ställen in den dargestellten Grenzen die Geruchsbelastungen, die die Gülleausbringung mit sich bringt, hinnehmen. Im Übrigen bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, eine Summation der Gülleimmissionen und der Tiergerüche aus den Ställen führte zu der Gefahr von Gesundheitsbeeinträchtigungen. Denn die Zahl der berücksichtigungsfähigen Tiere (54,40 GV) in dem landwirtschaftlichen Betrieb des Antragstellers ist so klein, dass selbst bei einer Summationsbetrachtung die Schwelle echter Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht annähernd erreicht wird. Für diese Einschätzung ist auch maßgeblich, dass nach dem Bericht der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik, Freising-Weihenstephan, über die Geruchsemissionen aus Rinderställen (Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen, Landtechnische Berichte aus Praxis und Forschung, Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, gelbes Heft 63, 1999) die durchschnittliche Geruchsschwellenentfernung bei Rindern bemerkenswert gering ist. Sie beträgt selbst bei größeren Beständen von bis zu 500 Tieren nur rd. 30 m, teilweise auch weniger.
Das Begutachtungsergebnis ist auch nicht deshalb angreifbar, weil es das Interesse des Antragstellers an einer eventuellen Umstellung seines gesamten Tierbestandes auf Schweinemast vernachlässigt. Bei der Bauleitplanung ist abwägungsbeachtlich das Bedürfnis nach einer künftigen Betriebsausweitung im Rahmen einer normalen Betriebsentwicklung. Voraussetzung ist, dass diese Entwicklung bereits konkret ins Auge gefasst ist oder bei realistischer Betrachtung der von dem Landwirt aufzuzeigenden betrieblichen Entwicklungsmöglichkeiten nahe liegt (Urt. d. Sen. v. 4.1.1983 -- 1 C 2/81 --, BRS 40, Nr. 34). Eine Erweiterungsabsicht kann nicht losgelöst vom vorhandenen Baubestand und der bestehenden Betriebsgröße Beachtung verlangen (VGH Mannheim, Urt. v. 26.5.1994 -- 5 S 2193/93 --, UPR 1995, 110). Das Interesse des Landwirts, sich alle Entwicklungsmöglichkeiten offen zu halten, oder unklare bzw. unverbindliche Absichtserklärungen reichen nicht aus (BVerwG, Beschl. v. 10.11.1998 -- 4 BN 44.98 --, NVwZ-RR 1999, 423; v. 5.9.2000 -- 4 B 56.00 --, BauR 2001, 83). Dem Interesse des Betriebes des Antragstellers an einer Ausweitung im Rahmen einer normalen Betriebsentwicklung hat die Antragsgegnerin dadurch Rechnung getragen, dass sie für die immissionsschutzrechtliche Beurteilung die Berücksichtigung der zum damaligen Zeitpunkt mit einer Bauvoranfrage verfolgten Erweiterung des Betriebes um einen Boxenlaufstall mit 62 Plätzen vorgegeben hat. Die darüber hinausgehende Erklärung des Antragstellers, im Zuge einer Marktanpassung sei durchaus eine vollständige Umstellung auf Schweinemast denkbar, ist zu vage, um daraus einen abwägungsbeachtlichen privaten Belang ableiten zu können. Die Gemeinde muss bei ihrer Planung nur auf konkret auf der Hand liegende Erweiterungsabsichten eines landwirtschaftlichen Betriebes mit einem sinnvollen und realisierbaren wirtschaftlichen Betriebskonzept Rücksicht nehmen. Im Übrigen hat der Antragsteller in seiner Anregung vom 7. Oktober 1998 lediglich den geplanten Boxenlaufstall angesprochen, so dass für die Antragsgegnerin kein Anlass bestand, ein weiteres Entwicklungsinteresse des landwirtschaftlichen Betriebes zu beachten.
Schließlich übersieht der Antragsteller mit seinen Angriffen gegen die Geruchsprognose, dass die Landwirtschaftskammer zu seinen Gunsten bei der Bestandsanalyse davon ausgegangen ist, dass die vorhandenen Tierhaltungsanlagen und der geplante Boxenlaufstall insgesamt mit einem Durchschnitt von 66 Punkten zu bewerten sind. Die Gemeinde muss bei ihrer Planung eine veraltete Stallbewirtschaftung nicht berücksichtigen. Von dem Betreiber einer Anlage ist zu fordern, dass er die sich aus § 22 BImSchG ergebenden Pflichten zur Reduzierung der Immissionen und zur Wahrung des Standes der Technik einhält. Stand der Technik in der Landwirtschaft sind 100-Punkte-Ställe. Diese Punktzahl ist im Rahmen der Stallbewertung unter Einbeziehung der wesentlichen Faktoren für Emissionen erreichbar. Von diesem Standard kann die Gemeinde bei ihrer Abwägung ausgehen (Urt. d. Sen. v. 22.3.2001 -- 1 K 2294/99 --). Der betroffene Landwirt kann nicht erwarten, dass die Gemeinde ihre Planung auf die tatsächlichen Haltungsbedingungen ausrichtet, die nicht dem Stand der Technik entsprechen (BVerwG, Urt. v. 23.9.1999 -- 4 C 6.98 --, DVBl. 2000, 192).
Der Einwand des Antragstellers, der Rat der Antragsgegnerin bewerte ausweislich der im Termin zur mündlichen Verhandlung überreichten Auszüge aus Niederschriften über die Sitzung des Rates vom 13. März 2001 und vorangegangene Ausschuss-Sitzungen den Konflikt zwischen Wohnen und Landwirtschaft zugunsten einer ökologischen Landwirtschaft neu, stellt die vorstehende rechtliche Beurteilung nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB nicht in Frage. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Betrachtung, ob sich ohne den Fehler im Abwägungsvorgang ein anderes Abwägungsergebnis abgezeichnet hätte, ist der Beschluss über die Satzung (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Die Ratssitzung, in der der hier streitbefangene Bebauungsplan als Satzung beschlossen wurde, fand am 15. Dezember 1998 statt, also ca. 2 ¼ Jahre vor dem Beschluss des Rates der Antragsgegnerin am 13. März 2001, einen Bebauungsplan zur bauleitplanerischen "Beordnung" der künftigen Entwicklung der Antragsgegnerin aufzustellen. Einmal hiervon abgesehen lässt sich den nicht näher präzisierten Planungsvorstellungen in der Begründung zu dem Aufstellungsbeschluss vom 13. März 2001 auch nicht entnehmen, dass der Rat der Antragsgegnerin den Interessen des Antragstellers, den landwirtschaftlichen Betrieb in seinem Bestand zu erhalten und Entwicklungsmöglichkeiten offen zu halten, ein größeres Gewicht als bisher beimessen könnte. Ein Ziel der Planung ist die "Sicherung und Förderung der flächengebundenen bäuerlich strukturierten Landwirtschaft, die wirtschaftlich effektiv und umweltgerecht produziert und artgerechte Nutztierhaltung betreibt". Angesichts der dargestellten veralteten Stalltechnik auf dem Hof des Antragstellers bleibt fraglich, ob der Betrieb des Antragstellers aus den Planungszielen der Antragsgegnerin Vorteile herleiten kann. Das Gegenteil dürfte der Fall sein.
b) Die Planung der Antragsgegnerin leidet jedoch an einem zur Teilnichtigkeit des Planes führenden Abwägungsfehler, weil die Festsetzung eines Kleinsiedlungsgebiets nach Würdigung aller Umstände nicht darauf gerichtet ist, ein kleinsiedlerisches Wohnen mit Garten-, Gartenbau- oder landwirtschaftlicher Nebenerwerbsnutzung von einigem Gewicht, sondern eine Art allgemeines Wohngebiet zu schaffen, und diese Planfestsetzung lediglich dazu dienen soll, im Wege des "Etikettenschwindels" einen weichen Übergang zwischen dem landwirtschaftlichen Betrieb und dem allgemeinen Wohngebiet vorzugeben. Damit wird der durch den Bebauungsplan geschaffene Immissionskonflikt nicht gelöst, sondern in einer das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 6 BauGB) verletzenden Weise verschärft (vgl. Senatsurt. v. 23.9.1999 -- 1 K 5147/97 --, BauR 2000, 523; v. 30.6.1986 -- 1 OVG C 5/86 --, BRS 46, Nr. 17; v. 16.7.1990 -- 1 K 2/89 --, V.n.b.; v. 27.7.1990 -- 1 OVG C 11/88 --, BRS 50 Nr. 18). Die Antragsgegnerin hat zwar in der bei Satzungsbeschluss vorliegenden Begründung zu dem Bebauungsplan ausgeführt, Ziel der Planung sei es, die typischen Nutzungen in einem Kleinsiedlungsgebiet zu verwirklichen. Die objektiv vorhandenen Anhaltspunkte sprechen jedoch dagegen, dass dieser Ansatz dem wahren Planungswillen der Gemeinde entspricht.
Die Antragsgegnerin möchte ausweislich der Ziele ihrer Planung Baugrundstücke für Einfamilienhäuser schaffen. Anlass der Planung ist die Absicht eines privaten Investors, Baugrundstücke zur Verfügung zu stellen. Die Antragsgegnerin legt in der Begründung zu dem Bebauungsplan im Einzelnen dar, warum eine Nachfrage nach Baugrundstücken besteht. Demgegenüber erläutert die Antragsgegnerin nicht, welche Gesichtspunkte für die Festsetzung eines Kleinsiedlungsgebietes sprechen. Gerade diesem Gesichtspunkt hatten aber der Landkreis ... in seiner Stellungnahme vom 28. Juli 1998 sowie die Landwirtschaftskammer besondere Bedeutung beigemessen. Der Landkreis hatte ausgeführt, es sei in der Praxis zu überprüfen, ob es sich bei den Festsetzungen um echte Kleinsiedlungsgebiete handele oder schon um solche, die einem reinen oder allgemeinen Wohngebiet entsprächen und dann auch entsprechend zu beurteilen seien. Bei dem Kleinsiedlungsgebiet handelt es sich um ein "Auslaufmodell". In Zeiten gestiegenen Wohlstandes und gewandelter Lebensgewohnheiten tritt die sozialpolitische Bedeutung dieser Festsetzung, für Bevölkerungskreise mit geringem Einkommen durch eigenen Besitz von Haus mit Garten(bau-)nutzung und/oder landwirtschaftlicher Nebenerwerbsnutzung durch Bodenständigkeit eine gewisse Krisenfestigkeit zu erreichen, in den Hintergrund. Die Selbstversorgung mit Produkten aus dem eigenen Garten und der Nebenerwerbslandwirtschaft lohnt sich wegen der gefallenen Preise für diese Lebensmittel oft nicht mehr. Mit Blick auf diesen Strukturwandel ist der Gemeinde abzuverlangen, dass sie die Festsetzung WS-Gebiet näher begründet. Die Antragsgegnerin führt unter Ziff. 7.1 "Art der baulichen Nutzung" jedoch lediglich an, das Kleinsiedlungsgebiet werde zur Sicherung eines dörflichen Charakters festgesetzt. Es bleibt unklar, warum gerade die Festsetzung Kleinsiedlungsgebiet geeignet sein soll, den dörflichen Charakter zu wahren. Im Übrigen hatte die Antragsgegnerin die Grundstücksgrößen für das WA ebenfalls mit der Absicht begründet, den dörflichen Charakter sicherstellen zu wollen.
Weitere Gesichtspunkte sprechen dafür, dass es der Antragsgegnerin in Wahrheit darum geht, mit der Planfestsetzung WS-Gebiet im Wesentlichen das Ziel zu erreichen, das auch mit der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets zu erreichen ist. Die Antragsgegnerin hat die Festsetzung WS-Gebiet in räumlicher Hinsicht vollständig abgestimmt auf den von der Landwirtschaftskammer ermittelten Richtlinienabstand von 240 m zu dem landwirtschaftlichen Betrieb des Antragstellers. Die Landwirtschaftskammer hatte in ihren Stellungnahmen vom 9. Februar 1998 und 6. August 1998 ausgeführt, dass in dem Bereich zwischen dem halben Radius von 120 m und dem vollen Radius von 240 m ein WS-Gebiet geplant werden könne, soweit es auch "tatsächlich umgesetzt" werde. Die zeichnerische Darstellung (siehe auch Anlage 2 zu dem Gutachten der Landwirtschaftskammer vom 24.3.1999) belegt, dass das festgesetzte Kleinsiedlungsgebiet im Südosten mit der Parzelle endet, die noch vom 240 m-Abstand überlagert wird. Eine städtebauliche Begründung, warum das WS-Gebiet gerade die gewählte Größe erhält, zeigt die Antragsgegnerin nicht auf. Indizwirkung hat auch die Begründung zu dem Bebauungsplan in der der Ausfertigung des Plans beigefügten Fassung, wonach in dem Teil des Kleinsiedlungsgebiets, der unterhalb des Grenzwertes der Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 1 GE/m3 an 3 % der Jahresstunden liege, die Wohnnutzung vom Landkreis ohne wesentliche Einschränkung genehmigt werden dürfe. Danach ist schon nach der eigenen Argumentation der Antragsgegnerin der weitaus überwiegende Teil des Kleinsiedlungsgebietes für die Wohnnutzung vorgesehen.
Von der Möglichkeit, die ausnahmsweise zulässigen sonstigen Wohngebäude gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO auszuschließen, hat die Antragsgegnerin ebenfalls keinen Gebrauch gemacht. Vielmehr sind inzwischen auf den 8 Parzellen des Kleinsiedlungsgebietes drei Vorhaben als sonstige Wohngebäude gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise zugelassen worden. Lediglich ein Vorhaben wurde bisher als Kleinsiedlung genehmigt.
Die Richtigkeit der Auffassung, dass eine kleinsiedlerische Nutzung nicht ernsthaft beabsichtigt oder vorgesehen ist, belegen auch die Ausführungen in der Begründung zu dem Bebauungsplan, in welcher Weise die Umsetzung der typischen Eigenart eines Kleinsiedlungsgebietes zu sichern sei. Die Antragsgegnerin misst der Verwirklichung besondere Bedeutung bei und führt weiter aus, die Durchsetzung der planerischen Ziele "sollte im Rahmen des Erschließungsvertrages mit dem Investor entsprechend den o.g. Anforderungen" geregelt werden. Der Erschließungsvertrag vom 24. Januar 1999 mit dem Investor enthält allerdings keine vertraglichen Verpflichtungen, mit denen das Ziel einer Realisierung des Kleinsiedlungsgebietes erreicht werden könnte. Er beschränkt sich im Wesentlichen auf die Vereinbarung der Herstellung von Erschließungsanlagen im Plangebiet.
Der Nutzungskonflikt zwischen der danach offensichtlich weit überwiegend geplanten allgemeinen Wohnnutzung im Plangebiet und den landwirtschaftlichen Immissionen wird in dem angegriffenen Plan jedenfalls für das Kleinsiedlungsgebiet nicht wahrhaft gelöst, sondern nur "auf dem Papier geschlichtet". Nach dem aus den Planungsunterlagen hervorgehenden Gesamteindruck hat die Antragsgegnerin lediglich versucht, ihre Planung an die Vorgabe der Landwirtschaftskammer, zu dem landwirtschaftlichen Betrieb des Antragstellers bestimmte Immissionsabstände einzuhalten, anzupassen (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 8.2.2000 -- 4 BN 1.00 -- Buchholz 406.11 § 5 BauGB Nr. 11, zu einer ähnlichen Konstellation unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 1 Abs. 3 BauGB). Da die Landwirtschaftskammer einem Kleinsiedlungsgebiet gegenüber einem allgemeinen Wohngebiet einen geringeren Schutzanspruch eingeräumt hat, hat die Antragsgegnerin diese Festsetzung gewählt, ohne eine solche gebietstypische Nutzung tatsächlich zu wollen. Mit dieser Planung soll dem angrenzenden Landwirt, wie es der Antragsteller treffend formuliert hat, eine "Beruhigungspille" verabreicht werden, ohne dass die bestehende Konfliktsituation gelöst wird.
Dieser Mangel ist -- wie dargelegt -- nicht nur offensichtlich, sondern für das Abwägungsergebnis auch von Einfluss gewesen (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Bei richtiger Interpretation der Ausführungen der Landwirtschaftskammer Weser-Ems in den fachgutachterlichen Stellungnahmen vom 11. November 1998 bzw. 24. März 1999 wäre das Ergebnis der Abwägung der Antragsgegnerin voraussichtlich anders ausgefallen.
Der Mangel trifft den "Kern der Abwägungsentscheidung" (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 10.11.1998 -- 4 BN 45.98 --, NVwZ 1999, 420), so dass eine Nachbesserung nach § 215 a BauGB ausscheidet. Die Nichtigkeit des Bebauungsplanes ist beschränkt auf die Festsetzung des Kleinsiedlungsgebietes auszusprechen. Die verbleibende Festsetzung eines allgemeinen Wohngebietes auf einer Fläche, die ungefähr zwei Drittel des Plangebietes ausmacht, wird noch den Anforderungen des § 1 BauGB gerecht, eine sinnvolle städtebauliche Ordnung zu bewirken. Es ist auch davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhaltes beschlossen hätte.
c) Letztlich genügt auch die rechtliche Sicherung der naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen nicht dem Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 6 BauGB. Nach den Grundsätzen, die der Senat in seinem Urteil vom 21. Juli 1999 (-- 1 K 3526/97 --, NST-N 2000, 27) aufgestellt hat, trägt der Bebauungsplan den Belangen von Natur und Landschaft nicht ausreichend Rechnung. Auf das vorliegende Verfahren ist § 8 a BNatSchG 1993 anwendbar, weil der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan noch im Jahre 1997 gefasst worden ist (vgl. auch § 243 Abs. 2 BauGB). Durchgreifende Anhaltspunkte für die Annahme, die Antragsgegnerin habe das Bauleitverfahren nach neuem Recht (vgl. § 1 a Abs. 3 BauGB 1998) weiterführen wollen, liegen nicht vor. Aber selbst bei Anwendung von § 1 a Abs. 3 BauGB 1998 ergäbe sich nach den nachstehenden Ausführungen keine andere rechtliche Beurteilung. § 8 a BNatSchG 1993 verpflichtet die Antragsgegnerin, schon im Planaufstellungsverfahren die Probleme planerisch zu bewältigen, welche sich durch den -- durch die Versiegelung von Flächen gegebenen -- Eingriff in Natur und Landschaft ergeben. Sie muss schon im Planaufstellungsverfahren ermitteln und entscheiden, ob vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen, sowie ob und wie unvermeidbare Beeinträchtigungen auszugleichen oder durch Ersatzmaßnahmen zu kompensieren sind. Ermittlung und Entscheidung müssen dabei den Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebotes entsprechen (vgl. Urt. d. Sen. v. 21.7.1999 -- 1 K 3526/97 --, a.a.O.). Diesen Anforderungen genügt die Planung der Antragsgegnerin nicht.
Sie hat den Vollzug der naturschutzrechtlichen Maßnahmen, die außerhalb des "eigentlichen" räumlichen Geltungsbereiches des Bebauungsplanes durchgeführt werden sollen, nicht ausreichend gesichert. Zur Gewährleistung der Umsetzung der naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen ist die Gemeinde nicht auf das Instrumentarium nach § 9 BauGB beschränkt. Sie kann namentlich die Durchsetzung der Maßnahmen dadurch sicherstellen, dass sie mit der Naturschutzbehörde einen städtebaulichen Vertrag abschließt. § 1 a Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 11 BauGB 1998 sieht nunmehr ausdrücklich den Abschluss von öffentlich-rechtlichen Verträgen zur Sicherung der Kompensationsmaßnahmen vor. Die von der Antragsgegnerin gewählte Verfahrensweise ist unzureichend. Die maßgebliche Begründung zu dem Bebauungsplan, Stand Oktober 1998, enthält auf S. 13 die Bemerkung, die Antragsgegnerin stelle sicher, dass die notwendigen Flächen und Maßnahmen zur Kompensation des Wertpunktdefizits vor Satzungsbeschluss gesichert und mit der unteren Naturschutzbehörde abgestimmt würden. Maßnahmen in dieser Richtung hat die Antragsgegnerin ausweislich der Planungsunterlagen jedoch nicht unternommen. Vor Satzungsbeschluss ist weder eine verbindliche vertragliche Regelung mit dem Investor noch mit der unteren Naturschutzbehörde getroffen worden.
Soweit der Rat in seiner Sitzung vom 15. Dezember 1998 die Verwaltung beauftragt hat, den Bebauungsplan erst dann öffentlich bekannt zu machen, wenn der Nachweis über die erforderlichen Ausgleichsflächen erbracht worden sei, führt das weitere Verfahren ebenfalls nicht zu der erforderlichen Verbindlichkeit der durchzuführenden Maßnahmen. Die überarbeitete Begründung zu dem Bebauungsplan enthält zwar den Hinweis, dass nunmehr der Nachweis über die Ersatzflächen erbracht worden sei. Es lässt sich aber nicht feststellen, dass durch diesen Nachweis die tatsächliche Umsetzung der erforderlichen Kompensationsmaßnahmen ausreichend sichergestellt worden ist. Die Antragsgegnerin räumt in ihrem Schriftsatz vom 12. März 2001 selbst ein, dass der Investor die erforderlichen Grundstücke zwar angekauft, jedoch die geforderte dingliche Absicherung der Ausgleichsflächen nicht erbracht habe.
Soweit die Antragsgegnerin nunmehr mit Schriftsatz vom 22. Mai 2001 einen städtebaulichen Vertrag mit der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises ... vorgelegt hat, genügen die darin enthaltenen Verpflichtungen nicht dem Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 6 BauGB, weil dieser Vertrag nicht Gegenstand des Satzungsbeschlusses am 15. Dezember 1998 gewesen ist.
Der offensichtliche Mangel ist auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Der Mangel ist gemäß § 215 a BauGB behebbar, weil er nicht den Kern der Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin berührt.