Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.05.2001, Az.: 1 L 3314/00

Rechtmäßigkeit der Höhe eines Sanierungsausgleichsbetrags; Zeitpunkt der Aufhebung einer Sanierungssatzung als Wertermittlungsstichtag; Beanstandung des Verfahrens zur Grundstücksverkehrswertermittlung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
30.05.2001
Aktenzeichen
1 L 3314/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 30741
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2001:0530.1L3314.00.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 26.02.1999 - AZ: 2 A 133/96
nachfolgend
BVerwG - 22.07.2002 - AZ: BVerwG 4 B 83.01

Fundstellen

  • BauR 2002, 135 (amtl. Leitsatz)
  • GuG 2002, 187-189
  • GuG aktuell 2001, 47
  • UPR 2002, 159
  • ZMR 2002, 233-235
  • ZfBR 2002, 378

Verfahrensgegenstand

Festsetzung von Ausgleichsbeträgen nach BauGB

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 1. Senat -
auf die mündliche Verhandlung vom 30. Mai 2001
durch
den Richter am Oberverwaltungsgericht Claus als Vorsitzenden,
den Richter am Oberverwaltungsgericht Muhsmann,
den Richter am Verwaltungsgericht Osterloh, sowie
den ehrenamtlichen Richter K. und
die ehrenamtliche Richterin J.
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 2. Kammer - vom 26. Februar 1999 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe des Ausgleichsbetrages, den die Beklagte für ihr 318 qm großes Grundstück G. Straße 86 in O. (Flurstücke 30/3 bis 6, Flur 92 der Gemarkung O.) festgesetzt hat. Dieses ist mit einem bis zu viergeschossigen Wohn- und Geschäftshaus bebaut und liegt zwischen der G. Straße und der westlich davon verlaufenden G. H..

2

Die Beklagte hob die für dieses Gebiet seit dem 31. Juli 1972 geltende Sanierungssatzung mit Wirkung zum 21. Oktober 1994 auf und setzte den Ausgleichsbetrag durch Bescheid vom 21. Juli 1995 auf noch zu zahlende 93.749,10 DM fest, wobei sie auf den Ausgleichsbetrag 645,90 DM anrechnete, welche die Klägerin im Jahre 1974 als Kanalbaubeitrag gezahlt hatte. Dabei hatte sie für den der G. Straße zugewandten Grundstücksteil zur Größe von 163 qm höhere Anfangs- und Endwerte angenommen als für den hinteren, 155 qm großen Grundstücksteil. Sie legte der Ermittlung drei Einzelgutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte für den Bereich der Beklagten zugrunde, welche dieser unter dem 20. und 26. September 1994 für die Grundstücke G. Straße 22 (Flurstück 6, Flur 95; Gutachten Nr. G 33 - 94), G. Straße 40 (Flurstück 11/4, Flur 93; Gutachten Nr. G 34 - 94) sowie das Grundstück G. Straße 5 (Flurstück 35/2, Flur 95; Gutachten Nr. G 32 - 94) erstattet hatte. Darin war der neue Bodenwert so ermittelt worden, dass die erzielbare Miete für Erdgeschossnettoladenflächen (exklusive Lager- sowie Nebenkosten) mit 180,-- DM/m² beziehungsweise 185,-- DM/m² angenommen und mit einem Faktor von 40 multipliziert worden war. Das Ergebnis hatte der Gutachterausschuss in Anlehnung an die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster vom 18. Februar 1988 (- 3 K 2268/85 -, KStZ 1988, 211) gekürzt.

3

Den dagegen eingelegten, sich im Wesentlichen gegen die Ermittlung des Ausgleichsbetrages richtenden Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 1996 vollen Umfangs zurück und führte aus: Zur Einholung von Gutachten, welche speziell die Grundstücke der Klägerin und der anderen Kläger beträfen, sei sie nicht verpflichtet. Der Bodenwert werde nach den eingeholten Einzelgutachten wesentlich durch die Höhe der Mieten bestimmt, welche für die in den Erdgeschossen gelegenen Läden exklusive Nebenflächen erzielt werden könnten. Die Richtigkeit dieser Annahme zeige unter anderem der Umstand, dass mehrere nur ein- bis zweigeschossig mit Kaufhäusern bebaute Grundstücke nicht aufgestockt worden seien, obwohl der Bebauungsplan eine fünfgeschossige Bebauung zulasse.

4

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht, es sei unzulässig, auf der Grundlage dreier für ganz andere Grundstücke erstatteter Gutachten die Höhe des Ausgleichsbetrages zu bestimmen. Zudem sei die von der Beklagten verwandte Methode in vielfacher Hinsicht fehlerhaft. Es sei namentlich unzulässig, eine derart hohe Ladenmiete anzunehmen. 180,-- DM/m² beziehungsweise 185,-- DM/m² Nettoladenfläche/Erdgeschoss könnten auf dem Markt nicht annähernd erzielt werden. Die tatsächlich gezahlten Mieten lägen - wie sie im Einzelnen aufschlüsselte - deutlich darunter.

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Die Klägerin hat beantragt,

den Heranziehungsbescheid der Beklagten vom 21. Juli 1995 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 1996 aufzuheben.

6

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

7

und den Inhalt ihrer Bescheide verteidigt.

8

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der angegriffenen Entscheidung, auf deren weitere Gründe Bezug genommen wird, im Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen: Die gegen die angewandten Methoden erhobenen Einwände griffen nicht durch. Auf die tatsächlich erzielte Miete komme es nicht an, weil die erzielbare Miete maßgeblich sei. Dazu habe die Klägerin auch mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag ausreichend Substantiiertes nicht geltend machen können.

9

Dagegen richtet sich die vom Senat durch Beschluss vom 19. September 2000 - 1 L 1987/99 - zugelassene Berufung der Klägerin. Zu deren Begründung macht diese unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend insbesondere geltend:

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Es sei schon zu beanstanden, dass der Gutachterausschuss meine, aus der Höhe der Erdgeschossladenmiete für den reinen Verkaufsraum und damit aus Ertragsgesichtspunkten auf den Bodenwert schließen zu können. Das sei eine von vornherein ungeeignete Methode. Zumindest sei es nicht gerechtfertigt, für alle Ladenlokale gleichermaßen den Faktor 40 anzusetzen. Zwischen den verschiedenen Lagen und Größen sowie nach Art der verschiedenen Mietkonstellationen (unter anderem Denkmalschutzauflagen? Optionsrechte?) müsse unterschieden werden. Der Gutachterausschuss habe seine Annahme, 180,-- DM bis 185,-- DM je Quadratmeter Erdgeschossladenfläche seien als Miete zu erzielen, nicht ausreichend belegt. 36 von 80 Anliegern der G. Straße erzielten einen derartigen Mietzins nach dem in erster Instanz gestellten und zu Unrecht abgelehnten Beweisantrag nicht. Die Art und Weise, in der der Gutachterausschuss die Mietensituation zu ermitteln versucht habe, sei in mehrfacher Hinsicht zu beanstanden. Es sei schon sehr zweifelhaft, das Ergebnis der Befragung für 31 von insgesamt 80 Objekten ausreichen zu lassen. Zu Unrecht sei die Mietenumfrage aus dem Jahr 1989 auf den hier maßgeblichen Wertermittlungsstichtag umgerechnet worden. Es sei unklar, wie der Gutachterausschuss auf der Grundlage der im Übrigen veralteten Umfrage zu einem Wert von 180,-- DM/m² beziehungsweise 185,-- DM/m² beziehungsweise einem Multiplikationsfaktor von 40 gelangt sei und diesen trotz der Lageunterschiede der drei - im Übrigen ungeeigneten - Vergleichsobjekte einheitlich angewandt habe. Es sei nicht entscheidungserheblich, dass der Gutachterausschuss bei der nur hilfsweise vorgenommenen Bewertung anhand des Modells Niedersachsen im Wesentlichen zu denselben Ergebnissen gelangt sei. Gründe des Gleichheitssatzes verböten es, noch nicht bestandskräftige Heranziehungsbescheide anders zu behandeln als bestandskräftige. Im Übrigen könne das Modell Niedersachsen nach der Rechtsprechung des Senates hier nicht angewandt werden. Dem Gutachterausschuss sei allerdings in der Einschätzung zu folgen, dass entsprechend der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster vom 18. Februar 1988 ein Abschlag von etwa 20 v.H. zu machen sei, um den mit jeder Berechnungsmethode verbundenen Unsicherheiten ausreichend Rechnung zu tragen.

11

Die Klägerin beantragt,

das angegriffene Urteil zu ändern und nach ihrem erstinstanzlich gestellten Antrag zu erkennen.

12

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

13

Sie erwidert: Die vom Gutachterausschuss herangezogenen drei Vergleichsfälle seien von ihrer Lage her betrachtet durchaus repräsentativ. Sie lägen in der Nähe des Objektes der Klägerin und seien so ausgewählt worden, dass sie für den gesamten Zug der G. Straße, soweit er hier abgerechnet worden sei, repräsentativ seien. Das seien sie auch trotz des zeitlichen Abstandes, der zwischen dem maßgeblichen Stichtag und den ergänzend herangezogenen Verkaufsfällen liege. Denn der Veränderung der Wertverhältnisse könne verlässlich Rechnung getragen werden durch die Bodenwert-Indexreihe C. Diese sei frei von Einflüssen der Sanierung. Den unterschiedlichen Lageverhältnissen habe der Gutachterausschuss durch Lagewertfaktoren hinreichend Rechnung getragen. Dass alle drei Vergleichsobjekte die gleichen Lagewertfaktoren aufwiesen, sei nicht verwunderlich; denn alle Objekte lägen an der G. Straße in 1-A-Lage. Korrekturen seien nur in der Größenordnung von etwa 37 v.H. vorgenommen worden. Das liege noch innerhalb der Toleranzschwelle, welche hingenommen werden könne. Bei der Ermittlung der Höhe des Ausgleichsbetrages sei außerdem zu berücksichtigen, dass der Gutachterausschuss den Multiplikationsfaktor mit 40 sehr niedrig angenommen habe. Die Spanne betrage zwischen dem 35- und dem 48fachen der Erdgeschossflächennettoladenmiete. Selbst wenn der Faktor nur auf 45 erhöht werde, sei bei einer Ladenerdgeschossnettomiete von 160,-- DM ein Bodenendwert von 7.200,-- DM/m² zu ermitteln gewesen. Eine weitere Differenzierung des Mietzinses nach der Ladengröße sei nicht angezeigt gewesen. Denn der für die Bemessung des Ausgleichsbetrages maßgebliche Bodenwert sei für unbebaute Grundstücke zu ergründen. Es bleibe einem Grundstückseigentümer unbenommen, ein unbebautes Grundstück zur Steigerung seiner Gewinnerwartungen mit kleinen Ladenlokalen zu bebauen. Auch vorhandene größere Läden könnten baulich aufgeteilt und damit einer profitableren Nutzung zugeführt werden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Münster sei ein pauschaler Abschlag von 20 v.H. nicht zwingend geboten.

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In der mündlichen Verhandlung haben zwei Vertreter des Gutachterausschusses das Vorgehen erläutert. Wegen des Inhalts ihrer Darlegungen wird auf die Sitzungsniederschrift vom gleichen Tage verwiesen.

15

Wegen der Einzelheiten von Vortrag und Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, welche in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist zulässig, insbesondere rechtzeitig begründet worden. Sie ist jedoch nicht begründet.

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Der Grund der Ausgleichsbetragspflicht steht nicht mehr im Streit. Die Kläger haben sich - zu Recht - damit abgefunden, dass Sanierungsmaßnahmen gebietsbezogen sind und dementsprechend nicht eingewandt werden kann, gerade ihr Grundstück habe eine Sanierung nicht nötig gehabt. Da es sich um eine gebietsbezogene Maßnahme handelt, ist es auch unschädlich, dass ein Teil der Sanierungsmaßnahmen zu einem relativ frühen Zeitpunkt bereits durchgeführt worden war. Das führt nicht dazu, die Sanierungsmaßnahme insgesamt für seinerzeit schon beendet ansehen zu können. Denn es waren vor Aufhebung der Sanierungssatzung noch andere Maßnahmen zur vollständigen Erreichung des Sanierungszieles durchzuführen.

18

Die festgesetzte Höhe des Sanierungsausgleichsbetrages ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

19

Der Gutachterausschuss dürfte mit dem 22. Februar 1994 zwar einen unzutreffenden Wertermittlungsstichtag gewählt haben; das wirkt sich im Ergebnis indes nicht zum Vorteil der Klägerseite aus.

20

Gemäß § 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 WertV sind die maßgebenden Anfangs- und Endwerte des Grundstücks auf denselben Zeitpunkt zu ermitteln. In dem hier gegebenen Fall des § 162 BauGB ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung maßgebend, mit der die Sanierungssatzung aufgehoben wird. Zu diesem Zeitpunkt entsteht die Ausgleichsbetragspflicht (§ 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Die Sanierungssatzung wurde mit Wirkung vom 21. Oktober 1994 (§ 162 Abs. 2 BauGB) aufgehoben. Das hätte dann eigentlich der maßgebliche Tag sein müssen. Dieser Mangel ist indes unerheblich. Ob diese Abweichung mit der vom Gutachterausschuss der Beklagten unter dem 2. Februar 1996 (Anlage 4 zum Schriftsatz der Beklagten vom 23. März 2000) gemachten Erläuterung gerechtfertigt werden kann ("Nach Auffassung des Gutachterausschusses ist aufgrund der am Stichtag 21. Oktober 1994 bestehenden Verhältnisse auf dem Immobilienmarkt eine Veränderung der Anfangs- und Endbodenwerte gegenüber den zum Stichtag 22. Februar 1994 ermittelten Werte nicht sach- und marktgerecht.") mag auf sich beruhen. Denn zu dem früheren Zeitpunkt, den der Gutachterausschuss gewählt hat, waren alle Sanierungsmaßnahmen tatsächlich schon durchgeführt worden mit der Folge, dass alle wertbeeinflussenden Umstände zu diesem (früheren) Zeitpunkt vorhanden und bekannt waren. Das nachstehend vorzustellende Modell S. (H. S., Bodenpreisanalyse für den Innenstadtbereich einer Großstadt, VR 1977, 422 ff.) zur Ermittlung der Werte für unbebaute Grundstücke wird in der Fassung, die es durch die Untersuchung von A. B.-W. (VR 1985, 413 ff., hier: S. 423) gefunden hat, von der Erkenntnis geleitet, dass der Bodenwert stärker gestiegen ist als der Mietzins für die Netto-Verkaufsflächen/EG. Je früher der Wertermittlungszeitpunkt liegt, umso günstiger ist dies daher für die Klägerin, da sich die Schere zwischen Miet- und Bodenpreisentwicklung dann nicht (wenngleich geringfügig) noch weiter geöffnet hat.

21

Die vom Gutachterausschuss gewählte Art der Wertermittlung ist "dem Grunde nach" nicht zu beanstanden. Nach § 7 Abs. 2 WertV sind die Verfahren zur Ermittlung des Verkehrswertes nach der Art des Gegenstandes der Wertermittlung unter Berücksichtigung der im Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und den sonstigen Umständen des Einzelfalles zu wählen. Der Gutachterausschuss hat hier eine speziell für den Innenstadtbereich von Osnabrück entwickelte Methode gewählt. Das Verfahren wurde von S. (a.a.O.) im Jahre 1977 entwickelt und 1985 von B.-W. (a.a.O.) fortgeführt. Es beruht auf einer Untersuchung der Besonderheiten, welche gerade den O. Markt im Innenstadtbereich für gewerblich zumindest mitgenutzte Grundstücke auszeichnen. Geleitet vom - berechtigten - Unbehagen, dass relativ wenig Verkaufsfälle Vergleichsmöglichkeiten boten, benennt B.-W. (a.a.O., S. 420) nur 133 Kauffälle für die Jahre 1968 bis 1984, von denen noch eine ganze Reihe als ungeeignet ausgeschieden werden musste mit der Folge, dass 31 übrig blieben; S. (a.a.O., S. 422) bedauert, dass für die Jahre 1966 bis 1976 nur 102 Kaufpreise vorlagen und die im Innenstadtbereich der Beklagten vorkommenden Verkaufsfälle zudem manche nur mit erheblichem Aufwand herauszufilternde Besonderheiten aufwiesen. So waren dort verschiedentlich "Liebhaberpreise" vereinbart worden für den Kauf von Flächen, die zur Arrondierung des vorhandenen gewerblichen Areals benötigt wurden, insbesondere durch Zukauf von "Hinterland", das heißt von Flächen, die der G. Straße abgewandt sind. Vor diesem Hintergrund suchte S. nach anderen Kriterien, welche einen Rückschluss auf die marktgerechten Bodenpreise für (fiktiv) unbebaute Grundstücke zulassen. Dabei wies er nach, dass ein solcher Zusammenhang zwischen dem Bodenpreis und der erzielbaren Miete für die EG-Nettoladenfläche (ohne Nebenräume wie beispielsweise Lager) besteht. Dieser Zusammenhang war um mehrere Größenordnungen signifikanter und weniger fehlerbehaftet als der Zusammenhang zwischen Roh- oder Reinertrag je Quadratmeter Grundstücksfläche beziehungsweise Nutzfläche (vgl. Tabelle VR 1977, 426). Die Korrelation ist dabei in Bild 3 seiner Untersuchung (a.a.O., S. 429) angegeben.

22

Bemerkenswert dabei ist mit Blick auf die von der Klägerseite erhobenen Rügen vor allem das Folgende:

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Die Untersuchung basiert auf der Überlegung, dass sich der Kaufpreis für ein Grundstück in der Innenstadt von O. im Wesentlichen an den Ertragserwartungen orientieren wird, die der Käufer für das in Rede stehende Grundstück hegen darf. Denn in der Innenstadt von O. steht die gewerbliche, das heißt eine Nicht-Wohnnutzung im Vordergrund. Maßgebend sind damit die erzielbaren Erträge. Für diese bestehen nach den angestellten Untersuchungen ein signifikanter und - bei allen Schwächen statistischer Erhebungen - statistisch, wenngleich mit gewissen Zufälligkeiten versehener Zusammenhang (daher nennt S. seine Untersuchung auch "stachastisch"). Von den verschiedenen Methoden, die Ertragssituation eines Grundstücks zu ermitteln, wies dabei vor allem diejenige die geringste Streuung auf, welche sich an den Rohmieten für die Nutzflächen im Erdgeschoss (ohne Lager und sonstige Nebenräume sowie -kosten) orientierte (vgl. Tabelle S., a.a.O., S. 426).

24

Die Mieten wurden dabei auf dreierlei Weise festgestellt, nämlich anhand von Gutachten, die überwiegend in den Jahren 1973 bis 1976 erstellt worden waren (a.a.O., S. 429 u.), von Mietverträgen, welche nach § 15 StBauFG der Genehmigung unterlagen, sowie anhand der Marktkenntnis des Gutachterausschusses (a.a.O., S. 425 u.). Festgehalten wurden die 1976 für gewerbliche Nutzungen erzielbaren Mieten. Soweit die EG-Rohmieten der Mietübersicht entstammten, waren sie - eingestandenermaßen - ungenauer, weil sie nur teilweise Gutachten und zur Genehmigung unterbreiteten Mietverträgen entstammten und im Übrigen nur punktuell durch tatsächliche Angaben hatten untermauert werden können (a.a.O., S. 436 u.).

25

Damit ist eine gewisse Vergröberung verbunden, welche dieses Modell indes nicht unbrauchbar macht. Denn die Grundannahme, ein Käufer werde sich im Innenstadtbereich der Beklagten bei der Ermittlung des zu akzeptierenden Kaufpreises von der erzielbaren Rohmiete leiten lassen, ist überzeugend. Die mit der statistischen Aufarbeitung verbundenen Unsicherheiten werden vom Gutachter eingestanden, durch stochastische Ergänzung des Modells berücksichtigt und gehen zudem nicht über die mit jeder Ermittlung eines letztlich fiktiven Grundstücks(boden)wertes hinaus. Denn tatsächliche Kaufgeschehen, welche Eintragungen in Bodenrichtwertkarten leiten, sind - obwohl als Methode zur Ermittlung des Bodenwertes anerkannt - mit noch größeren Unwägbarkeiten behaftet. Diese resultieren daraus, dass nur eine begrenzte Anzahl von Verkaufsfällen vorliegt und jeder einzelne von ihnen daraufhin gewürdigt werden muss, ob bei seiner Vereinbarung Sonderinteressen den vermeintlich objektiven Kaufpreis bestimmt haben. Demgegenüber liegt selbst dann ein deutlich umfangreicheres Datenmaterial der Ermittlung konkreter Bodenwerte zugrunde, wenn nur für einen Bruchteil aller dort gelegener Geschäfte aktuelle Mietangaben gemacht werden. Dabei ist das Datenmaterial selbst dann in einer ins Gewicht fallenden Weise umfangreicher und aussagekräftiger, wenn nur 19 an der G. Straße gelegene Geschäfte aussagefähige Angaben zur EG-Rohmiete (Nettofläche) machen (können). Denn die Verkaufsfälle in diesem Citybereich sind an Anzahl noch um mehrere Größenordnungen geringer. Zudem sind die dabei vereinbarten Preise aus den oben genannten Gründen mit noch größeren Unwägbarkeiten und Korrekturbedürftigkeiten behaftet. Verglichen damit wirft das Verfahren S. keine größeren, sondern geringere methodische Mängelquellen auf.

26

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt weiter, dass der von S. gerade für den Innenstadtbereich der Beklagten beobachteten und - gewichtend - statistisch belegten Korrelation zwischen erzielbarer Rohmiete und Bodenwert keine Mietenermittlung der Art zugrunde liegt, wie sie die Klägerseite für dieses Verfahren einfordert. Zur Erreichung einer praktikablen Handreichung wurde das Mietenniveau vielmehr auf "Basisinformationen" begrenzt ermittelt, welche die Berücksichtigung von Besonderheiten wie bauliche Ausnutzung, Berücksichtigung (billigerer) rückwärtiger Grundstücksflächen und besonderer Lagevorteile weitgehend erübrigte (vgl. a.a.O., S. 427 M.). Maßgeblich war nach der statistisch bereinigten Fassung lediglich, dass/ob sich das Grundstück im Bereich der G. Straße befand, das heißt nicht weiter als 500 m von ihr entfernt war (a.a.O., S. 433 o.). Nur dann, wenn die Lage eines Grundstückes diesen vereinfachenden und vereinfachten Rahmen "sprengte", das heißt exorbitante, sofort ins Auge springende Besonderheiten wie zum Beispiel eine gesteigerte Gewinnerwartung durch Ecklage aufwies, war ein Zuschlag veranlasst (a.a.O., S. 433 u.). Der Grundstückzuschnitt war nur dann von Interesse, wenn er eine über das normale Maß hinausgehende Besonderheit aufwies, das heißt eine optimale und nicht nur eine durchschnittliche Nutzung zuließ. Abschläge wegen Grundstücksübergröße sind nach diesem Modell dementsprechend nicht zu berücksichtigen.

27

Die vorstehend aufgelisteten, die Brauchbarkeit des S. Modells nicht durchgreifend in Zweifel ziehenden Schwächen in der Aufbereitung des statistischen Materials sind durch die Untersuchungen noch weiter reduziert worden, welche der Publikation von B.-W. zugrunde liegen. Diese konstatierte noch immer das Dilemma, dass die "an sich" bessere Ermittlung des Bodenwertes anhand von Kauffällen praktisch erhebliche Schwierigkeiten aufwarf in Ermangelung von Verkaufsfällen. 1968 bis 1984 waren lediglich 133 Kauffälle im gesamten Innenstadtbereich vorgekommen (a.a.O., S. 420). Diese betrafen so unterschiedliche Lagequalitäten der Objekte und so weit gestreute Kaufzeitpunkte, dass sie eine Ermittlung des Bodenwertes nur sehr eingeschränkt zuließen. Hatte S. - bereinigt - nur 40 Kauffälle zugrunde legen können, um sein Modell zu plausibilisieren und statistisch zu untermauern (vgl. B.-W., a.a.O., S. 423), war die Basis für die Untersuchung von B.-W. auf 31 Fälle geschrumpft (a.a.O., S. 420). Diese griff bei ihrer Untersuchung, in der sie zwei weitere Wertermittlungsmodelle mit dem von S. verglich und dessen praktische Vorzüge feststellte (vgl. zusammenfassend, a.a.O., S. 429), auf eine großflächige Übersicht über Geschäftsraummieten in der Innenstadt der Beklagten aus dem Jahr 1976 zurück, welche die sachverständige Einschätzung der zuvor erstellten Mietenübersicht durch eine schriftliche Befragung der sanierungsbetroffenen Grundstückseigentümer über damals erzielte Mieteinnahmen bestätigte (a.a.O., S. 417). Andere Erkenntnisquellen konnten nach der nachvollziehbaren Begründung nicht erschlossen werden. Ein Mietpreisindex für gewerbliche Objekte lag seinerzeit nicht vor. Das Institut für Handelsforschung an der Universität Köln konnte nur Durchschnittswerte für das Bundesgebiet liefern. Ergebnis war, dass die Schere zwischen der Entwicklung der Mieten und der Bodenwerte noch weiter auseinander gegangen war mit der Folge, dass der Faktor sich vergrößerte, mit dem die Rohmiete zur Ermittlung des Bodenwertes zu multiplizieren ist. Die statistische Wahrscheinlichkeit beträgt nunmehr das 35- bis 48fache der Geschäftsraumrohmiete. Dabei dominierte auch nach den Erkenntnissen von B.-W. die Lagequalität unter den wertbeeinflussenden Umständen (a.a.O., S. 420 u.). Andere wertbeeinflussende Umstände wie bauliche Ausnutzbarkeit des Grundstückes und dessen Zuschnitt würden durch die Lagequalität entweder überlagert oder korreliert.

28

Aus den vorstehend zusammengefassten Erkenntnissen ergeben sich mehrere die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Ermittlung trotz der Angriffe der Klägerseite begründende Folgerungen:

29

Die erzielbare Rohmiete wurde nicht - wie dies der Ausdruck nahe zu legen scheint und Grundlage der klägerischen Argumentation bildet - auf der Grundlage eines Systems ermittelt, das jedweden Besonderheiten eines ausgleichsbetragspflichtigen Grundstückes nach Art eines speziell für dieses ermittelten Einzelgutachtens Rechnung trug. Der EG-Mietenrohertrag war vielmehr ermittelt worden als ein um solche Besonderheiten bereinigter Wert. Besondere Lagevorteile sind danach allenfalls Anlass, die EG-Rohmiete zu erhöhen, sonstige Lagebesonderheiten geben indes nicht Anlass dazu, den möglichen Mietenertrag zu reduzieren. Da der Ausgleichsbetrag die sanierungsbedingte Bodenwerterhöhung abschöpfen, nicht also eine feste von der Gemeinde für die Sanierung aufgewandte Summe verteilen soll, kann dementsprechend die Klägerin nicht daraus Rechtsvorteile herleiten, dass ein anderes Grundstück nicht mit einem solchen besonderen Lagevorteil und dementsprechend gesteigerter EG-Rohmietenerwartung belastet worden ist.

30

Die Ermittlung der Rohmiete ist darüber hinaus schon bei den Untersuchungen von S. und B.-W. mit all jenen Mängeln belastet gewesen, welche die Klägerseite der Untersuchung aus dem Jahr 1989 anlastet, welche der Gutachterausschuss hier zur Grundlage seiner Wertermittlung gemacht hat. Die "Marktkenntnis" des Gutachterausschusses (S.) ist ebenso wie im Übrigen auch der Auf- oder Abschlag, den man bei der Interpolierung von Kaufpreisen wegen des Datums des Kaufvertragsschlusses und/oder wegen Lage- oder sonstigen Besonderheiten zu machen hat, ebenso eine Quelle von Unsicherheiten wie "Unstimmigkeiten", welche sich bei der Ermittlung des Mietpreisniveaus durch Befragung der Mieter/Nutzer und Grundstückseigentümer ergeben. All dies stellt das System S./B.-W. - wegen der jeder Bodenwertermittlung anhaftenden Unsicherheit und der geringeren Nachteile, welche gerade dieses System aufweist - nicht entscheidend in Frage, hat aber zur Folge, dass auch bei der Anwendung dieses Modells, namentlich die Ermittlung des Mietenniveaus, nicht eine Sorgfalt verlangt werden kann, wie sie bei der Ermittlung des Modells nicht zugrunde gelegen hatte. Es ist mit anderen Worten nicht angängig, für die Anwendung des Modells Anforderungen an die Ermittlung der Mietpreise zu verlangen, welche bei der Entwicklung des Modells so nicht beobachtet wurden. Man begibt sich aus dem Modell heraus, wenn man die Mietenhöhe nunmehr anhand von Kriterien bestimmt, welche bei der Ermittlung des Modells zur Erreichung einer leichteren Handhabbarkeit gerade keine Rolle spielten. Ergeben sich Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Mietenniveaus, kann dies allenfalls Anlass sein zu prüfen, ob bei den einzelnen Rechenoperationen gewisse Abschläge vorzunehmen sind.

31

Die 1989 durchgeführte und vom Gutachterausschuss der Beklagten zugrunde gelegte Mietenumfrage ist methodisch danach nicht zu beanstanden. Der in Ablichtung als Anlage seines Schriftsatzes vom 9. Mai 2001 (zum Aktenzeichen 1 L 3315/00) überreichte Fragebogen schlüsselt so weit, wie dies unter Einhaltung von Verständlichkeit möglich ist, auf, dass es dem Gutachterausschuss seinerzeit um die erzielte Nettomiete für die reine Verkaufs-/Nutzfläche, also nicht die Nebenräume wie beispielsweise Lager ging. Dass er die eingehenden Äußerungen auch auf die Stimmigkeit filterte, zeigt sich daran, dass er von den eingegangenen Antworten nur deren 31 hatte verwerten können. Auch wenn diese dann auf 19 verwertete Auskünfte reduziert worden sind, weil der Gutachterausschuss nur die für Läden bis zu 100 qm Verkaufsfläche abgegebenen Antworten für repräsentativ hielt, mindert das von der statistischen Verwertbarkeit her betrachtet nicht die Basis der daraufhin gewonnenen Erkenntnis. Auch 19 Antworten sind bei etwa 100 an der G. Straße gelegenen Läden nicht so gering, dass diese Art der Erhebung als nicht mehr repräsentativ angesehen werden müsste. Denn Verkaufsfälle liegen noch weniger vor, so dass mit dieser Methode das "kleinere Übel" gewählt worden ist.

32

Aus dem Umstand, dass der Gutachterausschuss - den Darlegungen seines Vertreters in der mündlichen Verhandlung zufolge - 1989 im Wesentlichen auf mündliche Darstellung und Erläuterung der Mietenhöhe setzte und Fragebogen (schriftliche Beantwortung) nur dann verwandte, wenn das anwesende Personal keine Antworten zu geben vermochte (etwa weil es in der Geschäftshierarchie nicht weit genug oben angesiedelt war oder - bei Filialisten - keinen Einblick in die Mietunterlagen hatte), mindert den Wert der (wegen der aus Datenschutzgründen vorgenommenen Vernichtung der Unterlagen nicht weiter verifizierbaren) Ergebnisse der Umfrage nicht entscheidend. Denn zum einen zeigt dies, dass er entgegen dem klägerischen Vorhalten nicht unkritisch jedwede Antwort in die Ermittlung der erzielbaren Mieten hatte einfließen lassen, sondern die Antworten daraufhin untersucht hat, ob sie "seriös" sind, das heißt die Frage nach der gezahlten Erdgeschoss-Ladenrohmiete wirklich beantwortete. Die Vertreter des Gutachterausschusses haben auch glaubhaft dargestellt, in erster Linie Mieter, dann aber auch Eigentümer befragt zu haben, wenn jene an diese verwiesen hätten.

33

Zum anderen gilt Folgendes: Zu beachten ist zwar, dass die von S. und B.-W. gewonnenen Erkenntnisse auf schriftlichen Umfragen beruhten, soweit Mieter unmittelbar um Auskunft gegangen worden waren. Das war - wie B.-W. (a.a.O., S. 417) mitteilt - von Sanierungsbetroffenen, also von solchen Eigentümern erfragt worden, die um die Brisanz ihrer Antworten, das heißt den Einfluss ihrer Äußerungen auf den zu zahlenden Ausgleichsbetrag wussten. Dies dürfte deren Neigung gefördert haben, die Mietenhöhe "herunterzuspielen" und damit den Faktor mit beeinflusst, das heißt aber nichts anderes als "erhöht" haben, mit dem nach den Ermittlungen von B.-W. die Mieten zu multiplizieren sind. Wenn daher der Gutachterausschuss zur Ermittlung der 1989 erzielbaren Mieten die Nutzer nach Möglichkeit persönlich zur Höhe der gezahlten Mieten befragte, um aus Angst vor Sanierungsbeiträgen beziehungsweise Behörden "gefärbte" Angaben zu vermeiden oder zumindest einzudämmen, hatte dies tendenziell eine Erhöhung des Mietenniveaus und damit zur Folge, dass der von B.-W. ermittelte Multiplikationsfaktor nur "cum grano salis" angewandt werden durfte.

34

Das ist des Weiteren deshalb veranlasst, weil sich zwischen 1989 und dem hier maßgeblichen Wertermittlungsstichtag (1994) nach dem Vortrag aller Beteiligten auch in der G. Straße der überall zu beobachtende Trend zur "Filialisierung", das heißt des Eindringens von Läden größerer Handelsketten (typischer Fall: "D."-Parfümerien) fortgesetzt hatte. Dies geht gleichfalls mit einer Erhöhung des Mietzinses einher und hatte daher unter Umständen - dämpfenden - Einfluss auf die Wahl des Faktors, mit dem dieser zur Ermittlung des Bodenpreises nach dem Modell S./B.-W. zu vervielfältigen ist.

35

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass sich nach der Untersuchung von B.-W. (a.a.O., S. 324) die Schere zwischen Bodenwert und Mietenhöhe weiter geöffnet hat. Anzeichen dafür, dieser Trend habe sich nach Abschluss dieser Untersuchung (1985) merklich geändert, sind nicht ersichtlich. Bereits seinerzeit waren die Tendenzen zur oben beschriebenen "Filialisierung" erheblichen Umfangs zu beobachten und gegeben. Dies fängt die eben beschriebenen Unsicherheiten, welche sich zu Lasten der Klägerseite auszuwirken drohten, jedenfalls zu wesentlichen Teilen wieder auf.

36

Es kommt hinzu, dass der Gutachterausschuss trotz durchgehender 1-A-Lage aller von der Klägerseite besessenen Grundstücke mit dem Wert 40 einen unter dem Mittelwert (<35 + 48> : 2 = 41,5) liegenden Faktor angewandt hat.

37

Es ist des Weiteren nicht zu beanstanden, dass der Gutachterausschuss nicht das arithmetische Mittel aller 31 verwertbaren Antworten, sondern das Marktsegment zur Grundlage genommen hat, das bis zu 100 qm große Läden ausmachen (vgl. Anlagen 5, 6 und 7 zum Schriftsatz vom Januar 2001, 1 L 3315/00). Denn der Untersuchung von S.g. (a.a.O., S. 428) ist zu entnehmen, dass die Abhängigkeiten des Bodenpreises von den erzielbaren Rohmieterträgen auch im oberen Preissegment gelten. Zugrunde zu legen ist die erzielbare Rohmiete, um auf den Bodenwert schließen zu können. Dabei ist - wie die Beklagte zutreffend hervorhebt - der hier fiktive Fall zugrunde zu legen, dass das Grundstück unbebaut ist und sein Eigentümer die bauliche Gestaltung wählt, welche maximale Gewinnerwartungen rechtfertigt. Das ist auch bei besonders großen Grundstücken möglich. Denn nichts verpflichtet den Eigentümer eines "übergroßen" Grundstückes an der G. Straße, dieses - etwa in der Gestalt eines größeren Möbelhauses - einheitlich zu nutzen. Es ist vielmehr auch ohne Grundstücksteilung möglich, die bauliche Nutzung in Anlehnung an die Gegebenheiten einzurichten, wie sie auf schmaleren und kleineren Grundstücken anzutreffen sind. Zudem stellen bis zu 100 qm große Läden ein besonders repräsentatives Marktsegment der an der G. Straße anzutreffenden Läden dar. Aus den Tabellen 1 und 2 und den Anlagen 2.1/2.2 zu der Äußerung des Gutachterausschusses vom 14. Februar 2001 (zum Aktenzeichen 1 L 3315/00) wird deutlich, dass in der G. Straße die Ladenlokalen mit hohen Mieten, das heißt mit kleiner Fläche deutlich überwiegen. Der Anteil beträgt zahlenmäßig 76 v.H. und liegt, was den Prozentanteil an den gezahlten Mieten anbetrifft, bei 68 v.H.. Demgegenüber schlagen Läden mit mittlerer Miete nach dem zuletzt genannten Verhältnis mit immerhin 21 v.H. zu Buche, obwohl ihre Anzahl nur 16 v.H. entspricht. Das hat, wie auf Seite 3 der Äußerung des Gutachterausschusses vom 14. Februar 2001 (a.a.O.) zutreffend hervorgehoben wird, zugunsten der Anlieger, das heißt der Klägerseite zur Folge, dass der Schnitt aller Vergleichsmieten sinkt und damit auch der Bodenwert, weil dieser ja aus einem bestimmten Steigerungsverhältnis ermittelt wird, der sich auf den Mietenwert bezieht. Denn auch diese Läden sind in die Ermittlung einbezogen worden. Allein der Umstand, dass Läden nur bis zu einer Fläche von 100 qm einbezogen worden sind, hat ja nicht zur Folge, dass damit nur Hochpreismodelle einbezogen worden wären. Das ergibt sich auch aus den Anlagen 2.1, 2.2 sowie 3 zum Schreiben vom 14. Februar 2001.

38

Entgegen der Auffassung der Klägerseite in dem Verfahren 1 L 3319/00 sind dabei auch nicht die Investitionskosten gegenzurechnen. Auch mit dieser Annahme verlässt die Klägerseite die Grundlagen, auf welchen das Modell S./B.-W. ruht. Denn S. (a.a.O., S. 432/433) hatte seiner Wertermittlung Gebäude zugrunde gelegt, die jüngeren Datums waren, das heißt noch eine Restnutzungsdauer von 70 bis 90 Jahren hatten. Dann aber waren diese eines Alters, in dem die Investitionskosten noch nicht annähernd vollständig hatten aufgebracht werden können und dementsprechend betriebswirtschaftliche Rückschreibung veranlasst waren. Das war S. indes nicht Anlass, die Mieterwartung zu mindern. Die erzielbare Miete ist dementsprechend auch nicht um mehr oder minder fiktive Umbaukosten zu reduzieren, wie dies die Klägerseite im Verfahren 1 L 3319/00 vorgerechnet hat.

39

Auch die Hochrechnung der 1989 ermittelten Ladenmieten auf das 1994 maßgebliche Niveau ist von dem Bestreben getragen, nicht "das Letzte" zu Lasten der ausgleichsbetragspflichtigen Eigentümer "herauszuholen". Das zeigt die Aufstellung auf Seite 4 des Schriftsatzes des Gutachterausschusses vom Januar 2001 (1 L 3315/00). Danach sind die 1989 ermittelten Mieten nach dem Index der Mietreihe auf das Jahr 1992 hochgerechnet erheblich größeren Umfangs gestiegen als in der Zeit zwischen 1992 und dem hier interessierenden Wertermittlungsjahr 1994. Die letztgenannte Hochrechnung geschah auf dem Boden des Lebenshaltungsindexes, den die Klägerseite selbst für eine übliche Indizierung von gewerblichen Mieten hält (vgl. Seite 7 der Berufungsbegründungsschrift vom 19. Oktober 2000) und der auch allgemein verbreitet ist.

40

Dass der Gutachterausschuss mit dieser Ermittlung die erzielbare Miete nicht verfehlt hat, zeigt schließlich der von der Klägerseite selbst vorgelegte RDM-Mietpreisspiegel für das 3. Quartal 1994 (vgl. Seite 4 f. des Schriftsatzes vom 28. März 2001 und seine beiden Anlagen). Es mag zwar sein, dass der darin genannte Betrag von 180,-- DM/m² nur für kleinere Läden bis zu 100 qm Fläche zu erzielen war. Oben ist indes bereits darauf hingewiesen worden, dass es auf die erzielbare, das heißt mit Durchsetzung maximaler Gewinnerwartung zu erzielende Miete ankommt. Eine solche Ladengröße ist - etwa durch Einbau einer kleineren Passage - selbst bei größeren Grundstücken für die vordere, das heißt der G. Straße zugewandten Grundstücksseite zu erreichen. Auch der - Läden aller Größe einschließende, damit tendenziell niedrigere - Wert von 150,-- DM/m² Ladenfläche, der sich aus der Analyse der Firma Immobilien Analysen M. V. und Partner für das Jahr 1993 ergibt (vgl. den Schriftsatz vom 28. März 2001), zeigt, dass der Gutachterausschuss die erzielbare Miete nicht in dem Maße verfehlt hat, welches die Klägerseite dem Gutachterausschuss mit der Nennung einer Miete von nur 120,-- DM/m² vorhält. Zu verweisen ist schließlich auf den Wert von 160,-- DM, der Kämpers Index zufolge 1995 bei Neuvermietungen in 1-A-Lagen zu erzielen war (vgl. Anlage 2 zum erstinstanzlichen Schriftsatz vom 6. April 1998).

41

Nur vorsorglich ergänzend ist darauf zu verweisen, dass die der Ausgleichsbetragsberechnung zugrunde liegende sanierungsbedingte Wertsteigerung von 7 v.H. plausibilisiert wird, wenn man das Modell Niedersachsen anwendet. Seiner Anwendung steht nicht Grundsätzliches entgegen. Insbesondere würden die Bescheide bei seiner Zugrundelegung nicht in ihrem Wesen verändert, sondern lediglich eine andere Berechnungsmethode zugrunde gelegt. Denn die abgerechnete Maßnahme bleibt gleich. Der Beklagten ist von Gesetzes wegen auch kein Vorrang dahin eingeräumt worden, in einer das Gericht bindenden Weise den Berechnungsmodus vorgeben zu können. Das würde gerade dann zu einem unerträglichen Ergebnis führen, wenn die von der Gemeinde gewählte Methode wegen unzureichender und auch nicht ergänzungsfähiger Tatsachengrundlage nicht angewandt werden kann und daher eine andere Methode gewählt werden muss. Dieser Weg wäre aber - mit der Folge, dass die Ausgleichsbeträge dann überhaupt nicht würden erhoben werden können - verstellt, wollte man der Methodenwahl der Gemeinde in der von der Klägerseite für richtig gehaltenen Weise Vorrang einräumen.

42

Wendete man das Modell Niedersachsen hier an, ergäbe sich eine der Klägerseite günstige, das heißt geringere sanierungsbedingte Steigerung des Grundstückswertes nicht. In den Gutachten G 32 bis 34 - 94 hatte der Gutachterausschuss unter Punkt 3.2.5 die sanierungsbedingte Werterhöhung anhand des Modells Niedersachsen zu ermitteln versucht. Dieses funktioniert so, dass zunächst der Klassifikationsrahmen für städtebauliche Missstände anhand von vier Komplexen (Bebauung - Struktur <Eigentumsverhältnisse, Erschließung> - Nutzung <Verdichtung, Gemengelage> - Umfeld <Verkehr, Infrastruktur>) ermittelt wird, deren jeder jeweils zehn Klassen zugeordnet sind. Dieselben vier Gruppen zu zehn Klassen sind dann auch maßgeblich für den Klassifikationsrahmen für städtebauliche Maßnahmen.

43

Der Gutachterausschuss hatte unter 3.2.5 folgende Bewertungen vergeben:

  • Missstände:

    Bebauung: Klasse 4 (= gering instandsetzungs- und modernisierungsbedürftig)

  • Struktur: Klasse 2 (= vorhandene Erschließung in Teilen ergänzungsbedürftig)

  • Nutzung: Klasse 2, 5 (= geringe Beeinträchtigungen im Wohn- und gewerblichen Bereich, störende bauliche Nebenanlagen)

  • Umfeld: Klasse 7, 5 (= Behinderungen durch den Verkehr, Infrastruktur unzureichend, keine Parkmöglichkeiten, fließender Verkehr überlastet).

44

All das zeigt: Mit Ausnahme von Komplex 4 stellt dies eine sehr moderate und damit der Klägerseite günstige Ermittlung der Ausgangsposition dar; Mängel wurden nicht übertrieben.

45

Städtebauliche Maßnahmen (= das Erreichte):

  • Bebauung: Klasse 5 (= mittlere Modernisierung und Instandhaltung)

  • Struktur: Klasse 2 (= gezielte Ergänzung vorhandener Erschließungsanlagen)

  • Nutzung: Klasse 1 (= einzelne Maßnahmen)

  • Umfeld: Klasse 9 (= Anlage verkehrsberuhigter Zonen, auch Fußgängerzonen und Ergänzung der Infrastruktur)

46

All dies ist moderat und zugleich anhand der durchgeführten Maßnahmen nachvollziehbar.

47

Dementsprechend gering fällt die Steigerungsrate aus. Durchschnitt "Missstände" war 4,0, Durchschnitt "städtebauliche Maßnahmen" sind 4,25. Die sich daraus "an sich" ergebende Bodenwertsteigerung von 11 v.H. hat der Gutachterausschuss mit einer komplizierten Umrechnungsformel auf 6,8 v.H. reduziert, da Bezugsgröße zu diesem Modell Niedersachsen Quadratmeterpreise von 50,-- DM bis 500,-- DM seien. Eine schlichte Vervielfältigung würde aber - zum Nachteil der Kläger - nach Auffassung des Gutachterausschusses den Gegebenheiten nicht gerecht. All dies lässt Fehler, welche sich zum Nachteil der Klägerseite hätten auswirken können, nicht erkennen.

48

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 2, 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

49

Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

50

Beschluss

51

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 93.749,10 DM festgesetzt.

Claus
Muhsmann
Osterloh