Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.05.2001, Az.: 12 PA 1830/01

Gesetzgeber; Gestaltungsfreiheit; Hilfe zum Lebensunterhalt; Mehrbedarf im Alter; Stichtagsregelung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.05.2001
Aktenzeichen
12 PA 1830/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 39537
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 22.02.2001 - AZ: 4 A 384/99

Gründe

1

Zwar kann der Antragsschrift vom 21. Mai 2001 entnommen werden, der Antragsteller habe - unter Berücksichtigung des o. g. abgesenkten Maßstabes -  sinngemäß den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dargelegt, das Begehren des Antragstellers bleibt aber ohne Erfolg, weil dem beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine hinreichende Aussicht auf Erfolg zukommt, wie dies aber § 166 VwGO  i. V. m.  § 114 ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe voraussetzt. Soweit der Antragsteller nämlich geltend macht, das Urteil des Verwaltungsgerichts unterliege ernstlichen Zweifeln, weil es ihm - dem Antragsteller - unter Verstoß gegen den (allgemeinen) Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen Alters bei der Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt verweigert habe, liegt ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der Neuregelung des Mehrbedarfs wegen Alters nach § 23 Abs. 1 BSHG n. F.  durch das Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (v. 23.6.1993, BGBl. I S. 944) bzw. durch das Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts (v. 23.7.1996, BGBl. I S. 1088) der bisherige Mehrbedarfszuschlag durch den Gesetzgeber grundlegend umgestaltet worden ist und grundsätzlich nur noch für solche älteren Menschen gewährt wird, die im Besitz eines Ausweises nach § 4 Abs. 5 SchwbG mit dem Merkzeichen "G" sind (§ 23 Abs. 1 Satz 1 BSHG n. F.), Voraussetzungen die der Antragsteller nicht erfüllt. Ebenfalls trifft es zu, dass bei dem Antragsteller am 31. Juli 1996 ein Mehrbedarf nach § 23 Abs. 1 BSHG a. F. nicht anerkannt war, er also auch nicht unter die Übergangsregelung des § 23 Abs. 1 Satz 2 BSHG n. F. fällt. Hat der Gesetzgeber die Gewährung einer zusätzlichen sozialen Leistung - hier die Zuerkennung eines Mehrbedarfs - ab einem bestimmten Stichtag, zu dem die von ihm vorgenommene Gesetzänderung Wirksamkeit erlangen soll, nur noch von eingeschränkten Voraussetzungen abhängig gemacht, so gilt für diese bevorzugende Typisierung eine besonders weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.2.1995 - BVerwG 10 B 7.94 - , Buchholz 261 § 4 BUKG Nr. 3, S. 2). Diese Gestaltungsfreiheit wird hier entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht durch den allgemeinen Gleichheitssatz in dem Sinne eingeschränkt, dass die (Neu-)Regelung des § 23 Abs. 1 BSHG n. F. verfassungswidrig und damit nichtig wäre; denn der Gesetzgeber konnte zur Begrenzung der in der Vergangenheit stetig angestiegenen für Sozialleistungen und gerade der Ausgaben für die Hilfe zum Lebensunterhalt in bestimmten Umfang bisher gewährte zusätzliche Leistungen (wie hier die Zuerkennung eines allein an das Alter anknüpfenden Mehrbedarfszuschlages, der zu einer Erhöhung der zu gewährenden Hilfe zum Lebensunterhalt führte) generell kürzen und diese Leistung zukünftig nur noch einem eng begrenzten Kreis von Anspruchberechtigten (hier besonders behinderten Hilfeempfängern) gewähren. Dem Verwaltungsgericht ist auch darin zuzustimmen, dass die Übergangsregelung des § 23 Abs. 1 Satz 2 BSHG n. F. nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, sondern eine sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellt. Es liegt ebenfalls im (weiten) Gestaltungsermessen des Gesetzgebers, an welche Gesichtspunkte er mit einer für notwendig erachteten Übergangsregelung anknüpft (hier die Anerkennung eines Mehrbedarfs vor dem 1. August 1996). Das Verwaltungsgericht hat die maßgebenden Gesichtspunkte für diese Anknüpfung und die sich hieraus ergebende (sachlich gerechtfertigte) Ungleichbehandlung dargelegt, ohne dass diese Überlegungen von dem Antragsteller in seiner Antragsschrift erschüttert worden sind. Hiervon abgesehen übersieht der Antragsteller mit seinen Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit der Übergangsvorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 BSHG n. F., dass selbst dann, wenn die Bestimmung des § 23 Abs. 1 Satz 2 BSHG n. F. nichtig sein sollte, er - der Antragsteller - nicht in den Genuss des von ihm begehrten Mehrbedarfszuschlages käme; denn bei einem Fortfall (Nichtigkeit) des § 23 Abs. 1 Satz 2 BSHG n. F. bliebe es bei der allgemeinen Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 BSHG n. F., nach der der Antragsteller die Zuerkennung eines Mehrbedarfszuschlags auch nicht beanspruchen kann.